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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. März 1997, Zl. SD 954/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 3. März 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer, der sich seit 1990 im Bundesgebiet aufhalte, habe Sichtvermerke bis 30. Juli 1993 und im Anschluß daran eine Aufenthaltsbewilligung bis 4. Februar 1995 erhalten.
Sein am 30. Dezember 1994 (also rechtzeitig) gesteller Verlängerungsantrag sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. März 1995 abgewiesen worden. Seit Erlassung dieses Bescheides sei der Beschwerdeführer nicht mehr zum Aufenthalt berechtigt. Die dagegen erhobene Berufung sei vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 10. Juli 1995 gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen worden. Seit Erlassung dieses Bescheides stehe § 17 Abs. 4 FrG einer Ausweisung nicht entgegen. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof habe keine aufschiebende Wirkung; ein Abwarten der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht geboten. Ein neuerlicher Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei mit Bescheid vom 29. Februar 1996 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Zwei weitere derartige Anträge seien abgewiesen worden.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung nach § 19 FrG betreffe, so sei aufgrund des fünfjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers eine "gewisse" Integration und angesichts des Aufenthaltes seiner Lebensgefährtin und des gemeinsamen Kindes in Österreich ein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben anzunehmen gewesen. Dessen ungeachtet sei aber seine Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: Verhinderung strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer und Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) dringend geboten. Der seit mehr als eineinhalb Jahren unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet trotz Abweisung von vier Anträgen nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährdeten die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 223 Abs. 2, § 224 StGB verurteilt worden sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer (seit mehr als eineinhalb Jahren) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Unter Zugrundelegung der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen hegt der Gerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken. Da somit die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG vorliegt, hatte die belangte Behörde - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - die Ausweisung auszusprechen.
2.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde dem § 19 FrG nicht ausreichend Rechnung getragen habe. Zum einen sei die familiäre Situation des Beschwerdeführers "nicht entsprechend" berücksichtigt worden, zum anderen hätte die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, nicht zu seinen Lasten in die Abwägung einbezogen werden dürfen, weil die Probezeit am 30. April 1997 ende und zu diesem Zeitpunkt die Strafe auch getilgt sei. Überdies handle es sich hiebei um die einzige Straffälligkeit des Beschwerdeführers; da sie im Zusammenhang mit seiner Lenkerberechtigung stehe, seien nach Erhalt einer österreichischen Lenkerberechtigung weitere strafbare Handlungen des Beschwerdeführers auszuschließen. Hätte die belangte Behörde die Interessenabwägung i.S. des Gesetzes vorgenommen, so wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele nicht dringend geboten sei.
2.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Entgegen der Beschwerdemeinung hat die belangte Behörde die familiäre Situation des Beschwerdeführers "entsprechend" berücksichtigt, und zwar dahin, daß aufgrund des Aufenthaltes der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und des gemeinsamen Kindes in Österreich ein i.S. des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers anzunehmen sei. Diese Annahme ist ebenso zutreffend wie die, daß in Anbetracht des etwa fünfjährigen legalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich - daß dieser laut Beschwerde bereits seit dem Jahr 1989 und nicht wie von der belangten Behörde festgestellt seit dem Jahr 1990 im Bundesgebiet aufhältig sei, ist im gegebenen Zusammenhang ohne wesentliche Bedeutung - von einer "gewissen" (soll heißen: nicht geringen) Integration auszugehen und damit auch ein rechtserheblicher Eingriff in sein Privatleben anzunehmen sei. Wenn die belangte Behörde dennoch zu dem Ergebnis des Dringend-geboten-seins der Ausweisung des Beschwerdeführers gelangt ist, so vermag der Gerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, wurde doch durch den bereits nahezu zweijährigen unerlaubten Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, der ungeachtet mehrmaliger abschlägiger Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz fortgesetzt wurde, in gravierender Weise in das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0171, mwN) aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften eingegriffen. Diese massive Beeinträchtigung allein - ohne daß es noch der Heranziehung des der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen § 223 Abs. 2, § 224 StGB zugrunde liegenden strafbaren Verhaltens bedürfte - ist von solchem Gewicht, daß das für einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechende Interesse jedenfalls nicht höher zu veranschlagen ist als das gegenläufige maßgebliche Allgemeininteresse. Im Hinblick auf das zuletzt Gesagte ist auch dem Beschwerdevorwurf, die Behörde habe in bezug auf die besagte Verurteilung des Beschwerdeführers ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt, der Boden entzogen.
3. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180225.X00Im RIS seit
20.11.2000