TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/27 I406 2158357-2

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Veröffentlicht am 27.10.2020
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Entscheidungsdatum

27.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §2
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I406 2158357-2/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.08.2019 zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:

„Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 28.02.2018 wird gemäß § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), zurückgewiesen.“

II.      Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II., III. und IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und diese werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer stellte am 17.07.2016 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.04.2017, Zl. XXXX , wurde dieser Antrag abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

3.       Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2017, Zl. I415 2158357-1/3E, als unbegründet abgewiesen.

4.       Am XXXX .2017 heiratete der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin.

5.       Am 28.02.2018 stellte der Beschwerdeführer einen „Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens.“

6.       Am 02.04.2019 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde einvernommen.

7.       Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2019, Zl. XXXX wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 28.02.2018 gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

8.       Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 22.05.2019 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen den vorangeführten Bescheid der belangten Behörde vollumfänglich Beschwerde.

9.       Am 01.08.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Zuge derer die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen wurde.

10.      Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.08.2019, Zl. I406 2158357-2/7E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde vom 22.05.2019 als unbegründet ab.

11.      Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und machte zusammengefasst geltend, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers anlässlich ihrer Einvernahme durch das Bundesverwaltungsgericht erwähnt habe, in Deutschland beschäftigt zu sein und ihren Arbeitsvertrag vorgewiesen habe.

Da sie damit ihre unionsrechtliche Freizügigkeit ausübe, sei der Beschwerdeführer als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen, gegen den eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen hätte werden dürfen.

12.      Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2020, Zl. Ra 2019/21/0304-10, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.08.2019, Zl. I406 2158357-2/7E, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers näher prüfen hätte müssen, ob diese ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen habe und der Beschwerdeführer damit als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen gewesen wäre.

13.      Am 26.08.2020 wurde der Bezug habende Akt dem Bundesverwaltungsgericht neuerlich vorgelegt.

14.      Das Bundesverwaltungsgericht forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 05.10.2020 auf, Nachweise zur Inanspruchnahme der Freizügigkeit durch seine Ehefrau vorzulegen.

15.      Mit Eingabe vom 19.10.2020 übermittelte der Beschwerdeführer entsprechende Nachweise.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen vorgenommen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich und hält sich dort seit (mindestens) 17.07.2016 auf.

Er ist seit dem XXXX .2017 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat von ihrem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht, indem sie von Juni bis August 2019 in Deutschland einer geringfügigen Beschäftigung als Frühstücks-Mitarbeiterin in einem Hotel zu einem Arbeitsentgelt von EUR 9,19 pro Stunde nachgegangen ist.

Der Beschwerdeführer ist daher begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20c AsylG 2005.

2. Beweiswürdigung:

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels Vorlage geeigneter Dokumente nicht fest.

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit mindestens 17.07.2016 ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einer eingeholten zmr-Auskunft.

Die Feststellung betreffend seine Heirat beruht auf der vorgelegten Heiratsurkunde des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes XXXX vom 13.12.2017.

Die Feststellungen zur geringfügigen Tätigkeit seiner Ehefrau in Deutschland ergeben sich zweifelsfrei aus den unbedenklichen, am 01.08.2019 sowie am 19.10.2020 vorgelegten Unterlagen, darunter: ein Sozialversicherungsausweis der Deutschen Rentenversicherung, Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung samt Lohnabrechnungen für die Monate Juni, Juli und August 2019 und zwei Arbeitsverträge vom 12.06.2019 sowie vom 19.09.2019.

Wie in der rechtlichen Beurteilung näher auszuführen sein wird, ist der Beschwerdeführer daher begünstigter Drittstaatsangehöriger.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1      Prüfungsumfang:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

I. Zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)

Der Beschwerdeführer als begünstigter Drittstaatsangehöriger fällt gemäß § 54 Abs. 5 AsylG nicht in den Anwendungsbereich des siebten Hauptstücks des genannten Bundesgesetzes.

Aus diesem Grund ist ein Antrag auf Erteilung eines der dort geregelten Aufenthaltstitel nicht inhaltlich zu prüfen, sondern zurückzuweisen.

Dies gilt auch für den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005.

II. Stattgabe der Beschwerde (Spruchpunkte II.-IV. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatsangehöriger ua der Ehegatte eines Österreichers, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat.

Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55, 56 oder 57 abgewiesen, so hat das BFA gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 52 Abs 3 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Dies gilt jedoch nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG kommt gegen begünstigte Drittstaatsangehörige von vornherein nicht in Betracht (vgl VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0274; 26.02.2020, Ra 2019/20/0523).

Auch ein Einreiseverbot nach dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG darf über begünstigte Drittstaatsangehörige nicht verhängt werden, weil auf sie die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen (unter anderem) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige regelnden Bestimmungen des 4. Abschnitts des genannten Hauptstücks anzuwenden sind (vgl VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349; 26.02.2020, Ra 2019/20/0523).

Die generelle Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen begünstigte Drittstaatsangehörige ergibt sich schon daraus, dass die mit § 52 FPG umgesetzte Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) auf begünstigte Drittstaatsangehörige nach ihrem Art. 2 Abs. 3 nicht anzuwenden ist (vgl VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0014, mwN; 26.02.2020, Ra 2019/20/0523).

Der Beschwerdeführer ist seit dem XXXX .2017 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet.

Diese war von zumindest Juni bis August 2019 in Deutschland geringfügig als Frühstücks-Mitarbeiterin in einem Hotel beschäftigt und hat damit von ihrem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht.

Der Beschwerdeführer ist daher begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 11 FPG (vgl. zu den Voraussetzungen VwSlg 18.229 A/2011, mwN).

Der Verfassungsgerichtshof (VfSlg 18.968/2009) vertrat im Zusammenhang mit § 57 NAG die Auffassung, dass sich ein Drittstaatsangehöriger bei Begründung eines Angehörigenverhältnisses zu einem EWR-Bürger auf die Richtlinie berufen könne, gleichgültig, wie der Drittstaatsangehörige in das Bundesgebiet gelangte und wann das Angehörigenverhältnis begründet wurde.

Wird wie im vorliegenden Fall durch Heirat mit seiner österreichischen Ehefrau zwischen ihm als Drittstaatsangehörigen und ihr als Österreicherin ein Angehörigenverhältnis begründet, ist für das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers ausschlaggebend, ob seine Ehefrau von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, indem sie eines ihrer Rechte gemäß Art. 21 und 45 AEUV (ex-Artikel 18 und 39 ff EGV) im EWR-Raum außerhalb Österreichs ausübt oder ausgeübt hat (vgl EuGH 01.04.2008, Rs C-212/06, Gouvernement de la Communaute francaise, Gouvernement wallon/Gouvernement flamand, Rz 37).

Dies ist aufgrund der geringfügigen Tätigkeit der Ehefrau in einem Hotel in Deutschland gegeben.

Damit genießt auch der Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht in Österreich, wobei es keine Rolle spielt, wie der Beschwerdeführer in das Bundesgebiet gelangt ist oder wann das Angehörigenverhältnis begründet wurde (VfSlg 18.968/2009).

Hierbei genügt es nach dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 18.968/2009) bereits, dass die österreichische Ankerperson in der Vergangenheit einen Sachverhalt erfüllt hat, der als Inanspruchnahme der (nunmehr) unionsrechtlichen Freizügigkeit gemäß Art 18 und 39 ff EG (nunmehr Art 21 und 45 ff AEUV) anzusehen ist.

Im konkreten Fall übte die Ehefrau die Freizügigkeit von Juni bis August 2019 aus.

Das Recht auf Freizügigkeit im Sinn des Art 18 EG (nunmehr Art 21 AEUV) umfasst ua das Recht, in einen anderen Mitgliedstaat einzureisen (vgl auch die Richtlinie 2004/38 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, die schon in ihrem Titel neben das Aufenthaltsrecht das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen, stellt; vgl. insbesondere auch Art 5 dieser Richtlinie).

Nicht jede auch noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts im Rahmen des § 57 NAG entfaltet aber Relevanz (VwSlg 18.229 A/2011).

Vielmehr wird es für die Anwendung der genannten Bestimmung erforderlich sein, dass die österreichische Ankerperson mit einer gewissen Nachhaltigkeit von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat (in diesem Sinn, wenn auch vor rein unionsrechtlichem Hintergrund, von einem "Bagatellvorbehalt" sprechend das Urteil des Deutschen Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.01.2011, 1C 23.09, Rz 13; dies andeutend auch VwGH 24.09.2009, 2007/18/0347, in dem ein zweiwöchiger Sprachaufenthalt zu beurteilen war).

Was die Festlegung der Nachhaltigkeitsgrenze - auch unter dem hier relevanten Blickwinkel des § 57 NAG - anlangt, so liegt es nahe, auf die Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerbegriff abzustellen.

Der EuGH verlangt für die Qualifikation als Arbeitnehmer im Sinn von Art 39 EG (nunmehr Art 45 AEUV) jenseits des Erfordernisses einer abhängigen Beschäftigung gegen Entgelt in einem anderen Mitgliedstaat einschränkend eine "tatsächliche und echte Tätigkeit", die keinen so geringen Umfang hat, dass es sich um eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" handelt.

Dieser Maßstab lässt sich allgemein dergestalt auf alle Freizügigkeitsrechte übertragen, dass eine "tatsächliche und effektive" Ausübung derselben vorliegen muss.

In seiner Rechtsprechung zum Arbeitnehmerbegriff hat der EuGH zum Ausdruck gebracht, dass die Höhe der Vergütung, die der Arbeitnehmer erhält, ebenso wenig von alleiniger Bedeutung ist wie das Ausmaß der Arbeitszeit und die Dauer des Dienstverhältnisses (vgl dazu die Darstellung von Windisch-Graetz in Mayer (Hrsg), EU-und EG-Vertrag, Art 39 EGV, Rz 9 ff).

Wesentliches Merkmal des nicht einengend auszulegenden Begriffs eines Arbeitsverhältnisses sei, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringe, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhalte. Maßgeblich sei eine Prüfung aller Umstände des Einzelfalles. Die Person dürfe auch nicht die Tätigkeit in einem so geringen Umfang ausüben, dass sich die Tätigkeit nach Weisung als vollständig untergeordnet unwesentlich darstellt. Auf der anderen Seite darf die Vergütung nicht nur symbolischen Charakter haben, sie muss aber nicht vollständig unterhaltssichernd sein (EuGH v. 03.06.1986 – C 139/85-Rechtssache Kempf; v. 04.02.2010 – C 14/09-Rechtssache Genc).

Es besteht somit kein Zweifel, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers im Hinblick auf ihre geringfügige Tätigkeit als Frühstückshilfe in Deutschland für einen dreimonatigen Zeitraum die erwähnte Bagatellschranke überschritten hat (vgl zu einer geringfügigen Beschäftigung auch VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, Rn. 13, mwN).

Somit war im konkreten Fall die Eigenschaft des Beschwerdeführers als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu bejahen.

Daher ist eine Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers durch eine auf § 52 Abs. 3 FPG gestützte Rückkehrentscheidung unzulässig.

Dass dem Beschwerdeführer (noch) keine Dokumentation eines Aufenthaltstitels nach dem NAG ausgestellt worden ist, kann daran nichts ändern.

Ob die Voraussetzungen für eine allfällige Ausweisung des Beschwerdeführers als begünstigter Drittstaatsangehöriger vorliegen, wäre nach § 66 FPG zu beurteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsrecht Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK begünstigte Drittstaatsangehörige Ehe Ersatzentscheidung ersatzlose Teilbehebung freiwillige Ausreise Freizügigkeitsbestätigung Frist Kassation mündliche Verhandlung Rückkehrentscheidung Spruchpunktbehebung Unionsrecht unzulässiger Antrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2158357.2.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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