Entscheidungsdatum
21.10.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G306 2227650-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des Reinhard XXXX , geb. XXXX , StA.: Deutschland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 26.07.2019, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anlässlich seiner in Untersuchungshaftnahme aufgrund des Verdachtes strafbare Handlungen gemäß §§ 146, 148 StGB begangen zu haben, über die in Aussicht genommene Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde der BF zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert.
2. Mit per Post am 01.08.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz gab der BF eine Stellungnahme ab.
3. Mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2019, wurde der BF wegen der Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Betruges gemäß §§ 146, 147 Abs. 2, 148 erster Fall StGB sowie der Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei (2) Jahren verurteilt.
4. Am 18.10.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt.
5. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 05.12.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 7 ½ Jahre befristets Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
6. Mit per Post am 30.12.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch seine damalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), Mag. Markus ABWERZGER & MMag. Rene SCHWETZ, Rechtsanwälte GesbR, in 6020 Innsbruck, Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde die Behebung des angefochtenen Bescheides und die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes, in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.
7. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA samt kurzer Stellungnahme, dem BVwG am 15.01.2020 vorgelegt.
8. Mit durch das BFA an das BVwG weitergeleitete Schreiben des damaligen RV des BF, wurde das BVwG von der Aufkündigung der Vollmacht seitens der damaligen RV des BF in Kenntnis gesetzt.
9. Mit verfahrensleitendem Beschluss des BVwG, Gz.: G306 2227650-1/4Z, wurde der BF zur Abgabe einer Stellungnahme und Bekanntgabe des Aufenthaltsortes und Meldeadresse von sich und seiner Lebensgefährtin (im Folgenden: LG) aufgefordert.
In Ermangelung einer aufrechten Wohnsitzmeldung in Österreich wurde der besagte Beschluss an die letzte bekannte Adresse des BF im Herkunftsstaat gesendet. Da dieser jedoch mit dem Vermerk „Empfänger unter der angeführten Anschrift nicht zu ermitteln“ an das BVwG retourniert wurde, wurde aufgrund einer nicht ermittelbaren Zustelladeresse des BF der besagte Beschluss gemäß § 8 iVm. § 23 ZustG die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch angeordnet und am 08.09.2020 beim BVwG hinterlegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Deutschland, geschieden und Vater von zwei Töchtern.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF sich einen bestimmten Zeitraum durchgehend in Österreich aufgehalten hat. Bis auf eine Anhaltung in einer Justizanstalt im Zeitraum XXXX .2019 bis XXXX .2020 weist der BF auch keine Wohnsitzmeldungen in Österreich auf.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig, ging jedoch in Österreich keiner gemeldeten Erwerbstätigkeit nach.
Im Bundesgebiet verfügt der BF über keine familiären Kontakte. Soziale Kontakte bestehen jedoch.
Im Herkunftsstaat halten sich Familienangehörige sowie die LG des BF, XXXX , geborene XXXX , geb. XXXX , StA.: Österreich, auf und lebt je eine Tochter des BF in den USA und in der Schweiz.
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration des BF in Österreich konnten nicht festgestellt werden.
Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2019, RK XXXX .2019, wegen der Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Betruges gemäß §§ 146, 147 Abs. 2, 148 erster Fall StGB sowie der Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei (2) Jahren verurteilt.
Der BF wurde für schuldig befunden, er habe zu nachangeführten Tatzeitpunkten in XXXX und anderen Orten
1. Mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu nachgenannten Handlungen verleitet, wodurch diese in einem insgesamt EUR 5.000,- übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurden, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges (nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von EUR 400,- übersteigend), fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (§ 70 Abs. 1 Z 3 StGB), und zwar:
I) Durch Vorgabe seiner Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit im Zeitraum XXXX bis XXXX .2019 A.E. zur Überlassung eines Zimmers, wodurch diese in einem Gesamtbetrag von EUR 2.640,- am Vermögen geschädigt wurde (wobei er erst nach Anzeigenerstattung eine Zahlung von EUR 2.200,- geleistet hat);
II)
a. Durch Vorgabe seiner Lieferfähigkeit und -willigkeit zu einem nicht mehr genau feststellbaren Tatzeitpunkt im Mai 2019 S.A. zur Leistung von gesamt EUR 2.620,- für die Lieferung von Heu sowie diversem Reitzubehör und Maschinen;
b. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Tatzeitpunkt im Mai 2019 R.R. zur Leistung einer Anzahlung von EUR 260,- für die Lieferung von Heu;
c. Am XXXX .2019 M.G. zur Leistung einer Anzahlung von EUR 400,- für die Lieferung von Pflastersteinen;
2. am XXXX .2019 eine falsche Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, indem er das zur Erfüllung der Meldepflicht nach dem Meldegesetz vorgesehene Gästeblatt (§ 5 Abs. 1 Meldegesetz) mit dem Falschnamen „R.F“ ausfüllte und unterfertigte und an die Unterkunftgeberin A.D. überreichte.
Mildernd wurde dabei die vollständige Schadensgutmachung, erschwerend jedoch 15 einschlägige Vorstrafen, das Vorliegen der Voraussetzung des § 39 StGB, das Zusammentreffen zweier Vergehen, die Tatwiederholung zu Punkt A) sowie die doppelte Qualifikation (schwerer und gewerbsmäßiger Betrug) gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat. Der weitere Vollzug der 2-jährigen Strafhaft des BF wurde am XXXX .2020 durch die Republik Deutschland übernommen, nachdem ein Teil dieser zuvor beginnend am XXXX .2019 in Österreich vollzogen wurde.
Zudem weist der BF folgende Verurteilung in Deutschland auf:
1. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .1988, RK XXXX .1988, wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung: Geldstrafe von 80 Tagsätzen zu je DM 50,-.
2. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .1990, RK XXXX .1990, wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährlicher Schriften: Geldstrafe von 30 Tagsätzen zu je DM 50.
3. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .1990, RK XXXX .1990, wegen Urkundenfälschung: Geldstrafe von 50 Tagsätzen zu je DM 40,-.
4. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .1991, RK XXXX .1991, wegen Betrug: Freiheitsstrafe von 8 Monaten, wobei eine Strafaussetzung widerrufen wurde.
5. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .1993, RK XXXX .1993, wegen Betrugs mit Urkundenfälschung: Freiheitsstrafe von 2 Monaten.
6. Amtsgericht XXXX , von XXXX .1994, RK XXXX .1994, wegen Betruges in fünfzehn Fällen, fünf Fälle in Tateinheit mit Urkundenfälschung: Freiheitsstrafe von 2 Jahren.
7. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .1996, RK XXXX .1997, wegen 8 Fällen des Betruges: Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten.
8. Amtsgericht XXXX , vom XXXX .2000, RK XXXX .2000, wegen Urkundenfälschung und 4 Fällen des Betruges: Freiheitsstrafe von 1 Jahr.
9. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2000, RK XXXX .2001, wegen Betruges: Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten.
10. Landesgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2002, RK XXXX .2002, wegen Betruges: Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 5 Monaten.
11. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX XXXX , vom XXXX .2002, RK XXXX .2002, wegen Betruges: Freiheitsstrafe von 6 Monaten.
12. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , wegen vorsätzlichem unerlaubtem Umgang mit gefährlichen Abfällen, unerlaubte Beseitigung von Abfällen einschließlich gefährlicher Abfälle: Geldstrafe von 70 Tagsätzen zu je EUR 20,-.
13. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , wegen vorsätzlichem Vergehen gegen das Pflichtversicherungsgesetz in Tateinheit mit Urkundenfälschung: Geldstrafe von 40 Tagsätzen zu je EUR 30.
14. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2008, RK XXXX .2008, wegen Betruges in 21 Fällen: Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.
15. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , wegen Betrugs in 2 Fällen: Freiheitsstrafe von 2 Monaten.
16. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX wegen gewerbsmäßigen Betruges in 27 Fällen: Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten.
17. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , wegen Betruges in 13 Fällen: Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten.
18. Amtsgericht XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2018, RK XXXX .2019, wegen Betrugsdelikten: Freiheitsstrafe von 11 Monaten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die strafgerichtliche Verurteilung des BF in Österreich, die näheren Ausführungen zu den vom BF begangenen Straftaten und zur Strafbemessung, sowie die Feststellung, dass der BF diese begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie auf einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils.
Der am XXXX .2020 von Deutschland übernommene weitere Vollzog der 2-jährigen Haftstrafe beruht auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Die Verurteilungen des BF in Deutschland wiederum wurden im angefochtenen Bescheid festgestellt und vom BF nicht beanstandet. Zudem scheinen diese in einem Auszug aus dem Europäischen Strafregister-Informationssystem ECRIS auf und wurde auch seitens des LG XXXX auf die Vielzahl an einschlägigen Vorverurteilungen des BF Bezug genommen.
Die Anhaltung des BF in einer Justizanstalt sowie das Fehlen darüberhinausgehender Wohnsitzmeldungen in Österreich beruhen auf einer Einsichtnahme in des Zentrale Melderegister. Ferner konnte auch keine aufrechte Meldung der LG des BF in Österreich ermittelt werden, sodass den Angaben des BF vor dem BFA folgend, von deren weiteren Aufenthalt in Deutschland auszugehen ist.
Die Erwerblosigkeit des BF in Österreich ergibt sich aus einem Sozialversicherungsauszug und beruht der Gesundheitszustand des BF auf dessen konkreten Angaben vor der belangten Behörde, jene er bis dato nicht widerrufen hat. Aus dem festgestellten Gesundheitszustand des BF wiederum erschließt sich dessen Arbeitsfähigkeit.
In Ermangelung des Vorbringens eines substantiierten, eine tiefgreifende Integration des BF in Österreich nahelegenden Sachverhaltes seitens des BF, und der Nichtfeststellbarkeit eines bestimmten durchgehenden Aufenthalts des BF in Österreich, konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Integration festgestellt werden.
Die Nichtfeststellbarkeit eines bestimmten durchgehenden Aufenthaltes in Österreich erschließt sich aus den fehlenden Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich sowie dessen Angaben vor der belangten Behörde. So gab der BF an, in Österreich, Deutschland, Ungarn und Italien gearbeitet zu haben, und zwischen den besagten Ländern gependelt zu sein. Auch brachte er vor, in Deutschland gewohnt, jedoch trotzdem in Österreich gearbeitet und teils auch in Gasthöfen/Hotels in Österreich Unterkunft genommen zu haben. Ferner verfüge er weiterhin über Wohnsitze in Deutschland und habe er vorgehabt nach seiner Entlassung aus seiner Strafhaft, nach Deutschland zurückzukehren. Vor diesem Hintergrund kann auf keinen durchgehenden Aufenthalt in Österreich geschlossen werden und lassen die Angaben des BF eine längerfristige Aufenthaltsbegründung in Österreich sohin nicht feststellen. Letztlich hat der BF auch keine Beweismittel für einen allfälligen durchgehenden Aufenthalt und/oder eine Niederlassung in Österreich in Vorlage gebracht.
Die Personalien der LG des BF beruhen auf den konkreten Angaben des BF sowie einer in Vorlage gebrachten Ablichtung eines Staatsbürgerschaftsnachweises (siehe AS 255) sowie eines Reisepasses (siehe AS 257) der LG des BF.
Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen in der gegenständlichen Beschwerde nicht – substantiiert – entgegengetreten wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Deutschland ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:
„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:
„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“
Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“
Gemäß § 73 StGB stehen ausländische Verurteilungen inländischen gleich, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen sind.
Der mit „Allgemeine Grundsätze“ betitelte Art 27 Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2004, über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, (Freizügigkeits-RL) lautet:
„(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.
(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen.
Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
(3) Um festzustellen, ob der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, kann der Aufnahmemitgliedstaat bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder — wenn es kein Anmeldesystem gibt — spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt der Einreise des Betroffenen in das Hoheitsgebiet oder nach dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet gemäß Artikel 5 Absatz 5 gemeldet hat, oder bei Ausstellung der Aufenthaltskarte den Herkunftsmitgliedstaat und erforderlichenfalls andere Mitgliedstaaten um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.
(4) Der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, lässt den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird.“
3.1.3. Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheid war aus folgenden Gründen abzuweisen:
3.1.3.1. Da vom BF, der aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines – nachweislich – durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit mehr als 5 noch mehr als 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG für Unionsbürger zu Anwendung.
Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin gemäß § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
„Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN).“ (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237)
3.1.3.2. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen der Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Betruges und der Urkundenfälschung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt vor dem Hintergrund der Gewerbsmäßigkeit, sohin der Auslegung auf Wiederholung zum Zwecke des Erschließens einer Einnahmequelle, und der Vielzahl an teils einschlägigen Vorverurteilungen eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer hohen kriminellen Energie beim BF erkennen.
Das vom BF über Jahre hinweg wiederholt gezeigte und überwiegend einschlägige Verhalten des BF lässt ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten sowie Interessen und Rechten andere erkennen. Den BF vermochten bisher das wiederholte Erfahren müssen strafgerichtlicher Sanktionen, insbesondere des Übels der Haft, nicht von der wiederholten Begehung strafbarer Handlungen abhalten. Vielmehr, strafgerichtliche Sanktionen ignorierend, hielt der BF über viele Jahre hinweg an seinem kriminellen Verhaltensmuster fest und trat schlussendlich auch in Österreich strafrechtlich massiv in Erscheinung.
Letztlich blieb es der BF im gesamten Verfahren schuldig, die Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen, sodass letztlich der BF eine Reue oder gar Einsicht nicht zu vermitteln vermochte. Vielmehr versuchte der BF seine Handlungen insofern zu bagatellisieren, als er vor der belangten Behörde eine Vielzahl seiner Verurteilungen verschwieg und in der gegenständlichen Beschwerde deren Relevanz im Rahmen der anzusträngenden Gefährlichkeitsprognose bestreitet. Mit keinem Wort brachte der BF vor Reue zu verspüren oder einsichtig zu sein. Vielmehr konzentriert sich sein Vorbringen darauf, die Verurteilung in Österreich als einzig relevant erscheinen zu lassen. Der BF übersieht dabei jedoch, dass einzig die Verurteilung in Österreich zum Anlass einer Prüfung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG gegen den BF genommen wurde, jedoch ausländischen Verurteilungen im Rahmen einer anzustrengenden Gefährlichkeitsprognose jedenfalls Relevanz zukommen (siehe dazu Art 27 Abs. 3 Freizügigkeits-RL), wobei gemäß § 73 StGB gleichwertige ausländische Verurteilungen inländischen gleichzustellen sind. Letztlich ist dem BF zu entgegnen, wenn er die Schadensgutmachung in Bezug auf seine zuletzt verurteilten Straftaten hervorhebt, dass diese Tatsache allein, weder die Strafbarkeit seines Verhaltens und die Vielzahl vom Gericht herangezogenen Erschwernisgründe beseitigen noch Reue vermitteln kann.
Der seit der letzten Straftat des BF vergangene vorfallfreie Zeitraum, jenen der BF überwiegend in Strafhaft verbracht hat, erweist sich zudem als viel zu kurz um vor dem Hintergrund einer nichterkennbaren Reue und Einsicht des BF, allein aus der besagten kurzen vorfallfreien Zeit Rückschlüsse auf ein zukünftiges Wohlverhalten des BF ziehen zu können. (vgl. VwGH 13.07.2011, 2007/18/0785: wonach es zur Beurteilung einer Wesensänderung eines Wohlverhaltens in Freiheit bedarf).
Der VwGH hat wiederholt ausgeführt, dass der Verhinderung von Gewalt- und Eigentumsdelikten (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474; 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 04.06.2008, AW 2008/18/0299), eine große Bedeutung aufgrund deren schwerwiegenden Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, zukomme.
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt sohin eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennen und kann dem BF zudem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
Ferner konnte auch im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des vom BF gezeigten Verhaltens, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.
Der BF kann weder auf einen durchgehenden Aufenthalt in Österreich zurückblicken und ließen sich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Integration nicht ausmachen. Abgesehen von sozialen Kontakten, die der BF auch durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel weiter aufrecht erhalten kann, weist der BF keine besonderen Bezüge zu Österreich, insbesondere nicht im familiären Bereich, auf. Durch die Inhaftierung des BF haben zudem die sozialen Anknüpfungspunkte des BF in Österreich eine maßgebliche Abschwächung hinzunehmen und letztlich hinter das vom BF gezeigte Verhalten zurückzutreten.
Angesichts des besagten und – insbesondere – in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines gegen den BF gerichteten Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf die Verhinderung strafbarer Handlungen im Bereich der Eigentumsdelikte dringend geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Das vom BF gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet die öffentlichen Interessen tatsächlich, gegenwärtig und erheblich, sohin maßgeblich zu gefährden anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG gegenständlich jedenfalls vorliegen, und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.
3.1.3.3. Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese im gesetzlichen Rahmen und erweist sich vor dem Hintergrund des vom BF gezeigten Verhaltens als angemessen.
Wirft man einen Blick auf die Verfehlungen des BF und deren Unwerten, insbesondere im Hinblick auf die vom BF gezeigte Kontinuität in Bezug auf das Begehen von strafbaren Handlungen, und die vom BF damit letztlich aufgezeigte Rückfallgefährlichkeit, aber auch auf den vom BF nachhaltig aufgezeigten Unwillen sich an gültige Normen zu halten, so erscheint die Verhängung eines auf 7 Jahre und 6 Monate (7 ½ Jahre) befristeten Aufenthaltsverbotes als gegenständlich verhältnismäßig.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3.2 Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Der mit „Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:
„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“
Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativen Zukunftsprognose, welche eingedenk dessen wiederholten Rückfällen in strafrechtswidriges Verhalten einen neuerlichen Rückfall des BF befürchten lässt, kann der belangten Behörde zudem nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Beendigung des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet.
Die Beschwerde war auch in diesem Umfang abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:
„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“
Wie bereits oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet.
Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar. Verfahrensgegenständlich lässt sich sohin ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen.
Demzufolge war die Beschwerde auch diesbezüglich abzuweisen.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung EU-Bürger Interessenabwägung Mitgliedstaat öffentliche Interessen strafrechtliche VerurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2227650.1.00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021