Entscheidungsdatum
27.10.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I419 1427649-4/3Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX auch XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.10.2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer hatte seit Juni 2012 erfolglos zwei Anträge auf internationalen Schutz und einen auf eine Aufenthaltsbewilligung plus gestellt, wobei die Bescheide jeweils vom AsylGH bzw. vom BVwG bestätigt worden waren. Einen weiteren Folgeantrag stellte er im März 2020.
2. Mit dem nun bekämpften Bescheid wies das BFA diesen Folgeantrag betreffend die Status der Asyl- (Spruchpunkt I) und des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel „besonderer Schutz“ (Spruchpunkt III), erließ wider ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), stellte fest, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V) und keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI), und verhängte ein zweijähriges Einreiseverbot (Spruchpunkt VII).
3. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe an exilpolitischen Aktivitäten für die Unabhängigkeit von Biafra teilgenommen, sei aus Nigeria völlig entwurzelt und habe sich in Österreich ein schützenswertes Privat- und Familienleben aufgebaut. Er lebe seit acht Jahren hier und habe eine Tochter mit einer österreichischen Frau. Eine Rückkehrentscheidung sei deswegen jedenfalls unzulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Weil das Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche in einem Eilverfahren eine Annahme über die Gefahr einer Grundrechtsverletzung zu treffen hat, wird eine Prognose aufgrund der Aktenlage nötig. Schon im Hinblick darauf, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen der Beschwerdeführer beeinträchtigt werden könnten, dürfen die anzulegende Prüfdichte und der Wahrscheinlichkeitsgrad nicht allzu hoch sein. Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre.
Im vorliegenden Fall erscheint das Beschwerdevorbringen durch die kurzfristig möglichen Registerabfragen weithin plausibel, denen sich im Kern entnehmen lässt, dass der strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführer, der seit August 2012 außer an gesamt 10 Tagen Hauptwohnsitzmeldungen im Inland aufweist, nicht mit seiner Tochter und deren Mutter zusammenwohnt, diese jedoch beide Österreicherinnen und gemeinsam im Inland gemeldet sind.
Deshalb ist der Sachverhalt in Gesamtschau mit dem Beschwerdevorbringen in Bezug auf das Privat- und Familienleben zu klären.
Ohne eingehende Prüfung des Sachverhaltes, insbesondere unter diesem Aspekt kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Vollstreckung der Entscheidung zu einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK zulasten des Beschwerdeführers führt. Zur Klärung des Sachverhaltes ist ein längerer Zeitraum als die für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bestehende Wochenfrist notwendig.
Diese – von Amts wegen zu treffende – Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten. Vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.
Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG Entscheidung entfallen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren aufschiebende Wirkung Folgeantrag Privat- und Familienleben real risk reale GefahrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I419.1427649.4.00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021