Entscheidungsdatum
03.11.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G313 2219372-7/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX , geb. XXXX , StA. Ghana, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, BFA-Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.11.2019, Zl. G313 2219372-7/3E, wird mit der Maßgabe bestätigt, dass eine Feststellung über die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zum Zeitpunkt der Entscheidung entfällt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 05.02.2019 wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zwecks Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
2. Der BF befindet sich seit 05.02.2019, 09:20 Uhr, durchgehend in Schubhaft.
3. Dem verfahrensgegenständlichen siebten Schubhaftüberprüfungsverfahren sind sechs amtswegige Schubhaftüberprüfungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vorangegangen:
Seitens des BVwG wurde im ersten Schubhaftüberprüfungsverfahren in der mündlichen Verhandlung am 03.06.2019, Zl. G314 2219372-1, im nächsten Schubhaftüberprüfungsverfahren in der mündlichen Verhandlung am 26.06.2019, Zl. G314 2219372-2, und im darauffolgenden Schubhaftüberprüfungsverfahren in der mündlichen Verhandlung am 24.07.2019 Zl. G314 2219372-3, jeweils im Zuge einer mündlichen Verkündung festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist, und auch dann im nächsten Schubhaftüberprüfungsverfahren nach mündlicher Verkündung in der Verhandlung am 22.08.2019 mit Erkenntnis vom 08.10.2019, Zl. G306 2219372-4, im darauffolgenden Verfahren nach mündlicher Verkündung in der Verhandlung am 24.09.2019 mit Erkenntnis vom 03.10.2019, Zl. G302 2219372-5, und im weiteren Schubhaftüberprüfungsverfahren mit Erkenntnis vom 24.10.2019, G304 2219372-6, jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
4. Folglich wurde dem BVwG am 22.11.2019 zur amtswegigen Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft der Schubhaftakt vorgelegt.
5. Mit Erkenntnis des BVwG vom 26.11.2019, Zl. G313 2219372-7/3E, wurde nach amtswegiger Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
6. Gegen dieses Erkenntnis wurde außerordentliche Revision erhoben. In der Revision wurde weder die Notwendigkeit der Schubhaft in Bezug auf den genannten Sicherungszweck noch das Bestehen von Fluchtgefahr bestritten und auch nicht in Frage gestellt, dass die Schubhafthöchstdauer im vorliegenden Fall gemäß § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG achtzehn Monate beträgt. Es wurde vielmehr (nur) die Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung im Hinblick auf die ungewisse Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines HRZ geltend gemacht und in diesem Zusammenhang die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung gerügt.
7. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0255-8, wurde das angefochtene Erkenntnis des BVwG vom 26.11.2019, Zl. G313 2219372-7/3E „betreffend Feststellung der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG“ „wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften“ aufgehoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Ghana.
1.2. Er reiste mittels Visum D, ausgestellt durch die Österreichische Botschaft Abuja, am 09.12.2016 in das Bundesgebiet ein. Der Zweck des Visums war die Abholung eines Aufenthaltstitels, welcher den Besuch einer Ausbildung ermöglichen sollte. Der BF war als Vollzeitstudent für einen bestimmten Studienlehrgang eingeschrieben. Der Zweck des anfänglichen Visums wurde irrtümlich gewidmet. In weiterer Folge wurden dem BF durch das Generalkonsulat München ein Visum D, gültig von 01.02.2017 bis 01.06.2017, und ein Visum C, gültig von 01.06.2017 bis 31.08.2017, ausgestellt. Die D-Visa dienten dem Aufenthalt in Österreich und für Reisen im Gebiet der Schengen-Mitgliedstaaten. Das C-Visum war für die Arbeitsaufnahme in Österreich und Reisen im Schengen-Raum im Rahmen eines Praktikums gültig.
1.3. Spätestens am 06.02.2018 verließ der BF Österreich und reiste nach Deutschland, wo er am 07.02.2018 einen Asylantrag stellte. Unter Berufung auf die Dublin III-Verordnung erachtete Deutschland Österreich für die Behandlung des Asylantrages als zuständig. Nach mehreren gescheiterten Überstellungsversuchen teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Eingabe vom 25.09.2018 mit, dass sich die Überstellungsfrist, weil der BF zum damaligen Zeitpunkt auf der Flucht war, auf 18 Monate ausweiten würde.
In der Folge wurde der BF am 04.02.2019 von Deutschland nach Österreich überstellt.
1.4. Am 04.02.2019 wurde der BF aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich festgenommen und im Anschluss daran in das zuständige Polizeianhaltezentrum (im Folgenden: PAZ) eingeliefert.
Ebenso am 04.02.2019 wurde der BF von einem Beamten des PAZ im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache einvernommen, wobei dem BF auch schubhaftrelevante Fragen für das BFA gestellt wurden.
1.5. Am 04.02.2019 wurde gegen den BF ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet.
1.6. Mit Bescheid des BFA vom 05.02.2019 wurde über den BF die Schubhaft zwecks Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
1.7. Am 11.02.2019 stellte der BF während aufrechter Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit BFA-Bescheid vom 26.02.2019 wurde dem BF kein Asylstatus und auch kein Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Ghana zulässig ist, gegen den BF ein Einreiseverbot erlassen, und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Nach Erhebung einer Beschwerde dagegen ist diese Entscheidung mit Erkenntnis des BVwG vom 08.05.2019 in Rechtskraft erwachsen.
1.8. Da der BF angeblich seinen Reisepass auf dem Weg nach Deutschland verloren hat, wurde mit 16.02.2019 ein HRZ-Verfahren eingeleitet. Seither haben mehrere Urgenzen bezüglich der Ausstellung eines HRZ für den BF stattgefunden.
Im Erkenntnis des BVwG vom 26.11.2019, Zl. G313 2219372-7/3E, wurde im Zuge der Rechtlichen Beurteilung zum Stand des laufenden HRZ-Verfahrens Folgendes festgehalten:
„Aktueller Stand ist, dass am 16.10.2019 eine Sonderurgenz an den ghanaischen Konsul ergangen ist, und zwar in Form einer direkten Antragstellung für den BF. Diesbezüglich wird – unter Berücksichtigung, dass die ghanaische Botschaft in Bern für Rückführungen bzw. Ausstellungen von HRZ in ganz Europa und für die Koordination der Termine mit den einzelnen Ländern zugestellt ist – von einer baldigen Antwort ausgegangen.
Weiters wird angemerkt, dass bereits seitens des BMI ebenfalls die Erlangung eines HRZ vorangetrieben wird.
Wie mit Aktenvorlage durch das BFA mitgeteilt, ist laut Auskunft der HRZ-Abteilung weiterhin aufgrund der vorliegenden Kopien der Reisepass- und Visadaten mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer HRZ-Ausstellung zu rechnen. Sobald eine Identifizierung seitens der ghanaischen Botschaft stattgefunden hat und es eine HRZ-Ausstellung gibt, kann eine Abschiebung innerhalb von zwei Wochen (aufgrund Buchung des Begleitpersonals) sichergestellt werden. Laut HRZ-Abteilung gab es auch in der Vergangenheit keine Probleme mit Ghana bei Rückführungen nach ausgestellten HRZ. Wie bereits im Zuge der mündlichen Verhandlung am 24.09.2019 festgehalten, funktionieren der belangten Behörde folgend die Flugabschiebungen nach Ghana zudem reibungslos.“
1.9. In der im Zuge des achten Schubhaftüberprüfungsverfahrens vor dem BVwG zu Zl. G302 2219372-8 durchgeführten mündlichen Verhandlung am 27.12.2019 gab der Behördenvertreter, vom verhandelnden Richter befragt, wie der aktuelle Stand des Verfahrens betreffend Rückführung des BF ist, hinsichtlich Erlangung eines HRZ für den BF Folgendes an:
„Ich möchte mit dem HRZ Verfahren beginnen. Dieses ist nach wie vor laufend und ergebnisoffen. Seitens der ghanaischen Botschaft in Bern wurde ein Delegationstermin für Feber bzw. März 2020 anvisiert. Aufgrund des Vorliegens von Passkopien ist auch mit einer Erlangung eines HRZ bzw. mit einer positiven Identifizierung zu rechnen. (…).“ (Niederschrift über mündliche Verhandlung vom 27.12.2019, S. 4, Zl. G302 2219372-8)
Zwischen dem verhandelnden Richter und dem Behördenvertreter fand daraufhin folgender Wortwechsel statt (VR für verhandelnden Richter und BehV für Behördenvertreter):
„VR: Ist aus Sicht der Behörde trotz mehrfachen Urgenzen von einer erfolgreichen Ausstellung eines HRZ auszugehen?
BehV: Ja, davon gehe ich aus. Es finden nur einmal im Jahr Delegationstermine statt. Es ist auch bei positiver Identifizierung mit einer zeitnahen Abschiebung zu rechnen.
VR: Was verstehen Sie unter zeitnaher Abschiebung bei positiver Identifizierung?
BehV: Es wird dann binnen vier Wochen eine Flugbuchung erfolgen, mittels derer das HRZ ausgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang möchte ich anmerken, dass der durchaus lange Zeitraum betreffend die Verfahrensdauer des HRZ-Verfahrens nicht der Verschuldenssphäre des BFA zuzuordnen ist, sondern sich vielmehr auf die Verfahrensabläufe seitens der ghanaischen Botschaft begründet.
VR: Könnte der BF etwas zur Beschleunigung beitragen, damit er freigelassen werden kann?
BehV: Er müsste ein Reisedokument vorlegen, damit er nach Ghana reisen kann. Das liegt derzeit nicht vor. Die Kopie ist nicht ausreichend.
VR: Ist aus der Sicht des BFA eine Rückführung nach Ghana auch tatsächlich möglich oder gab es bei Rückführungen dorthin in letzter Zeit irgendwelche Probleme?
BehV: Ja, eine Rückführung ist tatsächlich möglich. Es gab keine Probleme.
Der VR verweist im Hinblick auf die zulässige Höchstdauer der Schubhaft und die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung auf § 80 FPG.
(…).“ (VH-Niederschrift vom 27.12.2019, S. 4f, Zl. G302 2219372-8)
Im achten Schubhaftüberprüfungsverfahren vor dem BVwG sprach der Behördenvertreter in der mündlichen Verhandlung am 27.12.2019 somit von einem seitens der ghanaischen Botschaft in Bern anvisierten unbestimmten Delegationstermin im Februar bzw. März 2020 und davon, dass Delegationstermine nur einmal jährlich stattfinden. Ein fixer Delegationstermin stand demnach jedenfalls nicht fest.
Es wurde seitens der belangten Behörde „aufgrund des Vorliegens von Passkopien auch mit einer Erlangung eines HRZ bzw. mit einer positiven Identifizierung“ und bei positiver Identifizierung mit einer zeitnahen Abschiebung des BF nach Ghana gerechnet. Bisher aufgetretene Probleme bei Rückführungen nach Ghana konnten seitens des BFA nicht angeführt werden. Eine Rückführung dorthin wurde jedenfalls für tatsächlich möglich gehalten.
In der im Zuge des achten Schubhaftüberprüfungsverfahrens durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 27.12.2019, Zl. G302 2219372-8, wurde nach Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft mündlich verkündet, dass festgestellt wird, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Auch im nachfolgenden neunten Schubhaftüberprüfungsverfahren wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 21.01.2020, Zl. G313 2219372-9/2E, und im zehnten Schubhaftüberprüfungsverfahren nach mündlicher Verkündung in der Verhandlung am 24.02.2020 mit Erkenntnis des BVwG vom 02.03.2020, Zl. G301 2219372-10/6E jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
1.10. Seitens des BVwG wurde insgesamt zehn Mal in einem Schubhaftüberprüfungsverfahren die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft überprüft und jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Keines der dem verfahrensgegenständlichen siebten Schubhaftüberprüfungsverfahren nachfolgenden Schubhaftprüfungsverfahren zog ein Revisionsverfahren vor dem VwGH nach sich. Alle in diesen Verfahren ergangenen Entscheidungen sind bereits in Rechtskraft erwachsen.
1.11. Das Erkenntnis des BVwG vom 26.11.2019, Zl. G313 2219372-7/3E, wurde mit Erkenntnis des VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0255-8, „betreffend Feststellung der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG“ „wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben“.
Der VwGH hielt bezüglich der mit außerordentlicher Revision geltend gemachten Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung im Hinblick auf die ungewisse Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines HRZ in Rz 10ff im Wesentlichen Folgendes fest:
„(…) Das Verfahren zur Erlangung eines HRZ wurde zwar – im Hinblick auf den vom Revisionswerber behaupteten Verlust seines Reisepasses – umgehend nach der Schubhaftverhängung eingeleitet, blieb aber bisher völlig erfolglos. Dem vorgelegten Verwaltungsakt lässt sich entnehmen, dass von Seiten der zuständigen Botschaft Ghanas in Bern zuletzt mit Email vom 17. Juni 2019 auf konkrete Terminvorschläge für Botschaftsdelegationsanhörungen im Juli 2019 dahin geantwortet wurde, dass zwar ein Besuch im Sommer beabsichtigt sei, jedoch kein exakter Termin fixiert werden könne. Hierauf ergangene, direkt an den Konsul gerichtete Emails der mit dieser Sache befassten Mitarbeiterin des BFA vom 19. Juni 2019, vom 9. Juli 2019, vom 31. Juli 2019 und schließlich vom 16. Oktober 2019 blieben der Aktenlage zufolge alle unbeantwortet. Vor diesem Hintergrund hätte mit einem Vertreter des BFA geklärt werden müssen, aus welchen Gründen nunmehr von einer – wie das BVwG unterstellte – „baldigen Antwort“ und der zeitnahen Ausstellung eines HRZ ausgegangen werden könne, obwohl die letzte Reaktion des Konsuls mehr als fünf Monate zurücklag und die dort gemachte Ankündigung einer Anreise im Laufe des Sommers 2019 nicht verwirklicht wurde. Weiters wäre in Bezug auf die „Sonderurgenz“ von 16. Oktober 2019 zu erörtern gewesen, aufgrund welcher Anhaltspunkte anzunehmen sei, von der Botschaft werde auf die grundsätzlich für notwendig erachtete persönliche Anhörung des Revisionswerbers vor Ausstellung des HRZ verzichtet, obwohl auf diese Email auch nach sechs Wochen überhaupt nicht reagiert wurde. Zutreffend macht die Revision auch geltend, das BVwG bzw. das BFA hätte näher darzulegen gehabt, in welcher Form konkret die Erlangung eines HRZ vom Bundesministeriums für Inneres „vorangetrieben“ werde, und weshalb davon ausgegangen werde, diese Maßnahmen könnten entscheidend zur Beschleunigung beitragen. Schließlich hätten mit dem Vertreter des BFA in der durchzuführenden Verhandlung auch jene Fragen erörtert werden können, deren Klärung vom Revisionswerber in der Stellungnahme vom 26. November 2019 beantragt wurde, um ein realistisches Bild über die Praxis der HRZ-Ausstellung durch die hierfür zuständige Botschaft Ghanas erlangen und Rückschlüsse für den vorliegenden Fall ziehen zu können.“ (Rz. 12)
„Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. (…).“ (Rz. 13)
1.12. Der BF befand sich ab 05.02.2019, 09.20 Uhr, in Schubhaft, wurde am 13.03 2020 in ein Rückkehrberatungszentrum (RÜBE) entlassen, woraufhin ihm mit Mandatsbescheid des BFA vom 02.06.2020 aufgetragen wurde, bis zur Ausreise in einem vom Bundesamt bestimmten Quartier des Bundes Unterkunft zu nehmen.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften vorliegenden Akteninhalt samt Inhalt aus Akten von vor und nach dem verfahrensgegenständlichen Verfahren vor dem BVwG durchgeführten Schubhaftüberprüfungsverfahren.
Die Feststellung, dass der BF am 13.03.2020 in ein Rückkehrberatungszentrum (RÜBE) entlassen wurde und ihm daraufhin mit Mandatsbescheid des BFA vom 02.06.2020 aufgetragen wurde, bis zur Ausreise in einem vom Bundesamt bestimmten Quartier des Bundes Unterkunft zu nehmen, konnte nach Einsicht in das „Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister“ getroffen werden.
Zuletzt im zehnten Schubhaftüberprüfungsverfahren zu Zl. G301 2219372-10 wurde ebenso wie in den beiden vorangegangenen achten und neunten Schubhaftüberprüfungsverfahren zu Zl. G302 2219372-8 und Zl. G313 2219372-9 festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtsgrundlagen:
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet in Absatz 4 wie folgt:
„§ 22a. (...)
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“
Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),
lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. (…);
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. (…).
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. (…), oder
4. (…),
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(…)
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“
3.2. Zu Spruchpunkt A):
Mit Vorlage des Verwaltungsaktes beim BVwG am 22.11.2019 galt die Beschwerde als für den in Schubhaft befundenen BF eingebracht.
Es fand folglich vor dem BVwG in einem siebten Schubhaftüberprüfungsverfahren die Überprüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft statt.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 26.11.2019, Zl. G313 2219372-7/3E, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Gegen dieses Erkenntnis wurde außerordentliche Revision erhoben. In der Revision wurde weder die Notwendigkeit der Schubhaft in Bezug auf den genannten Sicherungszweck noch das Bestehen von Fluchtgefahr bestritten und auch nicht in Frage gestellt, dass die Schubhafthöchstdauer im vorliegenden Fall gemäß § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG achtzehn Monate beträgt. Es wurde vielmehr (nur) die Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung im Hinblick auf die ungewisse Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines HRZ geltend gemacht und in diesem Zusammenhang die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung gerügt.
Mit Erkenntnis des VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0255-8, wurde das angefochtene Erkenntnis des BVwG „betreffend Feststellung der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG“ „wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften“ aufgehoben.
Der VwGH hielt dabei Folgendes fest:
„(…) Zu der angesprochenen Frage stellte das BVwG im angefochtenen Erkenntnis fest, aktueller Stand sei, dass am 16. Oktober 2019 eine „Sonderurgenz“ an den ghanaischen Konsul ergangen sei, und zwar „in Form einer direkten Antragstellung“ für den Revisionswerber. Diesbezüglich werde von einer „baldigen Antwort“ ausgegangen. Laut Auskunft der „HRZ-Abteilung“ sei aufgrund der Existenz der Reisepass- und Visadaten weiterhin mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer HRZ-Ausstellung zu rechnen. Weiters werde angemerkt, dass seitens des Bundesministeriums für Inneres ebenfalls die Erlangung eines HRZ „vorangetrieben“ werde. Nach Ausstellung des HRZ könne die Außerlandesbringung innerhalb von zwei Wochen stattfinden, zumal Flugabschiebungen nach Ghana bisher reibungslos funktioniert hätten. Die Aufrechterhaltung der Schubhaft werde somit unter Berücksichtigung des „auf Hochtouren laufenden HRZ-Verfahrens“, vor allem wegen der aufgrund der zuletzt am 16. Oktober 2019 an den ghanaischen Konsul ergangenen „Sonderurgenz“ bald erwarteten Ausstellung eines HRZ, für verhältnismäßig gehalten.
Diesbezüglich verweist der Revisionswerber – wie schon in der Stellungnahme vom 26. November 2019 – zu Recht darauf, dass bereits in der Verhandlung vom 24. September 2019 vom anwesenden Vertreter des BFA die Ausstellung eines HRZ für Oktober 2019 in Aussicht gestellt worden sei. Es wäre daher – so wird in der Revision vorgebracht – vom BVwG der Frage näher nachzugehen gewesen, weshalb dieser Zeitplan nicht habe eingehalten werden können und wann nun konkret mit einer Ausstellung dieser Dokumente zu rechnen sei. Auf die ins Treffen geführte „Sonderurgenz“ sei schon im vorangegangenen Schubhaftprüfungsverfahren hingewiesen worden; sie sei aber bisher offenbar unbeantwortet geblieben. Die Schlussfolgerung des BVwG, es sei mit einer „baldigen Antwort“ zu rechnen, sei somit nicht nachvollziehbar. Insoweit sei daher auch kein geklärter Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgelegen, der zur Abstandnahme von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung berechtigt hätte.
Diesen Ausführungen ist beizupflichten. Das Verfahren zur Erlangung eines HRZ wurde zwar – im Hinblick auf den vom Revisionswerber behaupteten Verlust seines Reisepasses – umgehend nach der Schubhaftverhängung eingeleitet, blieb aber bisher völlig erfolglos. Dem vorgelegten Verwaltungsakt lässt sich entnehmen, dass von Seiten der zuständigen Botschaft Ghanas in Bern zuletzt mit Email vom 17. Juni 2019 auf konkrete Terminvorschläge für Botschaftsdelegationsanhörungen im Juli 2019 dahin geantwortet wurde, dass zwar ein Besuch im Sommer beabsichtigt sei, jedoch kein exakter Termin fixiert werden könne. Hierauf ergangene, direkt an den Konsul gerichtete Emails der mit dieser Sache befassten Mitarbeiterin des BFA vom 19. Juni 2019, vom 9. Juli 2019, vom 31. Juli 2019 und schließlich vom 16. Oktober 2019 blieben der Aktenlage zufolge alle unbeantwortet. Vor diesem Hintergrund hätte mit einem Vertreter des BFA geklärt werden müssen, aus welchen Gründen nunmehr von einer – wie das BVwG unterstellte – „baldigen Antwort“ und der zeitnahen Ausstellung eines HRZ ausgegangen werden könne, obwohl die letzte Reaktion des Konsuls mehr als fünf Monate zurücklag und die dort gemachte Ankündigung einer Anreise im Laufe des Sommers 2019 nicht verwirklicht wurde. Weiters wäre in Bezug auf die „Sonderurgenz“ von 16. Oktober 2019 zu erörtern gewesen, aufgrund welcher Anhaltspunkte anzunehmen sei, von der Botschaft werde auf die grundsätzlich für notwendig erachtete persönliche Anhörung des Revisionswerbers vor Ausstellung des HRZ verzichtet, obwohl auf diese Email auch nach sechs Wochen überhaupt nicht reagiert wurde. Zutreffend macht die Revision auch geltend, das BVwG bzw. das BFA hätte näher darzulegen gehabt, in welcher Form konkret die Erlangung eines HRZ vom Bundesministeriums für Inneres „vorangetrieben“ werde, und weshalb davon ausgegangen werde, diese Maßnahmen könnten entscheidend zur Beschleunigung beitragen. Schließlich hätten mit dem Vertreter des BFA in der durchzuführenden Verhandlung auch jene Fragen behandelt werden können, deren Klärung vom Revisionswerber in der Stellungnahme vom 26. November 2019 beantragt wurde, um ein realistisches Bild über die Praxis der HRZ-Ausstellung durch die hierfür zuständige Botschaft Ghanas erlangen und Rückschlüsse für den vorliegenden Fall ziehen zu können.
Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. (…).“ (Rz. 10ff)
Im gegenständlichen Fall war nach Aufhebung des Erkenntnisses des BVwG vom 26.11.2019, Zl. G313 2219372-7/3E, „betreffend Feststellung der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG“ durch den VwGH mit Erkenntnis vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0255-8, „wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften“ nicht nochmals über die mit Aktenvorlage vom 22.11.2019 im siebten Schubhaftüberprüfungsverfahren als eingebracht gegoltene Beschwerde hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung abzusprechen, gilt der Sachverhalt aus dem siebten Schubhaftüberprüfungsverfahren doch als längst überholt, zumal in den nachfolgenden Schubhaftprüfungsverfahren zu Zl. G302 2219372-8, Zl. G313 2219372-9 und G301 2219372-10 bereits jeweils rechtskräftige Entscheidungen nach § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangen sind und sich der BF zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt gar nicht mehr in Schubhaft befindet, sondern sich in einem ihm im Juni 2020 zugewiesenen bestimmten Quartier des Bundes aufhält.
Es war somit über die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr abzusprechen und spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG kann unter anderem dann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der mit „Verhandlung“ betitelte § 24 VwGVG lautet wie folgt:
„§24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.“
Im gegenständlichen Fall haben die Akten erkennen lassen, dass der Sachverhalt aus dem siebten Schubhaftüberprüfungsverfahren längst als überholt gilt, zumal in den nachfolgenden Schubhaftüberprüfungsverfahren zu Zl. G302 2219372-8, Zl. G313 2219372-9 und G301 2219372-10 jeweils bereits rechtskräftige Entscheidungen nach § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangen sind und sich der BF nunmehr gar nicht mehr in Schubhaft befindet, sondern sich in einem ihm im Juni 2020 zugewiesenen bestimmten Quartier des Bundes aufhält, und deshalb gar nicht mehr über die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung abzusprechen war.
Es konnte somit nach § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil die Akten erkennen lassen haben, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Rechtsanschauung des VwGH Rechtswidrigkeit Schubhaft VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2219372.7.00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021