TE Vwgh Beschluss 2021/1/29 Ra 2020/12/0065

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Veröffentlicht am 29.01.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

AVG §68 Abs1
BDG 1979 §254 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, in der Revisionssache der Mag. H L in I, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. August 2020, W257 2231461-1/5E, betreffend Zuerkennung einer Verwendungszulage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin stand bis zum 31. Dezember 2000 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle war das Finanzamt Innsbruck. Sie war dort zunächst mit einem Arbeitsplatz eines Gruppenleiters der Verwendungsgruppe B in der Bemessungsabteilung betraut. Ihr wurde aufgrund ihrer tatsächlichen Verwendung (mit Bescheid vom 24. Februar 1995) eine Verwendungszulage zuerkannt. Durch Erklärung nach § 254 Abs. 1 BDG 1979 bewirkte sie mit 1. Februar 1999 ihre Überleitung in die Besoldungsgruppe der Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes in der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 5.

2        Am 8. Juli 2002 stellte sie den Antrag auf (nachträgliche) Zuerkennung einer Verwendungszulage für den Zeitraum von 1. Jänner 2000 bis 31. Dezember 2000 unter Berücksichtigung der Funktionsgruppe 2 der Verwendungsgruppe A1. Sie stützte diesen Antrag (mit näherer Begründung) darauf, dass ihr für den genannten Zeitraum zwar eine Verwendungszulage nach der Verwendungsgruppe A1 der Funktionsgruppe 1 ausbezahlt worden sei, ihr jedoch aufgrund der Arbeitsplatzwertigkeit ihres Arbeitsplatzes eine Verwendungszulage der Funktionsgruppe 2 gebührt habe.

3        Mit dem - im Säumnisweg ergangenen - angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht diesem Antrag keine Folge und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit ausführt, das Bundesverwaltungsgericht weiche „insofern von der Judikatur ab“, als es in den rechtskräftigen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 24. Februar 1995 eingreife, mit dem der Revisionswerberin eine ruhegenussfähige Verwendungszulage im Ausmaß eines halben Vorrückungsbetrags der Dienstklasse VII der Verwendungsgruppe A für die Zeit ab 1. Jänner 1990 bis zur Überstellung oder Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz zuerkannt worden sei. Eingriffe in aufrechte und rechtskräftige Bescheide durch neue Bescheide „bei unveränderter Sachlage und ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage“ seien „nach bisheriger Judikatur des VwGH“ unzulässig. Die Revisionswerberin sei bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand weder überstellt noch auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt worden. Gemäß der Begründung des genannten Bescheides habe die Revisionsweberin als Hauptgruppenleiterin beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck dauernd im erheblichen Ausmaß Dienst verrichtet, der einen höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen gewesen sei. Die Revisionswerberin habe Tätigkeiten ausgeübt, für die „eine Verwendungszulage nach A1/2“ gebühre; davon sei vor ihrer Versetzung in den Ruhestand auch die belangte Behörde ausgegangen.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision erblickt im angefochtenen Erkenntnis einen „Eingriff“ in den „aufrechten und rechtskräftigen“ Bescheid vom 24. Februar 1995 und bringt vor, dass ein solcher Eingriff „bei unveränderter Rechtslage und ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nach bisheriger Judikatur des VwGH“ unzulässig sei, verabsäumt jedoch darzulegen, von welcher Rechtsprechung die angefochtene Entscheidung abgewichen sei (siehe zB VwGH 19.2.2018, Ra 2017/12/0139).

9        Im Übrigen ist festzuhalten, dass mit dem ins Treffen geführten Bescheid vom 24. Februar 1995 - den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge - festgestellt wurde, dass der Revisionswerberin „gemäß § 121 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit den Absätzen 2 und 4 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG 1956) für die Zeit ab 1. Jänner 1990 bis zu einer Überstellung oder Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz eine ruhegenussfähige Verwendungszulage im Ausmaß eines halben Vorrückungsbetrages der Dienstklasse VII der Verwendungsgruppe B gebührt“. Das - erkennbar auf die Rechtskraftwirkungen von Bescheiden Bezug nehmende - Vorbringen übersieht, dass die aus der Rechtskraft resultierende Bindungswirkung eine unveränderte Sach- und Rechtslage voraussetzt (vgl. zB VwGH 28.2.2019, Ra 2018/12/0008; 8.10.2020, Ra 2018/07/0447-0450; ferner dazu, dass eine Option in ein neues Besoldungssystem geeignet ist, die Rechtskraftwirkung nach dem alten System ergangener Bescheide zu durchbrechen, vgl. VwGH 9.9.2016, Ro 2015/12/0025, Rn. 89). Inwiefern hinsichtlich der mit dem genannten Bescheid erfolgten Zuerkennung einer Verwendungszulage im Dienstklassensystem auch nach der Option der Revisionswerberin in das Funktionszulagenschema von einer unveränderten Rechtslage auszugehen wäre und dementsprechend ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung vorläge, zeigt die Revision nicht auf.

10       Das Vorbringen wirft somit keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. Jänner 2021

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120065.L00

Im RIS seit

23.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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