TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/17 L527 2196062-2

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Veröffentlicht am 17.11.2020
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Entscheidungsdatum

17.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55

Spruch


L527 2196062-2/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2020, Zahl XXXX , zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 11.09.2017 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesverwaltungsgericht im Rechtsmittelweg mit am 05.12.2018 verkündetem Erkenntnis rechtskräftig abwies. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte weiters keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan fest.

Ein österreichisches Landesgericht verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 01.03.2018 wegen § 83 Abs 1 StGB in Anwendung des § 5 JGG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Wochen.

Mit Urteil vom 12.06.2019 verurteilte ein österreichisches Landesgericht den Beschwerdeführer weiters wegen § 28a Abs 1 5. Fall und Abs 2 Z 3 SMG, § 28 Abs 1 SMG, § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall sowie Abs 2 SMG und wegen § 83 Abs 1 StGB in Anwendung der § 28 Abs 1 StGB und § 19 JGG nach dem Strafsatz des § 28a Abs 2 SMG zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe. Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zum Urteil vom 01.03.2018 wurde abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) leitete bereits im Jahr 2019 ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer ein. Diesbezüglich verständigte die Behörde den Beschwerdeführer im November 2019 vom Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte ihm Parteiengehör ein. Im August 2020 vernahm sie den Beschwerdeführer ein. Ausweislich der vorliegenden Akten unternahm die Behörde im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots danach keine weiteren wesentlichen Schritte, bis sie am 23.09.2020 den Beschluss eines österreichischen Landesgerichts vom 07.09.2020 erhielt, demzufolge der Beschwerdeführer am XXXX 11.2020 bedingt aus der gerichtlichen Strafhaft entlassen werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.10.2020 erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II) sowie gemäß § 53 Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan aus (Spruchpunkt III). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V). Unter Spruchpunkt VI erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (§ 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer bereits mit Schriftsatz vom 22.10.2020, der Behörde am selben Tag zur Mittagszeit übermittelt, in vollem Umfang die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und ersuchte um Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

In Kenntnis der bevorstehenden Entlassung des Beschwerdeführers aus der gerichtlichen Strafhaft am XXXX 11.2020 sandte die Behörde erst mit Schreiben vom 06.11.2020 die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde langte am 12.11.2020 beim Bundesverwaltungsgericht (Wien) und am 13.11.2020 samt Akt in der Außenstelle Linz, Gerichtsabteilung L527, ein. Nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht legte die Behörde am 13.11.2020 weitere Aktenbestandteile vor. Mit Mitteilung vom XXXX 11.2020 setzte das Bundesverwaltungsgericht die Behörde davon in Kenntnis, dass die Beschwerdevorlage am 13.11.2020 vollständig beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt sei.

Am XXXX 11.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der gerichtlichen Strafhaft entlassen und in Schubhaft genommen.

Am selben Tag – während der Schubhaft – stellte der Beschwerdeführer einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA INT: (von der belangten Behörde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt zum Bescheid vom 05.04.2018, Zahl XXXX (internationaler Schutz); VA EAM: (von der Behörde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt zum angefochtenen Bescheid vom 01.10.2020, Zahl XXXX , (Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme); f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.10.2020, Zahl XXXX , dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen der Islamischen Republik Pakistan, am 07.10.2020 zugestellt, erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II) sowie gemäß § 53 Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan aus (Spruchpunkt III). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V). Unter Spruchpunkt VI erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (§ 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG). (VA EAM AS 341 ff, AS 437 [Rückschein])

Am XXXX 11.2020 – nach der Entlassung aus der Strafhaft und während der Schubhaft – stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz, über den die Behörde bislang nicht entschieden hat (OZ 6, 11, 13, 14, 15).

Gegen den oben genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22.10.2020 die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (VA EAM AS 521 ff).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl L527 2196062-2. Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, angegeben. Einwände, dass die Akten unvollständig oder unrichtig wären, wurden nicht erhoben. Dementsprechend konnte das Bundesverwaltungsgericht den Akteninhalt seinen Feststellungen ohne Weiteres zugrunde legen.

Damit ist der Sachverhalt aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Ersatzlose Behebung des Bescheids:

3.1. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach dem AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a AsylG 2005 zurückgewiesen wird (Z 1), der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird (Z 2), der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 3), einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 4) oder einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z 5) und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 abgewiesen, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs 3 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 52 Abs 1 FPG hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2). Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 52 Abs 2 FPG unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird (Z 1), dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2), ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 3) oder ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z 4) und ihm jeweils kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

3.2. Judikatur:

Mit Erkenntnis vom 08.04.2016, L520 2123983-1/6E, behob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2016, mit dem dieses dem dortigen Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt, gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 3 Z 1 FPG ein auf acht Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen, keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt hatte. Am 17.03.2016 hatte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt und mit Schriftsatz vom 21.03.2016 gegen den genannten Bescheid Beschwerde erhoben.

Die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162, als unbegründet ab. Demnach sei, bevor über den Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig: Nach § 10 Abs 1 AsylG 2005 sei die Rückkehrentscheidung mit der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zu verbinden, nach § 52 Abs 2 FPG habe sie „unter einem“ zu ergehen; sie setze also die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz voraus. Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, dürfe die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung sei nämlich die Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG zu treffen, dass die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären sei, vorwegzunehmen Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ohne eine Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG komme hingegen - außer im Fall, dass die Feststellung aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich ist - auf Grund des vom Gesetzgeber seit 1. Jänner 2014 geschaffenen Systems nicht in Betracht. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz sei daher nicht zulässig gewesen. In einem solchen Fall sei ein anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren einzustellen, und eine - wie im betreffenden Fall - bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung sei vom Bundesverwaltungsgericht ersatzlos zu beheben. Eine Aussetzung des Rückkehrentscheidungsverfahrens bis zur Beendigung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz komme nicht in Betracht, weil es nach der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz jedenfalls einzustellen wäre: sei es, weil Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, sei es, weil eine negative Entscheidung und damit einhergehend eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs 2 FPG bzw. ein Ausspruch über die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder ein Ausspruch nach § 8 Abs 3a AsylG 2005 ergangen ist. Vgl. in diesem Sinne auch die in der Folge ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0146, VwGH 31.01.2019, Ra 2018/22/0086, VwGH 12.12.2018, Ra 2017/19/0553, VwGH 25.09.2018, Ra 2018/21/0107, VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0138, VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0078, VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234.

Die im Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162, angestellten Erwägungen gelten, wie der Verwaltungsgerichtshof seither mehrfach aussprach, auch nach einer Änderung der Rechtslage mit 01. November 2017 weiter und sie gelten auch für ein anhängiges Verfahren über einen Asylfolgeantrag. Namentlich ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) ist nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde; das gilt auch für ein anhängiges Verfahren über einen Asylfolgeantrag. Vgl. VwGH 25.09.2018, Ra 2018/21/0107, VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0138, VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0078.

3.3. Zum gegenständlichen Fall:

Wendet man die maßgeblichen und im Lichte der zitierten Judikatur auszulegenden Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Sachverhalt an, ergibt sich, dass – jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht – die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung des angefochtenen Bescheids nicht vorliegen. Infolgedessen, dass der Beschwerdeführer am XXXX 11.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Namentlich ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz rechtlich unzulässig. Dass der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheids stellte, vermag daran nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ebenso wenig zu ändern wie der Umstand, dass es sich um einen Folgeantrag (§ 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005) handelt und das Bundesverwaltungsgericht mit am 05.12.2018 verkündetem Erkenntnis (schriftliche Ausfertigung vom 04.01.2019, L512 2196062-1/37E) bereits unter anderem eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan festgestellt hatte. Angesichts der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.04.2016, L520 2123983-1/6E, und des dazu ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162, besteht kein Zweifel, dass infolge des Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Rückkehrentscheidung auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids nicht vorliegen. Da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung des gesamten angefochtenen Bescheids nicht gegeben sind, war der Bescheid gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.

Das Bundesverwaltungsgericht weist darauf hin, dass das vorliegende Erkenntnis nichts darüber aussagt, ob es schlechthin (un-)zulässig wäre, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, allenfalls in Verbindung mit einem Einreiseverbot, zu erlassen. Der angefochtene Bescheid war jedenfalls im Lichte der gegebenen Verfahrenskonstellation zu beheben. Es bleibt der belangten Behörde unbenommen, bei Vorliegen der grundsätzlichen rechtlichen Voraussetzungen (vgl. insbesondere § 10 AsylG 2005 und § 52 FPG) in einem bei ihr anhängigen Verfahren, etwa zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, allenfalls auch in Verbindung mit einem Einreiseverbot, zu entscheiden.

Angesichts der ersatzlosen Behebung des angefochtenen Bescheids innerhalb der Frist, innerhalb derer das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden hätte, erübrigt sich ein Abspruch über die aufschiebende Wirkung.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG die mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die für die Entscheidung bedeutsamen Rechtsfragen sind – wie sich aus den oben angeführten Zitaten eindeutig ergibt – hinreichend geklärt. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts stützt sich auf die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und steht damit im Einklang. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragszeitpunkt Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Folgeantrag Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2196062.2.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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