TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/7 VGW-001/034/4655/2019

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Veröffentlicht am 07.10.2020
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Entscheidungsdatum

07.10.2020

Index

82/04 Apotheken Arzneimittel

Norm

ApG §30 Abs4
ApG §31 Abs4
ApG §33
ApG §41 Abs1

Text

                                                                                                              

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Osinger aufgrund der Beschwerde des Herrn Mag. pharm. A. B., C.-straße, Wien, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 07.02.2019, Zl. ..., betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 41 Abs. 1 Apothekengesetz,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG die Verfahrenseinstellung verfügt..

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG werden dem Beschwerdeführer keinen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

III. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.) Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 41 Abs. 1 Apothekengesetz, RGBL Nr. 5/1907 in der geltenden Fassung iVm. § 27 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO 2005, BGBl. II Nr. 65/2008 idgF. bestraft.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

„Sie haben als Konzessionär und Betreiber der öffentlichen Apotheke „D.“, in Wien, E.-gasse am 29.11.2016 § 27 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung 2005, wonach die Betriebsräume der Apotheke für die jeweilige Zweckwidmung geeignet sein müssen, sodass eine dem Stand der Wissenschaft entsprechende Herstellung, Vorrathaltung und Kontrolle der Arzneimittel gewährleistet ist, insofern nicht eingehalten, als im Bereich des Handwaschplatzes des Labors und im Bereich des Handwaschplatzes der Personaltoilette fix montierte, händebedienungsfreie Seifen- und Desinfektionsmittelspender sowie im beriech der Rezeptur in der Offizin ein fix montierter händebedienungsfreier Desinfektionsmittelspender fehlten, obwohl die medizinischen Handwaschplätze einer Apotheke sowie Handwaschplätze in den Sanitärbereichen einer Apotheke mit wandseitig montierten, ellenbogenbedienbaren Seifen- und Desinfektionsmittelspendern auszustatten sind, weil die auf dem Prinzip der Berührungsfreiheit („No-Touch-Prinzip“) basierte Händehygiene einen weltweit anerkannten Standard zur Vermeidung der Weiterverbreitung und Übertragung von Infektionen in Gesundheitseinrichtungen darstellt, wobei durch die fehlende korrekte Ausstattung der Handwaschplätze ein unzumutbares und vermeidbares Risiko für die Kontamination bei der Herstellung von Arzneimitteln entsteht und somit eine negative Auswirkung auf die Patientinnen nicht ausgeschlossen werden kann.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 27 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung 2005, BGBl. II Nr. 65/2005 idgF. iVm: § 41 Abs. 1 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5 /1907 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von EUR 280,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden

Gemäß § 41 Abs. 1 des Apothekengesetzes

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

EUR 28,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (mindestens jedoch EUR 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EUR 308,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

2.) Mit per E-Mail eingebrachter Beschwerde hat der Beschwerdeführer eingewendet, es sei nach der Visitation und erfolgten Verständigung der MA 15 über die Notwendigkeit der Sanierung der Handwaschplätze dieser Mangel behoben und dies schriftlich bei der MA 15 angezeigt worden. Die schriftliche Meldung sei allerding bedauerlicherweise (vermutlich bei der Post) verloren gegangen. Da die Mängel sofort behoben worden seien und der Beschwerdeführer auch versucht habe die Behörde sofort zu verständigen, ersuche er um Einstellung des Straferkenntnisses.

3.) Das angefochtene Straferkenntnis beruht auf einer Mitteilung der MA 40 – Fachbereich Gesundheitsrecht vom 09.11.2017, GZ MA 40 .... Es findet sich darin die Mitteilung des Ergebnisses einer Visitation (Betriebsüberprüfung) gem. §§ 60, 68 ABO 2005 vom 29.11.2016, wonach in diesem Zeitpunkt im Bereich Handwaschplätze des Labors und der Toilette fix montierte händebedienungsfreie Seifen- und Desinfektionsmittelspender sowie im Bereich der Rezeptur in der Offizin ein fix montierter händebedienungsfreier Desinfektionsmittelspender gefehlt hätten. Dies sei schon bei der Visitation vom 06.12.2011 beanstandet worden. Nach dem Beschwerdeführer eingeräumtem Parteiengehör habe dieser angegeben der fachlichen Meinung zu sein, dass die Desinfektion durch das Desinfektionsmittel selbst erfolge und nicht durch eine händebedienungsfreie Zugangsmöglichkeit. Deswegen könne er keinen Mangel aus hygienischen Gründen erkennen. Es sei daraufhin von der MA 40 die MA 15 mit Schreiben vom 24.02.2017 um Stellungnahme ersucht worden. Diese habe mit Schreiben vom 27.03.2017, GZ MA 15 ... mitgeteilt, dass „aufgrund der oben angeführten internationalen Empfehlungen, Leitlinien und Standards von anerkannten Fachärzten für Hygiene und Mikrobiologie, international anerkannten Institutionen auf dem Gebiet der Hygiene und den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation für eine ordnungsgemäße Händehygiene das Vorhandensein von händebedienungsfreien Seifen- und Desinfektionsmittelspendern und Einmalpapierhandtuchspendern unbedingt erforderlich (ist).“ Es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer § 27 Abs. 5 ABO 2005 insoferne nicht eingehalten habe, als im Bereich des Handwaschplatzes des Labors und im Bereich des Handwaschplatzes der Toilette fix montierte, händebedienungsfreie Seifen- und Desinfektionsmittelspender sowie im Bereich der Rezeptur in der Offizin ein fix montierter händebedienungsfreier Desinfektionsmittelspender gefehlt hätten. Dies obwohl die medizinischen Handwaschplätze einer Apotheke sowie Handwaschplätze in den Sanitärbereichen einer Apotheke mit wandseitig montierten, ellenbogenbedienbaren Seifen- und Desinfektionsmittelspendern und Einmalhandtuchspendern auszustatten seien, weil die auf dem Prinzip der Berührungsfreiheit basierte Händehygiene ein weltweit anerkannter Standard sei. Zur Vermeidung der Weiterverbreitung und Übertragung von Infektionen in Gesundheitseinrichtungen seien ordnungsgemäß ausgestattete Handwaschplätze erforderlich, wobei die ordnungsgemäße Ausstattung laut aktuellem „State oft he Art“ einen händebedienungsfreien Spender (je nach Erfordernis für Flüssigseife und Händedesinfektionsmittel), einen händebedienungsfreien Wasserauslass und leicht entnehmbare Einmalpapierhandtücher aus einer Spendervorrichtung zu umfassen habe, wobei aus Sicht der WHO der Stellenwert der Händehygiene und dessen positive Auswirkung auf die Patientinnensicherheit die „5 Momente der Händehygiene“ seien, deren Grundlage im sogenannten „No Touch Prinzip“ (Prinzip der Berührungsfreiheit) bestehen würde.

Dieser Anzeige beigelegt war das oben erwähnte Schreiben der MA 15 an die MA 40 vom 27.03.2017 in Abschrift. Daraus ergibt sich, dass die MA 15 von der MA 40 zuvor um Beantwortung der Frage ersucht worden war, ob aufgrund der in der gegenständlichen Apotheke bei der Visitation am 29.11.2016 vorgefundenen Mängel Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier durch Arzneimittel bestehe, bejahendenfalls welche Auflagen aus medizinsicher Sicht erforderlich sind, um die drohende Gefahr abzuwenden bzw. aus medizinsicher Sicht unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Gefährdung eine angemessene Frist zur Erfüllung der Auflagen eingeräumt werden könne, bejahendenfalls welche Frist.

Die MA 15 hat in der gegenständlichen Beantwortung dieser Anfrage mit dem genannten Schreiben vom 27.03.2017 zusammenfassend festgestellt, dass aufgrund im Schreiben näher angeführter internationaler Empfehlungen, Leitlinien und Standards von anerkannten Fachärzten für Hygiene und Mikrobiologie, international anerkannten Institutionen auf dem Gebiet der Hygiene und den Vorgaben der WHO für die ordnungsgemäße Händehygiene das Vorhandensein von händebedienungsfreien Seifen- und Desinfektionsmittelspendern und Einmalpapierhandtuchpapierspender unbedingt erforderlich ist. Durch die fehlende korrekte Ausstattung der Handwaschplätze bestehe ein unzumutbares und vermeidbares Risiko für die Kontamination von Arzneimitteln vor allem bei der Herstellung dieser. In weiterer Folge könne durch die mögliche Arzneimittelkontamination eine negative Auswirkung auf Patientinnen nicht ausgeschlossen werden. Es seien aus medizinsicher Sicht folgende Maßnahmen erforderlich, um die allgemeinen Gebote der Hygiene in der oben angeführten Apotheke zu erfüllen:

„1. Der medizinische Handwaschplatz im Bereich des Labors ist mit einem wandständig fix montierten händebedienungsfreien Seifen- und Desinfektionsmittelspender sowie einem Einmalpapierhandtuchspender nachzurüsten.

2. Im abgetrennten Rezepturbereich der Offizin ist ein händebedienungsfreier wandständig fix montierter Desinfektionsmittelspender zu installieren.

3. Im Bereich des Handwaschplatzes der Personaltoilette sind ein wandständig fix montierter händebedienungsfreier Seifen- und Desinfektionsmittelspender nachzurüsten.“ Es wurde eine Frist von 4 Wochen zur Umsetzung der Auflagen als angemessen erachtet.

4.) Über entsprechende Anfrage der belangten Behörde, ob die Mängel in der Zwischenzeit behoben worden sind, wurde dieser mit Schreiben der MA 15 vom 15.12.2017 bzw. der MA 40 vom 10.01.2018 lediglich mitgeteilt, dass keine „Unterlagen iS. einer Mängelbehebung“ vorgelegt worden seien, sodass diesbezüglich keine Stellungnahme abgegeben werden könne. Ebenso wenig ergibt sich daraus, ob die von der MA 15 vorgeschlagenen Auflagen nach erfolgter Visitation gem. § 68 ABO 2005 iSd. § 72 Abs. 2 Z 2 ABO 2005 tatsächlich (offenbar durch die MA 40) vorgeschrieben worden sind.

5.) Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass er die „Mängelbehebung“ vor der Visitation vom 29.11.2016 vorgenommen hat, d.h. dass in der vorliegenden Beschwerde das Vorhandensein dieser „Mängel“ letztlich nicht bestritten wurde.

6.) Dem oben erwähnten Schreiben der MA 15 vom 27.03.2017 an die MA 40 ist allerdings bereits zu entnehmen, dass das Erfordernis von „händebedienungsfreien Seifenspendern bzw. Desinfektionsmittelspendern bzw. Einmalpapierhandtuchspendern“ weder in der ABO 2005 noch im „Betriebsanlagenbescheid“ (gemeint offenbar Genehmigungsbescheid der gegenständlichen öffentlichen Apotheke „D.“ in Wien, E.-gasse gem. §§ 6, 56 Apothekengesetz, offenbar der Bescheid der MA 15 vom 28.07.2005, …) ausdrücklich genannt ist.

Im erwähnten Schreiben der MA 15 vom 27.03.2017 wurde somit in Beurteilung der in der Anfrage der MA 40 so bezeichneten „Mängel“ (nämlich das Fehlen von berührungsfreien Seifen- bzw. Desinfektionsmittelspendern bzw. Einmalhandtuchspendern) näher ausgeführt, woraus sich das betreffende Erfordernis zur „Mängelbehebung“ ergeben könnte. Als Referenzen wurden dabei ein Buch „Hygiene in der Apotheke“, ein Artikel in der „Pharmazeutischen Zeitung Online, Ausgabe 43/2017“, eine Schrift „Hygiene- Klinik 03/2012“ eines Prof. Dr. Assadian, Med Uni Wien, ein Artikel in der Österreichischen Ärztezeitung 11/2014, eine Richtlinie Nr. 26 des Arbeitskreises für Hygiene in Gesundheitseinrichtungen, ein Artikel der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene 2011, sowie ein Artikel „Hygiene für Apotheker“ in der Ausgabe 04/2010 der Zeitschrift der angestellten Apothekerinnen und Apotheker angeführt. Es finden sich auch Hinweise auf Publikationen der WHO betreffend „Händehygiene“, des Robert Koch Instituts zu „Empfehlungen zur Händehygiene“, eine „BAK – Leitlinie Apothekenverband Köln“, sowie Hinweise auf näher angeführte Homepages.

7.) Gemäß § 41 Abs. 1 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 idgF. begeht, wer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwider handelt, wenn die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu EUR 4.360,00 zu bestrafen.

Gemäß § 6 Abs. 1 bis 3 Apothekengesetz müssen die zur Bereitung, zum Verkaufe und zur Aufbewahrung von Heilmitteln, sowie für die Dienstbereitschaft bestimmten Räume einer öffentlichen Apotheke oder einer Filiale einer solchen, sowie die Einrichtungen derselben den Anforderungen entsprechen, welche mit Rücksicht auf die Bedeutung eines klaglosen Betriebes der Apotheken für die öffentliche Sanitätspflege geboten sind (Abs. 1). Vor der Inbetriebnahme einer öffentlichen Apotheke ist die behördliche Genehmigung für die Betriebsanlage derselben zu erwirken. Eine Änderung der Betriebsanlage bedarf gleichfalls der behördlichen Genehmigung (Abs. 2). Wenn sich nachträglich Übelstände zeigen, deren Abstellung nach den Vorschriften des ersten Absatzes notwendig ist, so sind die erforderlichen Vorkehrungen nach Maßgabe der behördlichen Anordnungen zu treffen (Abs. 3).

Gemäß § 7 Abs. 1 und 2 Apothekengesetz hat, insoweit die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht bereits Vorschriften über den Betrieb der Apotheken enthalten, die Regelung dieses Betriebes im Verordnungswege zu erfolgen (Abs. 1). Hiezu gehört insbesondere die Erlassung von Vorschriften darüber, welche Artikel in einer Apotheke geführt werden dürfen und welche Artikel vorrätig gehalten werden müssen, ferner die Festsetzung des Maximalpreises für die vorbezeichneten Artikel und deren Verpackung sowie die Bestimmung des Maximalentgeltes für die im Betriebe der Apotheke geleisteten Arbeiten (Arzneitaxe) (Abs. 2).

Aufgrund der zuletzt genannten Verordnungsermächtigung ist die Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO 2005, BGBl. II Nr. 65/2005 mit nachfolgenden Novellierungen erlassen worden.

Gemäß § 26 Abs. 1 ABO 2005 idgF. müssen die Betriebsräume nach Art, Größe, Zahl, Lage und Einrichtung geeignet sein, einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb, insbesondere die ordnungsgemäße Abgabe der Arzneimittel und die Information und Beratung über Arzneimittel, die einwandfreie Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Verpackung von Arzneimitteln einschließlich apothekeneigener Arzneispezialitäten sowie alle anderen dem Apothekenbetrieb zugehörigen Tätigkeiten zu gewährleisten.

Gemäß § 27 Abs. 5 ABO 2005 müssen die Betriebsräume für die jeweilige Zweckwidmung geeignet sein, sodass eine dem Stand der Wissenschaften entsprechende Herstellung, Vorrathaltung und Kontrolle der Arzneimittel gewährleistet ist.

Gemäß § 30 Abs. 4 letzter Satz ABO 2005 ist dem Laboratorium ein Waschbereich zuzuordnen, der eine geeignete Abwaschvorrichtung mit Warm- und Kaltwasser, einen Geschirrspüler sowie eine geeignete Trockenmöglichkeit für Flaschen und Geräte aufweist.

Gemäß § 31 Abs. 3 ABO 2005 muss jede öffentliche Apotheke über mindestens einen Arbeitsplatz für Zubereitungen im Laboratorium oder in der Offizin oder über einen eigenen Rezepturraum verfügen.

Gemäß § 31 Abs. 4 ABO 2005 ist dieser Arbeitsplatz mit den üblicherweise zur Rezeptur benötigten Arzneimitteln, Geräten und Behelfen auszustatten. In der Nähe des Arbeitsplatzes ist eine Waschvorrichtung mit fliessendem Warm- und Kaltwasser vorzusehen. Für eine ausreichende Belüftung ist vorzusorgen.

Gemäß § 33 ABO 2005 hat die sanitäre Anlage ungeachtet der Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung mindestens aus einer Waschgelegenheit (Kalt- und Warmwasser, Seifenspender, Papierhandtücher und Behälter für gebrauchte Papierhandtücher) und einer Toilette zu bestehen.

Gemäß § 72 Abs. 1 ABO ist über jede Betriebsüberprüfung eine Niederschrift aufzunehmen.

Gemäß § 72 Abs. 2 ABO 2005 hat die Bezirksverwaltungsbehörde in Fällen drohender Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier durch Arzneimittel entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung

1. die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung technischer Einrichtungen oder sonstige das In-Verkehr-Bringen von Arzneimitteln hindernde Maßnahmen zu verfügen oder

2. Auflagen vorzuschreiben, um die Einhaltung der Bestimmungen des Apothekengesetzes und dieser Verordnung zu gewährleisten. Sofern nicht Gefahr im Verzug gegeben ist, ist für die Erfüllung der Auflagen eine angemessene Frist zu gewähren.

8.) Wie bereits von der MA 15 in ihrem Schreiben an die MA 40 vom 27.03.2017 festgehalten, ist das Erfordernis von „berührungsfreien Seifen- und Desinfektionsmittelspendern“ weder im Apothekengesetz noch in der Apothekenbetriebsordnung 2005 ausdrücklich festgehalten. Das Apothekengesetz enthält (ähnlich der GewO 1994) nur die allgemeinen Voraussetzungen für die zwingend vorgesehene Betriebsanlagengenehmigung einer Apotheke und die diesbezügliche Ermächtigung bzw. Verpflichtung der Behörde, die „etwa notwendigen Bedingungen und Beschränkungen“ zur Gewährleistung der allgemeinen Erfordernisse vorzuschreiben. Ebenso enthält auch die ABO 2005 keine diesbezüglichen eindeutigen Festlegungen. Die Bestimmungen der §§ 30 Abs. 4, 31 Abs. 4 und 33 ABO 2005 enthalten hinsichtlich des Waschbereiches in Laboratorien, Waschvorrichtungen für den Arbeitsplatz zur Zubereitung bzw. die Waschgelegenheit für Sanitäranlagen lediglich die allgemeine Anforderung, diese Einrichtungen mit (fliessendem) Warm- und Kaltwasser bzw. die Sanitäranlage zusätzlich mit „Seifenspender“ auszustatten, jedoch keine näheren Anordnungen über eine berührungsfreie Ausstattung von Seifen- und Desinfektionsmittelspendern. Nach dem Akteninhalt fehlt eine entsprechende Anordnung auch im entsprechenden Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 28.07.2005.

9.) Soweit im Anzeigeschreiben vom 09.11.2017 auf die Bestimmung des § 27 Abs. 5 ABO 2005 verwiesen worden ist, ist dort ausschließlich die Anforderung nach „für die jeweilige Zweckwidmung geeigneten Betriebsräumen“ enthalten. Das Erfordernis der „entsprechenden Eignung“ ist insoferne näher determiniert, als Betriebsräume nur dann der entsprechenden Voraussetzung entsprechen, wenn sie eine „dem Stand der Wissenschaften entsprechende Herstellung, Vorrathaltung und Kontrolle der Arzneimittel gewährleisten“.

10.) Dem Schreiben der MA 15 vom 27.03.2017 ist eine Auflistung jener wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Empfehlungen bzw. Leitlinien zu entnehmen, die (nach diesbezüglicher Angabe der MA 15) erkennen lassen, dass es dem auch in einer Apotheke anwendbaren „medizinischen State of the Art“ entspricht, Seifen- und Desinfektionsmittelspender berührungsfrei auszustatten. In der betreffenden Auflistung der verwendeten Literatur sind jedoch keine Normen angeführt, die aufgrund des Apothekengesetzes oder der ABO 2005 für verbindlich erklärt worden wären.

11.) Das System der Genehmigung und Kontrolle von Österreichischen Apotheken ist erkennbar dem System der Genehmigung und Kontrolle gewerblicher Betriebsanlagen vergleichbar. § 367 Z 25 GewO 1994 enthält eine dem § 41 Abs. 1 Apothekengesetz ähnliche Verwaltungsstrafbestimmung. In der genannten Bestimmung des § 367 Z 25 GewO 1994 findet sich ein „Gleichhalten“ des Nichtbefolgens von gem. „§§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträgen“ mit „Geboten oder Verboten von gem. § 82 Abs. 1 oder § 84m erlassenen Verordnungen“. Es gelten auch hinsichtlich der Tatanlastung für beide Fälle dieselben Voraussetzungen (vgl. VwGH vom 18.10.2012, 2012/04/0020).

12.) Sowohl die Verwaltungsstrafbestimmung des § 367 Z 25 GewO 1994 als auch die hier gegenständliche Verwaltungsstrafbestimmung des § 41 Abs. 1 Apothekengesetz enthalten selbst keine Tatbilder, sondern lediglich Strafdrohungen, worin auf davon getrennte Tatbilder verwiesen wird. Solche Strafnormen werden als „Blankettstrafnormen“ bezeichnet (vgl. etwa VwGH vom 26.06.1995, 95/10/0017). Der gesetzestechnische Vorgang der äußeren Trennung von Tatbild und Strafdrohung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern der Tatbestand durch das Gesetz mit genügender Klarheit als Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand gekennzeichnet ist. Ferner ist erforderlich, dass, wenn der strafbare Tatbestand im Zuwiderhandeln gegen eine Gebotsnorm besteht, der Unrechtsgehalt eines Unterlassens eindeutig erkennbar ist und dass schließlich der Tatbestand einer Blankettstrafnorm mit solcher Deutlichkeit gekennzeichnet sein muss, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag (vgl. das obige Erkenntnis VwGH vom 26.06.1995).

Wenn auf alle Vorschriften eines Gesetzes oder einer Verordnung verwiesen wird, kommen als Übertretungsnormen nur solche in Betracht, die dem Normadressaten ein ausreichend genau umschriebenes Verhalten verbieten oder gebieten (VwGH vom 04.02.1993, 91/19/0093).

Aus dem Tatbestand einer Blankettstrafnorm muss eine Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln (ein Gebot) oder zur Unterlassung einer Tätigkeit (ein Verbot) in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ablesbar sein (VwGH vom 15.03.1974, 1329/73).

Eine Blankettstrafnorm muss ein eindeutiges, nicht mehr auslegungsbedürftiges Gebot oder Verbot enthalten, um eine nach § 1 Abs. 1 VStG gültige Strafdrohung zu bewirken (etwa VwGH vom 29.06.1970, 495/69).

Dies gilt auch in jenen Fällen, in welchen aufgrund gesetzlicher Anordnung die Blankettstrafnorm nicht in generellen, sondern in individuellen Anordnungen enthalten ist. Bei einem Verstoß gegen diesen Grundsatz mangelt es nicht bloß am subjektiven, sondern bereits am objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung (VwGH vom 20.11.1972, 1707/71).

13.) Somit ist es schon zur Erfüllung der Voraussetzung der § 1 Abs. 1 VStG, Artikel 18 Abs. 1 B-VG bzw. Artikel 7 Abs. 1 EMRK erforderlich, dass bei Verweisen auf generelle oder individuelle Anordnungen als Tatbestand einer Blankettstrafnorm eindeutig erkennbar ist, dass bestimmte Gebote Gegenstand dieses Tatbildes sind.

14.) Weder das Apothekengesetz noch die ABO 2005 verweisen auf bestimmte Richtlinien, Leitlinien oder Ähnliches, sodass dort enthaltene konkrete Gebote oder Verbote etwa Gegenstand des Tatbildes bzw. der Strafdrohung des § 41 Abs. 1 Apothekengesetz sein könnten.

15.) Wie bereits aus dem Verfahrensgang und insbesondere der Stellungnahme der MA 15 vom 27.03.2017 entnehmbar, wurde gerade aus diesem Grunde für den Zeitraum nach der gegenständlichen Kontrolle (d.h. erst nach dem Tatzeitpunkt) die Vorschreibung solcher individueller konkreter Gebotsnormen vorgeschlagen, sodass erst in weiterer Folge eine Bestrafung iSd. § 41 Abs. 1 Apothekengesetz bei Nichteinhaltung dieser konkreten Gebotsnormen (Tatbilder) möglich geworden wäre. § 72 Abs. 1 Z 2 ABO 2005 ist die dafür geeignete Rechtsgrundlage und wurde von der MA 15 in Beantwortung einer entsprechenden Anfrage der MA 40 auch ausdrücklich als Grundlage herangezogen.

16.) Das Nichteinhalten von erst nach dem Vorfallszeitpunkt individuell vorgeschriebener Gebote ist im vorangegangenen Zeitraum niemals strafbar, zumal die herangezogene Blankettstrafnorm eben diesbezüglich keine ausreichende konkrete Handhabe bietet, wie von der Aufsichtsbehörde auch erkannt, jedoch (offenbar irrtümlich) parallel dazu zum Gegenstand eines Verwaltungsstrafverfahrens gemacht worden ist.

Es war somit der betreffende Tatvorwurf aus dem genannten Grunde unzutreffend und das Straferkenntnis diesbezüglich mit Rechtswidrigkeit behaftet.

17.) Eine gesonderte Aufhebung des Straferkenntnisses war unter Bedachtnahme auf die zwischenzeitig abgelaufene Frist des § 43 Abs. 1 VwGVG nicht erforderlich, sondern aufgrund der Aufhebung des Straferkenntnisses aufgrund der oben genannten Bestimmung lediglich die Einstellung des Verfahrens auf dieser Grundlage zu verfügen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Apotheke; Betriebsanlage; Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.034.4655.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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