Entscheidungsdatum
04.09.2020Norm
AsylG 2005 §57Spruch
I408 2234558-1/3E
I408 2234558-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , StA. Algerien, vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, Jordangasse 7/4, 1010 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2020, Zl XXXX und Zl XXXX
A)
zu Recht erkannt
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 24.07.2020, Zl XXXX , wird als unbegründet abgewiesen.
beschlossen:
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid vom 24.07.2020, XXXX , aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Dem Beschwerdeführer wurde erstmals mit 15.09.2014 eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ durch das Amt der Wiener Landesregierung, MA 35, erteilt, die mehrmals, zuletzt bis zum 17.09.2017 verlängert wurde.
Am 05.09.2017 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen weiteren Verlängerungsantrag, welcher mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 16.04.2018 abgewiesen wurde, weil er die Voraussetzungen dafür nicht mehr erfüllte.
Dieser Bescheid erwuchs am 22.05.2018 in Rechtskraft und wurde nachrichtlich am 04.06.2018 dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelt.
Am 02.01.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Erstantrag „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“.
Die belangte Behörde urgierte zweimal bei der Niederlassungsbehörde mit Schreiben vom 10.10.2019 sowie vom 16.12.2019 den Verfahrensstand und erhielt darauf am 07.05.2020 die Mitteilung, dass der Beschwerdeführer außerhalb eines Quotenplatzes gereiht ist und über das Verfahren daher noch nicht entschieden ist.
Noch am selben Tag informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer über die geplante Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf die er am 30.06.2020 mit einer Stellungnahme seines rechtsfreundlichen Vertreters reagierte. In dieser Stellungnahme beantragte er unter einem auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.07.2020, Zl XXXX wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und mit Bescheid gleichen Datums, Zl XXXX erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.). und stellte fest, dass die Abschiebung nach Algerien zulässt ist (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.).
Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung bekämpfte der Beschwerdeführer beide Bescheide.
Beschwerde und Behördenakt wurden am 31.08.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Die beiden Verfahren werden miteinander verbunden und einer gemeinsamen Entscheidung zugeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zunächst wird der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsbürger Algeriens und hält sich seit Oktober 2014 in Österreich auf. Strafgerichtlich ist er unbescholten.
Sein Aufenthalt war von 15.09.2014 bis zum 22.05.2018 aufgrund seines Aufenthaltstitels als Studierender rechtmäßig.
Nach Abweisung des Verlängerungsantrages stellte der Beschwerdeführer am 02.01.2019 einen Erstantrag „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“ und befindet sich weiterhin in einem laufenden Verfahren nach dem NAG.
In seiner Stellungnahme vom 30.06.2020 beantragte er zusätzlich einen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG.
Der Beschwerdeführer ist seit 16.12.2016 mit einer ukrainischen Staatsbürgerin verheiratet und Vater einer am XXXX geborenen Tochter, welche algerische Staatsbürgerin ist. Er lebt gemeinsam mit seiner Familie in einer Wohnung und geht einer geringfügigen Beschäftigung nach.
Die belangte Behörde hat es vollständig unterlassen, sich mit dem Privatleben des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen und hat sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer gemacht, insbesondere in Bezug auf sein Familienleben und die Auswirkungen der Rückkehrentscheidung auf seine Ehefrau sowie das gemeinsame zweijährige Kind.
2. Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des Behördenaktes und der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30.06.2020. ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA. Hinzu kommen vom Gericht eingeholte Abfragen aus Strafregister, ZMR und AJ-WEB.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
I. zum Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG:
Gemäß § 58 Abs 9 Z1 AsylG ist ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach dem AsylG als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet.
Die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG vom 30.06.2020 durch die belangte Behörde ist nicht zu beanstanden, weil das Verfahren zu seinem Antrag vom 02.01.2019 auf eine „Niederlassungsbewilligung ausgenommen Erwerbstätigkeit“ bei der NAG-Behörde anhängig ist.
Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 24.07.2020, Zahl XXXX war sohin als unbegründet abzuweisen.
II. zur Zurückverweisung der Rückkehrentscheidung:
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Hat die Behörde aber notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG. den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.
Der VwGH hat die Möglichkeit der Zurückverweisung nur auf krasse bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken eingeschränkt. Das ist u. a. dann der Fall, wenn die belangte Behörde nur ansatzweise erhoben hat.
Nach § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Das gilt aber nur dann, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG nicht für dauernd unzulässig zu erklären ist. Dazu sind nicht nur entsprechende Erhebungen vorzunehmen, sondern, wie im gegenständlichen Fall unabdingbar, das Kindeswohl der gemeinsamen, zweijährigen Töchter mit zu berücksichtigen und zu erörtern.
Schon aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht nur mehrere Jahre in Österreich verbrachte und hier – während seines legalen Aufenthaltes – geheiratet hat und ein Kind aus dieser Ehe hervorgeht, hätte sich die belangte Behörde nicht nur auf die Stellungnahme vom 30.06.2020 beziehen dürfen, sondern aufgrund der Berührung wesentlicher Interessen der Ehefrau und der gemeinsamen Tochter ein persönliches Bild von diesen Lebensumständen machen müssen.
Hinzu kommt, dass die belangte Behörde auch gegenüber der Ehegattin und der Tochter aufenthaltsbeendende Maßnahmen beabsichtigt und diesbezügliche Verfahren, den Bescheidausführungen folgend, bei der belangten Behörde anhängig sind.
In Stattgabe der Beschwerde, war der Bescheid zur neuerlichen Prüfung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung berücksichtigungswürdige Gründe Ermittlungspflicht freiwillige Ausreise Frist Interessenabwägung Kassation Kindeswohl mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung persönlicher Eindruck Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung ZurückverweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2234558.2.00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021