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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §62 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kieslich, über die Revision des A U in W, vertreten durch Mag. Magdalena Brandstetter, Rechtsanwältin in 1010 Wien, diese vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwältin in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. August 2020, Zl. W195 2228377-1/9E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) in der Sache nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
6 Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG ist bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 23.4.2020, Ro 2020/01/0004, 0005, Rn. 10, mwN).
7 Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Verwaltungsgericht vorliegend damit, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nach Vorlage der Beschwerde samt Verwaltungsakten hinsichtlich Schreib- und „Tipp“fehler gemäß § 62 Abs. 4 AVG einen letztlich unbekämpft gebliebenen Berichtigungsbescheid zu dem in Beschwerde gezogenen Bescheid erlassen habe. Es ergebe „sich somit eine Konkurrenz zwischen Berichtigungsbescheid, Beschwerdevorentscheidung und Entscheidungskompetenz zugunsten des Verwaltungsgerichtes bei einer dem Verwaltungsgericht bereits vorgelegten Beschwerde“. Da diesbezüglich „keine ständige Rechtsprechung“ des Verwaltungsgerichtshofes bestehe, liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Im Übrigen habe sich das Verwaltungsgericht bei allen anderen erheblichen Rechtsfragen auf „eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes“ bzw. auf eine klare Rechtslage stützen können.
8 Zu der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Rechtsfrage genügt es, auf die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 62 Abs. 4 AVG zu verweisen, die bereits in Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit) ergangen ist. Danach setzt die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Handelt es sich um offenbar auf Versehen beruhende Unrichtigkeiten, die nach § 62 Abs. 4 AVG jederzeit hätten berichtigt werden können, ist die Entscheidung auch vor einer Berichtigung bereits in der entsprechenden richtigen Fassung zu lesen (vgl. zu allem VwGH 29.4.2019, Ro 2018/20/0013, Rn. 13, mwN). Zu einem rechtskräftigen Berichtigungsbescheid hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass das Verwaltungsgericht zutreffend von dem damit bestimmten Verfahrensgegenstand ausging (vgl. VwGH 27.1.2020, Ra 2019/04/0144, Rn. 15).
9 Mit der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts wird daher keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt.
10 Der Revisionswerber hat auch in der ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. zu allem VwGH 23.9.2020, Ro 2020/01/0014, Rn. 27, mwN).
11 Ein solches Zulässigkeitsvorbringen enthält die vorliegende Revision nicht.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020010016.J00Im RIS seit
16.03.2021Zuletzt aktualisiert am
16.03.2021