TE Vwgh Beschluss 2021/1/22 Ra 2020/21/0466

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Veröffentlicht am 22.01.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §53 Abs2 Z7
FrPolG 2005 §60 Abs1
MRK Art8
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des E I, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währingerstraße 3/14, gegen Spruchpunkt B des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. September 2020, G314 2227000-1/6E, betreffend Erlassung eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nordmazedoniens, reiste im Besitz eines gültigen biometrischen Reisepasses zuletzt am 13. August 2019 über Ungarn in den Schengenraum und nach einem Zwischenaufenthalt in Deutschland am 4. November 2019 nach Österreich ein, wo er bei seinem Onkel in St. Pölten unangemeldet wohnte.

2        Am 7. November 2019 wurde der Revisionswerber mit zwei anderen nordmazedonischen Staatsangehörigen auf einer Baustelle in St. Pölten bei über Auftrag der Eigentümer verrichteten Maurerarbeiten an einem Einfamilienhaus von Organen der Finanzpolizei betreten. Diese Tätigkeit übte der Revisionswerber seinen Angaben zufolge seit 5. November 2019 aus. Er verfügte weder über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung, noch war er bei der Sozialversicherung angemeldet.

3        Im Hinblick darauf erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 8. November 2019 gegen den Revisionswerber - verbunden mit dem Ausspruch, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (von Amts wegen) nicht erteilt werde - gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und verband damit ein auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG gestütztes, mit drei Jahren befristetes Einreiseverbot. Unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nordmazedonien zulässig sei. Des Weiteren wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

4        Der Revisionswerber entsprach der Ausreiseverpflichtung, indem er am 9. November 2019 unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe via Flughafen Wien-Schwechat nach Skopje in seinen Herkunftsstaat ausreiste.

5        In Erledigung der gegen den Bescheid vom 8. November 2019 erhobenen Beschwerde erließ das BFA mit Bescheid vom 12. Dezember 2019 unter Wiederholung der im erstgenannten Bescheid enthaltenen Spruchpunkte eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Beschwerdevorentscheidung.

6        Im Hinblick auf einen fristgerechten Vorlageantrag entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 30. September 2020 zunächst dahin, dass das Beschwerdeverfahren in Bezug auf die Rückkehrentscheidung und die damit zusammenhängenden Nebenaussprüche infolge der insoweit mit Schriftsatz vom 3. März 2020 erfolgten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt werde (Spruchpunkt A). Die (verbliebene) Beschwerde gegen das Einreiseverbot wurde als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung in Bezug auf diesen Spruchpunkt bestätigt (Spruchpunkt B). Gemäß § 25 Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt C).

7        Erkennbar (nur) gegen Spruchpunkt B dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich als unzulässig erweist.

8        Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

10       In dieser Hinsicht macht die Revision in erster Linie geltend, das BVwG hätte nicht von der in der Beschwerde beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen. Es sei dem Revisionswerber sohin gar nicht möglich gewesen, das Gericht durch Vermittlung eines persönlichen Eindrucks „von seinem im Beschwerdevorbringen dargelegten Standpunkt zu überzeugen“.

11       Dieses Beschwerdevorbringen beschränkte sich jedoch auf die Behauptung, ein dreijähriges Einreiseverbot sei unverhältnismäßig und nicht mit dem vom Revisionswerber gesetzten Verhalten in Einklang zu bringen, ohne dass diese Auffassung näher begründet worden wäre. In der Beschwerde wird zwar noch angekündigt, der Revisionswerber möchte zu seiner unrechtmäßigen Beschäftigung im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung nähere Angaben machen. Allerdings blieb nach dem Inhalt der Beschwerde völlig offen, um welche - auch entscheidungswesentlichen - Umstände es sich dabei handeln sollte. Eine Verhandlung musste vom BVwG aber nicht allein deshalb durchgeführt werden, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, ein im Verfahren bisher noch nicht geltend gemachtes Vorbringen erstmals zu erstatten. Im Übrigen sind auch der Revision keine näheren Ausführungen zu entnehmen, die - abgesehen von der vom BVwG ohnehin berücksichtigten bloß einmaligen Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung - für eine maßgebliche Relativierung der aus der (unbestrittenen) Verwirklichung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG ableitbaren Gefährdung öffentlicher Interessen sprechen könnten. Die Revision bleibt daher insoweit eine nähere Konkretisierung schuldig, zur Aufklärung welcher entscheidungsrelevanter Umstände eine Verhandlung noch hätte beitragen können.

12       Die weiteren Revisionsausführungen beziehen sich auf einen dem BVwG vorgelegten Brief von B.A., der (erst) am 29. September 2020 beim (Hauptsitz des) BVwG einlangte und von der erkennenden Richterin in der Außenstelle Graz im angefochtenen Erkenntnis nicht mehr berücksichtigt wurde. Das führt aber, auch wenn sich B.A. in diesem Brief als „Verlobte“ des Revisionswerbers bezeichnete und von einer im Juni 2020 geplanten Heirat sprach, noch nicht zu einem entscheidungswesentlichen Verfahrens- und Begründungsmangel. Der Revisionswerber hat nämlich bei seiner Vernehmung am 8. November 2019 in keiner Weise eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin behauptet. Vielmehr gab er an, er komme „jedes Jahr“ nach Österreich, er sei schon ca. zwanzig Mal hier gewesen und habe schon öfters bei seinem Onkel in St. Pölten genächtigt. Aufenthalte bei B.A. wurden nicht erwähnt. Auch die ausdrückliche Frage nach Familienangehörigen in Österreich wurde vom Revisionswerber nur mit „drei Onkeln“ beantwortet. Gegen eine ins Gewicht fallende Beziehung mit B.A. spricht überdies, dass der Revisionswerber in Österreich überhaupt keine Wohnsitzmeldung aufweist. Dazu kommt, dass ein Naheverhältnis zu B.A. auch in der Beschwerde nicht einmal andeutungsweise erwähnt wurde und selbst bei der Vorlage des Briefes kein näheres Vorbringen zur Ausgestaltung dieser Beziehung, insbesondere seit wann sie besteht, wie häufig es bisher zu Treffen kam und ob schon ein Zusammenleben bestand, erstattet wurde. Diesbezüglich lässt sich auch dem - im Übrigen nicht eigenhändig unterfertigten - Brief von B.A. nichts Konkretes entnehmen. Vor diesem verfahrensrechtlichen Hintergrund hätte das BVwG somit - auch bei Berücksichtigung des ergänzend vorgelegten Beweismittels - nicht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Einreiseverbot unverhältnismäßig in Rechte nach Art. 8 EMRK eingreife; mangels diesbezüglicher Beweisanträge im Beschwerdeverfahren war dazu auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten.

13       Schließlich ist dem Revisionsvorbringen noch zu erwidern, dass die mit drei Jahren festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes - jedenfalls unter Einbeziehung einer allfällig möglichen Verkürzung im Wege des § 60 Abs. 1 FPG - nicht unangemessen erscheint.

14       Der Revision gelingt es somit nicht, für den vorliegenden Fall entscheidungswesentliche Rechtsfragen aufzuzeigen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 22. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020210466.L00

Im RIS seit

01.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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