Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §3 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der T in W, vertreten durch den Vater A, dieser vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. April 1996, Zl. 101.649/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. April 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß der Antrag der Mutter der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen worden sei. Es sei davon auszugehen, daß ein am 26. August 1995 geborenes Kind der Obhut und Obsorge der leiblichen Mutter bedürfe und selbige sich derzeit nicht mit einer gültigen Aufenthaltsbewilligung im österreichischen Bundesgebiet aufhalte, weshalb davon abzusehen gewesen sei, dem Kind eine Bewilligung gemäß der Befristung der Aufenthaltsbewilligung des Vaters zu erteilen, da eine Trennung von der Mutter kaum dem Wohl des Kindes zuträglich scheine.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 AufG haben unter anderem eheliche und außereheliche minderjährige Kinder von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerkes oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 AufG rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben (Z. 2), einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 AufG, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1 AufG) vorliegt.
Die belangte Behörde stützte ihre abweisliche Entscheidung auf § 4 Abs. 3 AufG. Gemäß dieser Bestimmung ist eine Bewilligung nach § 3 Abs. 1 und 4 AufG jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen wie die Bewilligung (unter anderem) des Elternteiles.
Schon aus dem systematischen Bezug dieser Gesetzesstelle folgt, daß sinnvollerweise nur derjenige Elternteil gemeint sein kann, der über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Diese Auffassung entspricht auch einer im Hinblick auf Art. 8 MRK verfassungskonformen Interpretation. Allein der Umstand, daß die Mutter der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, berechtigte die belangte Behörde im vorliegenden Fall somit nicht zur Abweisung des auch auf Familiengemeinschaft mit ihrem Vater gerichteten Antrages der Beschwerdeführerin (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/1777).
Der zwingende Charakter des § 3 Abs. 1 AufG schließt die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen jedenfalls aus. Die belangte Behörde verkennt ihre Aufgaben, wenn sie meint, sie sei dazu berufen, zu entscheiden, ob für die Beschwerdeführerin das Leben in Gemeinschaft mit ihrer Mutter jenem in Gemeinschaft mit ihrem Vater im Interesse des Kindeswohles vorzuziehen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 96/19/3352).
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war nur im erforderlichen Ausmaß (Eingabengebühr für zwei Ausfertigungen der Beschwerde und Beilagengebühr für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zuzusprechen. Neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes konnte auch ein Ersatz weiterer Kosten unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht zugesprochen werden.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996191865.X00Im RIS seit
11.07.2001