TE Bvwg Beschluss 2020/10/5 L504 2233103-2

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Veröffentlicht am 05.10.2020
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Entscheidungsdatum

05.10.2020

Norm

BFA-VG §52
B-VG Art133 Abs4
FPG §46a
VwGVG §8a

Spruch


L504 2233103-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, StA. Türkei, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, vom 13.07.2020 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2020, Zl. XXXX, beschlossen:

A)       Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrenshergang

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2020 wurde der Antrag des Fremden vom 24.10.2014 auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gem. § 46a Abs 4 iVm Abs 1 Z 3 FPG idgF abgewiesen.

2. In der gegen diesen Bescheid durch die gewillkürte Vertretung ARGE erhobenen Beschwerde vom 13.07.2020 beantragte die bP zugleich auch die Bewilligung von Verfahrenshilfe 1. zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde durch Beigebung eines Rechtsanwaltes und 2. die einstweilige Befreiung von den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2020 wurde der Antrag des Fremden vom 24.10.2014 auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gem. § 46a Abs 4 iVm Abs 1 Z 3 FPG idgF abgewiesen. Im Bescheid befindet sich der Hinweis, dass für die Beschwerde eine Gebühr von 30 Euro (§ 14 TP 6 Gebührengesetz iVm § 2 BuLVWG-EGebV) zu entrichten ist.

Mit Verfahrensanordnung vom 27.05.2020 wurde dem Fremden für ein etwaiges Beschwerdeverfahren die ARGE Rechtsberatung als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Mit Schriftsatz vom 13.07.2020 hat der Fremde durch seine gewillkürte Vertretung (ARGE) dagegen Beschwerde erhoben und zugleich durch diese einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde durch Beigebung eines Rechtsanwaltes und die einstweilige Befreiung von den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses gestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK, oder des Art. 47 GRC, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint [...].

Gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG sind, soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO), zu beurteilen [...].

Gemäß § 63 Abs. 1 ZPO ist Verfahrenshilfe einer Partei soweit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, als sie außerstande ist die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt [...].

Gemäß § 64 Abs. 1 Z. 1 lit. a) bis e) ZPO kann die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren; der Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes; der Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer; der Kosten der notwendigen Verlautbarungen; der Kosten eines Kurators, die die Partei nach § 10 zu bestreiten hätte; der notwendigen Barauslagen, die von dem vom Gericht bestellten gesetzlichen Vertreter oder von dem der Partei beigegebenen Rechtsanwalt oder Vertreter gemacht worden sind; diese umfassen jedenfalls auch notwendige Übersetzungs- und Dolmetscherkosten.

2. Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0073 zu § 8a Abs. 1 VwGVG ausgesprochen, dass es sich bei der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach § 8a Abs. 1 VwGVG um eine subsidiäre Regelung handelt. Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht (vgl. ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP 2).

Zu den Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe zählt, dass die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG 2014 sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe, soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften der ZPO zu beurteilen. In diesem Sinn wird auch in den Erläuterungen zur Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 (1255 BlgNR 25. GP 3) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für die Frage, ob die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens zu bestreiten, die Bestimmungen der ZPO maßgeblich sind, namentlich § 63 Abs. 1 ZPO zur Definition des notwendigen Unterhalts. Nach dieser Bestimmung ist als notwendiger Unterhalt derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt (VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0205).

3. Mit der Erhebung der Beschwerde am 13.07.2020 brachte der Vertreter des Fremden einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestützt auf § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z. 1 lit. a bis d ZPO im Umfang der Gebührenbefreiung von der Eingabegebühr ein. Der Fremde brachte auch ein Vermögensbekenntnis in Vorlage.

4. Es war sohin zu prüfen, ob eine - nicht von § 52 BFA-VG - erfasste Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr der Beschwerde beim BVwG gemäß § 14 TP 6 Gebührengesetz 1957 (GebG) iVm § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-EGebV) in Höhe von EUR 30,-- für die eingebrachte Beschwerde in Betracht kommt.

Hierzu ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes festzuhalten, dass der Fremde zwar ein Vermögensbekenntnis in Vorlage brachte, diesem aber lediglich Angaben zur Person des BF (Name, Anschrift und Geburtsdatum und -ort) entnommen werden konnten. Angaben zu Wohnverhältnissen, Einkommen, Vermögen, Schulden und Unterhaltsansprüche bzw. Unterhaltspflichten fehlten gänzlich und sind die jeweiligen Kapitel jeweils nur mit einem Schrägstrich versehen.

In diesem Zusammenhang war auf die Entscheidung des VwGH vom 23.04.2013, ZI. 2012/02/0254 hinzuweisen, wonach das Vermögensbekenntnis dem Zweck dient festzustellen, ob ein Antragsteller ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes Verfahrenskosten bestreiten kann. Für diese Beurteilung ist es erforderlich zu wissen, ob der Antragsteller etwa über Wertpapiere, einen Bausparvertrag, eine Lebensversicherung oder eine Rechtsschutzversicherung verfügt. Werden die entsprechenden Angaben vom Antragsteller nicht gemacht, bleibt offen, ob der Antragsteller über derartiges Vermögen verfügt. Somit entzöge sich einer Überprüfung, ob der Antragsteller etwa über einen Bausparvertrag verfügt, wenn er nicht verneint hat, einen solchen Bausparvertrag zu besitzen. Nur durch die deutliche Kennzeichnung, dass über den konkret erfragten Vermögenswert nicht verfügt wird, etwa durch Hinzufügen eines Nullzeichens, kann entsprechende Klarheit geschaffen werden. Der Wahrheitsgehalt dieser Angaben ist dann im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen. Für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers ist somit Voraussetzung, dass sämtliche Positionen im Vermögensbekenntnis ausgefüllt werden, auch wenn dies verneinend der Fall ist.

Schon alleine aus dem Umstand, dass der Fremde jahrelang nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist und hier dessen ungeachtet offensichtlich das zum Leben Notwendige erlangen kann, legt der allgemeinen Lebenserfahrung nahe, dass er über entsprechende Einkünfte oder Zuwendungen verfügen muss, über die im Antrag/Vermögensbekenntnis aber keine Auskunft gegeben wird.

Der Fremde kam in seinem Vermögensbekenntnis somit diesen Anforderungen - insbesondere einer deutlichen Kennzeichnung, dass er zB über den erfragten Vermögenswert nicht verfügt - nicht nach, sodass eine Beurteilung der Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhalts nicht möglich war, was aber wesentliche Voraussetzung für die Gebührenbefreiung wäre. Schon aus diesem Grund war die Verfahrenshilfe im beantragten Umfang nicht zu gewähren.

5. Der Fremde hat durch die ihm für das Beschwerdeverfahren amtswegig beigestellte und von ihm auch zur Vertretung bevollmächtigte ARGE auch einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe durch Beigabe eines Rechtsanwaltes gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof erkannte in seiner Entscheidung vom 26.04.2016, Ra 2016/20/0043, dass, wenn eine Partei in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einen Rechtsanspruch auf Vertretung durch einen Rechtsberater (§ 52 Abs. 1 BFA-VG 2014) hat, dann kein Anspruch auf einen Verfahrenshilfeverteidiger bzw. Verfahrenshelfer besteht.

In den Erläuterungen zum durch BGBl I Nr. 24./2017 neu eingeführten und die Verfahrenshilfe vor dem Verwaltungsgericht regelnden § 8a VwGVG wird dazu folgendes ausgeführt:

Der vorgeschlagene § 8a Abs. 1 Einleitung sieht vor, dass die Bewilligung der Verfahrenshilfe nach dieser Bestimmung zu erfolgen hat, „[s]soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist“. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte „subsidiäre Bestimmung“ handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte „Materiengesetz“ keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. So sieht etwa § 52 des BFA-Verfahrensgesetzes – BFA VG, BGBl. I Nr. 87/2012 vor, dass einem Fremden oder Asylwerber in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten ein Rechtsberater beigegeben wird; diese Bestimmung entspricht den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA VG gelangt der vorgeschlagene § 8a daher (überhaupt) nicht zur Anwendung. Die Subsidiarität des vorgeschlagenen § 8a hat auch zur Folge, dass gesetzliche Bestimmungen, die einen entsprechenden Inhalt aufweisen, mit dem Inkrafttreten des vorgeschlagenen Bundesgesetzes nicht außer Kraft treten.

Mit Verfahrensanordnung wurde der Verfahrenshilfe begehrenden Partei vom BFA für das Beschwerdeverfahren gem. § 52 Abs 1 BFA-VG unstreitig die jur. Person „ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe“ amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt und hat die Partei die ARGE auch tatsächlich mit der Vertretung bevollmächtigt, welche auch die Beschwerde und gegenständlichen Antrag einbrachte.

Folglich war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beigabe eines Rechtsanwaltes zur Verfassung einer Beschwerde gem. § 8a VwGVG unbegründet.

Gem. § 24 Abs 4 VwGVG konnte eine Verhandlung entfallen. Ein solcher Antrag wurde auch gar nicht gestellt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtsbeistand Verfahrenshilfe Vermögensbekenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L504.2233103.2.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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