TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/21 I422 2233026-1

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Entscheidungsdatum

21.09.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2233026-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.06.2020, Zl. 1236760402/190692435 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beging im Zeitraum zwischen Juli 2017 bis Jänner 2018 gerichtlich strafbare Handlungen im Bundesgebiet. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 20.09.2019 wurde der Beschwerdeführer schließlich wegen Übertretungen gegen das Suchtmittelgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 26 Monaten verurteilt.

Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 30.06.2020 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zugleich erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

Gegen Spruchpunkt IV. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass bei der Bemessung des Einreiseverbotes nicht berücksichtigt worden sei, dass seine Mutter in Deutschland aufhältig sei. Aufgrund des erlassenen Einreiseverbotes sei der Beschwerdeführer nicht dazu in der Lage seine Mutter zu besuchen. Angesichts ihres fortgeschrittenen Alters habe diese nicht die Möglichkeit ihren Sohn in Bosnien zu besuchen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht die Absicht wieder nach Österreich zu kommen. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass sich der Beschwerdeführer am 26.06.2020 dazu bereit erklärt habe, freiwillig auszureisen.

In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er ist geschieden und hat keine Sorgepflichten.

Abgesehen von seinem Aufenthalt in einer Justizanstalt verfügte er zu keinem Zeitpunkt über eine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet. Ebenso verfügte er zu keinem Zeitpunkt über einen Aufenthaltstitel. Er ging bislang keiner legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach. Am 11.08.2020 reiste der Beschwerdeführer mit Unterstützung der Rückkehrhilfe freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Kontakte. Die Mutter des Beschwerdeführers ist in Deutschland wohnhaft.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 20.09.2019, Zl. XXXX , wurde er wegen den Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 und Abs.4 Z. 3 SMG als Beitragstäter gemäß § 12 dritter Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 26 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer trug im Zeitraum von Juli 2017 bis Jänner 2018 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung dazu bei, dass diese Mitglieder vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabis (Delta 9 THC und THCA) in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge erzeugen und anderen überlassen konnten, und zwar von 05.09.2017 bis circa Ende November 2017 aus 678 Stück Cannabispflanzen und von 26.11.2017 bis Anfang Februar 2018 aus 680 Cannabispflanzen, welches sie nach der Ernte an bislang unbekannte Abnehmer verkauften, indem er ua. den Mietvertrag sowie den Vertrag mit den XXXX für ein Haus in XXXX , wo das Suchtgift erzeugt wurde, als Verantwortlicher seiner – eigens dafür gegründeten - Firma N, welche als Mieterin auftrat, unterschrieb und zumindest in diesem Zeitraum die monatlichen Mietzinszahlungen von seiner Firma N an den Vermieter veranlasste.

Als mildernd wurden bei der Strafbemessung der bisherige ordentliche Lebenswandel, das umfassende reumütige Geständnis, der Umstand, dass durch die Aussagen des Verurteilten weitere Verdächtige genannt werden konnten als auch der Umstand, dass der Verurteilte einen untergeordneten, wenn auch ursächlichen Tatbeitrag leistete, gewertet. Als erschwerend wurde hingegen die Herstellung der sehr hohen Menge an Suchtgift gewertet.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Bosnien und Herzegowina:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 30.06.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Die Feststellungen, welche dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht wurden, stützen sich auf das aktuelle „Länderinformationsblatt“ der Staatendokumentation zu Bosnien und Herzegowina.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden und hat der Beschwerdeführer diese nicht beanstandet, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz des Beschwerdeführers und den von dem Beschwerdeführe vorgelegten Unterlagen. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (AJ-Web) sowie dem Strafregister eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Person, insbesondere seiner Volljährigkeit, seiner Staatsangehörigkeit sowie seinem Familienstand gründen sich auf dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Aufgrund der Vorlage eines gültigen Reisepasses steht die Identität des Beschwerdeführers fest.

Dass der Beschwerdeführer an keinen erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet und er arbeitsfähig ist, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und brachte der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner Beschwerde nichts Gegenteiliges vor.

Dass der Beschwerdeführer, abgesehen von seinen Aufenthalten in Justizanstalten, zu keinem Zeitpunkt über eine Meldeadresse im Bundesgebiet verfügte, leitet sich aus einem aktuellen Auszug des ZMR ab.

Dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgeht, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, der Abfrage des AJ-Web und brachte der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner Beschwerde nichts Gegenteiliges vor.

Aus der Einsichtnahme in das IZR ist belegt, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet am 11.08.2020 freiwillig und mit Unterstützung seitens der Rückkehrhilfe verlassen hat und wird dies auch durch einen sich im Verwaltungsakt einliegenden Antragsformular für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe belegt.

Dafür, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über familiäre Kontakte verfügen würde, ergeben sich keine Anhaltspunkte und erstattete der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner Beschwerde kein diesbezügliches Vorbringen.

Die Feststellung, dass die Mutter des Beschwerdeführers in Deutschland wohnhaft ist, ergibt sich aus dessen glaubhaften Vorbringen im Rahmen seiner Beschwerde.

Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem Auszug aus dem österreichischen Strafregister sowie aus dem im Akt einliegenden Strafurteil zu XXXX

2.3. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Bosnien und Herzegowina samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der dieser Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland im Beschwerdeschriftsatz auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides (Erlassung eines Einreiseverbotes):

3.1. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn 1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Der Beschwerdeführer trat in Österreich aufgrund von Übertretungen gegen das Suchtmittelgesetz strafgerichtlich in Erscheinung und wurde rechtskräftig von einem österreichischen Strafgericht verurteilt.

Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, hat die belangte Behörde das Einreiseverbot zu Recht auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gestützt, da der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 26 Monaten verurteilt wurde. Der Ansicht, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers somit eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, ist aus folgenden Gründen beizutreten:

Die belangte Behörde hat die verhängte Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbots nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilungen bzw. der daraus resultierenden Strafhöhen, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt (vgl. VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116).

Das Bundesverwaltungsgericht kam aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Einreiseverbot in der von der belangten Behörde verhängten Dauer zu rechtfertigen vermag.

Bei der Abwägung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet bzw. auf dem Territorium der Mitgliedsstaaten mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer sein strafgesetzwidriges Verhalten über einen langen Zeitraum von einem halben Jahr beibehielt sowie dazu beitrug, dass eine sehr hohe Menge an Suchtgift hergestellt werden konnte (Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge und zwar von 05.09.2017 bis circa Ende November 2017 aus 678 Stück Cannabispflanzen und von 26.11.2017 bis Anfang Februar 2018 aus 680 Stück Cannabispflanzen). Zu Lasten des Beschwerdeführers ist auch zu werten, dass es sich bei ihm nicht um einen Einzeltäter handelt, sondern er im bewussten Zusammenwirken mit anderen Personen zum Suchtgifthandel beitrug. Augenscheinlich ist im gegenständlichen Fall auch der hohe Grad der Organisation dem der Suchtgifthandel zu Grunde lag, was beispielsweise dadurch zeigt, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer eigens für den Zweck des Suchtgifthandels ein slowenisches Unternehmen gründete, um durch diese die Anmietung des Gebäudes der Cannabisplantage vorzunehmen.

Dieses Verhalten stellt jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass einerseits ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität besteht und andererseits aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die ein Grundinteresse der Gesellschaft, im Besonderen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter), berührt werden (vgl. VwGH 18.11.2010, 2007/01/0578; 13.09.2012, 2011/23/0143, ua.).

Durch sein Fehlverhalten bringt der Beschwerdeführer mehr als deutlich seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten zum Ausdruck. Das sich aus der Verurteilung ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass der Beschwerdeführer sich in Zukunft wohlverhalten werde. Vielmehr gibt die Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen über den doch langen Zeitraum von Juli 2017 bis Jänner 2018 Anlass zur Prognose, dass der Beschwerdeführer über eine erhebliche Neigung zur Kriminalität verfügt und auch zukünftig vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in Österreich ausgeht.

Auch wenn zuletzt im Beschwerdeschriftsatz darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer sein Fehlverhalten bedaure, ist diesbezüglich auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen. Demzufolge ist ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden – etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall – manifestiert hat (vgl. VwGH 30.04.2020, Ra 2019/20/0399). Dieser Zeitraum ist im gegenständlichen Fall, in dem der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 26 Monate verurteilt wurde und bei der er am 11.08.2020 auf Grundlage des § 46 Abs. 1 StGB iVm § 152 Abs. 1 Z 2 StVG vorzeitig bedingt entlassen wurde, jedenfalls zu kurz um ihm einen positiven Gesinnungswandel attestieren zu können.

In der Zusammenschau zeigt sich für das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die zu treffende Gefährdungsprognose, dass das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers und dessen Persönlichkeitsbild von einer weitreichenden Missachtung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung geprägt sind.

Es kann der belangten Behörde daher nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht, zumal diese Maßnahme angesichts der Schwere des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zur Verwirklichung der in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Auch die gemäß Art. 8 EMRK vorzunehmende Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes führen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer – abgesehen von seinen Aufenthalten in Justizanstalten - zu keinem Zeitpunkt über eine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet verfügte, keiner legalen Erwerbstätigkeit nachging sowie keine familiären Kontakte des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt werden konnten. Allerdings lebt die Mutter des Beschwerdeführers – wie von ihm im Rahmen seiner Beschwerde glaubhaft vorgebracht – in Deutschland. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht das zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter bestehende Naheverhältnis sowie den Wunsch des Beschwerdeführers diese in Deutschland zu besuchen nicht verkennt, so hat angesichts der Schwere des von dem Beschwerdeführer gesetzten Fehlverhaltens das persönliche Interesse des Beschwerdeführers hinter dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zurückzutreten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach allfällige Konsequenzen eines (in diesem Fall) Aufenthaltsverbotes - wie zB mögliche zeitweilige Trennung von seinen Angehörigen, dem Eingriff in das Privatleben - im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgifthandel in Kauf zu nehmen sind (VwGH 15.04.2020, Ra 2019/18/0270).

Das von der belangten Behörde angeordnete Einreiseverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine gänzliche Aufhebung des Einreiseverbotes sohin nicht in Betracht kam.

Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit sieben Jahren als nicht angemessen. Dies aus folgenden Überlegungen:

Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen, insbesondere die insbesondere auch im Strafurteil darauf hingewiesen wurde, dass es sich in einschlägigen Täterkreisen herumspricht, dass in Österreich verhältnismäßig unkompliziert Cannabisplantagen errichtet werden können und das demgegenüber in der Strafe potentiellen Nachahmungstätern, aber auch der Bevölkerung gezeigt werden muss, dass solche Taten nicht geduldet und streng geahndet werden. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Erlassung eines Einreiseverbots in der Dauer von sieben Jahren im gegenständlichen Fall im oberen Bereich gelegen ist und somit jenen Fällen kaum noch Spielraum lassen würde, in denen eine Person eine noch größere Anzahl von Delikten begeht oder es sich um zu schützende Rechtsgüter noch höheren Ranges handelt.

Betrachtet man die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, für die er verurteilt wurde, so ist insbesondere zu berücksichtigen, dass dieser – indem er durch die Anmietung eines Einfamilienhauses und der Zahlung der Miete in der Absicht dadurch eine Suchtgiftplantage zu ermöglichen – zwar einen ursächlichen jedoch einen untergeordneten Tatbeitrag leistete. Zusätzlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich um die erste strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers handelt, zeigte sich umfassend reumütig geständig zeigte und er im Zuge seiner Aussagen auch weitere Verdächte nannte.

Unter diesen Prämissen ist die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von sieben Jahren zu hoch angesetzt. Daher war in einer Gesamtbetrachtung die Dauer des Einreiseverbots auf fünf Jahre herabzusetzen.

Eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf weniger als fünf Jahre erweist sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers als nicht angemessen, da die persönliche Verantwortung des Beschwerdeführers nicht etwa in einem irrigen Fehlverhalten und einer daraufhin folgenden Besserung seines Verhaltens bestand. Vielmehr verübte der Beschwerdeführer dieselbe strafbare Handlung über den Zeitraum von einem halben Jahr.

Der Beschwerde, welche sich ausschließlich gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides richtet, wird daher mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die Dauer des Einreisverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht erforderlich, zumal ohnedies den Behauptungen des Beschwerdeführers gefolgt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall wurden unter anderem insbesondere die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes thematisiert und konnte sich das Bundesverwaltungsgericht dabei an der umseits dargelegten Judikatur orientieren. Dabei weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Dauer der Maßnahme Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2233026.1.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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