TE Vwgh Erkenntnis 1987/12/14 86/12/0116

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Veröffentlicht am 14.12.1987
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Index

Unterricht - Hochschulen
001 Verwaltungsrecht allgemein
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
22/02 Zivilprozessordnung
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
72/13 Studienförderung

Norm

ABGB §1380
ABGB §1412
EStG 1972 §19 Abs1
StudFG 1983 §13 Abs6 litb
StudFG 1983 §3
StudFG 1983 §4
VwRallg
ZPO §204

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Herberth, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde der AN in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 14. März 1986, Zl. 56.037/19-17/86, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Ansuchen der Beschwerdeführerin, die seit dem Wintersemester 1985/86 Architektur an der Technischen Universität studiert, um Zuerkennung einer Studienbeihilfe für das Studienjahr 1985/86 wurde nach Vorstellung mit Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde vom 6. Februar 1986 mangels sozialer Bedürftigkeit abgewiesen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die Behörde habe bei der Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit übersehen, daß die von ihrem Vater gemäß § 67 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes versteuerten sonstigen Bezüge nicht im maßgeblichen Kalenderjahr 1984 bezogen worden seien. Aus den Gesetzesmaterialien zum Studienförderungsgesetz ergebe sich, daß das Studienförderungsgesetz an die Begriffsbestimmungen des Einkommensteuergesetzes anknüpfe. Nach § 4 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes seien bei der Ermittlung des Einkommens nach Abs. 1 nur die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen, die in dem der Antragstellung vorausgegangenen Kalenderjahr zugeflossen seien. Entsprechend der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre zum § 19 des Einkommensteuergesetzes seien Einnahmen einem Steuerpflichtigen nur dann zugeflossen, wenn er über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen könne. Maßgebend sei nicht die subjektive Kenntnis des Steuerpflichtigen von einem Geldeingang, sondern die objektive Verfügungsmöglichkeit. Das Geld oder der geldwerte Vorteil müsse nicht in das bürgerlich-rechtliche Eigentum des Steuerpflichtigen übergegangen sein, soferne wirtschaftlich bereits eine Vermögensvermehrung eingetreten oder die Verwirklichung eines Anspruches bereits derart nahegerückt und gesichert sei, daß dies wirtschaftlich der Verwirklichung des Anspruches gleichkomme.

Der Vater der Beschwerdeführerin habe in der Verhandlung vom 30. November 1983 mit der Pensionsversicherungsanstalt einen Vergleich geschlossen. Darin habe sich diese verpflichtet, ihm die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem Antragstag (19. August 1982) zu gewähren. Damit sei beim Vater der Beschwerdeführerin bereits zu diesem Zeitpunkt eine Vermögensvermehrung eingetreten bzw. die Verwirklichung eines Anspruches bereits derart nahegerückt und gesichert gewesen, daß dies wirtschaftlich der Verwirklichung des Anspruches gleichzuwerten sei. Der Zufluß der Pensionsnachzahlung sei daher nach dem Einkommensteuergesetz bereits im Jahre 1983 erfolgt.

Dieser Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid aus nachstehenden Gründen keine Folge gegeben: Die für die Berufung entscheidende Rechtsfrage sei, ob die „sonstigen Bezüge“ gemäß § 67 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes 1972 auf dem Lohnzettel 1984 der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten dem Einkommen des Jahres 1983 oder 1984 zuzurechnen seien.

Zutreffend sei die Auffassung der Beschwerdeführerin, „wonach hinsichtlich der Einkommensermittlung das Studienförderungsgesetz von den Bestimmungen und Begriffen des Einkommensteuergesetzes 1972 auszugehen habe“. Hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen bestimme der § 19 des Einkommensteuergesetzes 1972, daß „Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen sind, in denen sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.“

Unbestritten sei, daß dem Vater der Beschwerdeführerin die Nachzahlung für seine Berufsunfähigkeitspension erst im Kalenderjahr 1984 angewiesen worden sei.

Die Beschwerdeführerin meine allerdings, daß dieses „Zufließen“ bereits durch den Abschluß eines Vergleiches mit der Sozialversicherung im Dezember 1983 eingetreten sei.

Gegen diese Auslegung spreche vor allem das von der Beschwerdeführerin genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1982, Zl. 82/14/0088, nach dem maßgebend für das Zufließen von Einnahmen nicht die subjektive Kenntnis des Steuerpflichtigen von einem Geldeingang, sondern die objektive Verfügungsmöglichkeit sei. Entscheidend sei daher das Einlangen eines bestimmten Geldbetrages auf dem Konto des Steuerpflichtigen, nicht jedoch der Zeitpunkt, in welchem dieser von der Überweisung Kenntnis erlangt habe.

Der Abschluß eines Vergleiches über die Nachzahlung einer Berufsunfähigkeitspension führe jedenfalls nicht zu einer Vermögensvermehrung durch einen bestimmten Geldbetrag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehene vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist allein die Frage strittig, ob die dem Vater der Beschwerdeführerin im Jahre 1984 angewiesene Pensionsnachzahlung bei der Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit im Sinne der §§ 3 ff bzw. des § 13 Abs. 6 lit. b des Studienförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 436/1983, als im Jahr 1983 oder im Jahr 1984 zugeflossen zu werten ist.

Im wesentlichen bekämpft die Beschwerdeführerin unter Heranziehung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung der Behörde, daß die ihrem Vater im Jahre 1984 angewiesene Nachzahlung bei der auf das Einkommen des Jahres 1984 gestützten Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit zu berücksichtigen ist, weil das Zufließen dieser Nachzahlung bereits durch den Abschluß eines Vergleiches mit der Sozialversicherung im Dezember 1983 eingetreten sei. Maßgebend sei nach der Rechtsprechung nicht die Kenntnis vom Geldeingang, sondern die objektive Verfügungsmöglichkeit. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Falle eines am 20. Dezember 1962 erfolgten und am gleichen Tage angenommenen Anbotes, bei tatsächlicher Auszahlung erst am 2. Jänner 1963, ausgeführt, daß es in diesem Falle für das „Zufließen“ genüge, daß die Verwirklichung des Anspruches derart nahegerückt und so gesichert sei, daß er wirtschaftlich dem tatsächlichen Eingang der Leistung gleichzustellen sei.

Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Der an den Vater der Beschwerdeführerin geleisteten Pensionsnachzahlung ging - wie einem von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Schreiben der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich vom 2. Dezember 1983 zu entnehmen war - ein am 30. November 1983 geschlossener gerichtlicher Vergleich voraus. In diesem Schreiben wird ausgeführt, daß sich die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten verpflichtet habe, dem Vater der Beschwerdeführerin die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 19. August 1982 zu gewähren. Alles weitere werde der Genannte von der Pensionsversicherungsanstalt erfahren. Weitere Unterlagen, insbesondere der Wortlaut des geschlossenen Vergleiches, wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt, sondern auf Grundlage des vorher wiedergegebenen Schreibens die dargestellte Rechtsansicht vertreten.

Nach der von der Beschwerdeführerin selbst herangezogenen, aber nur auszugsweise genannten Rechtsprechung sind - im wesentlichen - Einnahmen dann zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige die rechtliche und wirtschaftliche bzw. die objektive Verfügungsmöglichkeit erlangt hat. So ist beispielsweise in dem von der Beschwerdeführerin herangezogenen und auch von der belangten Behörde genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1982, Zl. 82/14/0088, unter Nennung weiterer Rechtsprechung (Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965) ausgesprochen worden, daß ein auf ein Bankkonto des Zahlungsempfängers eingezahlter Betrag diesem mit dem Zeitpunkt der Gutschrift seitens der Bank und nicht erst mit dem Zeitpunkt der Verständigung des Empfängers zugeflossen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof kann in der strittigen Frage des „Zufließens“ auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht erkennen, daß dem Vater der Beschwerdeführerin bereits im Dezember 1983 auf Grund des genannten Schreibens eine objektive Verfügungsmöglichkeit über die Pensionsnachzahlung zugestanden wäre, weil diese Nachzahlung - wie dem Hinweis „alles weitere erfahren sie von der Pensionsversicherungsanstalt ......“ zu entnehmen ist - erst der konkreten Verwirklichung bedurfte.

Da die Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren sachverhaltsmäßig über das vorher Dargelegte hinaus nichts vorgebracht hat, aus dem im Sinne der genannten Rechtsprechung zu erkennen gewesen wäre, daß dem Vater der Beschwerdeführerin bereits 1983 die rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit über die Pensionsnachzahlung zugestanden wäre, ist die Berücksichtigung dieser Nachzahlung bei der Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit nach dem Zeitraum, in dem die Anweisung der Pensionsnachzahlung erfolgt ist, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 14. Dezember 1987

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Zufließen von Zahlungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1987:1986120116.X00

Im RIS seit

25.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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