TE Vwgh Beschluss 2021/1/29 Ra 2020/14/0493

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Veröffentlicht am 29.01.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §19 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des A B, vertreten durch MMag.Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2020, I421 2166133-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 28. Jänner 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, als Sunnit von schiitischen Milizen bedroht worden zu sein.

2        Mit Bescheid vom 17. Oktober 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers - ohne in die Sache einzutreten - gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrags gemäß Art. 13 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) Kroatien zuständig sei. Unter einem ordnete die Behörde die Außerlandesbringung des Revisionswerbers an und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.

3        Mit Erkenntnis vom 4. Jänner 2017 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers statt, ließ das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zu und behob den bekämpften Bescheid. Diese Entscheidung blieb unbekämpft.

4        Mit Bescheid vom 13. Juli 2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

5        Das BVwG wies die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 21. Juli 2020 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 22. September 2020, E 2904/2020-5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung und führt dazu aus, bei den vermeintlichen Widersprüchen und Ungereimtheiten in den Angaben des Revisionswerbers handle es sich lediglich um Details, die nicht geeignet seien, dem Vorbringen zu den Gründen der Flucht die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Der Revisionswerber habe die fluchtauslösenden Ereignisse im Kern stets gleichlautend geschildert. Zudem habe das BVwG die Aussagen des Revisionswerbers in der Erstbefragung und der Einvernahme verglichen und versucht, „immer einen Widerspruch zu finden“. Weiters sei eine ganzheitliche Würdigung des Vorbringens sowie eine Auseinandersetzung mit den aktuellen Länderberichten unterblieben.

11       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 3.6.2020, Ra 2020/20/0161, mwN).

12       Das BVwG setzte sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht auseinander und legte im Rahmen einer nicht als unschlüssig zu bezeichnenden Beweiswürdigung dar, weshalb es zum Ergebnis gelangte, dessen Vorbringen habe sich als nicht glaubwürdig erwiesen. Dabei stützte sich das BVwG nicht bloß auf Widersprüche in den Angaben in Erstbefragung zu späteren Angaben, sondern auf zusätzliche, für sich tragende Erwägungen (näher dargelegte, nicht bloß unwesentliche Details betreffende Widersprüche und Unplausibilitäten sowie auf den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck). Überdies ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht generell unzulässig, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten zwischen der Erstbefragung und späteren Angaben einzubeziehen (vgl. dazu näher VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429, mwN).

13       Mit der bloß pauschalen Beanstandung der auf einer gesamthaften Betrachtung beruhenden Beweiswürdigung gelingt es der Revision nicht, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung aufzuzeigen.

14       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020140493.L00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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