TE Vwgh Beschluss 2021/2/15 Ra 2021/02/0021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.02.2021
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
60/02 Arbeitnehmerschutz

Norm

ArbeitsmittelV 2000 §47 Abs1
ASchG 1994 §130 Abs1
ASchG 1994 §130 Abs1 Z16
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des Mag. F in H, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 30. März 2020, LVwG-302535/7/Kl/Rd, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. September 2019 wurde dem Revisionswerber angelastet, er habe als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Arbeitgeberin F GmbH zu verantworten, dass zur Tatzeit am Tatort der Arbeitnehmer J ohne ausreichende Sicherung mit Arbeiten an einer Gurtförderanlage in einer Höhe von 8 m beschäftigt worden sei, obwohl der Standplatz nach unten hin offen und nicht durch mindestens 1 m hohe, geeignete Vorrichtungen wie standfeste Geländer mit Mittelstange oder Brüstungen und zusätzlich durch Fußleisten gegen Absturz gesichert gewesen sei. Er habe dadurch § 130 Abs. 1 Z 16 ArbeitnehmerInnenschutzG (ASchG) iVm. § 47 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) verletzt. Über ihn wurde gemäß § 130 Abs. 1 ASchG eine Geldstrafe sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ihm wurde ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben.

2        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab. Das Verwaltungsgericht setzte einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren fest und erklärte eine Revision gegen diese Entscheidung für unzulässig.

3        Das Verwaltungsgericht begründete im Wesentlichen, eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die F GmbH sei beim Arbeitsinspektorat Oberösterreich Ost nicht eingelangt. Der Arbeitnehmer J sei von seinem - nicht durch geeignete Vorrichtungen gesicherten - Standplatz, einem Holzsteg neben dem Förderband abgestürzt. Eine persönliche Schutzausrüstung für ihn sei nicht vorhanden gewesen. Der Revisionswerber habe zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens das in seinem Unternehmen installierte Kontrollsystem, insbesondere welche Maßnahmen er zur Hintanhaltung eigenmächtiger Handlungen seiner Arbeitnehmer gegen die einschlägigen Vorschriften getroffen habe, näher dargestellt. Die Vernehmung der von ihm beantragten Zeugen sei nicht erforderlich gewesen, weil Arbeitsanweisungen allein für eine Darstellung eines lückenlosen Kontrollsystems nicht ausreichten, sondern auch konkrete Maßnahmen für deren Durchsetzung darzulegen und nachzuweisen seien.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Diese erweist sich als unzulässig.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, das ASchG sehe keine besondere Form der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten vor, die vom Verwaltungsgericht zitierte Bestimmung des § 13 ArbIG sei offensichtlich nicht einschlägig. Das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach die Beurteilung, ob eine wirksame Bestellung gemäß § 9 Abs. 2 VStG erfolgte, eine Rechtsfrage sei, die von der Behörde im Strafverfahren insbesondere an Hand der vorgelegten Bestellungsurkunde zu beurteilen sei (Hinweis auf VwGH 11.4.2011, 2011/17/0048 bis 0050). Ohne Durchführung der beantragten Beweise hätte das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen dürfen, dass keine wirksame Bestellung von F zum verantwortlichen Beauftragten erfolgt sei.

9        Dazu ist vorweg darauf aufmerksam zu machen, dass die im angefochtenen Erkenntnis genannte Bestimmung des § 13 ArbIG einen offensichtlichen Schreibfehler darstellt, weil gemäß § 23 leg. cit. die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften erst rechtswirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des oder der Bestellten eingelangt ist.

10       Das in der Zulässigkeitsausführung der Revision zitierte Erkenntnis betraf die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten betreffend eine Übertretung des Wertpapieraufsichtsgesetzes, sodass es mit Blick auf die eindeutige Bestimmung des § 23 ArbIG für die hier in Frage stehende Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht einschlägig ist und damit ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aufgezeigt wird. Sohin kommt es auch auf das in diesem Zusammenhang gerügte Unterlassen der Aufnahme vom Revisionswerber beantragter Beweise - wozu im Übrigen weder Beweismittel noch Beweisthema näher dargelegt werden - nicht mehr an.

11       Weiters moniert die Revision, dem vom Verwaltungsgericht übernommenen Straferkenntnis sei nicht hinreichend konkret zu entnehmen, durch welches konkrete Verhalten der Revisionswerber gegen eine bestimmte Vorschrift verstoßen habe. Dies sei insoweit von Bedeutung, als eine Sicherung der Arbeitnehmer nicht nur durch die Anbringung eines Geländers möglich wäre, sondern auch durch die im Betrieb vorhandene persönliche Schutzausrüstung im Sinne des § 14 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Schutz der Arbeitnehmer/innen durch persönliche Schutzausrüstung (Verordnung Persönliche Schutzausrüstung - PSA-V), über deren Nutzung die Mitarbeiter instruiert worden seien.

12       Hier weicht die Zulässigkeitsbegründung von der Feststellung im angefochtenen Erkenntnis ab, dass eine persönliche Schutzausrüstung für den Arbeitnehmer nicht vorhanden gewesen sei. Schon aus diesem Grund hängt die Revision nicht von der Rechtsfrage ab, ob eine persönliche Schutzausrüstung nach § 14 PSA-V ausgereicht hätte und ob die Mitarbeiter entsprechend instruiert worden seien.

13       Soweit der Revisionswerber auch in diesem Zusammenhang bemängelt, das Verwaltungsgericht habe die von ihm angebotenen Beweise nicht aufgenommen, fehlt abermals die Angabe der Beweismittel und des Beweisthemas, um eine Relevanzprüfung vornehmen zu können.

14       Schließlich wird zur Zulässigkeit der Revision noch geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob bei einem der Länge nach variablen Gurtförderband ein abzusichernder Standplatz im Sinne des § 47 AM-VO existiert.

15       Gemäß § 47 Abs. 1 AM-VO sind an Arbeitsmitteln angebrachte Standplätze, von denen ArbeitnehmerInnen abstürzen könnten, in näher angeführter Weise zu sichern. Angesichts des klaren Wortlauts dieser Bestimmung und der eindeutigen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis betreffend eine Aufstiegsstelle zu einem neben dem Förderband befindlichen Holzsteg, von dem der Arbeitnehmer abstürzte, ist nicht ersichtlich, welcher über den Einzelfall hinausgehenden Klarstellung es noch bedürfte.

16       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020021.L00

Im RIS seit

23.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten