TE Lvwg Erkenntnis 2021/2/11 LVwG-2020/26/2404-7, LVwG-2020/26/2405-7

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Veröffentlicht am 11.02.2021
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Entscheidungsdatum

11.02.2021

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
80/02 Forstrecht

Norm

WRG 1959 §12 Abs2
WRG 1959 §102 Abs1
ForstG 1975 §14 Abs2
ForstG 1975§19 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.09.2020, Zl ***, betreffend Bewilligungen nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005, nach dem Forstgesetz 1975 und nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 für den Skiweg „X“, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.       Soweit sich die Beschwerde gegen die naturschutzrechtliche Bewilligung richtet, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass klargestellt wird, dass das Grundstück **1 KG W im Eigentum des Beschwerdeführers von den Projektmaßnahmen nicht unmittelbar in Anspruch genommen wird.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1)

Mit dem gegenständlich in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.09.2020 wurden über Antrag der CC für das Projekt Skiweg „X“ auf den Grundstücken **2 sowie **3, beide KG W,

-   unter Spruchteil I. die naturschutzrechtliche Bewilligung,

-   unter Spruchteil II. die forstrechtliche Rodungsbewilligung im Ausmaß von 14.395 m2 dauernde und 13.060 m2 vorübergehende Rodefläche und

-   unter Spruchteil III. die wasserrechtliche Bewilligung,

erteilt, und zwar jeweils unter Erklärung der Projektunterlagen zu einem wesentlichen Spruchbestandteil sowie unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen, wobei

-   unter Spruchteil IV. eine namentlich angeführte Person zur ökologischen Bauaufsicht nach den Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 bestellt wurde und

-   unter Spruchteil V. die entstandenen Verfahrenskosten der Konsenswerberin zur Zahlung aufgetragen wurden.

Zur Begründung ihrer bewilligenden Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das durchgeführte Verfahren unter Beiziehung einer ganzen Reihe von Sachverständigen erbracht habe, dass die gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen vorliegen würden und fremde Rechte nicht so berührt würden, dass die beantragten Genehmigungen ausgeschlossen seien.

2)

Gegen diese (bewilligende) Entscheidung der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde des AA, mit welcher die Versagung der wasser-, forst- und naturschutzrechtlichen Genehmigungen beantragt wurde. In eventu wurde begehrt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zur Begründung seines Rechtsmittels führte der Beschwerdeführer kurz zusammengefasst aus, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht klar und deutlich ergebe, welche Liegenschaftsflächen von den gegenständlichen Bau- und Rodungsmaßnahmen betroffen seien. Ein entsprechender Hinweis auf diesbezügliche Planunterlagen reiche nicht aus, zumal diese dem zugestellten Bescheid nicht beigefügt worden seien, obschon diese einen integrierenden Bestandteil des Bescheides darstellten.

Dementsprechend sei die Berührung der Rechte des Beschwerdeführers durch das Vorhaben nicht genau einschätzbar.

Das Recht auf Parteiengehör sei durch die belangte Behörde missachtet worden, sei doch der Rechtsmittelwerber dem gegenständlichen Bewilligungsverfahren zu keinem Zeitpunkt beigezogen worden. Ihm sei lediglich der nunmehr bekämpfte Bescheid zugestellt worden.

Die geplanten Rodungen würden die vorhandenen Waldflächen erheblich reduzieren, was einen maßgeblichen Einfluss auf die dem Beschwerdeführer eingeräumten Rechte an diesen Liegenschaften habe.

Die belangte Behörde habe sich in keiner Weise mit den möglichen Auswirkungen auf die Rechte des Rechtsmittelwerbers einerseits an den projektbetroffenen Liegenschaftsflächen und andererseits auf den angrenzenden Eigentumsflächen beschäftigt.

Es stehe zu befürchten, dass die geplanten Projektmaßnahmen sowohl geologische als auch hydrogeologische Auswirkungen auf die Grundstücke im Eigentum des Beschwerdeführers haben. Eine solche Prüfung sei bislang unterblieben.

3)

Vom Landesverwaltungsgericht Tirol wurde am 13.01.2021 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in deren Rahmen zwei Sachverständige näher zur vorliegenden Beschwerdesache befragt worden sind.

Dem Beschwerdeführer wurde dabei die Gelegenheit eingeräumt, Fragen an die Sachverständigen zu richten und seine Rechtsstandpunkte argumentativ auszuführen.

Im Anschluss an die Rechtsmittelverhandlung am 13.01.2021 wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerdeentscheidung mit den wesentlichen Gründen verkündet.

Die Niederschrift über diese Verhandlung wurde den Verfahrensparteien mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes vom 14.01.2021 samt einer Belehrung gemäß § 29 Abs 2a VwGVG übermittelt.

Mit Eingabe vom 27.01.2021 beantragte hierauf der Beschwerdeführer die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs 4 VwGVG.

II.      Sachverhalt:

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein administrativrechtliches Genehmigungsverfahren nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005, nach dem Forstgesetz 1975 und nach dem Wasserrechtsgesetz 1959.

Der verfahrensauslösende Antrag bezieht sich auf das Projekt der CC auf Errichtung und Betreibung des Skiweges „X“ in der Gemeinde W.

Durch dieses Vorhaben werden Grundstücke des Beschwerdeführers nicht unmittelbar in Anspruch genommen.

Das Waldgrundstück **1 KG W im Eigentum des Rechtsmittelwerbers grenzt allerdings unmittelbar an das projektbetroffene Waldgrundstück **3 KG W an, in einem Punkt auch an das vom Vorhaben berührte Waldgrundstück **2 KG W.

Das Grundstück **1 KG W des Beschwerdeführers ist in der Liegenschaft in EZ ** GB W vorgetragen und bestehen zugunsten dieser Liegenschaft Dienstbarkeitsrechte des Bezuges von Brenn-, Bau-, Nutz- und Zaunholz sowie Streu auf dem Grundstück **3 KG W im Eigentum der Republik Österreich/Österreichische Bundesforste.

Auf dem projektbetroffenen Grundstück **3 KG W hat im Grenzbereich zu dem im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstückes **1 KG W vor ca 30 Jahren eine forstliche Nutzung stattgefunden, wobei sich auf dieser Nutzungsfläche zwischenzeitlich ein ca 25- bis 30-jähriger Bestand eingestellt hat. Dieses junge Stangenholz bietet einen optimalen Windschutz für das Grundstück **1 KG W im Eigentum des Rechtsmittelwerbers.

Der im Gegenstandsbereich verlaufende Forstweg, der eben durch Verbreiterungen auch als Skiweg genutzt werden soll, ändert aufgrund des dortigen Geländes ständig seine Richtung, sodass durch die Projektmaßnahmen keine gefährliche Windschneise entsteht.

Der Waldparzelle **1 KG W des Beschwerdeführers ist gegen Süden ein Geländerücken vorgelagert, der dieses Grundstück gegen gefährliche Winde vom Süden her abschirmt.

Angesichts dieser Umstände ist nicht zu erwarten, dass die geplanten Projektmaßnahmen den Deckungsschutz für das Grundstück **1 KG W im Eigentum des Rechtsmittelwerbers beeinträchtigen.

Die Holzbezugsrechte des Beschwerdeführers lasten auf einer Gesamtwaldfläche von 79,3 ha. Durch die projektgegenständlichen Rodungsmaßnahmen tritt ein Waldflächenverlust von 1.950 m2, mithin von 0,25 % der belasteten Fläche, ein. Die Einforstungsbelastung der Servitutsfläche beträgt 94,76 %. In dem noch gegebenen freien Einschlag der Republik Österreich/Österreichische Bundesforste findet der eintretende Waldflächenverlust somit noch Deckung, der weitere Holzbezug durch den Beschwerdeführer ist daher ausreichend sichergestellt.

Die Projektmaßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung des Skiweges „X“ beginnen erst 19 m unterhalb der südlichen Grenze des Grundstückes **1 KG W (gemessen entlang der Wegachse), wobei die Entfernung des ersten relevanten Geländeabtrags zu der Grundstücksgrenze des Grundstückes **1 KG W im Eigentum des Beschwerdeführers 35 m beträgt, die erste relevante Böschungsanschüttung ist ca 38 m von der Grundstücksgrenze des Rechtsmittelwerbers entfernt. Im Gegenstandsbereich ist Hang- und Muränenschutt zu erwarten und beträgt die durchschnittliche Geländeneigung dort etwa 20 bis 25 Grad.

Aufgrund der geologischen Verhältnisse, der Geländeausbildung und der angeführten Abstände der relevanten Baumaßnahmen zu der Grundstücksgrenze der Grundparzelle **1 KG W ist eine Beeinträchtigung dieses Grundstückes infolge der Projektmaßnahmen aus geologischer bzw hydrogeologischer Sicht ausgeschlossen.

III.     Beweiswürdigung:

Beweiswürdigend ist in der vorliegenden Rechtssache festzuhalten, dass sich der zuvor festgestellte Sachverhalt zum einen in unbedenklicher Weise aus der gegebenen Aktenlage und zum anderen aus den Fachausführungen der dem Rechtsmittelverfahren beigezogenen Sachverständigen aus den Fachgebieten der Forsttechnik und der Geologie/Hydrogeologie ergibt.

So gehen die Feststellungen zum Verfahrensgegenstand, zum Projekt der Errichtung und Betreibung des Skiweges „X“ und dazu, dass der Rechtsmittelwerber Waldnachbar und Einforstungsberechtigter (in Bezug auf ein projektbetroffenes Waldgrundstück) ist, auf die vorliegenden Aktenunterlagen zurück.

Gegen diese bestehen seitens des erkennenden Verwaltungsgerichts keine Bedenken, solche wurden auch vom Rechtsmittelwerber nicht vorgebracht.

Insoweit allerdings ein Widerspruch zwischen dem geologischen Projektteil des Bewilligungsoperates und den übrigen Vorhabensunterlagen dahingehend besteht, dass entsprechend dem geologischen Projektteil auch das Waldgrundstück **1 KG W im Eigentum des Beschwerdeführers vom Vorhaben unmittelbar erfasst wird, entsprechend den anderen Unterlagen allerdings nicht, war dieser Widerspruch vom entscheidenden Gericht durch eine entsprechende (spruchgemäße) Klarstellung zu beseitigen.

Die beiden dem Beschwerdeverfahren beigezogenen Sachverständigen hinterließen beim Landesverwaltungsgericht Tirol einen äußerst fachkundigen Eindruck. Sie beantworteten die vom Gericht an sie herangetragenen Fragestellungen schlüssig, widerspruchsfrei und sehr gut nachvollziehbar.

Der Rechtsmittelwerber ist den Fachbeurteilungen der beiden verfahrensbeteiligten Sachverständigen weder auf gleicher fachlicher Ebene noch sonst fundiert und mit plausiblen Argumenten entgegengetreten. Die Beweiskraft ihrer Fachaussagen wurde dementsprechend in keiner Weise erschüttert.

Infolgedessen vermochte das entscheidende Verwaltungsgericht den Fachdarlegungen der Sachverständigen ohne weiteres zu folgen und diese der vorliegenden Rechtsmittelentscheidung zugrunde zu legen.

IV.      Rechtslage:

In der in Prüfung stehenden Rechtssache hat die belangte Behörde ein naturschutz-, forst- und wasserrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt.

In Bezug auf den Beschwerdeführer sind nachstehend angeführte Bestimmungen

-   der §§ 36 und 43 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005, LGBl Nr 26/2005, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl Nr 80/2020,

-   der §§ 14 und 19 des Forstgesetzes 1975, BGBl Nr 440/1975, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 56/2016, und

-   der §§ 12 und 102 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl Nr 215/1959, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 73/2018,

von Bedeutung, diese haben – soweit verfahrensrelevant – folgenden Inhalt:

Wer in einem Bewilligungsverfahren nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 Parteirechte wahrnehmen kann, kann den Regelungen des § 36 Abs 8 sowie des § 43 Abs 5 und 6 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 entnommen werden.

Neben dem Antragsteller selbst sind dies der Landesumweltanwalt, die vom betreffenden Vorhaben berührten Gemeinden und anerkannte Umweltorganisationen.

Für ein forstrechtliches Rodungsverfahren – wie im Gegenstandsfall eines stattgefunden hat – ergibt sich aus § 19 Forstgesetz 1975 Folgendes:

„Rodungsverfahren

§ 19.

[…]

(4) Parteien im Sinne des § 8 AVG sind:

1.   die Antragsberechtigten im Sinn des Abs. 1 im Umfang ihres Antragsrechtes,

2.   der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,

3.   der Bergbauberechtigte, soweit er auf der zur Rodung beantragten Waldfläche nach den bergrechtlichen Vorschriften zum Aufsuchen oder Gewinnen bergfreier oder bundeseigener mineralischer Rohstoffe befugt ist,

4.   der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist, und

5.   das zuständige Militärkommando, wenn sich das Verfahren auf Waldflächen bezieht, die der Sicherung der Verteidigungswirkung von Anlagen der Landesverteidigung dienen.“

Hinsichtlich der für Waldnachbarn zu wahrenden Rechte ordnet § 14 Abs 2 Forstgesetz 1975 an, dass jeder Waldeigentümer Fällungen entlang seiner Eigentumsgrenzen in einer Entfernung von weniger als 40 m dann zu unterlassen hat, wenn durch die Fällung nachbarlicher Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt würde (Deckungsschutz).

Zur Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren sieht § 102 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 wie folgt vor:

„Parteien und Beteiligte.

§ 102.

(1) Parteien sind:

a)   der Antragsteller;

b)   diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

ferner

c)   im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;

d)   Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;

e)   diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;

f)   im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;

g)   diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;

h)   das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.

[…]“

Rechte im Sinne des § 12 Abs 2 Wasserrechtsgesetz 1959 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches, Nutzungsbefugnisse an Privatgewässern und das Grundeigentum.

V.       Erwägungen:

1)

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinem Rechtsmittel gesamthaft gegen den angefochtenen Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom 02.09.2020, mithin auch gegen die erteilte Genehmigung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005.

Soweit sich die vorliegende Beschwerde auch auf die mit dem angefochtenen Bescheid erteilte Naturschutzgenehmigung bezieht, ist wie folgt festzuhalten:

Nach der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient das naturschutzrechtliche Bewilligungsverfahren ausschließlich dem Schutz der öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz, wobei die Behörde im Fall einer Interessenabwägung die mit diesen konkurrierenden, an der Erteilung der Bewilligung bestehenden öffentlichen Interessen zu berücksichtigen hat. Demnach haben private Interessen Dritter, weil außerhalb des gesetzlichen Schutzzweckes gelegen, für die Frage, ob für ein naturschutzrechtlich bewilligungsbedürftiges Projekt eine Bewilligung zu erteilen ist, außer Betracht zu bleiben.

Es führt daher selbst das Eigentum an einem Teil der vom bewilligungsbedürftigen Vorhaben erfassten Grundfläche weder zu einem vom Tiroler Naturschutzgesetz 2005 anerkannten rechtlichen Interesse noch zu einem Rechtsanspruch des Grundeigentümers auf Versagung der beantragten Bewilligung (VwGH 22.04.2015, 2012/10/0016).

Wenn nun aber im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung des Gerichts eine Parteistellung des betroffenen Grundeigentümers im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 zu verneinen ist, so ist für das erkennende Verwaltungsgericht in Ansehung des Beschwerdeführers völlig klargestellt, dass diesem als (bloßen) Waldnachbarn und Einforstungsberechtigten keine Parteistellung in dem von der belangten Behörde durchgeführten naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren zukommt.

Dementsprechend war die vorliegende Beschwerde insoweit als unzulässig zurückzuweisen, als sie sich (auch) gegen die erteilte Naturschutzgenehmigung richtet.

2)

Was das forst- und wasserrechtliche Genehmigungsverfahren der belangten Behörde betrifft, ist vom erkennenden Verwaltungsgericht auszuführen, dass im forstrechtlichen Rodungsverfahren jedenfalls eine Parteistellung des Beschwerdeführers gegeben ist und eine solche im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.

Feststellungsgemäß kommt dem Rechtsmittelwerber die Eigenschaft eines Waldnachbarn zu, als solcher hat er im Rodungsverfahren Anspruch auf Deckungsschutz. Zudem ist er an einem von den Rodungsmaßnahmen betroffenen Grundstück einforstungsberechtigt, diesbezüglich kann er die Wahrung dieser Einforstungsrechte geltend machen.

Was das wasserrechtliche Genehmigungsverfahren anbelangt, so hat der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittelschriftsatz vom 30.09.2020 Befürchtungen dahingehend geäußert, dass die Projektmaßnahmen sowohl geologische als auch hydrogeologische Auswirkungen auf seine Eigentumsflächen haben könnten.

Nachdem Geländeeingriffe (Geländeabtragungen und Böschungsschüttungen) im weiteren Nahbereich zu seinem Grundstück **1 KG W projektgemäß vorgesehen sind, wenn auch in einer Entfernung zu seiner Grundstücksgrenze von 35 m (Geländeabtrag) bzw ca 38 m (Böschungsschüttung), so kann doch nicht von vornherein – ohne Befassung eines Sachverständigen – die Aussage getroffen werden, dass die geplanten Baumaßnahmen überhaupt keine Auswirkungen auf sein Eigentum haben.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs 2 WRG 1959 (etwa Grundeigentum) durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben relevieren, dann Parteistellung im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren zu, wenn eine Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist; ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren (VwGH 23.02.2017, Ro 2014/07/0034).

Im Lichte dieser Judikatur des Höchstgerichts kann eine Parteistellung des Rechtsmittelwerbers in dem von der belangten Behörde durchgeführten Bewilligungsverfahren nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 nicht ausgeschlossen werden, zumal eine Berührung seines Grundeigentums insbesondere durch die geplanten Erdbewegungsmaßnahmen im Zuge der Ausführung des Skiweges „X“ nicht ohne weiteres – also ohne Einholung einer entsprechenden Fachbeurteilung durch eine Sachverständigen – verneint werden kann.

Die dem Rechtsmittelverfahren beigezogenen Sachverständigen aus den Fachgebieten der Forsttechnik sowie der Geologie/Hydrogeologie haben aber fallbezogen zum verfahrensgegenständlichen Vorhaben fachkundig ausgeführt, dass eine Beeinträchtigung der im Rodungs- und Wasserrechtsverfahren zu beachtenden Rechte des Rechtsmittelwerbers nicht zu erwarten ist. Dies haben sie auch plausibel begründet und ist der Beschwerdeführer diesen Fachbeurteilungen nicht entgegengetreten.

Mit Blick darauf, dass eine (nachteilige) Rechtsberührung des Beschwerdeführers durch die Projektmaßnahmen in keiner Weise zu befürchten steht, waren die mit dem angefochtenen Bescheid erteilten Genehmigungen nach dem Forstgesetz 1975 sowie nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 zu bestätigen, der gegen diese Bewilligungen erhobenen Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Das entscheidende Verwaltungsgericht sah sich lediglich dazu veranlasst, im Wege einer Maßgabebestätigung klarzustellen, dass das Waldgrundstück **1 KG W im Eigentum des Rechtsmittelwerbers von den Projektmaßnahmen nicht unmittelbar in Anspruch genommen wird, weil diesbezüglich bei der Rechtsmittelverhandlung hervorgekommen ist, dass zwischen dem geologischen Projektteil (Beilage 1b) des Bewilligungsoperates und den anderen Projektteilen ein Widerspruch besteht. Entsprechend dem geologischen Projektteil würden die Projektmaßnahmen auch das Grundstück **1 KG W des Beschwerdeführers erfassen, wogegen aus den übrigen Projektbestandteilen klar hervorgeht, dass eine unmittelbare Beanspruchung des Waldgrundstückes **1 KG W durch die antrags- und bewilligungsgegenständlichen Maßnahmen nicht stattfindet.

Zur völligen Klarstellung wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol eine entsprechende Spruchverbesserung vorgenommen.

3)

Die gegen die angefochtene Entscheidung vorgetragenen Argumente sind nicht geeignet, die vorliegende Beschwerde zum Erfolg zu führen bzw ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen, wozu noch wie folgt auszuführen ist:

a)

Der Beschwerdeführer beklagt die Verletzung seiner Verfahrensrechte durch die belangte Behörde, insbesondere sei sein Recht auf Parteiengehör nicht gewahrt worden. Er sei dem Verfahren der belangten Behörde zu keinem Zeitpunkt beigezogen worden, vielmehr sei ihm lediglich der nunmehr bekämpfte Bescheid zugestellt worden.

Dazu ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allfällige Verfahrensmängel im Verfahren vor der belangten Behörde durch ein mängelfreies Verfahren vor dem Verwaltungsgericht saniert werden können (VwGH 12.08.2020, Ra 2019/05/0245).

In der vorliegenden Rechtssache wurde eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, in deren Rahmen wurden ein forsttechnischer sowie ein geologischer/hydrogeologischer Sachverständiger zur Sache näher befragt, insbesondere dazu, ob eine Beeinträchtigung von im Rodungsverfahren und im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren zu wahrenden Rechten des Beschwerdeführers zu erwarten ist.

Der rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber hatte dabei die Möglichkeit, sich zur Sache zu äußern und alles vorzubringen, was seinen Rechtsstandpunkten dienlich ist.

Solcherart wurden allfällige Verfahrensmängel in dem von der belangten Behörde durchgeführten Verfahren jedenfalls saniert.

b)

In der Beschwerde wird vorgetragen, dass sich dem bekämpften Bewilligungsbescheid nicht klar und deutlich entnehmen lasse, welche Liegenschaftsflächen des Beschwerdeführers von den gegenständlichen Bau- und Rodungsmaßnahmen betroffen seien. Ein entsprechender Hinweis auf diesbezügliche Planunterlagen reiche nicht aus, zumal diese dem Bescheid auch nicht beigefügt worden seien.

Zu diesem Rechtsmittelvorbringen ist klarzustellen, dass es zulässig ist, im Spruch eines Bescheides auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke oder Pläne Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen rechtlich in den normativen Bescheid zu integrieren und solcherart zum Inhalt des rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Bescheides zu machen (VwGH 16.12.2010, 2007/16/0188).

Sachverhaltsgemäß ist der Rechtsmittelwerber (bloß) Waldnachbar und einforstungsberechtigt an einem von den Rodungsmaßnahmen betroffenen Fremdgrundstück.

Dem Nachbarn kommt allerdings kein Anspruch darauf zu, dass er neben dem schriftlichen Bewilligungsbescheid auch eine Ausfertigung der Genehmigungspläne erhalten muss; die Bezugnahme auf einen zum Bestandteil eines Bescheides, mit dem eine behördliche Bewilligung erteilt wird, erklärten Plan reicht aus, ohne dass daraus dem Nachbarn ein Anspruch darauf zukäme, dass ihnen mit dem Bewilligungsbescheid auch der diesem zugrundeliegende Plan zugestellt wird (VwGH 16.03.2012, 2009/05/0037).

Nach Meinung des erkennenden Verwaltungsgerichts ist diese höchstgerichtliche Judikatur für den vorliegend in Prüfung stehenden Fall durchaus heranziehbar.

Davon abgesehen wird einer behördlichen Erledigung nicht der Charakter einer die Beschwerdefrist auslösenden Bescheidausfertigung genommen, wenn derselben Planunterlagen nicht angeschlossen wurden, die zu einem Bestandteil des Bescheidspruchs erklärt worden sind (VwGH 16.09.2010, 2010/12/0033).

Der Rechtsmittelwerber hat auch von seiner Beschwerdemöglichkeit im Gegenstandsfall Gebrauch gemacht und bestand für ihn im Rechtsmittelverfahren die Möglichkeit, in die Planunterlagen des Bewilligungsoperates Einschau zu nehmen und solcherart die notwendigen Informationen darüber zu erhalten, inwieweit er in seinen Rechten vom bewilligten Projekt berührt wird. Insofern ist auch nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer gehindert gewesen wäre, dies infolge der Nichtzustellung eines Bewilligungsoperates, seine Rechte geltend zu machen (vgl dazu VwGH 11.04.1988, 87/10/0033).

Demzufolge ist für den Beschwerdeführer auch mit dem auf die nicht zugestellten Planunterlagen bezogenen Rechtsmittelvorbringen gegenständlich nichts zu gewinnen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die in der vorliegenden Beschwerdesache zu lösenden Rechtsfragen konnten anhand der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden. Dies betrifft insbesondere die Fragen,

-   welche Schutzinteressen in einem naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren zu wahren sind,

-   ob allfällige Verfahrensmängel in einem behördlichen Verfahren durch ein mängelfreies Rechtsmittelverfahren vor dem Verwaltungsgericht einer Sanierung zugeführt werden können und

-   ob eine nicht ausschließbare Rechtsberührung durch ein Vorhaben Parteistellung im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren begründet.

An die in der Rechtsmittelentscheidung aufgezeigte Judikatur des Höchstgerichts hat sich das entscheidende Verwaltungsgericht auch gehalten, sodass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegend nicht hervorgekommen ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Aicher

(Richter)

Schlagworte

Deckungsschutz;
Einforstungsberechtigung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2020.26.2404.7

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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