Entscheidungsdatum
19.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
I403 2236024-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Ägypten, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2020, Zl. XXXX, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, wurde am 03.09.2020 beim Versuch, von Österreich nach Italien einzureisen, kontrolliert. Es wurde festgestellt, dass er über kein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügte. Über den Beschwerdeführer wurde am 04.09.2020 Schubhaft verhängt und ihm mitgeteilt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt sei.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 26.09.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Absatz 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 08.10.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und behauptet, dass der Beschwerdeführer inzwischen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2020 vorgelegt.
Mit Schreiben vom 19.10.2020 wurde, nach entsprechender Nachfrage durch die erkennende Richterin, von der Rechtsvertretung erklärt, dass entgegen dem Beschwerdevorbringen kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer, dessen Identität nicht feststeht, ist Staatsangehöriger Ägyptens. Er kam gegen ein an einen Schlepper gezahltes Entgelt von 2000 Euro im Februar 2020 über Libyen nach Italien. In Mailand war er einige Monate als Gipser und im Innenausbau beschäftigt. Mithilfe einer von seinen Verwandten in Ägypten bezahlten Organisation war er im August 2020 nach Wien gereist, um eine Anstellung zu finden, doch scheiterte er mangels Arbeitsbewilligung und Aufenthaltsberechtigung. Beim Versuch, am 03.09.2020 nach Italien zurückzukehren, wurde der Beschwerdeführer festgenommen. Seither befindet er sich in Schubhaft. Vom Beschwerdeführer wurde kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten. Er ist gesund und erwerbsfähig.
Für den Beschwerdeführer besteht im Falle einer Rückkehr nach Ägypten keine Bedrohung oder Gefährdung.
Es bestehen weder zu Österreich noch zu Italien besondere Bindungen.
1.2. Zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbots:
Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig nach Österreich ein, um zu arbeiten, ohne über eine entsprechende Bewilligung zu verfügen.
Der Beschwerdeführer verfügt nicht über ausreichende Barmittel, um für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet aufzukommen.
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister und dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt in Italien und Wien ergeben sich aus seiner Einvernahme durch die LPD XXXX am 03.09.2020. Dass der Beschwerdeführer sich in Schubhaft befindet, ergibt sich aus dem entsprechenden Mandatsbescheid vom 04.09.2020 und einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest, da er kein Reisedokument im Original vorlegen konnte.
Dass der Beschwerdeführer erwerbsfähig und gesund ist, ergibt sich daraus, dass keine gesundheitlichen Einschränkungen geltend gemacht wurden und er zudem haftfähig ist.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich.
Der Beschwerdeführer hatte zu keinem Zeitpunkt im Verfahren, auch nicht in der Beschwerde, behauptet, in Ägypten bedroht oder gefährdet zu sein. Dass vom Beschwerdeführer kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ergibt sich aus dem Schreiben der Rechtsvertretung vom 19.10.2020 und dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister.
Dass keine besonderen Bindungen zu Österreich oder Italien bestehen, ergibt sich aus der Kürze des Aufenthalts und dem Umstand, dass kein Familienleben in diesen Ländern behauptet wurde.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG lautet wie folgt:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich oder auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten.
Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts des lediglich etwa zweimonatigen Inlandsaufenthaltes des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes das Interesse an der Achtung seines Privat- und Familienlebens überwiegt.
Es liegen angesichts der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor. So kann er kein Deutsch-Zertifikat vorweisen, ging zu keinem Zeitpunkt in Österreich einer legalen Erwerbstätigkeit nach und befand er sich den Großteil seines Aufenthaltes in Schubhaft.
Angesichts der lediglich etwa zweimonatigen Aufenthaltsdauer sowie des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben führt und auch ansonsten im Verfahren nicht imstande war, eine allfällige soziale bzw. integrative Verfestigung in Österreich darzulegen oder formell nachzuweisen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt fallgegenständlich jedoch nicht vor. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und erwerbsfähig und verfügt darüber hinaus über ein familiäres Netzwerk in Ägypten.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig ist. Der Beschwerdeführer hatte zu keinem Zeitpunkt im Verfahren, auch nicht in der Beschwerde, behauptet, in Ägypten bedroht oder gefährdet zu sein. Vielmehr ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass er nach Europa gereist war, um hier einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Beschwerdeführer stand und steht in Kontakt mit seiner Rechtsvertretung und wurde mit ihm die Möglichkeit einer Asylantragstellung erörtert. Der Beschwerdeführer verzichtete bislang allerdings auf eine solche und kann daher nicht von einer Gefährdung seiner Person ausgegangen werden.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war somit ebenfalls abzuweisen.
3.4. Zur Frist für die freiwillige Ausreise sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides):
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 BFA-VG aberkannt wurde. Dies ist gegenständlich der Fall.
Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist". Nach der Rechtsprechung des VwGH genügt es aber nicht, zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. etwa - zum Durchsetzungsaufschub nach § 70 Abs. 3 FPG - VwGH 12.9.2013, 2013/21/0094, mwN; siehe auch - zum Kriterium der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise nach § 52 Abs. 6 FPG - das Erkenntnis VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007, Rn 11).
Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind. Derartige Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat das BFA mit dem Verweis auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers nicht aufgezeigt.
Allerdings können gegenständlich besondere Umstände angenommen werden, weil sich aus der Einvernahme des Beschwerdeführers am 03.09.2020 ergibt, dass er von einer gut organisierten Schlepperorganisation geleitet wird („Heute hat uns dann eine andere Person von der Organisation vom Zimmer abgeholt und uns zu dem Fahrzeug gebracht, in dem wir heute von der Polizei angehalten wurden. Das Geld wird, sobald wir in Mailand angekommen sind, an den Organisator in Ägypten bezahlt. Das Geld war ausgemacht, dass unsere Verwandten in Ägypten es direkt an den Organisator zahlen. (…) Dem Fahrer heute haben wir kein Geld gegeben. Er wäre sicherlich über die Organisation unserer Bekannten in Ägypten entlohnt worden.“), woraus sich insbesondere ergibt, das wohl auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 3 BFA-Verfahrensgesetz im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt sind und beim Beschwerdeführer Fluchtgefahr besteht.
Es lag für das Bundesamt auch kein Grund vor, im Rahmen der Ermessensübung von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen.
Aus dem Gesagten war auch die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.5. Zur Erlassung eines auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Die belangte Behörde erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.
Der Verwaltungsgerichtshof verweist in seiner Rechtsprechung darauf, dass der bloße unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, dieses jedoch bei Hinzutreten weiterer Faktoren wie dem Nichtnachkommen einer Ausreiseverpflichtung oder Mittellosigkeit des Fremden durchaus geboten sein kann (VwGH Erkenntnis vom 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Im vorliegenden Fall ist die Verhängung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer als angemessen zu erachten. Beizupflichten ist zunächst der behördlichen Feststellung des Umstandes der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers iSd § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Juni 2012, Zl. 2011/23/0305, mwN). Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargelegt, dass er irgendwelche Mittel zur Sicherung seines Lebensbedarfes hat.
Zudem war der Beschwerdeführer unrechtmäßig nach Österreich eingereist, um hier, ohne entsprechende Arbeitsbewilligung, einer Beschäftigung nachzugehen, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen. Dass ihm bewusst war, dass es einer Arbeitserlaubnis bedarf, ergibt sich aus seiner Einvernahme, als er erklärte, er habe versucht, in Italien eine Beschäftigungsbewilligung zu erlangen und einer Rechtsanwältin dafür 2000 Euro bezahlt.
Aufgrund des Fehlens eines zu berücksichtigenden Privat- und Familienlebens in Österreich und in Italien besteht keine Notwendigkeit einer Reduzierung der Dauer des Einreiseverbotes, das ohnehin weniger als die Hälfte der zulässigen Höchstdauer beträgt.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. war daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht nur etwa ein Monat liegt - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung subsidiärer SchutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2236024.1.00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021