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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. Jänner 1997, Zl. SD 1370/96, betreffend Entziehung eines Fremdenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 3. Jänner 1997 wurde dem Beschwerdeführer, einem iranischen Staatsangehörigen, der ihm am 4. April 1995 ausgestellte Fremdenpaß mit der Nr. Z 0039082 gemäß § 61 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, entzogen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, ein Fremdenpaß sei gemäß § 61 Abs. 1 FrG zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt oder eintreten würden, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigten. Es sei daher im Beschwerdefall zu prüfen gewesen, ob die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 7. September 1995, rechtskräftig seit 22. November 1995, wegen "gewerbsmäßigen Betruges etc. (§§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 Abs. 3, 148 zweiter Fall, 134 Abs. 1 und Abs. 3 erster Fall, 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 i.V.m 161 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren (unbedingt)" eine solche nachträglich eingetretene Tatsache darstelle, die die Versagung der Ausstellung rechtfertige.
Dem Argument des Beschwerdeführers, die Gründe für die Versagung der Ausstellung eines Fremdenpasses wären nur im § 60 FrG enthalten und es läge in seinem Fall keiner der dort genannten Gründe vor, vermöge die belangte Behörde nicht zu folgen. Die Regelung des § 60 FrG enthalte wohl bestimmte Tatbestände, bei deren Vorliegen die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen sei, doch dürfe diese Bestimmung nicht im Sinne einer abschließenden Regelung von Versagungstatbeständen gesehen werden, zumal die Ausstellung eines Fremdenpasses auch dann zu versagen sei, wenn die grundlegenden Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 FrG nicht gegeben seien. (Folgte man dem Argument des Beschwerdeführers, würde dies bedeuten, daß die Entziehung eines Fremdenpasses, der einem Fremden mit ungeklärter Staatsbürgerschaft oder einem Staatenlosen ausgestellt worden sei, auch bei Klärung der Staatsbürgerschaft oder Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft der betreffenden Person unzulässig wäre, und weiters die Bestimmung des § 70 Abs. 2 FrG betreffend den Ausschluß des Instanzenzuges bei Versagung eines Sichtvermerkes nicht zur Anwendung käme, wenn ein Sichtvermerksantrag aus anderen als den im § 10 FrG genannten Gründen abgelehnt würde.)
Die Ausstellung eines Fremdenpasses setze gemäß § 55 Abs. 1 FrG unter anderem voraus, daß dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen sei. Die belangte Behörde pflichte der Erstbehörde darin bei, daß aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers die Ausstellung eines Fremdenpasses im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers nicht im Interesse der Republik gelegen und der Fremdenpaß daher zu entziehen sei. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer nunmehr nach Verbüßung der Hälfte der Strafe bedingt entlassen werde.
Dem Argument des Beschwerdeführers, daß er auch nach seiner Haftentlassung nicht in der Lage wäre, sich den Reisepaß eines anderen Landes zu beschaffen und - zumal er in den Iran nicht zurückkehren könnte - nicht in der Lage wäre, nach Kuweit oder Australien, wo er Verwandte hätte, auszureisen, komme in diesem Zusammenhang keine relevante Bedeutung zu. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, es könnte nicht im Interesse der Republik Österreich gelegen sein, zu verhindern, daß er in einem anderen Land Aufenthalt nehme, sei zu bemerken, daß eine Prüfung dieser Frage einem neuen Antrag vorbehalten bleibe, wenn der Beschwerdeführer nachweise, daß er tatsächlich zur Auswanderung aus Österreich ein Reisedokument benötige.
2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 61 FrG ist ein Fremdenpaß u.a. dann zu entziehen, wenn "nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden" (Z. 1).
Gemäß § 55 Abs. 1 FrG kann (auf Antrag) ein Fremdenpaß in den dort aufgezählten Fällen ausgestellt werden, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist. Weiters normiert § 60 FrG ("Versagung eines Fremdenpasses") Gründe, aufgrund welcher (u.a.) die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen ist.
Im Zusammenhang mit den genannten Regelungen halten die Gesetzesmaterialien (RV 692 Blg NR XVIII. GP, S 55, "Zu den §§ 55 bis 61") fest, daß im § 55 FrG jene Fälle taxativ aufgezählt werden, in denen Fremdenpässe ausgestellt werden können. In all diesen Fällen komme es nicht bloß darauf an, daß die Ausstellung des Fremdenpasses im Interesse des Betroffenen gelegen sei, sondern es müsse auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen. Österreich eröffne mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu Reisen und übernehme damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordere einen "restriktiven Maßstab".
2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen mehrerer Delikte zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt. I.1.).
Wenn die belangte Behörde im Hinblick darauf zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Ausstellung eines Fremdenpasses für den Beschwerdeführer nicht im "Interesse der Republik" gelegen und daher der bereits ausgestellte Fremdenpaß dem Beschwerdeführer gemäß § 61 FrG zu entziehen sei, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Ausstellung eines Fremdenpasses darf nämlich - wie sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt (vgl. die Erkenntnisse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0503, und vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0085) - nur erfolgen, wenn die im § 55 FrG normierten Voraussetzungen gegeben sind. Fällt eine dieser erforderlichen Voraussetzungen - vorliegend der Umstand, daß die Ausstellung im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist - weg, so ist ein ausgestellter Fremdenpaß - entgegen der Beschwerde - gemäß § 61 Z. 1 FrG zu entziehen.
§ 60 FrG stellt somit - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, wonach diese Regelung die "Versagungsgründe für einen Fremdenpaß taxativ aufzählt" - nicht eine Regelung dar, die die Gründe für die Versagung eines Fremdenpasses abschließend regelt. Weiters stellt die besagte Verurteilung des Beschwerdeführers einen Sachverhalt dar, der im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG als bestimmte Tatsache gilt, die sogar die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen würde; auch von daher gesehen besteht kein Einwand, wenn die belangte Behörde vorliegend ein Interesse der Republik im Sinne des § 55 Abs. 1 FrG verneint hat.
3. Der (Verfahrens-)Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe völlig unberücksichtigt gelassen, daß er schlüssig dargetan habe, daß die Entziehung seines Fremdenpasses nicht im Interesse der Republik Österreich gelegen sein könne, ist entgegenzuhalten, daß sich der angefochtene Bescheid mit den vom Beschwerdeführer diesbezüglich in seiner Berufung ins Treffen geführten Umständen, nämlich seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft sowie der Ermöglichung seiner (endgültigen) Ausreise in andere Staaten, auseinandergesetzt hat. Wenn die belangte Behörde dabei die Auffassung vertreten hat, daß die besagte bedingte Entlassung nichts an der von ihr vorgenommenen Beurteilung zu ändern vermöge, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen, hatte sie doch den Beschwerdefall aus dem Blickwinkel des Fremdengesetzes eigenständig zu beurteilen, ohne etwa an die Erwägungen gebunden zu sein, die für das Strafgericht für die bedingte Entlassung ausschlaggebend gewesen waren. Hinsichtlich der Ermöglichung der Auswanderung aus Österreich hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß die Frage der Ausstellung eines Fremdenpasses zu diesem Zweck im Hinblick auf § 55 Abs. 1 Z. 4 FrG in einem eigenen Verfahren auf Antrag des Beschwerdeführers zu prüfen wäre. Das weitere Berufungsvorbringen, daß einer Abschiebung in den Iran § 37 FrG entgegenstünde, ist ebenfalls nicht zielführend, wurde doch mit dem angefochtenen Bescheid weder über die Frage einer allfälligen Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich noch über die Frage seiner allfälligen Abschiebung aus Österreich abgesprochen.
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180064.X00Im RIS seit
11.07.2001