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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Mag. Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juli 1995, Zl. 301.902/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juli 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 26. April 1994 nach den §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Es habe sich dabei - entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers in der Berufung - nicht um das einzige Vorkommnis mit einem Führerschein gehandelt; der Beschwerdeführer sei verwaltungsstrafrechtlich wegen des Deliktes nach § 64 Abs. 1 KFG mit näher angeführten Bescheiden (zuletzt am 28. Dezember 1993) insgesamt vier Mal rechtskräftig bestraft worden. Es sei daher offensichtlich, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich den in Österreich geltenden Rechtsvorschriften anzupassen. Sein Verhalten stelle "zweifellos" eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar, vor allem durch die Beispielswirkung auf andere Fremde.
Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe "die Berufungsbehörde festgestellt", daß unter Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen (unter anderem) ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.
Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Unbestritten ist die Tatsache der gerichtlichen Verurteilung, wie sie die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat. Bereits die Behörde erster Instanz war im Hinblick auf die erwähnte gerichtliche Verurteilung davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG bilde und ihm daher der weitere Aufenthalt in Österreich zu versagen sei.
In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung gesteht der Beschwerdeführer zu, einen österreichischen Führerschein gefälscht zu haben, bringt jedoch vor, daß die Behörde erster Instanz zu Unrecht von zwei Delikten ausgegangen sei; er habe das Delikt der Urkundenfälschung (§ 223 StGB) in der Qualifikation des § 224 StGB erfüllt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0424, m.w.N.) zählt das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den schwersten Verstößen gegen das KFG; das diesen Bestrafungen zugrundeliegende Fehlverhalten rechtfertigt die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG). Dabei ist für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ausschließlich maßgebend, ob das Gesamtverhalten des Fremden die in der genannten Bestimmung umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1185, m.w.N.).
Im Hinblick darauf ist es nicht von Bedeutung, daß die Behörde erster Instanz - nach den wiedergebenenen Behauptungen des Beschwerdeführers in der Berufung - von mehreren Tathandlungen, die der gerichtlichen Verurteilung zugrundelagen, ausgegangen ist; bereits die einmalige Fälschung einer besonders geschützten Urkunde - wie eines österreichischen Führerscheines - genügt zur Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Dazu kommt, daß nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers auch schon im Verwaltungsverfahren dieser selbst den (gefälschten) Führerschein benötigte, da er über keine in Österreich gültige Lenkerberechtigung (im Sinne des § 64 KFG) verfügte.
Auch ohne Berücksichtigung der von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnten Verwaltungsstrafen wegen Übertretung des § 64 KFG erweist sich daher die Annahme der belangten Behörde, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers sei geeignet, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG), als berechtigt. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG führt dies aber grundsätzlich zur Versagung einer Aufenthaltsbewilligung.
Unbeschadet dessen ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG hat nämlich die Behörde auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, indem sie zu prüfen hat, ob sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1997, Zl. 96/19/2939, m.w.N.).
Aktenkundig ist, daß dem Beschwerdeführer erstmals mit Bescheid vom 13. September 1990 ein Wiedereinreisesichtvermerk erteilt wurde und er in der Folge weitere Wiedereinreisesichtvermerke bzw. Aufenthaltsbewilligungen erhielt. Bereits in seiner Berufung hat der Beschwerdeführer weiters darauf verwiesen, daß er seit mehreren Jahren in einer Lebensgemeinschaft lebt; die Lebengefährtin des Beschwerdeführers verfügte nach dem Berufungsvorbringen über eine Aufenthaltsbewilligung bis zum 22. August 1995. Der Lebensgemeinschaft entstammt weiters das am 22. Juni 1993 in Wien geborene gemeinsame Kind.
Die belangte Behörde hat die von ihr vorgenommene Interessenabwägung nur mit dem Hinweis auf "ein geordnetes Fremdenwesen" begründet. Sie ist dabei nicht auf die aktenkundigen Interessen des Beschwerdeführers eingegangen. Der angefochtene Bescheid leidet daher an einem wesentlichen Begründungsmangel, der es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, die Übereinstimmung des angefochtenen Bescheides mit der Rechtslage zu überprüfen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf
die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da an Stempelgebühren nur S 240,-- (Beschwerde zweifach) und S 30,-- (Bundesstempfel für die Kopie des angefochtenen Bescheides) zuzusprechen waren.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Es wird weiters darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995190817.X00Im RIS seit
02.05.2001