Norm
PVG §2 Abs2Schlagworte
Freizeitgewährung für PV; Freistellungen für PV; Freistellung nur für PV-Aufgaben; Stärkeverhältnis der Wählergruppen bzw. Mandate und auszuübende Funktionen; Aufteilung der Freistellungen; weiter Gestaltungsspielraum; Gesetzwidrigkeit nur bei Exzess; besonderer Arbeitsanfall; besondere Arbeitsbelastung; Geschäftsführungsfunktionen; Wahrnehmung von besonderen Aufgaben ohne Geschäftsführungsfunktion; sachliche Rechtfertigung im Einzelfall; Prüfung der Voraussetzungen durch ZA; sachliche begründete nachvollziehbare Entscheidung über Freistellungen; „Bestlaufbahn“ bei Freistellungen ohne Bedeutung; Benachteiligungsverbot für PV; Zahl der Stellvertreter von Vorsitzenden von PVO; Personalunion stellvertretende/r Vorsitzende/r und Schriftführer/in; Aufgaben von Vorsitzenden und Schriftführer/innen; fraktionelle Tätigkeiten ohne Bedeutung für Freistellung; Befangenheit von PV; Interessen der PV; Verhinderung an der Ausübung der Funktion; Dirimierung von Gesetzes wegenText
A 8-PVAB/20
Bescheid
Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des rechtsfreundlich vertretenen Chefinspektors A (Antragsteller) vom 9. April 2020, die Geschäftsführung des Zentralausschusses beim Bundesministerium für Justiz für die Bediensteten des Exekutivdienstes des Planstellenbereiches Justizanstalten (ZA) wegen behaupteter gesetzwidriger Zuteilung einer Dienstfreistellung von 25 v.H. an ihn durch Beschluss des ZA in dessen Sitzung vom 21. Jänner 2020 auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 und 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2019, entschieden:
Der Antrag wird wegen Gesetzmäßigkeit des Beschlusses des ZA zu TOP 5 („Dienstfreistellungen der Mitglieder des Zentralausschusses“) der Tagesordnung seiner Sitzung vom 21. Jänner 2020, mit dem für den Antragsteller eine 25%ige Dienstfreistellung beschlossen wurde, abgewiesen.
Begründung
Mit E-Mail vom 9. April 2020 übermittelte der Antragsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. iur. Martin DERCSALY, Landstraßer Hauptstraße 146/6/B2, 1030 Wien, seinen Antrag vom selben Tag an die PVAB, weil die Beschlussfassung über die Zuerkennung einer 25%igen Dienstfreistellung an ihn seiner Meinung nach entgegen den Vorgaben des § 25 Abs. 4 PVG erfolgt sei und diese Beschlussfassung überdies wegen Befangenheit der dafür stimmenden ZA-Mitglieder in gesetzwidriger Geschäftsführung erfolgt wäre.
Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der ZA besteht aus sechs Mitgliedern, von denen zwei Mandate (B und C) auf die (stimmenstärkste) Wählergruppe FCG-KdEÖ, zwei Mandate (D und E) auf die Wählergruppe AUF/FEG sowie ein Mandat (F) auf die Wählergruppe FSG und ein Mandat (Antragsteller) auf die Wählergruppe WSE-UG entfallen.
Dem ZA stehen nach § 25 Abs. 4 PVG vier 100%ige Dienstfreistellungen zu.
In der ZA-Sitzung vom 21. Jänner 2020 wurde zunächst zu TOP 4 der Tagesordnung dieser Sitzung die Konstituierung des ZA vorgenommen. Einstimmig wurde B zum ZA-Vorsitzenden gewählt. Zum 1. Vorsitzenden-Stellvertreter wurde D, gleichfalls einstimmig, gewählt. Gegen den Antrag des Vorsitzenden, F und C als 2. und 3. Vorsitzender-Stellvertreter zu wählen, wurde ein Gegenantrag eingebracht, der in der Minderheit blieb. Sodann wurden mit den Stimmen von B, F und C nach § 22 Abs. 4 letzter Satz PVG erst F zum 2. Vorsitzenden-Stellvertreter und dann C zum 3. Vorsitzenden-Stellvertreter gewählt. Letztlich wurde F nach Ablehnung eines Gegenantrags mit den Stimmen von B, F und C nach § 22 Abs. 4 letzter Satz PVG zusätzlich zum Schriftführer des ZA gewählt.
Zu TOP 5 („Dienstfreistellungen der Mitglieder des Zentralausschusses“) der Tagesordnung der ZA-Sitzung vom 21. Jänner 2020 wurde, nachdem von der Abstimmung über einen Gegenantrag konkludent Abstand genommen wurde, mit den Stimmen von B, F und C nach § 22 Abs. 4 letzter Satz PVG folgende Verteilung der Freistellungen beschlossen:
B (Vorsitzender, FCG): 100%
D (1. Vorsitzender-Stellvertr., AUF) 100%
F (2. Vorsitzender-Stellvertr., Schriftführer, FSG) 100%
C (3. Vorsitzender-Stellvertr., FCG) 50%
A (einfaches Mitglied, WSE-UG; Antragsteller) 25%
E (einfaches Mitglied, AUF) 25%.
Der Antragsteller gehört dem ZA als Mitglied an, weshalb ihm die vorstehenden aktenkundigen Sachverhaltselemente - wie auch dem Antragsvorbringen zweifelsfrei zu entnehmen ist - ebenso wie den übrigen ZA-Mitgliedern in vollem Umfang bekannt sind.
Daher war eine Vorgangsweise gemäß § 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2018, (Parteiengehör), nicht erforderlich und hatte daher aus Gründen der Raschheit des Verfahrens und der Verfahrensökonomie zu unterbleiben.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit fest.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB Personalvertretungsorgane (PVO) und Personen, die die Verletzung ihrer Interessen durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines Personalvertretungsorgans (PVO) behaupten. Zu den Personen zählen auch die Mitglieder eines PVO, weil diese einen Anspruch auf gesetzmäßige Geschäftsführung des PVO im Innenverhältnis haben, sofern sie die bekämpfte Entscheidung nicht mitgetragen haben, etwa durch Zustimmung zu diesem Beschluss.
Der Antragsteller ist Mitglied des ZA, fühlt sich durch den bekämpften Beschluss des ZA in seinen ihm durch das PVG gewährleisteten Rechten auf gesetzmäßige Geschäftsführung des ZA verletzt und hat gegen den mit seinem Antrag bekämpften Beschluss gestimmt.
Seine Antragsberechtigung ist gegeben.
Strittig im gegenständlichen Verfahren ist, ob die Zuteilung einer 25%igen Freistellung an den Antragsteller entgegen den Vorgaben des § 25 Abs. 4 letzter Satz PVG und die Beschlussfassung nach § 22 Abs. 4 letzter Satz PVG über die Verteilung der Freistellungen wegen Befangenheit der dafür stimmenden Mitglieder in eigener Sache in gesetzmäßiger Geschäftsführung des ZA erfolgte.
Zur Verteilung der Freistellungen
Für die Verteilung der Freistellungen durch Beschluss des ZA gelten nach PVG und Rechtsprechung grundsätzlich folgende Vorgaben:
Nach § 25 Abs. 4 erster Satz PVG ist u.a. den Personalvertreter/innen (PV) die zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten notwendige freie Zeit zu gewähren. Nach § 25 Abs. 4 zweiter Satz PVG sind von der Dienstbehörde bei einer bestimmten Zahl von Wahlberechtigten jeweils eine bestimmte Zahl gänzlicher Dienstfreistellungen im Bereich des ZA auf dessen Antrag zu verfügen. Im vorliegenden Fall stehen dem ZA insgesamt vier gänzliche Dienstfreistellungen zu. Daraus erhellt ohne jeden rechtlichen Zweifel, dass jede Freistellung von der Arbeitsleistung nach PVG für die Erfüllung der Aufgaben (Obliegenheiten) der gesetzlichen Personalvertretung, im vorliegenden Fall des ZA, nach PVG in Anspruch zu nehmen ist und nicht etwa (auch) für fraktionelle Tätigkeiten.
Daran vermag die Erwähnung der Wählergruppen in § 25 Abs. 4 letzter Satz PVG nichts zu ändern, weil es sich dabei nur um ein zusätzliches Kriterium für die Aufteilung der Freistellungen handelt.
Nach § 25 Abs. 4 letzter Satz PVG ist bei der Freistellung von ZA-Mitgliedern auf das Stärkeverhältnis der Wählergruppen und auf die auszuübenden Funktionen Bedacht zu nehmen. Diese Bestimmung wurde durch die 2. Dienstrechtsnovelle 2003 in das PVG aufgenommen.
„Eine grundlegende Änderung der Rechtslage wurde aber durch diese Novellierung, über deren Ziele den Gesetzesmaterialien keine verwertbaren Hinweise entnommen werden können, nicht bewirkt. Im Sinne der eben wiedergegebenen Ausführungen konnte schon bisher das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht unbeachtet bleiben. Schon bisher war aber auch unstrittig, dass der besondere Arbeitsanfall, der sich aus der Wahrnehmung der Personalvertretungsfunktion ergibt, als wichtiges Kriterium für die Willensentscheidung des ZA zu werten ist. Die ausdrückliche Nennung des Stärkeverhältnisses der Wählergruppen als eines von zwei gleichrangigen Kriterien muss allerdings im Sinne einer stärkeren Betonung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gewertet werden. Dies ändert aber nichts daran, dass nach wie vor die – ebenfalls ausdrücklich angeordnete – Berücksichtigung der auszuübenden Funktionen Entscheidungen ermöglicht, die – ohne dass damit das Verhältnismäßigkeitsprinzip völlig außer Acht bleibt – das Stärkeverhältnis der Wählergruppen nicht im Verhältnis eins zu eins wiederspiegeln.“ (PVAK 25. April 2005, A 2-PVAK/05).
Aus dem Gesagten folgt, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip nur eines der maßgebenden Kriterien darstellt, ein mindestens ebenso maßgebendes Kriterium aber die Arbeitsbelastung darstellt, weshalb ein Abgehen vom Verhältnismäßigkeitsprinzip nur im Hinblick auf die besondere Arbeitsbelastung bestimmter Funktionäre möglich ist.
Eine Aufteilung der Freistellungen nach Funktionen kann grundsätzlich nicht als unzulässig angesehen werden. Der Gesetzgeber räumt dem ZA bei seiner Willensbildung nach § 25 Abs. 4 PVG einen weiten Gestaltungsspielraum ein. Aufgrund dieses weiten Gestaltungsspielraums kann nach der Rechtsprechung eine Rechtsverletzung nur im Exzessfall vorliegen, nämlich dann, wenn die vom ZA getroffene Entscheidung im Widerspruch zu § 2 Abs. 1 und 2 PVG steht und jede sachliche Auseinandersetzung mit den Besonderheiten des strittigen Einzelfalles entbehrt (VwGH Zl. 97/12/0273). Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den Freistellungen zudem festgestellt, dass eine nicht im Verhältnis der Mandate erfolgte Zuteilung von Dienstfreistellungen dann gerechtfertigt ist, wenn die Grundsätze des § 2 Abs. 1 und 2 PVG respektiert wurden und nicht jede Auseinandersetzung mit der Problematik des Falles fehlt (VwGH vom 27.11.1995, B 1120/93 und 13.12.1995, B 2001/92). Nach der Rechtsprechung des VwGH lassen die die Maßstäbe des § 2 Abs. 2 PVG auch Entscheidungen des ZA zu, die von der rein numerischen Umsetzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht unerheblich abweichen. Aus § 25 Abs. 5 PVG kann überdies auch für den Bereich der Willensentscheidung des Zentralausschusses nach § 25 Abs 4 Satz 2 PVG abgeleitet werden, dass der besondere Arbeitsanfall (die besondere Arbeitsbelastung), die sich aus der Wahrnehmung der Personalvertretungsfunktion ergibt, ein maßgebliches Kriterium ist. Ein solcher ist regelmäßig und typisch mit der Übernahme einer Geschäftsführungsfunktion in einem Personalvertretungsorgan verbunden. Auch die Wahrnehmung von besonderen Aufgaben ohne Geschäftsführungsfunktion kann zur gesetzlich zulässigen Berücksichtigung bei der Dienstfreistellung führen, doch bedarf es hierfür einer sachlichen Rechtfertigung im Einzelfall, wie besonderer Kenntnisse und Erfahrungen, die der betreffende Personalvertreter auf Grund seiner bisherigen (allenfalls auch beruflichen) Tätigkeit in diesem Bereich erworben hat und die ihn für die Erfüllung dieser besonderen Aufgaben nach § 2 PVG besonders qualifiziert erscheinen lassen (VwGH vom 17.02.1999, Zl. 97/12/0273, VwSlg 15086 A/1999).
Nach seinem gesetzlichen Auftrag des § 25 Abs. 4 letzter Satz PVG hat der ZA für jede/n für eine Freistellung in Betracht kommende/n Personalvertreter/in die Voraussetzungen zu prüfen, zwischen mehreren in Betracht kommenden Personen unter Berücksichtigung der in jedem Einzelfall vorliegenden Umstände abzuwägen und eine nachvollziehbare sachlich begründete Entscheidung über die bei der Zentralstelle zu beantragenden Freistellungen zu treffen (PVAB 31. Juli 2015, A 7-PVAB/15, mwN).
Im vorliegenden Fall ist die Zuerkennung einer 25%igen Freistellung an den Antragsteller strittig, der darin eine Verletzung des § 25 Abs. 4 letzter Satz PVG zu seinen Ungunsten erblickt.
Der ZA hat in seinem Beschluss vom 21. Jänner 2020 dem ZA-Vorsitzenden, dessen 1. Stellvertreter sowie dessen 2. Stellvertreter und gleichzeitig Schriftführer je eine gänzliche Freistellung zugesprochen. Dem 3. Vorsitzenden-Stellvertreter wurde eine 50%ige, den ZA-Mitgliedern ohne Ausschussfunktion A (Antragsteller) und E wurde eine je 25%ige Freistellung zuerkannt. Somit wurden den Ausschussfunktionären höhere Freistellungen als den ZA-Mitgliedern ohne Funktion zuerkannt. Dies entspricht den Vorgaben des PVG und der Rechtsprechung, wonach, wie bereits erwähnt, eine Aufteilung der Freistellungen nach Funktionen grundsätzlich nicht als unzulässig angesehen werden kann, weil der Gesetzgeber dem ZA bei seiner Willensbildung nach § 25 Abs. 4 PVG einen weiten Gestaltungsspielraum einräumt. Im vorliegenden Fall wurden die Freistellungen jedoch nicht nur nach Funktionen aufgeteilt, sondern auch den ZA-Mitgliedern ohne Ausschussfunktion je eine 25%ige Freistellung zuerkannt. Dies, obwohl weder dem Antragsteller noch E die Wahrnehmung von besonderen Aufgaben ohne Geschäftsführungsfunktion vom ZA übertragen wurden, wofür es überdies einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedürfte (VwGH vom 17.02.1999, Zl. 97/12/0273, VwSlg 15086 A/1999).
Vom Antragsteller wurde in diesem Zusammenhang auch geltend gemacht, dass er durch diesen Beschluss des ZA seines Rechtes auf „Bestlaufbahn“ verlustig ging, worin er eine weitere Rechtswidrigkeit des Vorgehens des ZA erblickt. Diese Meinung des Antragstellers findet im PVG keine Deckung, weil die „Bestlaufbahn“ für Personalvertreter/innen nicht zu ihren durch das PVG geschützten Rechten zählt, kein Kriterium nach § 25 Abs. 4 letzter Satz PVG darstellt und überdies das Benachteiligungsverbot des § 25 Abs. 1 zweiter Satz PVG für alle Personalvertreter/innen unabhängig von der Dauer einer allfälligen Dienstfreistellung nach § 25 Abs. 4 PVG zur Anwendung kommt.
Zur Zahl der gewählten Stellvertreter des ZA-Vorsitzenden ist anzumerken, dass weder das PVG noch die PVGO Bestimmungen darüber enthalten, unter welchen Voraussetzungen mehr als ein Stellvertreter des/der Vorsitzenden eines Personalvertretungsorgans (PVO) zu wählen ist. Auch in den Gesetzesmaterialen findet sich dazu nichts. Der Gesetzgeber hat somit einerseits durch den Wortlaut in § 22 Abs. 1 zweiter Satz PVG, der betreffend die Stellvertreter/innen des/der Vorsitzenden in der Mehrzahl formuliert ist, dem PVO eingeräumt, einen oder mehrere Stellvertreter/innen des/der Vorsitzenden zu wählen, andererseits von einer bindenden Regelung des Verhaltens abgesehen. Es bleibt daher dem Ermessen des PVO überlassen, eine/n oder mehrere Stellvertreter/innen zu wählen.
Zur Personalunion zwischen Vorsitzendem-Stellvertreter und Schriftführer im vorliegenden Fall ist der Vollständigkeit halber festzustellen, dass nach der Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht kein Grund einsichtig ist, warum ein/e Stellvertreter/in des/der Vorsitzenden dann, wenn die Stellvertretungsfunktion nicht auszuüben ist, nicht Schriftführer/in sein dürfte. Die Geschäftsführungsvorschriften sind also nicht so eng zu verstehen, dass ein/e Stellvertreter/in des/der Vorsitzenden eines PVO nicht zum/zur Schriftführer/in gewählt werden darf (PVAK 19.05.1988, A 21-PVAK/88).
Dem/Der ZA-Vorsitzenden und der/dem ZA-Schriftführer/in werden durch das PVG und die PVGO vielfältige Aufgaben zugewiesen. Diese beziehen sich nicht nur auf die Sitzungen, sondern auch auf die Vorbereitung der Sitzungen, die Behandlung des Schriftverkehrs, die Erstellung von Sitzungsprotokollen und sonstigen Schriftstücken, um nur einige dieser Aufgaben explizit anzuführen. Die Aufgaben der stellvertretenden ZA-Vorsitzenden nach PVG erschöpfen sich im Regelfall in der Vertretung des/der ZA-Vorsitzenden im Verhinderungsfall, sind also nicht ständig von dem mit dieser Funktion betrauten Mitglied des ZA wahrzunehmen, wenngleich die Arbeitsbelastung gewählter Stellvertreter/innen des ZA jedenfalls höher anzusetzen ist als jene einfacher ZA-Mitglieder ohne Ausschussfunktion und ohne besondere Ausschussaufgaben. Allen Funktionären im ZA ist gemein, dass sie zusätzlich zur Ausübung ihrer Funktionen die gesetzlichen Aufgaben eines Ausschussmitgliedes wie alle anderen ZA-Mitglieder wahrzunehmen haben.
Aus dieser Sach- und Rechtslage folgt, dass die Verteilung der Freistellungen, die der ZA in seiner Sitzung vom 21. Jänner 2020 beschlossen hat, im Einklang mit den Vorgaben des § 25 Abs. 4 PVG und der Rechtsprechung dazu erfolgte und daher keinen Exzess darstellt, der die PVAB zur Aufhebung dieses Beschlusses als gesetzwidrig ermächtigen könnte. Die getroffene Verteilung knüpft vielmehr sachlich nachvollziehbar an den Ausschussfunktionen und damit an der Arbeitsbelastung im ZA an, zumal Tätigkeiten als Fraktionsvorsitzender einer im ZA vertretenen wahlwerbenden Gruppe für die Zuteilung von Freistellungen von keiner rechtlichen Relevanz sind, und steht überdies mit den Maßstäben des § 2 Abs. 2 PVG, die, wie bereits erwähnt, auch Entscheidungen des ZA zulassen, die von der rein numerischen Umsetzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht unerheblich abweichen, nicht in Widerspruch, ganz abgesehen davon, dass auch den beiden ZA-Mitgliedern ohne Ausschussfunktionen und ohne besondere Aufgaben im ZA je 25% Freistellung zugesprochen wurde.
Da die Aufteilung der Freistellungen durch den ZA im Einklang mit den Vorgaben des § 25 Abs. 4 PVG erfolgte, bestand auch kein Anlass, den Beschluss des ZA zu TOP 5 („Dienstfreistellungen der Mitglieder des Zentralausschusses“) seiner Sitzung vom 21. Jänner 2020 wegen Verletzung dieser Gesetzesbestimmung als inhaltlich rechtswidrig aufzuheben.
Zur Beschlussfassung iSd § 22 Abs. 4 letzter Satz PVG
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AVG haben sich Verwaltungsorgane in Sachen, an denen sie selbst beteiligt sind, der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen. Eine entsprechende Bestimmung im PVG fehlt, doch sind nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte und der Personalvertretungsaufsicht die wesentlichsten Grundsätze des AVG auf jedes Verwaltungshandeln anzuwenden. Daher ist ein/e Personalvertreter/in von der Mitwirkung an der Geschäftsführung des PVO, dem er/sie angehört, in eigener Sache ausgeschlossen und an der Ausübung seiner/ihrer Funktion gemäß § 22 Abs. 3 PVG verhindert. Im Personalvertretungsrecht muss allerdings differenziert werden. Aufgabe der Personalvertretung ist es gerade, unter Beachtung der Grundsätze des § 2 Abs. 1 zweiter Satz und des § 2 Abs. 2 PVG die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern. Dazu gehören selbstverständlich auch die Interessen der Personalvertreter/innen selbst, die ja aus dem Kreis der zum PVO wahlberechtigten Bediensteten (§ 15 Abs. 5 PVG) stammen müssen. Soweit Personalvertreter/innen nur – auch - ihre eigenen Interessen im Rahmen ihrer Interessenvertretungsaufgabe mitvertreten, erfüllen sie Aufgaben, zu denen sie berufen sind und können hiervon nicht ausgeschlossen werden. Ist ein/e Personalvertreter/in hingegen allein unmittelbar Betroffene/r in einer zur Beschlussfassung anstehenden Angelegenheit (beispielsweise als Bewerber/in um eine ausgeschriebene Funktion bzw. Planstelle, als Mitglied eines PVO, gegen das der Dienstgeber disziplinäre Maßnahmen setzen möchte, etc.), sodass durch diese persönlichen Umstände eine objektive und sachliche Entscheidung nicht erwartet werden kann, ist er/sie von der Mitwirkung an der Entscheidung des PVO ausgeschlossen und an der Ausübung seiner/ihrer Funktion bei der Geschäftsführung des PVO gemäß § 22 Abs. 3 PVG verhindert.
Durch § 25 Abs. 4 PVG wurde dem ZA vom Gesetzgeber übertragen, sich mit der Frage der Freistellungen auseinanderzusetzen und zu beschließen, welches Ausmaß der Freistellungen für welche Bediensteten (Personalvertreter/innen) bei der Dienstbehörde zu beantragen ist. Unbestrittenermaßen dienen die Freistellungen nach § 25 Abs. 4 PVG dazu, die der Personalvertretung vom Gesetzgeber übertragenen Interessenvertretungsaufgaben bestmöglich im Interesse der von ihr zu vertretenden Bediensteten wahrzunehmen.
Die Freistellung von Personalvertreter/innen hat daher den Zweck, sie in die Lage zu versetzen, ohne die Verpflichtung zur Erledigung von dienstlichen Aufgaben im jeweiligen Umfang die Interessenvertretungsaufgaben gemäß den Grundsätzen iSd § 2 Abs. 1 und 2 PVG entsprechend wahrnehmen zu können. Obwohl von solchen Freistellungen nach den Denkgesetzen nur einzelne Personalvertreter/innen betroffen sein können, stellt die Beschlussfassung im ZA über die Beantragung der Gewährung von Freistellungen bei der Dienstbehörde für die davon betroffenen Mitglieder des ZA ohne jeden rechtlichen Zweifel keine Vertretung ihrer eigenen Interessen dar, sondern dient in erster Linie der optimalen Vertretung der Interessen der vom ZA zu vertretenden Bediensteten.
Da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, von diesen Mechanismen der Beantragung von Freistellungen, von denen im Regelfall ZA-Mitglieder (zumindest auch) betroffen sind, keine Kenntnis zu haben, er aber dennoch keine Enthaltungsbestimmungen für davon (mit)betroffene ZA-Mitglieder vorgesehen hat, erhellt, dass die Befangenheitsregeln des AVG im Fall von Beschlüssen nach § 25 Abs. 4 PVG nicht zum Tragen kommen.
Der Antragsteller macht darüber hinaus geltend, dass der dem Beschluss zu TOP 5 der Tagesordnung der ZA-Sitzung vom 21. Jänner 2020 zugrundeliegende Antrag „unter entscheidender Ausnützung der Mehrheitsverhältnisse, nämlich durch Dirimierung durch den Vorsitzenden“ angenommen worden wäre.
Der Antragsteller verkennt dabei, dass es sich bei der Anwendung von § 22 Abs. 4 letzter Satz PVG nicht um einen bewussten Willensakt der Dirimierung durch den/die Vorsitzenden eines PVO handelt, sondern um eine Regelung ex lege. Nach PVG gilt kraft Gesetzes – ohne ausdrückliche Wahrnehmung eines Rechtes auf Dirimierung durch den/die Vorsitzenden - bei Stimmengleichheit jene Meinung als angenommen, für die/der Vorsitzende gestimmt hat, sofern er/sie der stimmenstärksten Gruppe angehört.
Aufgrund dieser klaren und eindeutigen Rechtslage nach PVG kann dem Vorsitzenden des ZA nicht vorgeworfen werden, bei Stimmengleichheit unter Ausnützung der Mehrheitsverhältnisse in gesetzwidriger Geschäftsführung gehandelt zu haben, weil er lediglich von seinem Stimmrecht Gebrauch gemacht hat, an das vom Gesetzgeber - und nicht durch Willensakt des Vorsitzenden - bestimmte rechtliche Folgen geknüpft sind, zumal der Gesetzgeber die Anwendung des § 22 Abs. 4 letzter Satz PVG im Fall von Pattstellungen bei Beschlussfassungen des ZA über Freistellungen nicht ausgeschlossen hat.
Daher bestand auch aus diesem Grund kein rechtlicher Anlass für die PVAB, den Beschluss des ZA zu TOP 5 der Tagesordnung seiner Sitzung vom 21. Jänner 2020 als rechtswidrig aufzuheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 7. Mai 2020
Die Vorsitzende:
Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:PVAB:2020:A8.PVAB.20Zuletzt aktualisiert am
25.02.2021