TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/12 I403 2235895-1

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Veröffentlicht am 12.10.2020
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Entscheidungsdatum

12.10.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I403 2235895-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX OUCH, geb. XXXX , Staatsangehöriger Marokkos, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe, gegen Spruchpunkte IV. und VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es in Spruchpunkt IV. zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen."

II. Spruchpunkt VI., mit der der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer begab sich am 01.09.2020 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet in eine Polizeiinspektion und beantragte die Ausstellung eines Ausweises.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.09.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Die belangte Behörde erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

Gegen die Spruchpunkte IV. und VI. des Bescheides wurde fristgerecht am 05.10.2020 Beschwerde vom Magistrat der Stadt Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe (als Vertreter gemäß § 10 Abs. 4 BFA-VG) erhoben und diese am 09.10.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der minderjährige und unbescholtene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Marokko. Seine Identität steht nicht fest. Er ist gesund und arbeitsfähig, allerdings gibt er an, eine Operation am Brustkorb zu benötigen und deshalb nicht nach Marokko zurückkehren zu wollen, weil er sich dort die Operation nicht leisten könne.

Die Familie des Beschwerdeführers (Eltern, Bruder und Schwester) lebt in Marokko; eine Tante und ein Cousin leben in Frankreich. Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben.

Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und hielt sich hier nur einige Wochen auf. Sein aktueller Aufenthalt ist seit 28.09.2020 unbekannt, die Kinder- und Jugendhilfe geht davon aus, dass er nach Italien ausgereist ist.

Der Beschwerdeführer verfügte nie über einen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet, war aber zuletzt in einer Wohngemeinschaft der Wiener Kinder- und Jugendhilfe untergebracht. Er hatte am 02.09.2020 Bargeld in der Höhe von 22 Euro und somit keine ausreichenden Barmittel, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu finanzieren.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer kein amtliches Dokument zu seiner Identität vorgelegt hat, konnte seine Identität nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer gab diesbezüglich in der Einvernahme durch die belangte Behörde am 02.09.2020 an, seinen Reisepass in der Türkei verloren zu haben.

Die Feststellungen betreffend die Familie des Beschwerdeführers in Marokko bzw. in der Europäischen Union beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers gegenüber der belangten Behörde am 02.09.2020. Die Feststellung über seine finanziellen Mittel ergibt sich aus seiner Angabe gegenüber der belangten Behörde am 02.09.2020.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass er einerseits erklärte, gesund zu sein, daneben aber, eine Operation zu benötigen (Protokoll vom 02.09.2020).

Dass der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthaltes ist, ergibt sich aus der Beschwerde und aus dem Umstand, dass er im Zentralen Melderegister über keinen Eintrag verfügt. Dass die Wiener Kinder- und Jugendhilfe davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer nach Italien ausgereist ist, ergibt sich aus der Beschwerde, wonach dies von den anderen Bewohnern seiner Wohngemeinschaft angegeben wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Erlassung eines auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Ein Einreiseverbot ist gemäß § 53 Abs. 1 FPG die Anweisung an einen Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremde, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner marokkanischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, der Beschwerdeführer verfüge nicht über ausreichende Existenzmittel und sei daher davon auszugehen, dass er der „Schwarzarbeit“ nachgehen werde bzw. dass er seinen Unterhalt aus „illegalen Quellen“ beschaffen werde. Zudem sei er unrechtmäßig eingereist. Sein Verhalten erweise sich als die öffentlichen Interessen relevant gefährdend und rechtfertige die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von fünf Jahren.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot - vorbehaltlich des Abs. 3 - für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 2 Z 6 FPG zu gelten, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid erklärt, das Einreiseverbot richte sich auch nach Art 11 Abs 1 Z a der Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG), ist darauf hinzuweisen, dass eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie zu Lasten eines Einzelnen von vornherein nicht in Betracht käme (siehe VwGH, 05.05.2020, Ra 2019/21/0061). Im Übrigen ist auch anzumerken, dass die Rückführungsrichtlinie insgesamt unter dem Vorbehalt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes steht (vgl. insbesondere den Erwägungsgrund Nr. 20 der Richtlinie).

Ein unrechtmäßiger Aufenthalt per se rechtfertigt somit noch nicht die Verhängung eines Einreiseverbotes zusätzlich zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (VwGH, 27.04.2020, Ra 2019/21/0277); liegt aber nicht bloß ein unrechtmäßiger Aufenthalt, sondern eine qualifizierte Verletzung der Ausreiseverpflichtung vor, so kann daraus eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuleiten sein, die die Verhängung eines Einreiseverbots erforderlich macht (vgl. in diesem Sinn VwGH 24.5.2018, Ra 2018/19/0125, Rn. 25 und 26, sowie darauf Bezug nehmend etwa VwGH, 27.04.2020, Ra 2019/21/0277). Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer offenbar seiner Ausreiseverpflichtung aber nachgekommen (wenn auch kein entsprechender Nachweis vorgelegt wurde). Eine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft ist jedenfalls nicht (mehr) gegeben.

Die belangte Behörde argumentierte, dass aufgrund der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers davon auszugehen sei, dass er sich die Mittel zur Erhaltung seines Lebensunterhaltes aus „illegalen Quellen“ beschaffen werde. Generell resultiert aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (VwGH, 20.09.2018, Ra 2018/20/0349 mit Hinweisen auf andere Entscheidungen).

Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbot (insbesondere solche in der Dauer von weniger als 18 Monaten) oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes haben nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht, etwa wenn „nur“ einer der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG erfüllt ist. Ist dagegen davon auszugehen, dass es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, von dessen Aufenthalt im Sinne des § 53 Abs. 3 FPG eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, so wird zumeist ein längerfristiges Einreiseverbot zu verhängen sein.

Im gegenständlichen Fall hatte die belangte Behörde die in § 53 Abs. 2 FPG vorgesehene Höchstfrist von fünf Jahren verhängt. Das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen darf aber nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z. 1 bis 8 bzw. des Abs. 3 Z. 1 bis 8 FPG vorliegt. Eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar (VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237 und vom 22.05.2013, Zl. 2011/18/0259).

Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer minderjährig ist und – abgesehen von seiner unrechtmäßigen Einreise und dem Umstand, dass er offenbar einige Tage auf der Straße nächtigte – gegen keine österreichischen Rechtsvorschriften verstoßen hat.

Ein Einreiseverbot in der Dauer von 5 Jahren erscheint daher trotz seiner Mittellosigkeit jedenfalls überschießend, zumal er Verwandte in Frankreich hat.

Damit steht die seitens der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes von fünf Jahren – wodurch das gesetzlich zulässige Höchstmaß des § 53 Abs. 2 FPG zur Gänze ausgeschöpft wurde - im Vergleich zu den im gegenständlichen Fall tatsächlich begangenen Verwaltungsübertretungen nicht in entsprechender Relation, zumal zu Gunsten des Beschwerdeführers auch dessen strafgerichtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen ist. Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung seines jugendlichen Alters war die Dauer des Einreiseverbots daher in angemessener Weise auf 18 Monate herabzusetzen.

3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde erkannte gegenständlich einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab und stütze sich hierbei auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, wonach "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".

Inhaltlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich aufgrund seiner illegalen Einreise nicht an die fremdenrechtlichen Bestimmungen gehalten habe, sodass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, genügt es zur Begründung der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise eines Fremden jedoch nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern ist darüber hinaus darzulegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat. Dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053; 03.07.2018, Ro 2018/21/0007; 12.09.2013, 2013/21/0094).

Derartige besondere Umstände, welche eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich erscheinen ließen, wurden seitens der belangten Behörde nicht ins Treffen geführt und wurde im Wesentlichen schlicht auf jenen Sachverhalt, welcher bereits zur Begründung für die Erlassung eines Einreiseverbotes herangezogen wurde (Mittellosigkeit, unrechtmäßige Einreise), verwiesen. Auch sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Beschwerdefall keine Umstände zu Tage getreten, welche die Notwendigkeit einer sofortigen und unaufschiebbaren Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit rechtfertigen würden.

Daher liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG gegenständlich nicht vor und war Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides, mit dem einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, zu beheben.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien für das Unterbleiben einer Verhandlung treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen erwies sich, wie unter der „Beweiswürdigung“ ausgeführt, als unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zudem ist der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthaltes. Aufgrund des Umstandes, dass die Angelegenheit entscheidungsreif ist, wurde von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Einzelfallprüfung ersatzlose Teilbehebung Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Kassation Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Spruchpunktbehebung Tatbestand Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2235895.1.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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