TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/28 L515 2237828-1

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Veröffentlicht am 28.12.2020
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Entscheidungsdatum

28.12.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L515 2237828-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. Leitner als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , alias XXXX geb. am XXXX alias XXXX , alias XXXX , XXXX Staatsangehörigkeit: Königreich Marokko, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.11.2020, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet), ist ein rechts-widrig im Bundesgebiet aufhältiger Fremder marokkanischer Staatsbürgerschaft und wurde anlässlich der rechtskräftigen Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung iVm einem auf die massive und wiederholte Delinquenz basierendem unbefristeten Einreiseverbot rechtskräftig erlassen und die Abschiebung nach Marokko rechtskräftig für zulässig erklärt.

Zur Sicherung der nunmehr beabsichtigten Abschiebung der bP wurde seitens der belangten Behörde („bB“) beginnend mit dem im Bescheid genannten Datum gem. §§ 76, 77 FPG angeordnet, dass sie sich nach der Entlassung aus der Strafhaft bei der im angefochtenen Bescheid genannten Polizeiinspektion („PI“) iSe gelinderes Mittel zu einer Schubhaft jeden zweiten Tag regelmäßig zu melden hat. Dies wurde damit begründet, dass in Bezug auf die bP zwar Sicherungsbedarf iSd § 76 FPG besteht, die bP jedoch bei ihrer im Zuständigkeitsbereich der genannten PI wohnhaften Gattin Unterkunft beziehen könnte und ging die bP davon aus, dass ein gelinderes Mittel zur Schubhaft als ausreichend anzusehen ist.

Einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die bB ging davon aus, dass Gefahr im Verzug anzunehmen und im Rahmen einer Interessensabwägung vom Überwiegen öffentlicher Interessen auszugehen ist.

I.2. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Die bP ging davon aus, dass sich die Anordnung des beschrieben gelinderen Mittels sich als rechtswidrig darstellen würde. Die bP führte aus, dass die von ihr begangen Straftaten einen „großen Fehler“ darstellen würden und sie „diese sehr bereut“. Es sei ihr wichtig, die familiären Beziehungen mit ihrer Gattin, dem Stiefkund und dem gemeinsamen Kind –welche nicht bei der Mutter, sondern in einem Kinderzentrum leben- aufrecht zu erhalten.

I.3. Der angefochtene Bescheid wurde der bP rechtswirksam zugestellt.

I.4. Das ho. Gericht stellte mit ho. Erkenntnis vom 21.12.2020 gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm 3 Abs. 2 - 4 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF abgewiesen und fest, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu recht erfolgte. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Das ho. Gericht ging im Rahmen einer Gesamtbetrachtung davon aus, dass erhebliche öffentliche Interessen für die sofortige Umsetzung des genannten Bescheides vorliegen, relevante private Interessen vom sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides nur in untergeordneter Weise berührt sind und Gefahr im Verzuge vorliegt.

I.5. Mit Schreiben vom 20.12.2020 teilte die örtlich zuständige PI mit, dass gegen die bP ein Betretungsverbot gem. § 38a SPG in Bezug auf die genannte Wohnung der Gattin verhängt wurde, weil der Verdacht bestünde, dass die bP tätig unmittelbar vor der Ergreifung der genannten Maßnahme gegen ihre Gattin tätlich wurde und die Gefahr bestünde, dass sie dieses Verhalten zukünftig fortsetzen werde.

I.6. Laut einer Auskunft der zuständigen PI kam die bP der aufgetragenen Meldeverpflichtung zum letzten Termin am 27.12.2020 wegen behaupteten –jedoch nicht bescheinigten bzw. nachgewiesenen- Fiebers nicht nach.

I.8.Das Beschwerdevorbringen stellt die letzte Äußerung der bP im Beschwerdeverfahren dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

In Bezug auf den relevanten Sachverhalt wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Person und zum bisherigen verfahrensrechtlichen Schicksal der bP verweisen. Besonders wird auf folgende Umstände hingewiesen:

Der Beschwerdeführer ist ein männlicher, volljähriger, nicht invalider Staatsbürger des Königreichs Marokko.

Die bP reiste im Jahre 2012 rechtswidrig in das Bundesgebiet ein stellte einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz.

Der Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde rechtskräftig abgewiesen. Weiters wurde ua. eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat in Verbindung mit einem zeitlich unbefristeten Einreiseverbot erlassen und die Abschiebung zur zulässig erklärt.

Der von der bP vorgetragene behauptetermaßen ausreisekausale Sachverhalt bzw. die behauptetermaßen bestehenden Rückkehrhindernisse wurden im Asylverfahren rechtskräftig widerlegt.

Die bP kam ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Mitwirkung im Verfahren nicht nach, indem sie falsche Angaben machte und ein tatsachenwidriges Vorbringen erstattete und den tatsächlichen Ausreisegrund sichtlich verschleierte (vgl. § 15 AsylG).

Die bP wurde im Bundesgebiet wiederholt schwer delinquent und scheinen im Strafregister der Republik Österreich folgende Vormerkungen auf:

„…

01) LG XXXX /2012v vom XXXX 2012 RK XXXX 2012 § 127 StGB §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG § 27 (3), § 27 (1) Z 1 8. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 04.12.2012 Freiheitsstrafe 3 Monate Jugendstraftat Vollzugsdatum 23.02.2015

zu LG XXXX /2012v RK XXXX 2012

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am XXXX 2013, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe LG XXXX vom XXXX zu LG XXXX
Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen LG XXXX XXXX /2013s vom XXXX 2013

02) LG XXXX /2013s vom XXXX 2013 RK XXXX 2013 §§ 27 (1) Z 1 9. Fall, 27 (3) SMG §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG § 241e (3) StGB §§ 127, 130 1. Fall StGB § 15 StGB § 229 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 31.05.2013 Freiheitsstrafe 8 Monate Jugendstraftat Vollzugsdatum 06.03.2014

zu LG XXXX XXXX /2013s RK XXXX 2013

zu LG XXXX XXXX /2012v RK XXXX 2012

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am XXXX 2014, bedingt, Probezeit 3 Jahre Anordnung der Bewährungshilfe LG XXXX XXXX /2014s vom XXXX 2014

zu LG XXXX XXXX /2013s XXXX 2013 zu LG XXXX XXXX /2012v RK XXXX 2012 Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen LG XXXX XXXX /2014g vom XXXX 2014

03) LG XXXX XXXX /2014g vom XXXX 2014 RK XXXX 2014 § 105 (1) StGB § 127 StGB Datum der (letzten) Tat 05.04.2014 Freiheitsstrafe 3 Monate Junge(r) Erwachsene(r) Vollzugsdatum XXXX 2015 04) LG XXXX /2014g vom XXXX 2015 RK XXXX 2015 § 27 (1) Z 1 1. Fall u 2. Fall SMG § 83 (1) StGB § 127 StGB § 15 StGB § 127 StGB § 91 (2) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 29.07.2014 Freiheitsstrafe 3 Monate Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX XXXX /2014g RK XXXX 2014 Junge(r) Erwachsene(r) Vollzugsdatum XXXX 2015

05) LG XXXX XXXX /2015m vom XXXX 2015 RK XXXX 2016 §§ 142 (1), 143 2. Fall StGB § 105 (1) StGB § 127 StGB § 146 StGB Datum der (letzten) Tat 02.10.2015 Freiheitsstrafe 5 Jahre 6 Monate Junge(r) Erwachsene(r)

zu LG XXXX XXXX /2015m RK XXXX 2016

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am XXXX 2020, bedingt, Probezeit 3 Jahre Anordnung der Bewährungshilfe LG XXXX XXXX vom XXXX 2020

…“

Die bB ging im Rahmen einer Interessensabwägung davon aus, dass die –auch besonders im Hinblick auf die wiederholte und erhebliche Delinquenz der bP von einem überwiegen der öffentlichen Interessen an der Erlassung einer Rückkehrentscheidung auszugehen ist und erhebliche öffentliche Interessen an einem zeitlich unbefristeten Verbot, nach der Ausreise nach Österreich zurückzukehren, besteht.

Die bP kam bisher ihrer gesetzlich obliegenden Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen, nicht nach.

Die bP verbrachte einen erheblichen Teil ihres Aufenthaltes in Österreich in Haft.

Die bP hat in verschiedener Weise gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen. Es stellte sich bereits die Einreise in das Bundesgebiet rechtswidrig dar (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG) und stellte sie einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz, in dem Sie ihrer gesetzlichen Obliegenheit zur Mitwirkung nicht nachkam. In weiterer Folge wurde sie in der bereits beschriebenen Weise delinquent und kommt nunmehr ihrer Obliegenheit, aufgrund ihres rechtswidrigen Aufenthaltes das Bundesgebiet zu verlassen, nicht nach. Zuletzt kam sie auch ihrer periodischen Meldeverpflichtung bei örtlich zuständigen PI nicht nach und trat in Österreich unter verschiedenen Identitäten auf.

Die bP erweist sich nicht als vertrauenswürdig und offensichtlich nicht ausreisewillig.

Im gegenständlichen Fall ist es aus der Sicht des ho. Gerichts äußerst zweifelhaft, dass sich die bP der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der sehr wahrscheinlichen Überstellung nach Marokko nicht entziehen würde.

Zumindest während der Geltungsdauer des Betretungsverbotes ist der bP eine legale Unterkunftnahme an der von ihr genannten Adresse nicht möglich. Eine weitere Adresse ist dem ho. Gericht nicht bekannt.

Die Gattin der bP, sowie ein gemeinsames Kind, sowie ein Stiefkind halten sich im Bundesgebiet auf. Mit den Kindern lebt die bP nicht und mit der Gattin jedenfalls aufgrund der Verfügung gem. § 38a SPG- vorübergehend nicht im gemeinsamen Haushalt.

Weitere private und familiäre Bindungen im Bundesgebiet kamen im Verfahren nicht hervor.

Abschiebungen nach Marokko finden regelmäßig statt.

2.       Beweiswürdigung:

II.2.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes.

Die Ausführungen des ho. Gericht stellen sich aus tragfähig dar und stellen die nachfolgenden Ausführungen hierzu lediglich Abrundungen und Konkretisierungen dar.

Der Umstand, dass Abschiebungen nach Marokko regelmäßig stattfinden, wird seitens des ho. Gerichts als notorisch bekannt angenommen und wurde eine allfällige Rechtswidrigkeit der behördlichen Maßnahme wegen angenommener ausreichender Aussicht auf die Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen innerhalb angemessener Frist von der bP nie behauptet.

II.2.2. Die bP konnte zum Zeitpunkt der Anordnung des gelinderen Mittels keine sozialen Bindungen iSe sozialen Vernetzung in Österreich belegen, welche ihn davon abhalten würden, sich nicht an die österreichische Rechtsordnung zu halten. So ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die bP während des Asylverfahrens vor ihrer Inhaftierung über eine Existenzgrundlage im Bundesgebiet und über soziale Bindungen verfügte, was sie jedoch nicht davon abhielt, massiv gegen die österreichische Rechtsordnung zu verstoßen.

Auch im Hinblick auf die Drogenkriminalität der bP zeigt sich, dass sie eine besondere Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung zeigt und sie gewillt ist, massiv gegen öffentliche Interessen zu verstoßen, wenn sie sich hieraus einen Vorteil erhofft. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der in der Vergangenheit stattgefundenen Suchtgiftkriminalität und aus der Bereitschaft zu diesem delinquenten Verhalten ableitbaren fehlenden Vertrauenswürdigkeit der bP bezeichnete auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Suchtgift drastisch als "Geißel der Menschheit"; der Oberste Gerichtshof wertete in seiner Rechtsprechung die Suchtgiftkriminalität u.a. als "gesellschaftlichen Destabilisierungsfaktor" (vgl. OGH 27.4.1995, 12 Os 31, 32/95), der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte betonte die verheerende Wirkung von Drogen auf das gesellschaftliche Leben (vgl. EGMR 23.6.2008, 1638/03, Maslov gegen Österreich [GK]). Der VwGH erkennt in ständiger Judikatur (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis vom 29.9.1994, Zl. 94/18/0370), dass die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten – und hieraus auch ableitbar die qualifizierte Bereitschaft, gegen die Österreichische Rechtsordnung zu verstoßen- besonders groß ist.

Im gegenständlichen Fall ist auch festzuhalten, dass die bP wiederholt Straftaten setzte, sich von einer bereits bestehenden Verurteilung nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten ließ, sie eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag legte und sie in verschiedene Rechtsgüter unterschiedler Rechtsgutträger eingriff.

Auch zeigt die Art der begangenen Straftaten, dass in der bP über erhebliche kriminelle Energie verfügt. Sie zeigen auch, dass die bP in Situationen, die praktisch jeder andere mit einem entsprechenden Rechts- bzw. Gerechtigkeitsempfinden ausgestattete Person anders lösen würde, zur Gewalt gegen Personen greift, sie gesundheitliche, aber auch materille und sonstige Schäden in Kauf nimmt und es ihr in sichtlich am empathischen Einfühlungsvermögen gegenüber den geschädigten Rechtsgrundträgern fehlt.

Das ho. Gericht geht auch nicht davon aus, dass in Bezug auf das zukünftige Verhalten der bP von keinem Gesinnungswandel auszugehen ist. So zeigte sich, dass sie in Bezug auf ihre Delinquenz phrasenhaft und tendenziell verharmlosend einging, und geht das ho. Gericht davon aus, dass die Reue der bP dahingehend vorliegt, dass ihr durch ihr delinquentes Verhalten persönliche Nachteile, insbesondere nunmehr in fremdenrechtlicher Hinsicht erwachten, als dass sie sich von den Taten innerlich distanziert. Eben zeigte sich in Bezug auf ihre Verstöße gegen fremden- und asylrechtliche Bestimmungen ihre Bereitschaft, freiwillig nicht den rechtmäßigen Zustand herstellen zu wollen. So reiste sie nach der Entlassung aus der Strafhaft nicht aus dem Bundesgebiet aus und verharrt weiterhin rechtswidrig in diesem.

Es ist zwar davon auszugehen, dass gerichtliche Verurteilungen per se nicht in jedem Fall die den Bedarf an einer Sicherungsmaßnahme rechtfertigen vermögen, doch kommt hier in Bezug auf das Verhalten der bP im Bundesgebiet nicht die strafrechtliche, sondern die fremdenrechtliche Betrachtungsweise ihres Verhaltens zum Tragen. Daher ist an dieser Stelle für die Beurteilung nicht das Vorliegen der rechtskräftigen Bestrafung oder Verurteilung, sondern das diesen zu Grunde liegende Verhalten des Fremden maßgeblich bzw. relevant, demzufolge auf sich aus dem Verhalten ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen ist (VwGH vom 22.3.2011, 2008/21/0246 mwN, auch Erk. vom 16.11.2012, 2012/21/0080 [die beiden genannten Erkenntnisse beziehen sich zwar nicht auf fremdenpolizeiliche Sicherungsmaß-nahmen, doch sind die dort angestellten Überlegungen so weit verallgemeinerungsfähig, dass sie auch an dieser Stelle angewandt werden können]), welches sehr wohl bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der bP im hier relevanten Umfang zu berücksichtigen ist und zeigt sich im gegenständlichen Fall, dass die bP keinesfalls als vertrauenswürdig anzusehen ist. Darauf, dass in Bezug auf das Verhalten der bP ein relevanter Gesinnungswandel eingetreten wäre, bestehen keinerlei Hinweise und indiziert die letztliche Notwendigkeit, gegen die bP gem. § 38a SPG vorzugehen sichtlich Gegenteiliges.

Der manifestierte Ausreiseunwille der bP zeigt in ihrem Verhalten, welches darlegt, dass die Herstellung des rechtmäßigen fremdenrechtlichen Zustandes auf ihrer Agenda keinen oder allenfalls einen äußerst untergeordneten Rang einnimmt.

Aufgrund des beschriebenen Verhaltens geht das ho. Gericht davon aus, dass sich die bP als nicht vertrauenswürdig erweist, nach wie vor qualifiziert bereit ist, gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere gegen fremdenrechtliche Bestimmungen zu verstoßen und dienen die gegenteiligen allgemein und phrasenhaft gehaltenen gegenteiligen Behauptungen sichtlich dazu, diesen Umstand zu verschleiern. Ebenso zeigt das bisherigen Verhalten der bP und die hiermit zur Schau gestellte Gesinnung, dass sie im Falle der Unterlassung von Sicherungsmaßnahmen sichtlich nicht bereit wäre, sich rechtskonform zu verhalten.

Da sich die bP seit der Einbringung der Beschwerde nicht mehr äußerte, geht das ho. Gericht davon aus, dass sich aus ihrer Sicht kein rechtlich relevanter neuer Sachverhalt ergab.

3.       Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist und ist im gegenständlichen Verfahren mangels Sonderbestimmung von der Zuständigkeit des Einzelrichters auszugehen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu Spruchteil A)

II.3.2.1. § 77 FPG lautet:

„Gelinderes Mittel

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1.       in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3.       eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

II.3.2.2. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2)      Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1.       dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2.       die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3)      Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2.       ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a.       der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b.       der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.       es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4)      Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5)      Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6)      Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

II.3.2.3. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

II.3.2.4. Die „Fluchtgefahr" ist innerstaatlich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert.

In Bezug auf die bP besteht eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Im gegenständlichen Fall ist von einer erheblichen Fluchtgefahr im Wesentlichen aufgrund mangelnden sozialen Verankerung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, der erheblichen widerholten Delinquenz und des sichtlichen Unwillens, den fremdenrechtlich rechtmäßigen Zustand durch ihre Ausreise herzustellen, sowie mit der mangelnden Vertrauenswürdigkeit der bP gegeben. Dies ist aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der rechtlichen Beurteilung in hinreichender Schlüssigkeit ersichtlich. Dem Vorliegen dieser Kriterien konnte auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegen getreten werden und erschöpfte sich die Beschwerde im Wesentlichen in nicht bescheinigten Behauptungen.

II.3.2.5. Es kann daher der belangten Behörde unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens der bP nicht vorgeworfen werden, wenn sie bei ihrer Entscheidung von einem fremdenpolizeilich gebotenen Sicherungsbedarf ausgeht.

II.4. Zur Anwendung des gelinderen Mittels:

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Aus den oa. Ausführungen zeigt sich zweifelsfrei, dass die Voraussetzungen des § 76 FPG grundsätzlich vorliegen. Wenn die bP ausführt, sie sei bestrebt, die familiären Bindungen zu ihrer Gattin und dem Stief- sowie dem gemeinsamen Kind aufrecht zu erhalten, ist festzuhalten, dass ihr dies in Umsetzung des von der bB bescheidmäßig angeordneten gelinderen Mittels jederzeit möglich ist. Es ist ihr sogar in einem weiterem Umfang möglich, als während der durch ihre Delinquenz verursachte Strafhaft. Wenn hierum wiederum aufgrund der Maßnahme gem. § 38a SPG eine Einschränkung erfolgte, so ist dies nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Abgesehen vom Umstand, dass die bP jeden zweiten Tag die genannte PI aufzusuchen hat und es ihr außerhalb dieses verhältnismäßig kurzen Zeitraumes bis zum Zeitpunkt der Abschiebung frei steht, ihre privaten und familiären Bindungen ausgiebig zu pflegen, konnten weitere konkrete Interessen der bP, welche durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung berührt werden, nicht festgestellt werden, weil solche nicht genannt wurden und der Behörde auch nicht bekannt sind.

Der bB ist jedenfalls beizupflichten, dass im gegenständlichen Fall ein Sicherungsbedarf besteht, welcher die Anordnung des gegenständlichen gelinderen Mittels rechtfertigt und kann nicht festgestellt werden, dass die Behörde hierbei rechtswidrig vorging, insbesondere sieht das ho. Gericht keine rechtswidrige Ausübung des der bB eingeräumten Ermessens.

Letztlich deutet auch nichts darauf hin, dass eine Abschiebung innerhalb einer angemessenen, rechtlich zulässigen Frist nicht möglich wäre.

II.5. Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und abzuweisen.

II.6. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

„(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.

die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint

oder

- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts allgemein folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

-        Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

-        Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen-

-        In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des Behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.

-        Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

Soweit die persönliche Einvernahme beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies –so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung. Ebenso erstattete die bP kein Vorbringen, welche die normative Vergewisserung der Sicherheit Georgiens in Zweifel gezogen hätte.

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen; dies gilt insbesondere in Bezug auf die Frage der Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 67 FPG, der Frage der Verhältnismäßigkeit behördlichen Handelns und der Prüfung der Ausübung behördlichen Ermessens. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auch löste das ho. Gericht auch die Frage, ob eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen wäre, im Lichte der einheitlichen Judikatur des VwGH.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Das ho. Gericht entschied im Lichte der bereits zitierten einheitlichen Judikatur des VwGH bzw. dem eindeutigen Gesetzeswortlaut welcher keine andere als die hier getroffene Auslegung zulässt.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Fluchtgefahr gelinderes Mittel mangelnde Ausreisewilligkeit Meldeverpflichtung Sicherungsbedarf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L515.2237828.1.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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