TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/22 97/18/0257

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Veröffentlicht am 22.05.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;
AVG §71 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 11. März 1997, Zl. St 60/97, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Aus dem Inhalt des obzitierten Bescheides und dem Beschwerdevorbringen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 26. November 1996 hatte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land gegen den Beschwerdeführer ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 3. Dezember 1996 zugestellt. In der Folge erkrankte der Beschwerdeführer und befand sich in der Zeit vom 11. Dezember bis 16. Dezember 1996 in stationärer Behandlung in einem namentlich genannten Krankenhaus. Am 20. Dezember 1996 brachte der Beschwerdeführer - unter gleichzeitiger Erhebung einer Berufung - einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist ein. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 29. Jänner 1997 abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) unter Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 11. März 1997 gemäß § 66 Abs. 4 und § 71 Abs. 1 Z. 1 und 2 AVG keine Folge; unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wies sie die gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 26. November 1996 eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück.

2. Die vorliegende gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 1997 gerichtete Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und begehrt aus diesem Grund dessen Aufhebung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist einer Partei, die dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie habe mit ihrer Argumentation, daß einerseits keine die Dispositionsfähigkeit ausschließende Krankheit vorgelegen wäre und andererseits die Berufungsfrist erst einen Tag nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Krankenhaus geendet hätte, in keiner Weise berücksichtigt, daß dieser Ausländer und der deutschen Sprache nur sehr beschränkt mächtig sei. Selbst wenn die Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht zur Gänze ausgeschlossen gewesen wäre, wäre es ihm aufgrund der Schmerzen nicht zumutbar gewesen, während der Behandlungszeit Maßnahmen zur Einbringung einer Berufung zu ergreifen. Davon abgesehen sei es ihm praktisch unmöglich gewesen, vom Krankenbett aus einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Außerdem habe er nicht gewußt, wann genau er entlassen werde. Auch nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus habe er noch Schmerzen gehabt. Selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt schon wieder völlig gesund gewesen wäre, so wäre es ihm mangels ausreichender Deutschkenntnisse nicht möglich gewesen, innerhalb eines Tages selbst eine Berufung zu verfassen. Er hätte aber auch am letzten Tag der Berufungsfrist keinen Anwalt gefunden, dem es möglich gewesen wäre, innerhalb eines Tages eine entsprechende Berufung zu verfassen und abzuschicken.

2.2. Die - selbst von der Beschwerde nicht ausdrücklich bejahte - Frage, ob der Beschwerdeführer während seines Krankenhausaufenthaltes (vom 11. Dezember bis 16. Dezember 1996) dispositionsunfähig war, kann, da im vorliegenden Fall nicht entscheidungswesentlich, auf sich beruhen. Denn im Hinblick auf die Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft vom 26. November 1996 am 3. Dezember 1996 steht außer Zweifel, daß dem Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus noch ein Tag (der 17. Dezember 1996) zur Verfügung stand, um rechtzeitig ein Rechtsmittel einzubringen. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, an diesem Tag noch Schmerzen gehabt zu haben; er macht damit aber keine Dispositionsunfähigkeit geltend, die ihn gehindert hätte, die Berufungsfrist zu wahren. Daß er die deutsche Sprache nur mangelhaft beherrsche, wurde - entgegen der Beschwerdemeinung - von der belangten Behörde gewürdigt; dies zutreffend dahingehend, daß dieser Umstand keinen Wiedereinsetzungsgrund i.S. des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG bildet (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 88/04/0033, mwN). Mangelhafte Sprachkenntnisse hätten den Beschwerdeführer vielmehr veranlassen müssen, sich verstärkt um die Hilfe geeigneter Personen zu seiner Unterstützung bei der Wahrnehmung der ihm offenstehenden Rechtsverfolgungsmöglichkeiten zu bemühen. Im übrigen ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß der Vorschrift des § 63 Abs. 3 AVG ("begründeter Berufungsantrag") bereits dann Genüge getan ist, wenn aus der Berufung zu erkennen ist, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. etwa die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1987, S. 595 ff zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes); daß der Beschwerdeführer nicht einmal in der Lage gewesen sei, diesen Minimalerfordernissen zu entsprechen, läßt sich dem Beschwerdevorbringen keinesfalls entnehmen. Was schließlich den Hinweis anlangt, der Beschwerdeführer hätte am letzten Tag der Rechtsmittelfrist keinen Rechtsanwalt gefunden, dem es möglich gewesen wäre, in dieser kurzen Zeit eine Berufung zu verfassen, so versagt dieser Beschwerdeeinwand schon deshalb, weil es der Beschwerdeführer unterläßt, mit konkretem und nachvollziehbarem Vorbringen darzutun, daß er zumindest versucht habe, einen Rechtsanwalt mit der Abfassung einer Berufung zu beauftragen, dieser Versuch aber erfolglos geblieben sei.

3. Da es dem Beschwerdeführer dennoch nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß ihn ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert habe, die Berufungsfrist einzuhalten, sohin das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes i. S. des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG von der belangten Behörde - im Ergebnis - zutreffend verneint wurde, liegt die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung durch Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides nicht vor. Gleiches gilt in Ansehung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides, steht doch außer Streit, daß die Berufung erst nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, also verspätet, eingebracht wurde. Da bereits der Inhalt der Beschwerde das Fehlen der geltend gemachten Rechtsverletzungen erkennen läßt, war die Beschwerde zur Gänze gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997180257.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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