TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/14 I403 2235967-1

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Veröffentlicht am 14.10.2020
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Entscheidungsdatum

14.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2235967-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Marokko (alias Algerien), vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es in Spruchpunkt IV. zu lauten hat: „Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 Fremdenpolizeigesetz wird gegen Sie ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte – unter Angabe einer falschen Identität und eines falschen Herkunftslandes und mit der Behauptung, minderjährig zu sein – am 27.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Er war vom 02.12.2014 bis 22.12.2014 aus der Betreuungsstelle in XXXX abgängig, ehe er am 22.12.2014 von Polizisten aufgegriffen und wegen des Besitzes von Suchtmitteln angezeigt wurde. Er wurde in die Betreuungsstelle zurückgebracht, war aber ab dem 24.12.2014 wieder abgängig. Er wurde dann sowohl am 10.01.2015 wie auch am 11.02.2015 dabei betreten, als er Suchtgift von Italien nach Österreich schmuggeln wollte und wurde festgenommen.

Aufgrund einer Interpolanfrage konnte im März 2015 seine im Spruch genannte Identität (und damit zugleich seine Volljährigkeit) festgestellt werden und ergab sich daraus, dass er marokkanischer Staatsbürger ist.

Nach seiner Entlassung aus der Haft im Dezember 2015 war der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nicht mehr gemeldet und wurde das Asylverfahren am 19.04.2016 eingestellt.

Am 04.04.2018 wurde über den Beschwerdeführer Untersuchungshaft verhängt, am 10.04.2018 wurde das eingestellte Verfahren wieder zugelassen. Am 30.10.2018 wurde er von der belangten Behörde einvernommen.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.11.2014 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdwesen und Asyl vom 22.01.2019, rechtskräftig am 21.02.2019, abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wies die belangte Behörde auch den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab dem 09.03.2015 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VIII.) und gemäß § 53 Abs.1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.).

Am 28.07.2020 wurde der Beschwerdeführer, nachdem er zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war, neuerlich von der belangten Behörde einvernommen.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 11.09.2020, zugestellt am 16.09.2020, wurde kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG legte die belangte Behörde fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt V.). Die belangte Behörde erkannte zudem einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

Fristgerecht wurde am 07.10.2020 Beschwerde erhoben und auf familiäre Anknüpfungspunkte (Eltern, Geschwister) des Beschwerdeführers in Italien hingewiesen, welche von der belangten Behörde unzureichend berücksichtigt worden seien.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 12.10.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist volljähriger Staatsangehöriger von Marokko, seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer verwendete bei seiner Asylantragstellung gegenüber den österreichischen Behörden einen falschen Namen und gab sich fälschlich als Minderjähriger aus.

Der Beschwerdeführer kam gemeinsam mit seinen Eltern bereits als Kind nach Italien; seine Eltern leben aktuell teilweise in Marokko, teilweise in Italien. Seine zwei Schwestern wohnen in Marokko, seine zwei Brüder in Italien. Der Beschwerdeführer verfügt über einen unbefristeten italienischen Aufenthaltstitel (aus familiären Gründen). Vor seiner Festnahme im April 2018 hielt er sich zumeist in Turin auf, daneben aber auch immer wieder in Innsbruck, um gemeinsam mit anderen einen Suchtgifthandel in Tirol zu betreiben.

Der Beschwerdeführer wurde zweimal strafrechtlich verurteilt:

Der Beschwerdeführer hatte zwischen dem 22.12.2014 und seiner Festnahme am 11.02.2015 Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge von Italien nach Österreich eingeführt (am 10.01.2015 versuchte er gegen ein Entgelt von 500 Euro insgesamt 2.086,3 Gramm Cannabisharz von Italien nach Österreich einzuführen, wurde dabei aber in Italien von der Polizei betreten; am 11.02.2015 schmuggelte er 225 Gramm Kokain von Italien nach Österreich) und zudem noch am 22.12.2014 versucht, 331,6 Gramm Cannabisharz zu erwerben und weiterzuverkaufen. Wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter Fall SMG, § 15 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG, § 15 Abs. 1 StGB wurde er mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.03.2015, Zl. XXXX zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt. Mildernd wurden die Unbescholtenheit, das Alter unter 21 Jahren und die schwierigen sozialen bzw. wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt, erschwerend das Zusammentreffen von 11 Verbrechen mit Vergehen und die Begehung strafbarer Handlungen trotz eines anhängigen Strafverfahrens.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 27.02.2019, Zl. XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 12 zweiter Fall StGB, 28a Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 4 Z 1 SMG, des Verbrechens der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 3 SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 3, Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Der dagegen erhobenen Berufung wurde vom OLG XXXX am 20.08.2019 zu Zl. XXXX insoweit Folge geleistet, als dass die Freiheitsstrafe auf siebeneinhalb Jahre herabgesetzt wurde. Im Rahmen der Strafzumessung war vom Landesgericht das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen, die Begehung der Taten in Gesellschaft eines Mittäters und die mehrfache Erfüllung des Tatbildes nach § 28a SMG als erschwerend, die teilweise Sicherstellung der Suchtgifte und der teilweise Beitrag des Beschwerdeführers zur Wahrheitsfindung als mildernd gewertet worden. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen wurde bei einem Strafrahmen von 15 Jahren vom Schöffensenat eine Freiheitsstrafe von neun Jahren als schuld- und tatangemessen erachtet. Das OLG erachtete die Strafe allerdings als zu hoch und setzte sie mit siebeneinhalb Jahren an. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge eingeführt (so etwa im April 2018 155g reines Kokain von Italien nach Österreich), erworben und besessen hatte, um es in Verkauf zu bringen und verschiedenen Abnehmern zwischen Ende 2017 und 02.04.2018 280 Gramm Kokain und 92 Gramm THC verkauft hatte. Er hatte damit grenzüberschreitend, gewinnorientiert und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung Suchtgifthandel betrieben.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.11.2014 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdwesen und Asyl vom 22.01.2019, rechtskräftig am 21.02.2019, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer war von 13.02.2015 bis 11.12.2015 in Haft; seit 03.04.2018 ist er wieder in einer Justizanstalt. Ansonsten verfügte er im Bundesgebiet nie über einen ordentlichen Wohnsitz. Eine Aufenthaltsverfestigung in Österreich liegt nicht vor; er führt hier kein Familienleben und kein schützenswertes Privatleben. Vielmehr kam er nur nach Österreich, um hier Suchtgifthandel zu betreiben.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist erwerbsfähig. Eine Bedrohung oder Gefährdung seiner Person in Marokko liegt nicht vor. Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Der Beschwerdeführer hatte seine Identität zunächst verschleiert und gegenüber den österreichischen Behörden angegeben, minderjährig und algerischer Staatsbürger zu sein. Aufgrund einer Auskunft von Interpol, übermittelt in einem Schreiben des Bundeskriminalamtes vom 25.03.2015, steht fest, dass der Beschwerdeführer einen anderen Namen als von ihm angegeben trägt und dass er sechs Jahre älter ist. Seine Identität wurde zudem durch einen von ihm der belangten Behörde am 30.10.2018 vorgelegten gültigen marokkanischen Reisepass bestätigt.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Verurteilungen entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich und in die Strafurteile.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass keine ärztlichen Befunde vorgelegt wurden und er gegenüber der belangten Behörde am 30.10.2018 und am 28.07.2020 angab, gesund zu sein. Auch in der Beschwerde wurde auf keine Beeinträchtigung seiner Gesundheit oder seiner Erwerbsfähigkeit hingewiesen.

Die Feststellungen zu seiner Familie ergeben sich aus seinen Angaben in der Befragung durch die belangte Behörde am 30.10.2018. Dass er über keine Verwandten in Österreich verfügt, ergibt sich aus seiner Aussage am 28.07.2020. Dass der Beschwerdeführer in Italien über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, ergibt sich aus einer im Akt einliegenden Information des Polizeikooperationszentrums XXXX vom 05.11.2018.

Der Beschwerdeführer brachte gegenüber der belangten Behörde keine konkrete Verfolgung oder Bedrohung im Falle einer Rückkehr nach Marokko vor, vielmehr gab er in der Einvernahme durch die belangte Behörde am 30.10.2018 selbst zu, dass er eigentlich gar keinen Asylantrag habe stellen wollen, da er in Marokko nicht verfolgt werde, dass er dies nur auf Anraten seiner Freunde gemacht habe. Seine Eltern seien vermögend und hätten ihm geraten, in Marokko zu bleiben, doch das habe er nicht gewollt, weil er länger in Italien als in Marokko gelebt habe. Auch in der Einvernahme am 28.07.2020 verwies er auf keine Probleme in Marokko, sondern meinte er im Gegenteil: „Marokko ist ein super Land. Wir haben in guten Lebensverhältnissen gelebt.“ Er verwies auch darauf, bereits einen Antrag zwecks Rückführung nach Marokko gestellt zu haben.

Die Feststellung, dass Marokko als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet, und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Frage der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben; abgesehen von seinem vorübergehenden Aufenthaltsrecht während seines Asylverfahrens war er nie rechtmäßig in Österreich. Im Übrigen gab er selbst zu, dass sein Antrag auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet war und mutwillig gestellt wurde. Der Beschwerdeführer hat keinerlei Bindungen zu Österreich, sondern nützte seine wiederkehrenden Aufenthalte im Bundesgebiet nur dazu, Suchtgifthandel zu treiben. Es besteht keinerlei Aufenthaltsverfestigung im Bundesgebiet.

Das Gericht verkennt nicht, dass Teile der Familie des Beschwerdeführers in Italien leben, doch wurde keine besondere Abhängigkeit vorgebracht und auch erklärt, dass seine Eltern teilweise in Italien, teilweise in Marokko leben würden. Angesichts der von ihm begangenen Straftaten erscheint eine Trennung von einzelnen seiner Familienangehörigen verhältnismäßig.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Mit angefochtenem Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist.

Umstände, wonach der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer ernsthaften Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wäre bzw. wonach eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat gemäß § 46 FPG unzulässig wäre, liegen nicht vor und wurden von ihm auch nicht behauptet. Vielmehr gab der Beschwerdeführer an, dass er aus gut situierten Familienverhältnissen stammen würde und seine Eltern ihm geraten haben würden, in Marokko zu leben; eine konkrete Gefährdung wurde nicht vorgebracht und ist für das erkennende Gericht auch nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer gehört auch zu keiner Risikogruppe im Falle einer Covid-19-Erkrankung, so dass sich auch aus der Pandemie kein Rückkehrhindernis ergibt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.4. Zur Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

§ 53 Abs. 3 FPG lautet:

„Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3.         ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4.         ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8.         ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9.         der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.“

Das Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 3 FPG („ schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit“) wird im gegenständlichen Fall schon durch die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 3 Z 5 FPG („wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist“) indiziert und ergibt sich evident aus der wiedergegebenen, dem Strafurteil vom 27.02.2019 bzw. 20.08.2019 zugrunde liegenden besonders gravierenden Straftat.

Diesem Urteil ist auch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zwar teilweise an Suchtgift gewöhnt war, dass er die Verbrechen aber nicht vorwiegend begangen hatte, um sich selbst Suchtgift oder Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, sondern dass es ihm darum gegangen war, durch den Verkauf von Suchtgift erhebliche Gewinne zu erzielen. Er handelte dabei im Sinne eines an eine bewusst kontinuierliche Tatbegehung geknüpften Gesamtvorsatzes bereits von Beginn seiner Tathandlungen an mit dem zumindest bedingten Vorsatz, insgesamt Suchtgift in einer größeren und die Grenzmenge jedenfalls übersteigenden Menge (die geeignet ist, in einem großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen) anderen zu überlassen. Aus seinem Verhalten ergibt sich aus Sicht des erkennenden Gerichts eine beträchtliche kriminelle Energie.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass bei derart schweren Verbrechen im Zusammenhang mit Suchtmitteln weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Einreiseverbot entgegenstehen (vgl. etwa VwGH, 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, aber auch VwGH, 03.07.2018, Ra 2018/21/0050, Rn. 10, mit dem Hinweis auf VwGH, 25.02.2016, Ra 2016/21/0022, Rn. 14, mwN; siehe auch VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0066, Rn. 19, mwN). Im vorliegenden Fall liegt keinerlei Integration in Österreich vor und hat sich der Beschwerdeführer hier nur aufgehalten, um das von Italien in das Bundesgebiet geschmuggelte Suchtgift gewinnbringend im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu verkaufen. Beim Beschwerdeführer liegt eine gravierende und von evidenter Unbelehrbarkeit gekennzeichnete Suchtmitteldelinquenz, die zur Verhängung von Freiheitsstrafen in einer Gesamtdauer von mehr als sieben Jahren führte, vor. Angesichts dessen besteht in diesem Fall ein besonders großes Interesse an dessen Aufenthaltsbeendigung und war die Erlassung eines mehrjährigen Einreiseverbots notwendig und verhältnismäßig (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall VwGH, 05.10.2017, Ra 2017/21/0033).

Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes gegenständlich notwendig und verhältnismäßig ist. Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230; 20.10.2016, Ra 2016/21/02 89). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Annahme eines Wegfalls der sich durch das bisherige Fehlverhalten manifestierten Gefährlichkeit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Außerdem ist auf die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Zl. Ra 2016/21/0109). Schließlich darf bei der Verhängung eines Einreiseverbots das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen. Es wird vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht verkannt, dass er sich auch von einer wiederholten Erfahrung des Haftübels nicht beeindrucken ließ. Demgemäß kann auch die diesbezügliche Zukunftsprognose nicht positiv ausfallen und können weitere strafbare Handlungen der geschilderten Art in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden.

Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Erlassung eines Einreiseverbots in der Höchstdauer (unbefristet) im gegenständlichen Fall in jenen Fällen kaum noch Spielraum lassen, in denen eine Person etwa eine noch größere Anzahl von Delikten oder Delikte mit noch höherem Unrechtsgehalt begeht.

Überdies scheint der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren Genüge getan. Angesichts dessen sieht es das Bundesverwaltungsgericht als unverhältnismäßig an, den Beschwerdeführer mit einem über die lange Dauer von zehn Jahren - in denen er sein Wohlverhalten bzw. die Abkehr seines kriminellen Lebenswandels unter Beweis stellen kann - hinausgehenden Einreiseverbot unverhältnismäßig zu belasten. Dabei wird auch berücksichtigt, dass es dem Beschwerdeführer nicht auf die Dauer schlechterdings verunmöglicht sein soll, für den Fall einer Einziehung seines italienischen Aufenthaltstitels mit seinen in Italien lebenden Brüdern bzw. seinen teilweise in Italien lebenden Eltern irgendwann in fernerer Zukunft wieder persönlichen Kontakt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats haben zu können und in das Land zurückzukehren, in dem er den Großteil seines Lebens verbracht hatte.

In einem ähnlich gelagerten Fall (erste Freiheitsstrafe von 12 Monaten, zweite Freiheitsstrafe von sieben Jahren wegen Suchtgifthandel) war ein Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren verhängt worden, allerdings war in diesem Fall ein schützenswertes Familienleben (Mutter, zwei Kinder) im Bundesgebiet gegeben gewesen und verfügte der Drittstaatsangehörige über einen Daueraufenthaltstitel für Österreich (vgl. dazu VwGH, 25.02.2016, Ra 2016/21/0022). Mangels eines schützenswerten Familienlebens in Österreich (aber auch in Italien, da keine besondere Abhängigkeit zu seinen dort lebenden Verwandten aufgezeigt wurde) scheint im gegenständlichen Fall die Dauer von 10 Jahren angemessen.

Unter diesen Prämissen ist die von der belangten Behörde vorgenommene Ausschöpfung der Höchstdauer des Einreiseverbotes im unbefristeten Ausmaß zu hoch angesetzt. Daher war in einer Gesamtbetrachtung die Dauer des Einreiseverbots auf zehn Jahre herabzusetzen.

Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Soweit in der Beschwerde beantragt wurde, „in eventu das gegen den BF ausgesprochene Einreiseverbot auf alle EU-Länder mit Ausnahme Italien zu beschränken“, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. Weder im FPG noch in der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) ist vorgesehen, dass die Mitgliedsstaaten bei der Erlassung eines Einreiseverbotes dessen Geltung für ein bestimmtes Gebiet der Union aussetzen könnten (vgl. VwGH, 28.05.2015, Ra 2014/22/0037).

Im konkreten Fall wird die Gültigkeit des unbefristet erteilten italienischen Aufenthaltstitels des Beschwerdeführers von einer allfälligen Ausschreibung des Beschwerdeführers zur Einreiseverweigerung auf Grund des vorliegenden Einreiseverbots aber nicht berührt. Damit ist mit dieser Maßnahme ein Eingriff in das in Italien geführte Privat- und Familienleben nicht verbunden. Ob die italienischen Behörden aus diesem Anlass den Aufenthaltstitel einziehen, werden sie unter Wahrung des Art. 8 EMRK zu entscheiden haben.

In diesem Zusammenhang hatte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Übrigen auch darauf verwiesen, dass nach Rechtskraft der Entscheidung mit den italienischen Behörden ein Visionsverfahren eingeleitet werde und für den Fall, dass die italienischen Behörden die Aufenthaltsberechtigung nicht widerrufen sollten, das Einreiseverbot nur national ausgeschrieben werde.

Im Übrigen wäre aufgrund der schweren strafrechtlichen Verfehlungen des Beschwerdeführers eine Trennung von seinen in Italien lebenden Verwandten und eine Rückkehr nach Marokko, das er bereits als Kind verlassen hatte, auch als zumutbar anzusehen, zumal der Beschwerdeführer angegeben hatte, dass seine Eltern teilweise auch in Marokko leben würden und vermögend seien. Selbst wenn es daher zu einer Einziehung des Aufenthaltstitels durch Italien käme, wäre von einer Verhältnismäßigkeit des gegenständlichen Eingriffs auszugehen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war daher mit der Maßgabe stattzugeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG auf zehn Jahre herabgesetzt wird.

3.5. Zur Frist für die freiwillige Ausreise sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 BFA-VG aberkannt wurde. Dies ist gegenständlich der Fall.

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".

Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG sind im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt [vgl. dazu die Ausführungen zur Verhängung des Einreiseverbotes unter Punkt A) 3.4.], sodass das Bundesamt der vorliegenden Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. und VI. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der maßgebende Sachverhalt wurde vom BFA abschließend ermittelt. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, blieben unbestritten. Unter diesen Umständen hätte selbst ein positiver persönlicher Eindruck und ein von ihm (im Sinne des Beschwerdevorbringens) vorgebrachtes Naheverhältnis zu seinen Verwandten in Italien zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002).

Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2235967.1.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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