Entscheidungsdatum
01.10.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I422 2235232-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , StA. Tschechische Republik, vertreten durch die ARGE RB - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2020, Zl. 91803603/180723848 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
In Folge mehrerer strafgerichtlicher Verurteilungen erließ die belangte Behörde mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 05.08.2020 über die Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von acht Jahren (Spruchpunkt I.), erteilte ihr keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot zugleich die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 07.09.2020. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführerin seit ihrem zwölften Lebensjahr in Österreich aufhalte und hier ihre gesamte Kernfamilie habe. Dies habe die belangte Behörde nur unzureichend ermittelt und seien die ausgeprägten persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet höher zu werten, als das gegenläufige öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung.
Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.09.2020 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Tschechischen Republik. Ihre Identität steht fest.
Sie ist am XXXX (Tschechien) geboren. Dort besuchte sie die Schule bis sie in ihrem zwölften Lebensjahr nach Österreich kam. Die Beschwerdeführerin wurde am 03.07.2000 erstmals melderechtlich im Bundesgebiet erfasst und ist seither durchgehend in Österreich aufhältig. Sie spricht Deutsch und Tschechisch.
In Österreich hat die Beschwerdeführerin die Haupt- und Polytechnische Schule abgeschlossen und anschließend eine Lehre zur Bürokauffrau und zur Lagerlogistikerin absolviert. Anschließend war sie in diversen Beschäftigungsverhältnissen jeweils für wenige Wochen bzw. Monate beschäftigt, wobei sie zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnissen regelmäßig Leistungen aus der Arbeitslosen-, Kranken- und Pensionsversicherung bezog. Seit 01.11.2018 ist die Beschwerdeführerin keiner Beschäftigung mehr nachgegangen, seit 01.07.2019 bezieht sie Leistungen aus der Pensionsversicherung aufgrund geminderter Arbeitsfähigkeit. Eine berufliche Verfestigung der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet liegt somit nicht vor. Die Beschwerdeführerin weist finanzielle Verpflichtungen in Höhe von € 500.000,-- auf.
Sie ist geschieden und mit einem österreichischen Staatsangehörigen verlobt. Die Beziehung besteht seit rund vier Jahren und lebte die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Inhaftierung mit ihrem Verlobten im gemeinsamen Haushalt. Aus ihrer Ehe entstammen drei Kinder: die volljährige XXXX , der minderjährige XXXX und die minderjährige XXXX . Alle Kinder sind österreichische Staatsbürger und leben die beiden minderjährigen Kinder bei ihrem Vater. Die Obsorge für die beiden minderjährigen Kinder kommt der Beschwerdeführerin und dem Vater der Kinder gemeinsam zu. Der Vater der beiden minderjährigen Kinder ist auch bereit, auch zukünftig für sie zu sorgen und aufzukommen. Zur Beschwerdeführerin stehen die Kinder auch während ihrer Inhaftierung in einem aufrechten und regelmäßigen Kontakt. Außerdem leben die drei Geschwister, die Mutter und der Stiefvater der Beschwerdeführerin in Österreich. In Tschechien lebt eine sich in Haft befindliche Großcousine der Beschwerdeführerin. Darüber hinaus bestehen keine weiteren familiären Bindungen zu Tschechien.
In Folge eines Arbeitsunfalles und einer daraus folgenden Operation leidet die Beschwerdeführerin an einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS – Morbus Sudeck), die mit einer Schmerzmedikation behandelt wird. Zusätzlich unterzieht sie sich einer Physio- und Ergotherapie. Die Beschwerdeführerin konsumierte in den vergangenen Jahren Amphetamine und Kokain. Eine Drogentherapie hat die Beschwerdeführerin bislang nicht abgeschlossen. Sie verfügt jedoch bei Erfüllung der Voraussetzung der Kostendeckung und eines freien Platzes über eine Therapieplatzzusicherung einer Drogentherapieeinrichtung. An einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder psychischen Beeinträchtigung leidet sie nicht.
Die Beschwerdeführerin wurde im Bundesgebiet insgesamt acht Mal strafgerichtlich verurteilt:
? Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 04.04.1997, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der Veruntreuung gemäß § 133 Abs. 1 StGB unter Vorbehalt der Strafe rechtskräftig verurteilt.
? Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.07.1998, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls gemäß §§ 127, 15 StGB zu einer bedingten Geldstrafe in Höhe von 80 Tagsätzen zu je ATS 200,-- und einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.
? Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.04.2002, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten, einer unbedingten Geldstrafe in Höhe von 300 Tagsätzen zu je EUR 2,-- und einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.
? Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.06.2003, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der Zuhälterei gemäß § 216 Abs. 1, 2 und 3 StGB und des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges gemäß §§ 146, 147 Abs. 2, 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt, sowie einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.
? Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 18.12.2015, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels gemäß § 295 StGB, des Vergehens der Hehlerei gemäß § 164 Abs. 1 und 2 StGB und des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten sowie einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.
? Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.07.2018, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je EUR 4,-- rechtskräftig verurteilt.
? Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.08.2018, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 vierter Fall SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 4 Z 1 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten, einer unbedingten Geldstrafe von 140 Tagsätzen zu je EUR 4,-- sowie einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Dem Schuldspruch lag inhaltlich zu Grunde, dass die Beschwerdeführerin einem Suchtgiftinteressenten 1 Kilogramm Cannabiskraut anbot und teils jugendlichen Suchgiftkonsumenten im Zuge regelmäßiger „Drogenpartys“ in ihrer Wohnung Amphetamin, Ecstasy-Tabletten und Cannabiskraut überließ.
? Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.02.2020, XXXX wurde die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, 15 StGB als Bestimmungstäterin gemäß § 12 zweiter Fall StGB, des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, 15 StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 vierter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG und der Vergehen der versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 15 Abs. 1, 223 Abs. 1, 224 StGB als Bestimmungstäterin gemäß § 12 zweiter Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt. Dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass die Beschwerdeführerin mit zwei abgesondert verfolgten Mittätern ab ca. Herbst 2018 über „Darknet-Bestellungen“ Amphetamine bezog. Um einen allfälligen Verdacht von sich zu lenken erfolgte die Zusendung der Amphetamine unter Angabe eines falschen Adressaten an die Arbeits- und ehemalige Meldeadresse einer Mittäterin. Zusätzlich zum Amphetamingeschäft trieb die Beschwerdeführerin „schwungvollen“ Handel mit Cannabiskraut und erhielt über einer im Nebenhaus lebenden und in der Suchtgiftszene bekannten Person zwischen Ende 2018 und Ende April regelmäßig Lieferungen zum Kilopreis von € 3.200,--. In Summe bezog die Beschwerdeführerin 25 kg Cannabis, dass sie mit Gewinnaufschlag an verschiedene Abnehmer in Verkehr brachte. In geringerem Umfang verkaufte die Angeklagte auch Ecstasy-Tabletten, die sie manchmal als Zugabe zu ihren Darknet-Bestellungen erhielt bzw. sie in anderen Fällen in Österreich zukaufte. Zudem versuchte die Beschwerdeführerin einen gefälschten österreichischen Führerschein für einen Bekannten und für ihre Tochter zu erwerben, wofür sie für diesen Zweck an einen Bekannten Passfotos, Reisepasskopien und Blankounterschriften übermittelte und eine Zahlung von € 1.200,-- leistete.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 05.08.2020 wurde gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, ihr kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Tschechische Republik ist ein Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Eine ausreichende medizinische Behandlungsmöglichkeit ist in Tschechien gewährleistet und ist es ihr möglich, dort eine Schmerzmitteltherapie in Anspruch zu nehmen.
Auch die unstrittige Suchtmittelabhängigkeit der Beschwerdeführerin ist in Tschechien behandelbar. So werden in Tschechien 272 Therapieprogramme mit niederschwelligem Zugang angeboten, welche staatlich finanziert sind und rund 41.000 Patienten im Jahr 2017 die benötigte Behandlung ermöglichten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides sowie den Angaben der Beschwerdeführerin in den schriftlichen Stellungnahmen vom 05.08.2019 und vom 12.06.2020, der schriftlichen Stellungnahme des Ex-Ehemannes vom 19.06.2020 sowie im Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Sozialversicherungsträgers und des Strafregisters eingeholt.
2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellung zur Person der Beschwerdeführerin, insbesondere zu ihrer Identität ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Die Identität der Beschwerdeführerin ist durch die Verifizierung seitens der österreichischen Strafbehörden und der Justiz belegt. Damit übereinstimmend geht zudem aus dem Fremdenregister hervor, dass die Beschwerdeführerin über einen als authentisch bewerteten Reisepass verfügt.
Aus den Angaben der Beschwerdeführerin in Zusammenschau mit dem ZMR gründen die Feststellungen über die Einreise und den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet. Aus den handschriftlichen Stellungnahmen und dem langjährigen Aufenthalt gründet die Feststellung zu den Deutschkenntnissen der Beschwerdeführerin; dass sie auch Tschechisch spricht ist aufgrund ihrer Herkunft sowie ihrer Erstsozialisation und der Grundschulbildung in Tschechien plausibel.
Die Feststellungen über die Ausbildung und die berufliche Situation beruhen einerseits auf den Angaben der Beschwerdeführerin und andererseits auf den übereinstimmenden Auszug aus dem AJ-WEB Auskunftsverfahren. Ihre finanziellen Verpflichtungen ergeben sich aus dem Strafurteil des Landesgericht XXXX vom 12.02.2020.
Glaubhaft erachtet das erkennende Gericht die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrer familiären Situation, insbesondere, dass sie geschieden und erneut verlobt ist und ihre drei Kinder aus erster Ehe im Bundesgebiet leben. Im Verwaltungsakt liegt auch eine Stellungnahme des Ex-Ehemannes der Beschwerdeführerin vom 19.06.2020 ein, aus dem sich die Feststellungen zur familiären Situation der Beschwerdeführerin ergeben. Der Ex-Ehemann übermittelte in seiner Stellungnahme zudem eine Kopie des Gerichtsbeschlusses zu Zl. XXXX über die Scheidung im Einvernehmen sowie eine Vergleichsausfertigung jeweils datierend vom 14.08.2007. Aus diesen Unterlagen ergibt sich die Feststellung zur gemeinsamen Obsorge betreffend die beiden minderjährigen Kinder. Haftbedingt leben die beiden minderjährigen Kinder derzeit zur Gänze beim Vater. In seiner Stellungnahme verwies er darauf, dass er an das zuständige Gericht einen Antrag auf Zuerkennung des alleinigen Sorgerechtes beantragt habe, woraus sich die Feststellung betreffend seine zukünftige Bereitschaft für die Kinder zu sorgen und aufzukommen, ableitet. Die Feststellung über den aufrechten und regelmäßigen Kontakt zu den minderjährigen Kindern basiert auf einer Zusammenschau der Angaben der Beschwerdeführerin, den Ausführungen des Ex-Ehemannes und einer sich im Verwaltungsakt befindlichen Besucherliste der Justizanstalt. Aus dieser lassen sich regelmäßige Besuche während der Haft ableiten. Die Feststellungen zu den übrigen familiären Bindungen der Beschwerdeführerin und dem Fehlen ebensolcher in Tschechien beruhen ebenso auf den Angaben der Beschwerdeführerin und sind zudem unstrittig.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin resultieren aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben in den schriftlichen Stellungnahmen vom 05.08.2019 und vom 12.06.2020. In dieser verwies sie auf ihre postoperative Schmerzerkrankung sowie ihren Suchtmittelkonsum. Hinweise auf eine lebensbedrohliche Erkrankung oder psychische Beeinträchtigung sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Die rechtskräftigen Verurteilungen der Beschwerdeführerin durch österreichische Strafgerichte gründen einerseits aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie andererseits aus dem sich im Verwaltungsakt befindlichen Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.02.2020, XXXX .
Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 05.08.2020, Zl. 91803603/180723848 liegt im Verwaltungsakt ein.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführerin die Beschaffung der notwendigen Schmerzmedikation in Tschechien möglich sein wird, gründet auf der Überlegung, dass die medizinische Versorgung in Tschechien dem hohen europäischen Niveau entspricht und das Land sowohl über allgemein zugängliche öffentliche Gesundheitseinrichtungen, als auch über private medizinische Versorgungszentren verfügt.
Auf dem Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht zur Lage in Tschechien mit Stand Juni 2019, (https://www.emcdda.europa.eu/publications/country-drug-reports/2019/czechia_en) gründen die Feststellungen zu den Behandlungsmöglichkeiten für Suchmittelabhängige in Tschechien.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage:
Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.
Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Die Beschwerdeführerin ist aufgrund ihrer tschechischen Staatsangehörigkeit EWR-Bürgerin iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Aufgrund ihres mehr als zehn Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich, kommt der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG (d.h. nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib im Bundesgebiet) als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung.
Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).
Mit der Bestimmung des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG soll Art 28 Abs. 3 lit. a der Unionsbürger-RL (§ 2 Abs. 4 Z 18 FPG) umgesetzt werden, wozu der EuGH bereits judizierte, dass hierauf gestützte Maßnahmen auf „außergewöhnliche Umstände" begrenzt sein sollen; es ist vorausgesetzt, dass die vom Betroffenen ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit einen „besonders hohen Schweregrad“ aufweist, was etwa bei bandenmäßigem Handeln mit Betäubungsmitteln der Fall sein kann (vgl. EuGH 23.11.2010, C-145/09; EuGH 22.5.2012, C-348/09, wo überdies darauf hingewiesen wurde, dass es „besonders schwerwiegende(r) Merkmale" bedarf.) Hat der Fremde „mehrfach Probezeiten bestanden“, ist er nunmehr erstmals wegen Suchtgifthandels und dem Überlassen und Anbieten von Suchtgift an Dritte verurteilt worden, wobei „kein professionell strukturierter Suchtgifthandel“ vorliegt, und ist er erstmals für längere Zeit in Haft gewesen, konnte bedingt entlassen werden und hat er vor, seine Drogensucht behandeln zu lassen, kann nicht von „außergewöhnlichen Umständen“ mit „besonders hohem Schweregrad“ bzw. von „besonders schwerwiegenden Merkmalen“ der vom Fremden begangenen Straftaten gesprochen werden (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).
Es ist der belangten Behörde dahingehend zuzustimmen, dass das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin, nämlich über einen Zeitraum von mehreren Jahren mit Suchtgift zu handeln und damit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, eine derart nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich darstellt und damit der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG erfüllt ist. Dies aus folgenden Erwägungen:
Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerdeführerin bereits zum achten Mal von einem österreichischen Strafgericht rechtskräftig verurteilt. Durchaus lässt das erkennende Gericht nicht unberücksichtigt, dass es sich bei den ersten beiden Verurteilungen durch das Bezirksgericht XXXX und das Bezirksgericht XXXX aus den Jahren 1997 und 1998 um Jugendstraftaten handelte und die Bezirksgerichte einerseits mit einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe bzw. mit einer Geldstrafe in der Gesamthöhe von ATS 16.000,-- ein Auslangen fand. Allerdings trat die Beschwerdeführerin in den Jahren 2002 und 2003 erneut strafgerichtlich in Erscheinung, wobei hier mit einer Verurteilung durch das Landesgericht XXXX vom 24.04.2002 ein erstmaliger Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz erfolgte. Ebensowenig lässt das erkennende Gericht außer Acht, dass in weiterer Folge eine rund zwölfjährige Wohlverhaltensphase der Beschwerdeführerin folge, ehe ab dem Jahr 2015 weitere vier strafgerichtliche Verurteilungen folgten.
Ausschlaggebend erweisen sich die beiden letzten einschlägigen strafgerichtlichen Verurteilungen. So wurde die Beschwerdeführerin mit Strafurteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.08.2018, XXXX erstmalig wegen Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 vierter Fall SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 4 Z 1 SMG. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die „regelmäßigen Drogenpartys“ in ihrer Wohnung und die Tatsache, dass sie dabei Amphetamine, Ecstasy-Tabletten und Cannabiskraut an (teils jugendliche) Suchtgiftkonsumenten überließ.
Das im Jahr 2018 gegen sie behängende Strafverfahren hielt die Beschwerdeführerin offenkundig nicht von der Fortsetzung ihres kriminellen Verhaltens ab und folgte mit dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.02.2020, XXXX erneut – und somit bereits zum zweiten Mal – eine rechtskräftige Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, 15 StGB als Bestimmungstäterin gemäß § 12 zweiter Fall StGB, des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, 15 StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 vierter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG sowie der Vergehen der versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 15 Abs. 1, 223 Abs. 1, 224 StGB als Bestimmungstäterin gemäß § 12 zweiter Fall StGB.
Im Hinblick auf die letztmalige Verurteilung der Beschwerdeführerin deuten die Art und Weise der Begehung der zuletzt abgeurteilten Straftaten – nämlich dem bewussten Zusammenarbeiten mit zwei weiteren Mittätern, der Bestellung über das Darknet und dem daraus resultierenden Schmuggel von mehreren Kilo an verbotenen Substanzen, der Zusendung der verbotenen Substanzen an die Arbeits- und ehemalige Meldeadresse einer Mittäterin (um so einen allfälligen Verdacht von sich zu lenken) – auf ein ausgeklügeltes Vorgehen und einen hohen Organisationsgrad hin. Zu Lasten der Beschwerdeführerin fällt vor allem der lange Tatzeitraum ([Jänner] 2017 bis [Ende Juni] 2019) von rund zweieinhalb Jahre und die deutliche und mehrfache Überschreitung der 25fachen Grenzmenge aus und wirkt sich dies auch auf den damit verbundenen hohe Einnahmenwert aus. Wie dahingehend im Urteil vom 12.02.2020, XXXX dargelegt wurde, war ihr der von Beginn an gegebene Additionsvorsatz auf den Schmuggel und den Verkauf möglichst großer Mengen Suchtgift gerichtet, um aus dem erzielten Verkaufserlös ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das erkennende Gericht lässt insbesondere auch nicht unberücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin offenkundig nicht davor zurückschreckte, die eigenen Kinder – nachweislich die beiden Töchter – in den Suchtgifthandel miteinzubeziehen bzw. dass sie Suchtgift auch an die eigene [volljährige] Tochter verkaufte. Auch dies lässt auf einen besonders hohen Schweregrad des verpönten Verhaltens der Beschwerdeführerin schließen.
In diesem Zusammenhang geht auch der Beschwerdeeinwand, wonach die Beschwerdeführerin erst in Folge einer Operation 2017 und ihren daraus resultierenden Schmerzen von Amphetaminen abhängig wurde, weshalb sie begonnen habe, mit Suchtgift zu handeln ins Leere, zumal sie bereits im Jahr 2002 rechtskräftig wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften verurteilt wurde und ihr somit das Unrechtsgehalt von Suchtmitteldelikten bewusst sein musste.
In diesem Zusammenhang ist überdies herauszustreichen, dass Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155, 01.03.2018, Ra 2018/19/0014 mwN).
Bei der Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet mit dem öffentlichen Interesse an ihrer Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass es zu einem Zusammentreffen mehrerer Straftaten - wobei es sich hierbei sowohl um Vergehen als auch um Verbrechen handelte - gekommen ist, sie Straftaten wiederholte und durch ihr Fehlverhalten ihre mangelnde Rechtstreue und ihre Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Das sich aus den mehrfachen Verurteilungen ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin sich in Zukunft wohlverhalten werde. Vielmehr geben die mehrfachen einschlägigen Suchtgiftdelikte Anlass zur Prognose, dass von der Beschwerdeführerin eine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich ausgeht.
Auch wenn Beschwerdeführerin ihr strafrechtlich relevantes Verhalten bedauert, wird sie den Wegfall der durch ihre strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit unter Beweis stellen müssen. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat, was auch im Fall einer (erfolgreich) absolvierten Therapie gilt (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0112). Aktuell kann der Beschwerdeführerin daher keine positive Zukunftsprognose attestiert werden, zumal sie sich in Haft befindet und die beabsichtigte Substitutionstherapie noch nicht begonnen hat.
Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen. Es wird nicht verkannt, dass sich die gesamte Kernfamilie der Beschwerdeführerin, darunter ihre drei Kinder und ihr Verlobter, in Österreich aufhalten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese familiäre Struktur bereits zum Zeitpunkt ihrer zuletzt verübten Straftaten (Mitte 2019) vorlag. Weder die bestehende Familie, noch das bereits erlittene Übel der Strafhaft, noch die zahlreichen bedingt gewährten Strafnachsichten, welche aus ihren vorherigen rechtkräftigen Verurteilungen resultierten, hielten die Beschwerdeführerin von der Begehung weiterer Delikte ab. Im Gegenteil, entgegen ihrer Vorbildwirkung als Mutter band sie ihre beiden (zum Teil minderjährigen) Töchter in den Suchtgifthandel mit ein. Sie setzte ihr strafbare Verhalten fort, obwohl sie wissen musste, dass sie damit ihren Aufenthalt im Bundesgebiet aufs Spiel setzte.
Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Ex-Mann der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Inhaftierung derzeit die alleinige Betreuung der beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder wahrnimmt und dies auch im Falle einer Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Tschechien weiterhin tun wird. Die Pflege und Erziehung der gemeinsamen minderjährigen Kinder ist daher im gegenständlichen Fall durch den Kindesvater gesichert. Eine besondere Abhängigkeit der minderjährigen Kinder von der Beschwerdeführerin, die eine Trennung auf Zeit überhaupt verunmöglichen würde, wurde nicht substantiiert vorgebracht. Zudem ist im Hinblick des von ihr verübten Verbrechens des Suchgifthandels auch darauf hinzuweisen, dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbunden allfälligen Konsequenzen einer möglichen zeitweiligen Trennung von ihren Angehörigen im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgifthandel in Kauf zu nehmen ist. Dies erweist sich im gegenständlichen Fall aufgrund der Miteinbeziehung eines Teils ihrer Familienmitglieder auch als dringend geboten (vgl. VwGH 15.04.2020, Ra 2019/18/0270).
Zudem wird es der Beschwerdeführerin auch möglich sein – ähnlich wie derzeit in Haft – den Kontakt über elektronische Kommunikationsmittel bzw. wechselseitige Besuche in Tschechien aufrecht zu erhalten. Eine Unmöglichkeit der Fortführung der Beziehung zu ihrem Verlobten in Tschechien wurde nicht vorgebracht und haben sich auch keine Hinweise darauf ergeben.
Auch wenn der langjährige Aufenthalt der Beschwerdeführerin und ihre ausgeprägten familiären und privaten Bindungen im Bundesgebiet durchaus nicht verkannt werden, so haben diese im Ergebnis dennoch eine Relativierung hinzunehmen und hinter die massive Delinquenz der Beschwerdeführerin zurückzutreten. Die mit einem Aufenthaltsverbot einhergehenden gegenständlichen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familienangehörigen sind im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 15.04.2020, Ra 2019/18/0270).
Angesichts des zuvor aufgezeigten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass das gegen sie erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig und zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch die Beschwerdeführerin) auch dringend geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. VwGH 06.12.2019, Ra 2019/18/0437).
Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes von acht Jahren betrifft, erscheint diese angesichts des Verhaltens der Beschwerdeführerin keineswegs als zu lang. Durchaus lässt das erkennenden Gericht nicht außer Acht, dass die Beschwerdeführerin zuletzt ein reumütiges Geständnis abgab, dass es teilweise bei einem Versuch blieb und dass geringe Teile des Suchtgiftes sichergestellt wurden. Demgegenüber ist aber zu berücksichtigten, dass die Beschwerdeführerin bereits dreimal wegen Vergehen und Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz rechtskräftig verurteilt wurde und auch darüber hinaus ein äußerst vielschichtiges kriminelles Verhalten gezeigt hat. So wurde sie im Laufe ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet unter anderem wegen der Vergehen des Diebstahls, der Veruntreuung, der Zuhälterei, der Hehlerei, der Fälschung besonders geschützter Urkunden und des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges zu Gesamtfreiheitsstrafen von sechseinhalb Jahren verurteilt, wobei ihr zahlreiche bedingte Strafnachsichten gewährt wurden. Das zeigt offensichtlich, dass die Beschwerdeführerin aus ihrem Fehlverhalten nichts gelernt hat, ihr die österreichische Rechtsordnung offenbar gleichgültig ist und sie die gewährten Strafnachsichten bzw. die erlittenen Haftübel augenscheinlich nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten konnten. Dahingehend wirken sich auch ihr rascher Rückfall und ihre Gewinnsucht zu ihren Ungunsten aus. Bei einer möglichen Höchstdauer von zehn Jahren steht die von der belangten Behörde mit acht Jahren festgesetzte Dauer des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten im Einklang und war aus diesem Grund nicht zu beanstanden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht von der Beschwerdeführerin eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Anhand ihres Gesamtfehlverhaltens zeigte die Beschwerdeführerin unzweifelhaft, dass sie nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass ihre sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung erforderlich und dringend geboten ist.
Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Eine Beschwerdeverhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Das erkennende Gericht geht von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten, glaubhaften Behauptungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Privat- und Familienleben aus. Allerdings kann selbst bei Berücksichtigung aller zugunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Fakten für sie kein günstigeres Ergebnis erzielt werden und vermag daran auch eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und ein dabei gewonnener (positiver) persönlicher Eindruck nichts zu ändern (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der gegenständlichen Angelegenheit setzte sich das erkennende Gericht ausführlich mit der Thematik der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei einer über zehnjährigen Aufenthaltsdauer eines EWR-Bürgers auseinander und orientierte sich das erkennende Gericht dabei an der höchstgerichtlichen Judikatur.
Dabei weicht die der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsprechung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2235232.1.00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021