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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §58 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des J T in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 22. August 2019, LVwG-411456/30/Gf/CJ, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. März 2016 wurde der Revisionswerber als Lokalbetreiber einer näher bezeichneten Tankstelle der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 1 und 4 Glücksspielgesetz - GSpG schuldig erkannt, weil er die Aufstellung und den Betrieb von zwei näher bezeichneten Glücksspielgeräten geduldet habe. Es wurden über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. August 2019 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) im dritten Rechtsgang der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde insoweit statt, als es die verhängten Geldstrafen auf EUR 2.000,-- pro Glücksspielgerät herabsetzte und die Strafsanktionsnorm im Spruch mit „§ 52 Abs. 2 erster Strafrahmen GSpG“ richtigstellte; im Übrigen wies es die Beschwerde „im Ergebnis“ als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass der Revisionswerber keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten habe, und reduzierte den Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens (Spruchpunkt II.). Eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit hier wesentlich - aus, der Revisionswerber habe nicht „in Abrede gestellt, dass er zum Tatzeitpunkt als Geschäftsführer jener GmbH fungierte, die sich im Tatzeitraum durch die Zurverfügungstellung von zwei Glücksspielautomaten an verbotenen Ausspielungen i.S.d. Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses als Unternehmerin beteiligte, sodass er damit den Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z. 1 vierte Alternative GSpG erfüllt“ habe.
4 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 1.1. Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es sei dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen, welche konkrete Tathandlung dem Revisionswerber vorgeworfen werde, und es besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, als zulässig. Die Revision ist insoweit auch begründet.
6 1.2. § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der angelasteten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. z.B. VwGH 22.1.2020, Ra 2018/17/0170; 24.6.2020, Ra 2018/17/0226, jeweils mwN).
7 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 4.5.2020, Ra 2019/16/0214, mwN).
8 1.3. Im angefochtenen Erkenntnis werden dem Revisionswerber unterschiedliche Tathandlungen vorgeworfen. Im durch die Abweisung der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht insoweit übernommenen Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde wird dem Revisionswerber ausdrücklich das unternehmerische Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG) vorgeworfen, weil er als Lokalbetreiber die Aufstellung und den Betrieb von zwei näher bezeichneten Glücksspielgeräten geduldet habe. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung lastet das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber demgegenüber die unternehmerische Beteiligung an verbotenen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG) durch eine - nicht näher bezeichnete - „GmbH“, als deren Geschäftsführer der Revisionswerber im Tatzeitraum fungiert habe, durch Zurverfügungstellen von zwei Glücksspielgeräten an.
9 1.4. Damit ist dem angefochtenen Erkenntnis angesichts dieser unlösbar widersprüchlichen Tatanlastungen nicht unverwechselbar zu entnehmen, welche Tathandlung dem Revisionswerber konkret vorgeworfen wurde und unter welches Tatbild diese Tathandlung nach Ansicht des Verwaltungsgerichts zu subsumieren wäre. Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 und 2 VStG und ist dadurch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
10 2. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Zulässigkeitsvorbringen einzugehen war.
11 3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 3. Februar 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019170105.L00Im RIS seit
16.03.2021Zuletzt aktualisiert am
16.03.2021