TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/22 L515 2169382-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L515 2169382-1/50E

Schriftliche Ausfertigung des am 27.8.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. am XXXX (alias XXXX ), StA der Republik Armenien (alias Bulgarien), vertreten durch RA Dr. KAPFERER gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 7.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die männliche beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet), wurde am 11.7.2017 seitens der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Personsüberprüfung unterzogen, wobei sie sich hierbei mit einem gefälschten bulgarischen Reisepass zu legitimieren versuchte. Nachdem sie mit diesem Umstand der Totalfälschung konfrontiert wurde, gab die bP an, armenischer Staatsbürger zu sein und sich seit ca. 6 Monaten im Bundesgebiet aufzuhalten. Ein im Jahr 2016 von der Tschechischen Republik ausgestelltes Schengen-Visums C (Anm.: Ausstellungsdatum: XXXX .9.2016, Gültigkeitsdauer 10 Tage, Reisezweck Tourismus [AS 145]) hätte sie zur Einreise nicht benutzt, sondern sie hätte sich nach Österreich über die Tschechische Republik schleppen lassen.

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes konnten noch feststellen, dass die bP neben dem bulgarischen Reisepass (angebliches Ausstellungsdatum: 11.1.2013 noch im Besitz einer gefälschten bulgarischen Identitätskarte (angebliches Ausstellungsdatum: 23.10.2013) und eines armenischen Führerscheines (Ausstellungsdatum XXXX 5.2016), in denen sich gemäß einer im Akt befindlichen Kopie überall das gleiche Foto der bP befindet.

Im Rahmen der oa. Amtshandlung stellte die bP in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Begründung vor, sie hätte Armenien wegen der politischen Ereignisse und der kriegsähnlichen Zustände verlassen. Sie fürchte, dass sie im Falle einer Rückkehr vom Militär rekrutiert wird und sich an den Kämpfen beteiligen muss. Weitere konkrete Rückkehrbefürchtungen wurden nicht geäußert.

Vor der bB brachte sie ua. Folgendes vor (auszugsweise Wiedergabe aus dem Einvernahmeprotokoll vom 28.7.2017):
„…

F: Haben Sie irgendwelche Krankheiten und wenn ja, welche?

A: Nein.

F: Wurden Ihnen Medikamente verschrieben oder nehmen Sie Medikamente zu sich?

A: Nein.

F: Sind Sie in Österreich in ärztlicher Behandlung? Wie lange wird die Behandlung noch dauern?

A:Nein.

Militärdienst:

Ich war 2008 bis 2010 beim Wehrdienst. Ich war bei einer Militärpolizeieinheit. Es war eine Tätigkeit als einfacher Soldat. Ich habe die Stadt bewacht und für Ordnung gesorgt. Die Hauptstelle war in XXXX aber ich war in XXXX stationiert. Wir wurden über die rechtliche Lage unterrichtet und wir hatten Sport. Ich wurde auch an der Waffe ausgebildet.

Ich bin in XXXX geboren und dort bei meinen Eltern aufgewachsen im Dorf XXXX XXXX liegt in der Nähe.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie? Wie gestaltet sich der Kontakt zu Ihrer Familie? Kommunizieren Sie auch über soziale Netzwerke und andere Medien?

A: Mit meiner Mutter habe ich telefonisch Kontakt. Wir telefonieren regelmäßig.

F: Haben Sie Probleme mit Ihren Verwandten?

A: Nein, mit meinen Verwandten habe ich keine Probleme.

F: Haben Sie noch Freunde oder Bekannte in der Heimat?

A: Ja, ich habe noch Schul- und Wehrdienstfreunde dort.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihren Freunden und Bekannten?

A: Nein.

F: Waren Sie nur in Ihrem Heimatort oder kennen Sie sich in Armenien aus und wenn ja, wo haben Sie sich in Armenien schon aufgehalten bzw. wohin sind Sie gereist (z.B. Verwandtenbesuche, Schulaufenthalte etc.?)

A: Ich bin herum gekommen und war fast überall. Ich habe aber immer nur in XXXX gelebt.

F: Inwieweit sind Ihnen die gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten Ihres Heimatlandes vertraut?

A: Ja, natürlich.

Angaben zum Fluchtgrund:

F: Sind Sie in Ihrer Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft bzw. haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?

A: Ich bin nicht vorbestraft, aber hatte mit der Polizei zu tun und wurde vernommen und war auch einige Male bei der Polizei. Ich war nur Zeuge einer Wahlfälschung und habe dies angezeigt.

Ich habe in keinem anderen Land der Welt ein Strafdelikt begannen, noch habe dort Strafdelikt gesetzt.

F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?

A: Von der Polizei.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals von den Behörden angehalten, festgenommen oder verhaftet?

A: Von der Polizei. Ich wurde auch von zu Hause abgeholt.

F: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden?

A: Wegen der Anzeige die ich gemacht habe dreht sich alles um mich, obwohl es nicht meine persönlichen Probleme sind.

F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?

A: Ich war kein Mitglied, aber ich habe einige Sitzungen besucht, weil mein Bekannter Mitglied ist. Als der Bürgermeister von XXXX von seiner Partei gewählt wurde.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer politischen Gesinnung verfolgt?

A: Ich werde nur wegen dieser Sache verfolgt, aber es betrifft nicht meine politische Ansicht.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität, Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?

A: Nein.

F: Was war der konkrete Grund, warum Sie die Heimat verlassen haben? Erzählen Sie bitte möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie zum Verlassen der Heimat veranlasst haben (freie Erzählung)!

A: Am 16 September 2016 war ich mit XXXX bei einer Tankstelle, dann führen einige Leute mit ihren Autos in die Tankstelle und haben uns den Weg versperrt. Ich wusste dass Herr XXXX der Anhänger und Unterstützer von XXXX , einem Bürgermeisterkandidaten. Die Leute die uns an der Tankstelle den Weg blockiert haben, haben Herrn XXXX mitgenommen. Ich ging zu Herrn XXXX und habe ihm davon berichtet. Er hat geraten zur Polizei zu gehen und eine Anzeige zu tätigen. Er hat in dieser Zeit XXXX , ein anderer Wahlhelfer, anrufen. Ich ging zur Polizei. Ich habe dort alles erzählt was passiert ist und habe auch gesagt, dass die Autos ein Kennzeichen mit XXXX haben. Es ist bei uns bekannt dass diese Autos den Anhängern des amtierenden Bürgermeisters gehören.

Als ich die Polizei verlassen habe, habe ich das Auto von Herrn XXXX und die Autos von dem Zwischenfall mit Herrn XXXX gesehen. Es gab eine Auseinandersetzung zwischen diesen Personen und die Autos waren beschädigt. Es gab eine Schießerei. Ich lief nach Hause weil mein Hemd auch etwas zerrissen war wegen dem Vorfall bei der Tankstelle. Danach habe ich gleich unser Haus verlassen ging zu einem Freund. Es waren Leute zu uns nach Hause vorbei gekommen und haben nach mir gesucht. Meine Mutter rief mich an und sagte dass irgendwelche Leute mit mir sprechen wollten. Ich hab per Telefon mit ihnen gesprochen. Sie haben gesagt ich müsste die Anzeige zurückziehen. Ich habe ihnen gesagt ich würde dies tun und sie gaben mir Zeit bis zum nächsten Tag. Ich habe dann mit Herrn XXXX gesprochen und gesagt, dass nicht nur mein Leben sondern auch das Leben meiner Verwandten in Gefahr wäre. Deshalb plante ich die Anzeige bei der Polizei zurückzuziehen. XXXX sagte ich sollte mir Zeit lassen und er würde sich bei mir melden.

Dann hat mich ein Herr XXXX angerufen und mich zu sich gerufen. Ich bin dort hin und habe mit ihm gesprochen. Er hat mich überredet die Anzeige nicht zurück zu ziehen. Dieser Mann ist ein ehemaliger Abgeordneter und Unterstützer vom Bürgermeister-kandidaten.

Nach einigen Tagen war habe ich von Herrn XXXX erfahren dass er bei der Polizei angegeben hatte, dass er weder entführt noch geschlagen worden wäre. Dieser Zwischenfall wäre nicht passiert. Ich war natürlich sehr überrascht und habe sofort Herrn XXXX angerufen. Er sagte mir, dass er mir nicht helfen kann und war sehr unfreundlich zu mir. Ich ging nach Hause und sagte ihr dass ich Probleme hätte und aus Armenien ausreisen würde. Meine Mutter bat mich dies nicht zu tun, dass sie selbst zum Bürgermeister gehen würde und ihn um Hilfe fragen würde. Sie tat dies und der Bürgermeister hat gesagt, dass er nicht helfen kann, weil es um eine polizeiliche Sache geht, aber ich sollte zurückkommen und mir würde nichts passieren. Dennoch wurde ich wieder von der Polizei einvernommen und sie haben mich beleidigt und bedrängt dass ich meine Anzeige zurücknehmen soll. Ich hörte an jedem Tag auch Schreien und Weinen meiner Mutter, da sie zur Polizei gekommen war.

Sie haben mich an dem Tag gehen lassen aber sagten, dass es nicht das letzte Mal sein wird, dass sie mich einvernehmen werden. Ich wusste dass sie sehr einflussreich sind. Meine Mutter hat einen Bekannten von unserer Nachbarin erzählt und hat uns eine Organisation für Menschrecht empfohlen, an die wir uns wenden sollten. Vielleicht sollten wir als Beweis Fotos machen.

Nach einigen Tagen brachte die Ordnungspolizei mir eine Ladung. Zu dieser ging ich hin. Die Polizei hat mich geschlagen und körperlich angegriffen und beschimpft, wie ich es überhaupt wagen könnte mich an eine Menschenrechtsorganisation zu wenden. Sie zwangen mich Papiere zu unterschreiben die auf dem Tisch lagen, von dem Inhalt der Papiere wusste ich nichts.


Als ich nach Hause gekommen habe ich überlegt möglichst schnell das Land zu verlassen. Ich habe versucht Sachen zu verkaufen die mir gehören, über einen Bekannten habe ich einen Schlepper gefunden der 3000 Euro wollte um mir eine Reise in das europäische Ausland zu ermöglichen. Dies habe ich ihm gegeben und auch Fingerabrücke dazu für eine Botschaft. Ich weiß aber nicht für welche. Er kam zurück und gab mir 2500 Euro zurück und hat gesagt, dass es nicht funktioniert hat. Ich musste schnell los, ich ging zum Busbahnhof und ich habe mir dort ein Ticket für die Ukraine gekauft. Ich wusste dass ich nicht mehr lange in Armenien bleiben durfte. Meinen Leben drohte Gefahr und ich war in einer sehr unsicheren Situation.

F: Warum haben Sie sich hier in Österreich als Bulgare ausgegeben ohne Bulgare zu sein?

A: Ich hatte Angst und war verwirrt.

F: Warum haben Sie erst als Sie von den Behörden der Republik Österreich festgenommen wurden einen Asylantrag gestellt?

A: Sie haben mich aufgedeckt und wussten wer ich bin. Deshalb hab ich dann um Asyl angesucht.

F: Warum haben Sie zwei Autos hier in Österreich angemeldet?

A: Ich habe es gekauft um das Auto für mich zu benutzen und das andere zu verkaufen.

F: Woher hatten Sie das Geld für diese Fahrzeuge?

A: Als ich meinen Laden verkauft habe, habe ich Geld bekommen. Ich habe die ganze Zeit von diesem Geld gelebt.

Angaben zum Privat- und Familienleben:

F: Wann sind Sie nach Österreich eingereist?

A: Vor 7 oder 8 Monaten. Ich kann es aber nicht genau sagen. Ich war seit dem immer hier in Österreich

F: Hatten Sie in Österreich oder in der EU jemals einen gültigen Aufenthaltstitel oder Visum zur Begründung eines legalen Aufenthaltes?

A: Nein.

F: Wie sieht Ihr Alltag in Österreich aus?

A: Gut. Ich wohne im Heim. Die Menschen sind nett zu mir.

F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich? Welche Unterstützungen beziehen Sie?

A: Ich habe bis zu meinem Aufenthalt im Heim aus meinen eigenen Mitteln gelebt. Im Heim bekomme ich 40 Euro im Monat.

F: Haben Sie in Österreich einen Deutschkurs besucht und können Sie dafür Beweismittel in Vorlage bringen?

A: Ich habe es mir selbst mit dem Wörterbuch beigebracht.

F: Haben Sie einen abgeschlossenen Deutschkurs mit mindestens dem Niveau A2?

A: Nein.

F: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

A: 50/50

F: Können Sie irgendwelche sonstigen Gründe namhaft machen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen?

A: Ich würde gerne etwas mit den Österreichern machen bzw. Österreich kennen lernen. Ich würde auch gerne arbeiten und etwas für die Integration tun.

F: Was haben Sie in den 6 Monaten als Sie als Bulgare hier waren getan?

A: Nichts.

F: Haben Sie Freunde oder Bekannte, die Sie bereits aus Ihrem Heimatland her kennen, in Österreich?

A: Nein.

F: Haben Sie nahe Verwandte oder Familienangehörige in Österreich?

A: Nein.

F: Wo leben Ihre Verwandten?

A: In Armenien.

…“

I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Republik Armenien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Weiters wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beträgt.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu –unter Vermengung von Elementen der rechtlichen Beurteilung und Beweiswürdigung- Folgendes aus (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf die bP, Hervorhebungen, Unterstreichungen etc. nicht mit dem Original übereinstimmend wiedergegeben):

„…

Geglaubt wird Ihnen, dass Sie weder vorbestraft sind und in Ihrer Heimat von staatlicher Seite aus weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder auf Grund der Volksgruppe verfolgt zu werden.

Glaubhaft waren auch Ihre Angaben mit den Behörden in Ihrem Heimatland auf Grund Ihrer politischen Gesinnung Probleme gehabt zu haben.

Nicht glaubhaft war, wie weiter unten ausgeführt, dass Sie von der Polizei oder von staatlichen geduldeten Privatpersonen gesucht würden.

Somit wurden Sie aus keinem der in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen, verfolgt.

Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen kann nicht erkannt werden, dass Sie in Ihrer Heimat staatliche Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten haben, weshalb Ihnen keine wohlbegründete Furcht vor maßgeblich wahrscheinlicher Verfolgung aus einem der Gründe der GFK zusinnbar ist.

Bei der Erstbefragung durch die Polizei gaben Sie zusammengefasst an auf Grund von politischen Ereignissen und kriegsähnlichen Zuständen geflohen zu sein. Ebenso hätten Sie Angst dass das Militär Sie rekrutieren würde und Sie sich am Kampf beteiligen müssten.

Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt modifizierten und erweiterten Sie Ihr Fluchtvorbringen beachtlich. Dort sprachen Sie grob zusammengefasst davon, dass Sie am 16. September 2016 die Entführung einer Person mitbekommen hätten. Dies nach Rücksprache mit einem Ihn bekannten lokalen Bürgermeisterkandidaten bei der Polizei zur Anzeige gebracht hätten. Später wären Sie von Privatpersonen aufgefordert worden diese Anzeige wieder zurückzuziehen. Das eigentliche Opfer der Entführung habe selbst keine Anzeige gemacht und darauf habe die Polizei Sie zwingen wollen Ihre Anzeige zurückziehen. Die Polizei habe Sie dann gezwungen bestimmte Papiere zu unterschreiben dessen Inhalt Sie nicht kannten. Danach wären Sie nach Hause, hätten Ihr Geschäft verkauft und haben dann einen Schlepper organisieren versucht, als dies nicht wirklich funktioniert hat, sind Sie auf den Busbahnhof und haben Sich ein Ticket für die Ukraine gekauft.

In Ihrem Falle ist es klar und offensichtlich, dass Sie mit Ihren verschiedenen Vorbringen „asylzweckbezogen“ agieren, denn für eine Person, die tatsächlich verfolgt wird, besteht kein Grund, falsche Aussagen vor Behörden zu tätigen, vor allem deshalb, da sie im Land in dem sie sicher sind um Hilfe (Asyl) und Schutz ersuchen.

Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (vgl Beschluss des VwGH 2000/01/0250 vom 7.6.2000).

Sie sprachen bei der Einvernahme vor dem Bundesamt selbst davon absichtlich im Bezug auf Ihre Fluchtgründe gelogen zu haben, eine wirkliche Begründung konnten Sie trotz Nachfragen der erkennenden Behörde aber nicht liefern (Seiten 11 bis 12 Einvernahme vor dem Bundesamt). Sie meinten nur kein Vertrauen zu den Behörden der Republik gehabt zu haben.

Ihr Erklärungsversuch ist nicht plausibel, denn Sie geben vor, dass Sie gerade mit dem Ziel und zu dem Zweck nach Österreich gekommen sind, um hier sicher zu sein und in weiterer Folge Asyl zu beantragen. Wohlgemerkt allerdings erst nachdem Ihr widerrechtlicher Aufenthalt in Österreich mit bulgarischen Dokumenten offen gelegt wurde.

Eine Person, die wirklich ernsthaft Schutz sucht und Verfolgung fürchtet, würde niemals so handeln, wie Sie es getan haben, sondern jede Chance nutzen sich an die Gesetze und Regeln des Landes zu halten, in welchem diese Person Asyl sucht. In Ihrem Fall ist es offensichtlich, dass Sie Ihren Asylantrag nur gestellt haben als Reaktion auf die Aufdeckung Ihrer falschen Identität.

Warum Sie erst einen Asylantrag gestellt haben nachdem die Behörden der Republik Österreich Ihre bulgarische Tarnidentität aufgedeckt haben und nicht bereits davor, konnten Sie auch nicht erklären. Ihre vermeintliche plötzliche Erkenntnis, dass man den Behörden der Republik Österreich doch vertrauen könnte sind offensichtlich wenig nachvollziehbare Versuche die Ihren plötzlichen Meinungswandel irgendwie begründen sollen.

Alleine schon der Umstand, dass Sie in Österreich überhaupt Asyl wollten lässt darauf schließen, dass es sich bereits nach Ihrer anfänglichen Vorstellung bei Österreich um einen Staat handelt, der zur Schutzgewährung bereit und dazu auch in der Lage ist und in dem für Sie gerade keine Bedrohung besteht. Es konnte also auch nach Ihrer subjektiven Vorstellung keinen nachvollziehbaren Grund dafür geben, gerade bei der Asylantragstellung am Zufluchtsort aus Angst etwas zu verschweigen. Sie wurde zudem bereits zu Beginn des Verfahrens ausdrücklich belehrt bzw. aufgefordert alles wahrheitsgemäß anzugeben. Dennoch haben Sie auch hier offensichtlich erneut die Behörden der Republik belogen und gaben es auch offen zu.

Weiters ist hierzu zu sagen, dass Sie selbst wiederholt sagten Ihr Heimatland legal verlassen zu haben. Sie hatten also offensichtlich keine Probleme damit sich den amtlichen Grenzkontrollen und ähnlichem auszusetzen als Sie Armenien verlassen haben.

Auch wenn die erkennende Behörde Ihrem Fluchtvorbringen bei der Einvernahme durch das Bundesamt schon aus den oben ausgeführten Gründen kein Glauben schenkt, will es sich die erkennende Behörde dennoch nicht nehmen lassen zumindest anzumerken, dass dieses Vorbringen für sich alleine schon unglaubwürdig war. Das von Ihnen geschilderte vermeintliche Verhalten der Polizei lässt sich absolut nicht nachvollziehen. Wenn die Person, die selbst von dieser Entführung betroffen war, von einer Anzeige absieht wäre es ein leichtes für die Polizei einfach von Ermittlungen abzusehen und dies auch zu begründen, insbesondere wenn Sie wie von Ihnen behauptet ohnehin keine Ermittlungen tätigen wollten. Sie überhaupt zu belangen entbehrt jeder Nachvollziehbarkeit und wäre sogar ausdrücklich gegen das Interesse dieser Personen, da Sie ja überhaupt erst damit Aufmerksamkeit auf den ganzen Vorfall lenken würden. Ebenso erscheint es nicht nachvollziehbar dass Sie eine persönliche Bedrohung Ihrer Person und Ihrer Familie erst gar nicht gegenüber der Polizei zur Anzeige gebracht haben.

Dass Sie in scheinbar nur 2 Wochen keinen Rechtsanwalt konsultiert haben, aber gleich einen Schlepper aufsuchten und organisieren, ebenso wie Ihr ganzes Hab und Gut, welches Sie später behaupteten mehr als 30000 US Dollar Wert gewesen wäre, verkauften konnten erscheint auch nicht nachvollziehbar. Vielmehr suchten Sie wohl nur einen Vorwand Ihr Heimatland zu verlassen.

Weiter sei hierzu zu sagen, dass Ihr Antrag auf ein tschechisches Visum am genau gleichen Tag stellten als dieser vermeintliche Vorfall passiert war. Was der Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens einen weiteren schweren Schlag versetzt.

Sie waren also offensichtlich nicht einmal im Ansatz bemüht den Behörden der Republik die Wahrheit zu erzählen. Solches Verhalten untergräbt Ihre Glaubwürdigkeit als Person nur noch weiter.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung und aufgrund des Ermittlungsergebnisses wird daher Ihrem Vorbringen von der erkennenden Behörde wenig Glaubwürdigkeit zugebilligt, weil Ihr Vorbringen in sich unschlüssig ist, da Sie sich in Aussagen widersprachen bzw. Ihre Angaben vollkommen unplausibel erscheinen bzw. Sie öfters offensichtlich einfach falsche Angaben machten.

…“

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige, jedoch zum Teil überschießende Feststellungen, welche sich über weite Strecken auf Sachverhalte bezieht, die in keinem Zusammenhang mit der bP stehen.

Aus jenen Teilen der Feststellungen, welche mit der bP im Zusammenhang stehen, geht hervor, dass in Armenien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen unter § 57 AsylG zu subsumierenden Sachverhalt ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte dar.

I.3.1. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde das bisherige Vorbringen wiederholt.

I.3.2.1. Zwischenzeitig scheint im Strafregister der Republik Österreich in Bezug auf die bP folgende Verurteilung auf:

Gericht: LG XXXX

Geschäftszahl: XXXX

Urteil 1. Instanz: 25.02.2019

Rechtskräftig seit: 25.02.2019

Delikt: § 15 StGB § 146 StGB

Delikt: §§ 223 (2), 224 StGB

Datum der (letzten) Tat: 31.10.2017

Strafausmaß: Geldstrafe von 300 Tags zu je 4,00 EUR (1.200,00 EUR) im NEF 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 150 Tags zu je 4,00 EUR (600,00 EUR) im NEF 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Nachtrag: zu LG XXXX XXXX RK 25.02.2019

Unbedingter Teil der Geldstrafe vollzogen am 31.07.2020

ausgesprochen durch: LG XXXX XXXX vom 31.07.2020

I.3.2.2. Aufgrund der erfolgten Verurteilung wurde die bP eingeladen, sich zu diesem Umstand zu äußern, woraus sie mit Schriftsatz vom 1.10.2019 über ihren Rechtsfreund wie folgt äußerte:

„…

Dazu ist festzuhalten, dass der Betroffene vom Vorwurf gemäß Punkt I. der Anklageschrift, ca. im September 2016 gefälschte Urkunden beim Grenzübertritt nach Österreich gebraucht zu haben, rechtskräftig freigesprochen wurde.

Hinsichtlich der weiteren Vorwürfe, er habe einen gefälschten bulgarischen Reisepass zur Eröffnung eines Kontos bei der XXXX , beim Meldeamt der Gemeinde XXXX , der XXXX Bank XXXX sowie einem kontrollierenden Polizeibeamten vorgewiesen, beruft sich der Betroffene darauf, dass all dies zur besseren Integration seiner Person erfolgt ist (Kontoeröffnung, Erlangung eines Meldezettels etc.). Die Tatsache, über ein Konto im Inland zu verfügen, stellt einen Mindeststandard dar und ist in diesem Zusammenhang eine klare Distanzierung zu echten Vermögensdelikten wie Diebstahl etc. zu ziehen. Um eben nicht derartige Straftaten zu begehen, hat der Betroffene den Versuch unternommen, sein Zivilleben zu organisieren. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass der Betroffene erwähntermaßen mit einem gefälschten Ausweis einen Meldezettel erlangen wollte.

Hinsichtlich des weiteren Vorwurfs, er habe unter Vorspiegelung einer falschen Identität bei der Firma XXXX versucht, 5 Handyverträge abzuschließen, ist zwar ein Geständnis ergangen, allerdings ist nach Ansicht des Betroffenen das damals angeklagte Delikt (§§ 15, 146 StGB) unrichtig. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern der bloße Abschluss von Handyverträgen, selbst wenn er auf einer unrichtigen Identität des Netzteilnehmers beruht, den Tatbestand des § 146 StGB erfüllen soll - dies insbesondere mangels einer entsprechenden Bereicherungshandlung. Zudem wäre in diesem Zusammenhang die Frage eines absolut untauglichen Versuchs zu prüfen gewesen, was im Ergebnis wohl zu einem Freispruch von diesem Vorwurf geführt hätte.

Im Übrigen darf darauf hingewiesen werden, das der Betroffene unbescholten ist und sich seither wohlverhalten hat.

…“

I.3.3.1. Nach weitergehender Befassung der Aktenlage wurde die Beschwerde schließlich mit ho. Beschluss vom 10.10.2019 als verspätet zurückgewiesen.

I.3.3.2. Einer gegen den oa. Beschluss eingebrachten Revision gab der VwGH mit Erk. vom 27.3.2020 statt und behob den angefochtenen Rechtsakt.

II.4.1. Mit Schreiben vom 8.6.2020 wurden die Verfahrensparteien im Rahmen einer Beweisaufnahme aufgefordert, sich zu den an sie gerichteten Fragen zu äußern. Die bP gab hierauf folgende Stellungnahme ab:

„…

Der BF bringt vor, dass Armenien von der Corona Pandemie schwer betroffen ist. Bei einer Einwohnerzahl von nur 3 Mio, waren am 21.06.2020 insgesamt 20.268 Personen nachweislich infiziert und sind zum 21.06. mindestens 350 Corona-Tote zu beklagen. Die Zahl der Infektionen steigt täglich um mind. 300 Personen, ebenso die Zahl der Toten. Die Dunkelzahlziffer dürfte weit höher liegen. Das Gesundheitssystem ist überlastet.

1,       Verfügt über kein Identitätsdokument (der armenische Führerschein wurde bereits bei der Behörde abgegeben)

2,       ln Armenien hat er gewohnt: im Dorf XXXX , XXXX , XXXX Dort wohnte er mit seiner Mutter und dem Bruder.

3,       keine Krankheit, keine Medikamente

4,       Aktuell lebt er mit seiner Freundin in XXXX im gemeinsamen Haushalt. Die Beziehung besteht seit ca 2,5 Jahren. Die Postadresse ist jedoch: XXXX

5,       Erfahrungen auf der Baustelle und als Fahrer, Der BF hatte eine Zeit lang eine eigene Werkstatt.

6,       Wie der Empfehlung vom 1.7.2020 zu entnehmen ist, spricht er Deutsch auf Bl-Niveau und bereitet sich auf die Prüfung vor. Diese hätte am 26.06. stattfinden sollen, wurde aufgrund zu geringer Teilnehmerzahien leider verschoben.

7,       Der BF hat versucht, eine Gewerbeberichtigung zu erlangen, jedoch wurde der Antrag abgewiesen.

9 + 11, Der BF bezog nie Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Bisher hat er von

den Ersparnissen seiner Mutter gelebt und wird auch von der Lebensgefährtin unterstützt.

10, Wenn der BF Zugang zum Arbeitsmarkt hätte, könnte er bet der Firma XXXX als angestellter Fahrer im Transportgewerbe arbeiten.

12,      Der BF versucht selbstständig die deutsche Sprache zu erlernen und unterstützt und hilft den älteren Menschen in seiner Nachbarschaft in XXXX .

13,      Ja, dazu beiliegend eine Stellungnahme des RA Dr. Legit. Die über ihn verhängte Geldstrafe von € 600,- hat er bereits bezahlt.

14,      Nein, er war immer in Ö aufhättig.

15,      Den Reisepass hat er vor ca. 4 Jahren verloren.

16,      Der BF hat bereits eine Einstellungszusage. Mit Erlangung eines Aufenthaltstitels würde könnte er sich selbst erhalten. Deutsch spricht er bereits auf Bl-Niveau. Und er führt seit ca 2,5 Jahren eine Beziehung.

…“

Die bB verwies insbesondere auf das bisherige, nach ihren Ausführungen widersprüchlichen Angaben der bP.

II.4.2. Das ho. Gericht ordnete für den 27.8.2020 eine Beschwerdeverhandlung an. Gemeinsam mit der Ladung wurden der bP Feststellungen zur abschiebungsrelevanten Lage in Armenien übermittelt. Weiters wurde die bP eingeladen, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken und bereits vor dem Verhandlungstermin allfällige Bescheinigungsmittel vorzulegen bzw. ein allfälliges ergänzendes Vorbringen zu erstatten.

II.4.2. Die bP brachte mit Schriftsatz vom Folgendes vor:

„…

In umseits bezeichneter Rechtssache wurde bereits am 09.07.2020 zur COViD-19-Situation in Armenien sowie zu den Fragen der persönlichen Situation Stellung genommen. Am 06.08.2020 langte eine weitere Aufforderung zur Stellungnahme bezüglich der Beweisaufnahme gern. § 45 Abs. 3 AVG ein. Dementsprechend darf auf die bereits übermittelte Stellungnahme, vom 09.07.2020 verwiesen werden und dürfen auf die neuerlichen Fragen Stellung genommen, diese beziehungsweise näher ausgeführt werden, wie folgt:

1.       ) In Armenien war der BF lediglich an der Adresse: Dorf XXXX , XXXX , XXXX

XXXX wohnhaft

2.       ) Wurde bereits beantwortet.

3.       ) Der Bf lebte mit seiner Lebensgefährtin XXXX , geboren am XXXX ,

XXXX im gemeinsamen Haushalt. Die Beziehung besteht bereits seit 2,5 Jahren. Die Postadresse ist jedoch XXXX . Seine Lebensgefährtin besitzt die Staatsangehörigkeit der Ukraine, hat jedoch einen aufrechten Aufenthaltsstatus Aufenthaltsberechtigung plus XXXX seit 2020.

4.       ) Wurde bereits beantwortet.

5.       ) Der BF spricht bereits Deutsch auf Bl-Niveau und wollte die Prüfung dazu am 26.06.20

abiegen. Aufgrund zu geringer Teilnehmer kam die Prüfung nicht zustande. Aus diesem Grund wird er die A2-Deutschprüfung am XXXX , dem XXXX antreten.

6.       ) zu b.) der BF hat einen Antrag auf eine Gewerbeberechtigung bezüglich Autokosmetiker

eingebracht. Dieser Antrag befindet sich noch beim Magistrat in Bearbeitung, zu c.) Er verfügt über viele Freunde, die verschiedene Unternehmen betreiben. Er hat in Österreich eine armenische Familie kennengelernt, zu welcher er eine sehr intensive und gute Beziehung führt. Dieser hilft er ab und zu freiwillig bei geringfügigen Tätigkeiten ohne Entgelt.

7.       ) Nein.

8.       ) Wurde bereits beantwortet.

9.       ) Wurde bereits beantwortet.

10.      )Wurde bereits beantwortet.

11.      ) Ergänzend darf zu diesem Punkt noch angeführt werden, dass sich der BF in seiner Freizeit

unter anderem gerne dem Malen von Bildern widmet.

12.      ) Diese Frage wurde bereits auch beantwortet, allerdings gilt noch zu erwähnen, dass der BF

seit dem Erhalt dieser Strafe keine weiteren Strafen mehr bekommen hat. Er hat sich immer wohlverhalten und an die österreichische Rechtsordnung gehalten.

13.      ) Wurde bereits beantwortet.

14.      ) Wurde bereits beantwortet.

15.      ) Der BF wird, wie bereits dargetan, zur Deutschprüfung A2 am XXXX , dem XXXX

antreten. Das Gericht wird höflich gebeten, im Falle einer schriftlichen Entscheidung, das Prüfungsergebnis auch noch nach Schluss der Verhandlung innerhalb der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.

16.      ) Wurde bereits beantwortet und Integrationsunterlagen an das Gericht geschickt.

Es wird höflich erbeten die bereits am 09.07.2020 beantworteten und die mit heutigem Datum dargelegten Antworten innerhalb der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Die schlechte Sicherheits- sowie Versorgungslage betreffend Armenien geht bereits aus dem Länderinformationsblatt hervor und wird erbeten dem BF auf Grundlage dessen zumindest einen subsidiären Schutz, in Hinblick auf das schützenswerte Privat- und Familienleben in Österreich, zumindest aber eine Aufenthaltsberechtigung (plus) zu erteilen.

…“

II.4.3. Der wesentliche Verlauf der Beschwerdeverhandlung wird wie folgt wiedergegeben:

„…

RI: Wollen Sie ihre Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand vor der belangten Behörde und im Beschwerdeverfahren ergänzen?

P: Mein Gesundheitszustand ist normal, ich fühle mich jetzt wohl.

RI: Sie wurden bereits beim BFA zu ihren privaten und familiären Verhältnissen befragt und haben im Verfahren auch von sich aus entsprechende Unterlagen vorgelegt. Wollen Sie sich hierzu weitergehend äußern?

P: Nein, ich möchte dazu nichts ergänzen.

RI: (ohne Dolmetscher) Sprechen Sie Deutsch?

P: Ja.

RI: (ohne Dolmetscher) Was haben Sie gestern gemacht?

P: Gestern war ich mit Freunden, ein Bekannter von mir hat eine Werkstatt, ich war da. Ich habe auf den Zug gewartet.

RI: Das ho. Gericht kann sich nunmehr ein Bild über ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des ho. Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. der Integration äußern?

P: Es gibt einen armenischen Verein in XXXX , wo ich mithalf.

RV legt vor: Drei Arbeitsbestätigungen, Bestätigung über freiwillige Tätigkeit, Kassenbeleg hinsichtlich Einzahlung der Prüfungsgebühr für A2 vom 21.08.20.

(Wird in Kopie zum Akt genommen)

RI: Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde seitens der belangten Behörde abgewiesen und wurde im angefochtenen Bescheid die Entscheidung begründet. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde entgegen.

P: Ich fühle mich hier in Sicherheit, meinem Leben hier droht keine Gefahr. Ich habe eine Lebensgefährtin hier gefunden. Ich möchte hier blieben und eine Familie gründen und hier arbeiten.

RI: Was würde Sie im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat konkret erwarten?

P: In Armenien hat nur eine Person die Macht gewechselt. Alle anderen Personen die gleichen. Die Oligarchen sind die gleichen. Wenn ich zurückkehre würde meinem Leben Gefahr drohen.

RI: Welche Gefahr würde Ihnen konkret drohen und von wem würde diese Gefahr konkret ausgehen?

P: Das kann ich nicht sagen, es wird mir sicher etwas Schlechtes angetan werden. Ich werde dort nicht sicher und ruhig leben können.

RI: Sie befinden sich seit etlichen Jahren in Österreich und wurden über die Wichtigkeit der Mitwirkung im Verfahren und der Bescheinigung des von ihnen vorgetragenen ausreisekausalen Sachverhalts belehrt und sind waren/durch in Asylsachen besonders versierte Personen/Organisationen vertreten.

Sie wurden auch vom ho. Gericht aufgefordert, Ihr Vorbringen zu bescheinigen.

Was haben Sie zwischenzeitig –sei es erfolgreich oder erfolglos- unternommen, um Ihr Vorbringen bescheinigen zu können?

P: Ich habe versucht durch Bekannten irgendwelche Unterlagen zu besorgen, aber in den Jahren als diese Ereignisse vorgefallen sind, wurde alles geheim gehalten. Jetzt ist es auch nicht möglich. Es ist mir nicht gelungen irgendwelche Beweise zu besorgen, es wird alles geheim gehalten.

RI: Ihnen wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien zur Kenntnis gebracht.

In Bezug auf die COVID-19-bedingte Lage wird auf nachfolgende Quellen hingewiesen:

https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/armenien

https://eriwan.diplo.de/am-de/covid19/2310966

https://google.com/covid19-map/?hl=de
https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-armenien.html

Themenpapier der Staatendokumentation der belangten Behörde zur COVID-19-bedingten Lage ua. in Armenien

Hieraus ist ableitbar, dass die der aktiv infizierten hoch sind, die Regierung jedoch Maßnahmen setzte, um eine unkontrollierte Ausbreitung der Pandemie zu verhindern und die Zahlen seit Juli rückläufig sind.

Weiters werden Sie darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat betrachtet (Begriff wird kurz erörtert).

Wollen Sie sich hierzu äußern?

Wollen Sie sich hierzu äußern?

P: Ich möchte wiederholen, dass die Polizei in Armenien gleich geblieben ist und die Oligarchen sind gleich geblieben. Unser Premier kann nichts dagegen machen. Die Diebstähle und Ermordungen sind noch mehr geworden. Es wird nur so dargestellt, dass alles in Ordnung sei, aber die Leute sterben vor Hunger.


RV: Von welcher Person ist im Herbst 2016 konkret die Bedrohung ausgegangen?

P: In der Stadt XXXX gab es eine Gruppierung unter General XXXX .

RV: Welche Art General war dieser?

P: Wie soll ich das Ihnen sagen. Er ist ein Militärgeneral. Er ist ein General von der Organisation Jerkrapah und er wurde verurteilt, weil er das Essen für die Soldaten entwendet und seinen Bären gegeben hat.

RV: Hat sich durch die Verurteilung daran etwas an seiner Macht geändert?

P: Nein.


RV: Wissen Sie wie hoch die Strafe war, die er bekommen hat?

P: Er war im Gefängnis und ist jetzt frei gekommen, er hat Geld bezahlt und ist frei gekommen.

RV: In welcher Beziehung stand ist der General zum damaligen Bürgermeister?

P: Der Bürgermeister war sein Sohn. Er ist mittlerweile nicht mehr Bürgermeister.

RV: Geht die Gefahr von dieser Familie aus?
P: Ja, jedem der etwas gegen die Familie machte, wurde etwas angetan. zB mit dem Fahrzeug nachgeschleift oder verprügelt.

RV: Wissen Sie was der damalige Bürgermeister jetzt macht?

P: Er ist in XXXX und er will wieder zum Bürgermeister gewählt werden.

RV: Worauf stützt sich diese Macht?

P: Auf Geld, Beziehungen zu Oligarchen, Freundschaften zu Staatsanwälten. Alle reichen und gefährlichen Personen in Armenien stehen zu ihm in Beziehung.


RV: Warum ist diese Familie gegen Sie?

P: Im Jahr 2016, bei der Wahl hat er gesehen, dass wir ihn nicht mehr wollen und ich würde gegen ihn abstimmen. Ich stand dort mit Herrn XXXX und XXXX und er hat verstanden, dass wir jetzt gegen ihn wählen werden und dass wir eine Demonstration gegen ihn veranstalten werden. Er hat dann XXXX auf einer Tankstelle entführt, ich wurde verprügelt, mir wurde gesagt, ich solle mich brav verhalten ansonsten würde mir etwas Schlimmeres angetan werden.

RV: Warum wirkt die Gefahr 2020 weiterhin fort?

P: Wenn ich in Armenien ankomme, dann werden sie mich finden.

RV: Kann Ihnen die Polizei Schutz bieten?

P: Es könnte sein, dass mir die Polizei für einen Tag Schutz bietet, aber in Wirklichkeit kann die Polizei nichts machen. Ich werde dann auf der Straße verprügelt gefunden werden.

RV: Wieso agiert die Polizei so?

P: Weil die Polizisten korrupt sind und Geld mögen. Es hat nur der Premier gewechselt aber alle anderes dieselben.

BehV: Ich habe keine Fragen.


RI fasst die Rolle des XXXX kurz zusammen.

RI: Was wäre, wenn Sie nicht nach XXXX zurückkehren würden, sondern zB in Jerewan blieben würden?

P: Das spielt keine Rolle für mich, man findet mich überall.

RI fragt den RV um seine Stellungnahmen zu dieser Beurteilung.

RV: Die Gefahr gegen die P geht vom Umfeld des XXXX aus, insbesondere von XXXX , welcher jahrelang Bürgermeister von XXXX war und seine Macht auf das Wohlwollen der Oligarchen stützte. Das System hat sich durch die Verurteilung des XXXX und durch den Wechsel des Premierministers nicht geändert. Insbesondere, weil XXXX wieder versucht in das Amt des Bürgermeisters zurückzukehren. XXXX ist bekannt, dass die P politisch gegen ihn eingestellt ist und auch bereit ist, dies öffentlich kund zu tun und das mit einer Anzeige bei der Polizei zu dokumentieren. Im Falle einer Rückkehr nach Armenien ist davon auszugehen, dass XXXX alles unternehmen wird, damit die P ihm politisch nicht schaden kann. Dabei schreckt er auch nicht vor Gewalttaten zurück. Aufgrund der korrupten Situation in Armenien, ist die Polizei nicht gewillt und in der Lage, der P Schutz zu bieten. Sie ist daher in Armenien asylrelevanter Gefahr ausgesetzt. Ich beantrage die Einvernahme der Lebensgefährtin der P, Viktoria Kolensniki.

BehV: Ich gebe keine Stellungnahme ab.

RI: Was könnte Ihre Lebensgefährtin berichten, was nicht bereits in Ihrer eingebrachten Stellungnahme vom 20.08.20, bekannt gegeben wurde?

P: Sie wird nur hier weinen und nichts sagen.

RV ergänzt, dass die Zeugin zum Beweis des Vorbringens dient.

RI an P: Wollen Sie zu diesem Beweisantrag etwas angegeben?

P: Wenn Sie möchten, dann können Sie meine Lebensgefährtin befragen.

RI trifft den verfahrensleitenden Beschluss, die Zeugen nicht einzuvernehmen, zumal das diesbezügliche Vorbringen der P in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt wird und somit kein taugliches Beweisthema vorliegt.

…“

II.5. Am Ende der Verhandlung wurde seitens des ho. Gerichts die Beschwerde in allen Spruchpunkten abgewiesen und das Erkenntnis mündlich verkündet.

Die bP verlangte fristgerecht die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Armenier, welcher aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.

Die bP reiste nach Österreich, welches sichtlich ihr Zielland war ein und unterließ es, sich an die österreichischen Behörden zu wenden um Schutz vor Verfolgung zu suchen. Sie zog es viel mehr vor, die bulgarische Staatsbürgerschaft vorzutäuschen und sich unter falscher Identität im Bundesgebiet aufzuhalten.

Bevor sie nach Österreich einreiste, hielt sie sich bereits in zumindest einem Land auf, in dem sie vor Verfolgung sicher war, ohne dort einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

Der bP ist ein junger, gesunder, anpassungsfähiger und arbeitsfähiger Mensch. Einerseits stammt die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es der bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

Die volljährige bP hat Zugang zum armenischen Arbeitsmarkt und es steht es ihm frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.

Ebenso haben die bP Zugang zum –wenn auch minder leistungsfähige als das österreichische- Sozialsystem des Herkunftsstaates und könnten dieses in Anspruch zu nehmen.

Weiters kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Sie stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN) und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation oder die Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Rückkehrer in Anspruch zu wenden.

Die bP verfügt im Rahmen einer Gesamtschau über eine wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich gesicherten Existenzgrundlage. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Die bP hält sich etwas mehr als 3,5 Jahre im Bundesgebiet auf. Sie reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnte ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätte sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig und ist in Lichte dieses Umstandes davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde.

Familienangehörige leben nach wie vor in Armenien und sich sichtlich in der Lage, dort ihr Leben zu meistern.

Die bP lebt mit einer ukrainischen Staatsbürgerin, welche sich legal in Österreich befindet in Lebensgemeinschaft. Diese Lebensgemeinschaft wurde während des ungewissen Aufenthaltes der bP im Bundesgebiet begründet.

Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten. Sie reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.

Die bP ist nicht selbsterhaltungsfähig bzw. hat keine legalen, ernsthaften und tauglichen Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Gebieten des österreichischen Arbeitsmarktes unternommen, die auch Asylwerbern zugänglich sind, etwa im Bereich der saisonalen Tätigkeit in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe, bzw. selbstständiger Tätigkeit (vgl. hierzu etwa http://www.ams.at/_docs/400_Asyl-Folder_DEUTSCH.pdf). Viel mehr ist sie auf die Leistungen Dritte angewiesen.

Die bP war nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen. Zu den aktuellen Deutschkenntnissen wird auf das Vorbringen der bP verwiesen und geht das ho. Gericht in dubio davon aus, dass die bP die deutsche Sprache auf dem Niveau A2 beherrscht.

Im Übrigen wird in Bezug auf die soziale Vernetzung der bP auf den objektiven Aussagekern des Vorbringens der bP verwiesen.

Die bP wurde wegen der bereits genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt.

Die Identität der bP steht fest.

Im Übrigen wird auf die bereits im beschriebenen Verfahrenshergang getroffenen Feststellungen verwiesen.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Armenien

II.1.2.1. In Bezug auf die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an, welche in zusammengefasster Form wiedergegeben wurden.

II.1.2.2. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

II.1.2.3. Zwischen der Republik Armenien und der Republik Aserbaidschan besteht ein Waffenstillstand, welcher im Wesentlichen eingehalten wird, auch wenn es wiederholt zu Schusswechseln bzw. Gefechten an der Demarkationslinie kommt. Seit des Inkrafttretens des Waffenstillstandes kam es nie zu einer Mobilmachung in Armenien.

II.1.2.4. Das ho. Gericht hält weiters folgende Umstände fest:

Neben den unter Punkt II.1.2.1. und II.1.2.3. genannten Umständen wird besonders darauf hingewiesen, dass sich seit der Ausreise der bP aus Armenien die politische Landschaft von Grund auf änderte (Stichwort: „Samtene Revolution“) und wird hier insbesondere zusammengefasst auf folgende Umstände hingewiesen:

Oppositionsführer Nikol Paschinjan wurde im Mai 2018 vom Parlament zum Premierminister gewählt, nachdem er wochenlange Massenproteste gegen die Regierungspartei angeführt und damit die politische Landschaft des Landes verändert hatte. Er hatte Druck auf die regierende Republikanische Partei durch eine beispiellose Kampagne des zivilen Ungehorsams ausgeübt, was zum schockartigen Rücktritt Serzh Sargsyans führte, der kurz zuvor das verfassungsmäßig gestärkte Amt des Premierministers übernommen hatte, nachdem er zehn Jahre lang als Präsident gedient hatte (BBC 20.12.2018; vgl. AA 27.4.2020). Bei den als „Samtene Revolution“ bezeichneten Demonstrationen im April/Mai 2018 verhielten sich die Sicherheitskräfte zurückhaltend. Auch die Demonstranten waren bedacht, keinerlei Anlass zum Eingreifen der Sicherheitskräfte zu bieten (AA 27.4.2020).

Am 9.12.2018 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt, welche unter Achtung der Grundfreiheiten ein breites öffentliches Vertrauen genossen. Die offene politische Debatte, auch in den Medien, trug zu einem lebhaften Wahlkampf bei. Das generelle Fehlen von Verstößen gegen die Wahlordnung, einschließlich des Kaufs von Stimmen und des Drucks auf die Wähler, ermöglichte einen unverfälschten Wettbewerb (OSCE/ODIHR 10.12.2018). Die Allianz des amtierenden Premierministers Nikol Paschinjan unter dem Namen „Mein Schritt“ erzielte einen Erdrutschsieg und erreichte 70,4% der Stimmen. Die ehemalige mit absoluter Mehrheit regierende Republikanische Partei (HHK) erreichte nur 4,7% und verpasste die 5-Prozent-Marke, um in die 101-Sitze umfassende Nationalversammlung einzuziehen. Die Partei „Blühendes Armenien“ (BHK) des Geschäftsmannes Gagik Tsarukyan gewann 8,3%. An dritter Stelle lag die liberale, pro-westliche Partei „Leuchtendes Armenien“ unter Führung EdmonMaruyian, des einstigen Verbündeten von Paschinjan, mit 6,4% (RFE/RL 10.12.2018; vgl. ARMENPRESS 10.12.2018).

Zu den primären Zielen der Regierung unter Premierminister Paschinjan gehören die Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftsreformen (RFL/RL 14.1.2019; vgl. FH 4.3.2020) sowie die Schaffung einer unabhängigen Justiz (168hours 20.7.2018; vgl. FH 4.3.2020). Seit Paschinjans Machtübernahme hat sich das innenpolitische Klima deutlich verbessert und dessen Regierung geht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten