Entscheidungsdatum
09.12.2020Norm
ÄrzteG 1998 §4Spruch
W136 2227996-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 12.12.2019, Zl. BÄL471/2018/12122019-Mag.Sch/mg, betreffend Streichung aus der Ärzteliste zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgegenstand und verwaltungsgerichtliches Verfahren:
Verfahrensgegenständlich ist die Frage, ob die durch den im Spruch bezeichneten Bescheid erfolgte Feststellung, dass die Berechtigung des XXXX zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht mehr besteht und XXXX daher aus der Ärzteliste zu streichen ist, rechtmäßig ist oder nicht.
Mit Schreiben des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 22.01.2020 wurden die Beschwerde des XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer) und die bezugnehmenden Verwaltungsakte am 27.01.2020 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Am 07.08.2020 langte hg. ein Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, GZ. LVwG 49.11-3017/2019-23, vom 29.07.2020 ein, mit dem das dg. Beschwerdeverfahren betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegenständlichen Verfahrens ausgesetzt wird.
Mit E-Mail vom 02.12.2020 übermittelte das Landesverwaltungsgericht Steiermark einen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 18.06.2019, Zl. E 389/2019 mit dem die Behandlung einer Beschwerde des BF gegen das dg. Erkenntnis vom 12.11.2018, GZ LVwG 49.30-659/2018-14, abgelehnt wurde (siehe unten Punkt II.1.2.)
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Sachverhalt und Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer, geboren am XXXX , ist Arzt für Allgemeinmedizin und betreibt seit 1991 eine Ordination in XXXX .
1.2. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten, Dk 4/17St vom 27.06.2017 wurde erkannt, dass sich der Beschwerdeführer eines Disziplinarvergehen gemäß § 136 Abs 1 Z 1 und 2 ÄrzteG 1998 schuldig gemacht hat, indem er auf seiner Homepage in einem Artikel zum Thema „Impfen“ die Existenz von krankmachenden Viren leugnete sowie die Äußerung tätigte, dass Impfen nie vor Krankheiten schütze, die Natur keine Krankheiten kenne und keine einzige Krankheit durch Impfungen verschwunden sei, weshalb über der Beschwerdeführer eine bedingte Geldstrafe iHv € 2.000,-- verhängt wurde.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Erkenntnis vom 12.11.2018 zur GZ LVwG 49.30-659/2018-14 als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung mit Beschluss vom 18.06.2019, Zl. E 389/2019-14 ablehnte und diese an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Das ao. Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof ist zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung offen.
1.3. In der am XXXX um 20:15 Uhr in ORF 1 ausgestrahlten Sendung „Dok 1: XXXX - Die wundersame Welt der Impfgegner“ wurde der Beschwerdeführer interviewt und tätigte ua folgende Aussagen:
- „Masern ist eine übliche Kinderkrankheit, die zum Wachstumsprozess, zum Werdungs- und Reifungsprozess dazugehört und nicht per se eine Krankheit, die Komplikationen nach sich zieht. Denn ein Bakterium macht dich nicht krank und ein Virus macht dich auch nicht krank, sondern es kommt immer darauf an, was das Zusammenspiel der Kräfte belangt.
- Ich glaube diesen ganzen Studien und Untersuchungen gar nichts, denn die Medizin hat sich schon lange entfernt von einer objektiven, sogenannten objektiven, Wissenschaft und wenn wir wirklich krank würden von Bakterien und Viren gäbe es uns nicht, nie. Dann gäbe es gar nichts auf dem Planeten.
- Ich selber habe auf der HIV-Station als Turnusarzt gearbeitet und ich habe überhaupt nie eine Angst vor einer Ansteckung gehabt. Denn ich habe mir sehr genau das Leben derer angeschaut, die von diesen Krankheiten betroffen waren, und mir war klar, dass dieses Krankheitsgeschehen ein dramatisches Versagen der gesamten Immunologie ist. Aber das Versagen unserer Immunologie hat nichts mit Viren und Bakterien zu tun. Sondern das hat einzig zu tun - womit? Durch eine verkehrte Lebensführung und eine verkehrte Lebensanschauung.
- Wenn der Mensch Angst hat vor irgendeiner Erkrankung, dann empfehle ich ihm, sich impfen zu lassen, nach dem Hundebiss, aber ich impfe ihn selber nicht. Und wenn er keine Angst hat, wenn er das als ein Theater sieht, dann reden wir darüber, was wir machen können und es wird kein Problem geben. Es hat auch noch nie ein Problem gegeben.
- Aus einer konsequent ganzheitlichen Sicht gibt es die Theorie der Ansteckung nicht. “
2. Mit Schreiben vom 06.05.2019 wurde beschwerdegegenständliches Verfahren zur Prüfung der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers eingeleitet und dieser von der belangten Behörde zu einer Sitzung des Ehrenrates, das im Verfahren als beratendes Gremium für den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer fungiert, für den 27.05.2019 geladen.
Mit Email vom 07.05.2019 teilte der Beschwerdeführer dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer mit, dass es „hoch an der Zeit“ sei, dass „Ärzte umzudenken beginnen und nicht nur einigen wenigen Homöopathen und Alternativ-Medizinern zugestehen, im Verborgenen über Impf-Krankheiten und Schäden zu reden.“ Es sei eine Schande, dass die Ärztekammer „anders denkenden Ärzten den Mund verbieten“ wolle. Es gäbe „genug Beweise und wissenschaftliche Untersuchungen über dramatische Impf-Schäden bis hin zu Behinderung und Tod.“ Zudem verwies der Beschwerdeführer auf seine Vortragstätigkeit zum Thema „Impfen“ und teilte die einleitenden Worte zu einem seiner Vorträge mit.
Mit Email vom 14.05.2019 teilte der Beschwerdeführer mit, dass es ihm am 27.05.2019 leider nicht möglich sei, von Wien nach XXXX zur Sitzung des Ehrenrats zu kommen und ersuchte um Bekanntgabe der Namen und der Berufe der Mitglieder des Ehrenrates sowie um deren Emailadresse, damit er ihnen im Vorhinein Informationen zukommen lassen könne. Mit Email vom 24.05.2019 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er erst heute einen RSa Brief erhalten habe und es ihm leider nicht möglich sei, am 27.05.2019 von XXXX nach Wien zu kommen, da er „schon länger ausgemachte Klienten-Termine“ in seiner Praxis habe, da er die gesamte Woche vom 17.05.2018 an abwesend gewesen sei. Darüber hinaus würde er sich noch mit seinem Anwalt in dieser Sache besprechen wollen.
Mit Email vom 26.05.2019 teilte der Beschwerdeführer ua Folgendes mit (auszugsweise, wörtlich):
„2. Bezüglich meiner Äußerungen im Film (ein Werbedreh fürs Impfen, pro forma ein paar skeptische Passagen) darf ich mitteilen, dass fast alle erklärenden Passagen heraus geschnitten wurden und meine Aussagen ohne Hintergrundinfo stehen blieben.
3. Ich zog die Erlaubnis den Film auszustrahlen zurück, da die Zusage zu einer Freigabe meinerseits nicht eingehalten wurde. Siehe screenshot im Anhang (Ariane die Koordinatorin, Max XXXX Redakteur und Regisseur).
4. Sollte der Ehrenrat: tagen ohne meine Anwesenheit und ein Urteil sprechen - was ich sehr bedauerlich fände, da ich dessen Mitglieder gerne kennen lernen und die Darstellung der Dinge persönlich Vorbringen würde - werde ich natürlich die mir zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausschöpfen.“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 12.06.2019 wurde der Beschwerdeführer neuerlich zu einer Sitzung des Ehrenrates am 05.07.2019 geladen. Es wurde in der Ladung darauf hingewiesen, dass ein erneutes unentschuldigtes Fernbleiben bei der Verhandlung dazu führt, dass das Verfahren vor dem Ehrenrat ohne seine Anhörung durchgeführt wird. Weiters wurde mitgeteilt, dass die Entschuldigung für sein Fernbleiben von der Sitzung am 27.05.2019 mittels Email vom 24.05.2019 als nicht ausreichend angesehen wurde.
Mit Email vom 14.06.2019 teilte der Beschwerdeführer mit, dass es ihm nicht möglich sei, zur Sitzung des Ehrenrates am 05.07.2019 zu kommen, da er an diesem Tag als Mitglied der „Int. Schule des Goldenen Rosenkreuzes, Lectorium Rosicrucianum“ am Jahreskonvent dieser Gesellschaft teilnehme. Mit Email vom 04.07.2019 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde erneut mit, dass es ihm nicht möglich sei am 05.07.2019 zu kommen und stellte den Antrag, „mein Verfahren ruhen zu lassen und es erst nach Beendigung des VfGh-Verfahren aufzunehmen“. Außerdem müsse er den Ehrenrat „für schulmedizinisch befangen erklären, wenn die ärztlichen Mitglieder sich nicht um die Thematik der Impf-Aufklärung/Impfkritik bemühen wollen“.
3. Am 16.07.2019 informierte die ÖQMED GmbH die Österreichische Ärztekammer über die spezifische Evaluierung der Ordinationsstätte des Beschwerdeführers. Im Behandlungsraum seien mehrere Teppiche, einer Polsterliege und ein Kamin mit davor gelagertem Brennholz vorgefunden worden. Es habe kein Hygiene- und Reinigungsplan vorgelegen und es habe eine Verschwiegenheitserklärung der Reinigungsdame gefehlt. In der Personal- und Patiententoilette gäbe es ein Waschbecken, allerdings ohne Seifen- und Desinfektionsmittelspender. Die Notfallausstattung sei nicht als solche klar gekennzeichnet und nicht zentral gelagert, der Feuerlöscher fehle. Auf dem Ordinationsschild fehle die Fachbezeichnung. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er rein gesprächsbasiert tätig sei, keine Blutabnahme durchführe und seine Patientinnen und Patienten nur bei Bedarf untersuche, zum Beispiel mit einem Stethoskop oder Otoskop. Seitens der ÖQMED GmbH werde festgestellt, dass aufgrund der körperbezogenen Untersuchungen (Askultation, Otoskopuntersuchungen) keine ausschließlich gesprächsbasierte Behandlungssituation gegeben sei und der Raum somit als Behandlungsraum Typ 1 zu klassifizieren sei, weshalb der Behandlungsraum nicht dem Leistungsspektrum entsprechend ausgestattet sei.
4. Mit Erkenntnis Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten, Dk 25/19 St vom 08.07.2019 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, durch sein Auftreten als Impfgegner in der Sendung Dok 1 „ XXXX – die wundersame Welt der Impfgegner“ vom XXXX und die dort getätigten Aussagen, wie Leugnung der Existenz krankmachender Viren, dass Impfen nie vor Krankheiten schützen können, die Natur keine Krankheiten kenne und keine einzige Krankheit durch Impfungen verschwunden sei, ein Disziplinarvergehen gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 49 Abs. 1 ÄrzteG und § 2 der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit begangen zu haben und die Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung für die Dauer von 6 Monaten verhängt. Auf das Wesentliche zusammengefasst wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der erwähnten Sendung medizinische Informationen getätigt habe, welche sowohl wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch medizinischen Erfahrungen widersprächen, jedenfalls aber eine unsachliche Information darstellten, wodurch der Beschwerdeführer das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft beeinträchtig als auch Berufspflichten verletze.
Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, das beim Landesverwaltungsgericht Steiermark zu GZ LVwG 49.11-3017/2019-23 anhängige Beschwerdeverfahren wurde bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegenständlichen Verfahrens ausgesetzt (siehe oben unter Punkt I).
5. Die vom Beschwerdeführer oben unter Punkt 1.3. angeführten Aussagen in der Sendung Dok 1 vom XXXX , die im Wesentlichen jenen Aussagen in einem Artikel auf seiner Homepage entsprechen, die ihm rechtskräftig als Disziplinarvergehen (siehe oben unter Punkt 1.2.) angelastet wurden, widersprechen den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und sind daher unrichtig, bzw. unsachlich im Sinne des § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 iVm § 2 Abs. 1 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den Punkten 1. bis 4. ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
Die Feststellung zu Punkt 5. fußt auf folgenden Erwägungen:
Betreffend die Leugnung krankheitserregender Bakterien und Viren, darf die Existenz von Viren und Bakterien, die Erkrankungen hervorrufen, als notorisch bekannt vorausgesetzt werden, es handelt sich hierbei - wie auch der Beschwerdeführer zugesteht - um Schulwissen. Ebenso ist es notorisch, dass sich Menschen mit Erkrankungen anstecken, worunter das Eindringen von Krankheitserregern in den menschlichen Organismus verstanden wird. Die Leugnung von krankheitserregenden Bakterien und Viren sowie konsequenterweise die Leugnung von Ansteckung an sich, sind daher objektiv unrichtig.
Die Aussage des Beschwerdeführers, wonach - am Beispiel einer HIV-Infektion - die Ursache für das Versagen der Immunologie des Erkrankten „einzig […] eine verkehrte Lebensführung und eine verkehrte Lebensanschauung“ ist, ist ebenso objektiv unrichtig. Auch zu dieser Behauptung des Beschwerdeführers wird als allgemein bekannt vorausgesetzt, dass der in den letzten Jahrzehnten stattgefundene erhebliche Rückgang an Erkrankungen iZm einer HIV-Infektion der diesbezüglich verbesserten medizinischen Behandlung mit antiretroviralen Therapien und nicht einer geänderten Lebensführung oder Lebensanschauung von Infizierten geschuldet ist (vgl. diesbezüglich die Informationen der vom BMASGK nach dem AIDS-Gesetz 1993 geförderten österreichischen Aidshilfen: www.aidshilfen.at/).
Der Beschwerdeführer tritt den Ausführungen der belangten Behörde, wonach seine Äußerungen unwissenschaftlich wären, insofern entgegen, als er vermeint, dass es genügend wissenschaftliche Beweise gäbe, dass Infektionskrankheiten, nicht durch Impfen verschwänden, viele Krankheiten durch Impfen entstehen und es viele Studien, Untersuchungen und Erfahrungsberichte gäbe, dass nicht geimpfte Kinder deutlich gesünder seien als geimpfte, und führt dazu eine Literaturauswahl an.
Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die wissenschaftliche Richtigkeit der vom Beschwerdeführer in der Sendung getätigten Äußerungen zu belegen, denn es bezieht sich ausschließlich auf die vom Beschwerdeführer vertretene impfkritische Haltung. Die vom Beschwerdeführer angeführten Umstände, die seines Erachtens gegen Schutzimpfungen sprechen, nämlich Impfschäden oder Nebenwirkungen von Impfungen, sind zwar objektiv insoweit richtig, als es diese gibt (vgl. dazu www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Impfen/Reaktionen-und-Nebenwirkungen-nach-Impfungen.html), allerdings ist der Hinweis auf die Möglichkeit von Impfschäden – und nebenwirkungen kein Hinweis oder Beweis dafür, dass Viren oder Bakterien Krankheiten nicht hervorrufen bzw., dass man sich mit diesen nicht anstecken könne.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Die anzuwendenden Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 86/2020, lauten (auszugsweise):
„Erfordernisse zur Berufsausübung
§ 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 34 bis 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.
(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind
1. die Handlungsfähigkeit in allen Belangen im Hinblick auf die Berufsausübung,
2. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit,
3. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung,
4. ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, sowie
5. ein rechtmäßiger Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet, mit dem das Recht auf Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist.
(3) …..
Werbebeschränkung und Provisionsverbot
§ 53. (1) Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.
(2) Der Arzt darf keine Vergütungen für die Zuweisung von Kranken an ihn oder durch ihn sich oder einem anderen versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. Leistungen aus solchen Rechtsgeschäften können zurückgefordert werden.
(3) Die Vornahme der gemäß Abs. 1 und 2 verbotenen Tätigkeiten ist auch Gruppenpraxen (§ 52a) und sonstigen physischen und juristischen Personen untersagt.
(4) Die Österreichische Ärztekammer kann nähere Vorschriften über die Art und Form der im Abs. 1 genannten Informationen erlassen.
Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung, Streichung aus der Ärzteliste
§ 59. (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:
1. durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,
……
(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs. 1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann bei einer Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit zum Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten mit Bescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorschreiben. Werden die vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ungerechtfertigt nicht erfüllt, so führt dies zum Wegfall der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit.
(3) Die Präsidentin/Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hat
1. in den Fällen des Abs. 1 Z 1 und 5 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;
…..
(5) Wer die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht mehr besitzt, kann, sobald er die Erfordernisse gemäß § 4 neuerlich nachzuweisen in der Lage ist, die Wiederaufnahme der Berufsausübung unter Einhaltung des § 27 anmelden.
……..“
3.2. Die nach § 53 Abs. 4 ÄrzteG 1998 ergangene Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) lautet auszugsweise:
„§ 1. Der Ärztin (dem Arzt) ist jede unsachliche, unwahre oder das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information untersagt.
§ 2. (1) Unsachlich ist eine medizinische Information, wenn sie wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widerspricht.
(2) Unwahr ist eine Information, wenn sie den Tatsachen nicht entspricht.
….“
3.3. Die belangte Behörde hat mit dem bekämpften Bescheid ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der von ihm oben unter Punkt 1.3. in der ORF-Fernsehsendung DOK 1 dargestellten Äußerungen und Ansichten, die er gegenüber der Behörde in seinen Eingaben bekräftigte, nicht die für die Ausübung des ärztlichen Berufes notwendige Vertrauenswürdigkeit aufweist, da eine potentielle Gefährdung von Patienten durch eine nicht sachgerechte Aufklärung und Behandlung in Bezug auf Impfnotwendigkeiten nicht auszuschließen sei.
3.4. Das ÄrzteG enthält – wie auch weitere Gesetze, die als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme und der weiteren Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Vertrauenswürdigkeit normieren (vgl. etwa § 5 Abs 2 RAO hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit; § 34 Abs 2 FSG 1997 hinsichtlich der Tätigkeit als Sachverständiger zur Begutachtung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen; § 57a Abs 2 KFG 1967 hinsichtlich der Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen; §2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG hinsichtlich der Tätigkeit als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger; § 11 Z 4 PsychotherapieG hinsichtlich der Tätigkeit als Psychotherapeut) – keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Hiezu hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass Vertrauenswürdigkeit im Sinne des ÄrzteG bedeutet, dass sich Patienten darauf verlassen können, dass ein Arzt bei Ausübung des ärztlichen Berufes den Berufspflichten nach jeder Richtung entspricht. Es sind demnach insbesondere strafbare Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes, aber auch sonstige Straftaten geeignet, die Vertrauenswürdigkeit eines Arztes zu erschüttern, sofern sich darin ein Charakter manifestiert, der auch in Zukunft die Begehung strafbarer Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes befürchten lässt (VwGH 20.07.2006, 2004/11/0202; VwGH 24.07.2013, 2010/11/0075; VwGH 15.12.2016, Ra 2016/11/0111).
3.5. Beim Beschwerdeführer handelt es sich - nach seinen Worten - um einen „impfaufklärenden“ Arzt. Seine Kritik am Impfen bzw. zum „Impfzwang“ begründet der Beschwerdeführer einerseits - insoweit nachvollziehbar - mit den von ihm behaupteten gefährlichen Folgen- und Nebenwirkungen von Impfungen, wobei der Beschwerdeführer dazu in weiten Teilen einen Nachweis für seine Behauptungen – zB. dass ungeimpfte Kinder gesünder wären als geimpfte – schuldig bleibt. Andererseits begründet der Beschwerdeführer seine Impfkritik auch mit der Wirkungslosigkeit von Impfungen, weil seiner Ansicht nach Viren und Bakterien nicht ursächlich für Erkrankungen sind. Derartige Äußerungen des Beschwerdeführers, nämlich die Leugnung krankmachender Viren, die Behauptung, dass Impfen nie vor Krankheiten schütze, die Natur keine Krankheiten kenne und keine einzige Krankheit durch Impfen verschwunden sei, wurden diesem bereits rechtskräftig als Disziplinarvergehen angelastet, weil er dadurch unsachliche oder unwahre Informationen im Sinne der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit 2014“ veröffentlicht hat. Wenn die belangte Behörde nunmehr, nachdem der Beschwerdeführer nach seiner disziplinären Verurteilung neuerlich in einer Fernsehsendung seine wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widersprechenden Behauptungen wiederholt, kann unter Beachtung der oben zitierten Judikatur keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde zum Schluss kommt, dass es dem Beschwerdeführer an der für die Ausübung des Arztberufes notwendigen Vertrauenswürdigkeit mangelt.
3.6. Was die vom Beschwerdeführer geäußerte Impfkritik betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.07.2013, Zl. 2010/11/0075, ausgeführt, dass es gegen die Vertrauenswürdigkeit eines Arztes sprechen könne, wenn ein Arzt in seinen Publikationen und Vorträgen unmissverständlich zum Ausdruck brächte, dass er die nach dem Stand der ärztlichen Wissenschaft gebotenen Impfungen in einer konkreten Behandlungssituation nicht verabreichen oder seinen Patienten von derartigen Impfungen ohne Aufklärung über die seiner Meinung entgegengesetzte Auffassung abraten würde. Gleichzeitig hat der Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt, dass eine derartige Prognose nur auf der Basis konkreter Ermittlungen (wie etwa einer Befragung des Beschwerdeführers) getroffen werden könne und im konkreten Fall die behördliche Entscheidung betreffend Verlust der Vertrauenswürdigkeit mangels auf konkreten Ermittlungsergebnissen basierender Feststellungen der Behörde aufgehoben.
In dem, dem vorerwähnten Erkenntnis zugrundeliegenden Fall hat die belangte Behörde den Verlust der Vertrauenswürdigkeit des Arztes mit der Verletzung von Berufspflichten, nämlich Behandlungs- und Betreuungspflichten, sowie Aufklärungspflichten begründet. Im Unterschied dazu, steht jedoch im gegenständlichen Verfahren - ebenso wie im rechtskräftig abgeschlossenen Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer - nicht eine allfällige Verletzung der dem Arzt obliegenden Behandlungs- Betreuungs- und Aufklärungspflichten zur Diskussion, sondern wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, unwahre oder unsachliche medizinische Informationen öffentlich zu verbreiten. Dass die belangte Behörde daraus den Schluss zieht, dass aufgrund der Äußerungen des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden könne, dass dieser seinen ärztlichen Behandlungs- und Aufklärungspflichten in Bezug auf empfohlene Impfungen nicht nachkommen könnte, ist nicht zu beanstanden.
Im Übrigen hat die belangte Behörde im Verfahren den Beschwerdeführer zweimal erfolglos zu einer Anhörung des beratenden Ehrenrates geladen und den Beschwerdeführer auch darauf hingewiesen, dass bei einem weiteren unentschuldigten Fernbleiben des Beschwerdeführers das Verfahren ohne seine Anhörung fortgeführt wird. Dem Beschwerdeführer wäre es daher offen gestanden, seine Behauptungen gegenüber der belangten Behörde näher zu erläutern.
Aus diesem Grund ist auch dem Beschwerdeeinwand, wonach in der angesprochenen Sendung Dok 1 die „Aussagen [des Beschwerdeführers] vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen und die ausführlichen, erklärenden Passagen nicht dargestellt“ worden seien, nicht zu folgen, weil es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, die von ihm behauptete missverständliche Darstellung seiner Aussagen gegenüber dem Ehrenrat bzw. der belangten Behörde richtig zu stellen. Im Übrigen wurde auch in der Beschwerde nicht dargestellt, inwieweit nicht gesendete Erklärungen des Beschwerdeführers seine veröffentlichten Aussagen in einem differenzierten Licht hätten erscheinen lassen.
3.7. Zum Beschwerdeeinwand, wonach der gegenständliche Bescheid gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen würde, weil über den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinen Äußerungen in der Sendung Dok 1 bereits eine Disziplinarstrafe nicht rechtskräftig verhängt worden sei, ist zu bemerken, dass im vorliegenden Verfahren nicht über eine disziplinäre Verfehlung abgesprochen wird, sondern der Beschwerdeführer aus der Ärzteliste gestrichen wurde, weil ihm die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit fehlt. Zum Beschwerdeeinwand, dass der Beschwerdeführer das verfassungsgesetzliche gewährleistete Recht auf Äußerung seiner der gängigen Lehrmeinung widersprechenden Meinung hätte, ist auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde, wonach § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 einen verfassungsrechtlich zulässigen Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit darstellt, zu verweisen.
Dies ist dem Beschwerdeführer auch hinsichtlich seiner wiederholten Beschwerdeausführungen, wonach es möglich sein müsste, andere Sichtweisen in Untersuchungen und Diskussionen einfließen zu lassen, entgegen zu halten Denn das bloße Vorbringen, „dass eine „neuere Dimension der Wissenschaft, universelle geistige und seelische Ebenen als Bedingungen für körperliche Erscheinungen, Krankheiten und Symptome [sieht]“, ist nicht geeignet, die Leugnung krankmachender Bakterien und Viren oder den Umstand, dass „Ansteckung“ lediglich als Theorie angesehen wird, nachvollziehbar zu begründen.
Dem Beschwerdeeinwand, wonach die Äußerungen des Beschwerdeführers im Film nicht unmittelbar mit seiner Berufsausübung zu tun hätten, ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Sendung seine Meinung als praktizierender Arzt darstellt und sich ausdrücklich mehrmals auf seine ärztliche Tätigkeit bezieht.
3.8. Dem Beschwerdevorbringen, dass die belangte Behörde ein Wort einer Eingabe des Beschwerdeführers unrichtig zitiert (UNNSIN statt richtig IN UNS) ist zwar zu folgen, dieser Schreibfehler ist jedoch ohne Relevanz
3.9. Zusammengefasst vermag der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht darlegen, der belangten Behörde ist zu folgen, wenn sie angesichts der oben dargestellten wiederholten unrichtigen oder unsachlichen Informationen des Beschwerdeführers seine zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit nicht mehr als gegeben sieht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2020, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2020 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; Auf das Erkenntnis Verwaltungsgerichtshofes vom 15.12.2016, Ra 2016/11/0111, wird verwiesen.
Schlagworte
Arzt Ärztekammer Ärzteliste Berufsausübung Berufstätigkeit disziplinäre Verfehlungen Disziplinarstrafe Disziplinarverfahren Doppelbestrafung Meinungsfreiheit Mitwirkungspflicht Streichung von der Liste Untersagung Vertrauensverlust VertrauenswürdigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2227996.1.00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021