TE Bvwg Beschluss 2020/9/10 L521 2233547-1

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Veröffentlicht am 10.09.2020
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Entscheidungsdatum

10.09.2020

Norm

ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §8a

Spruch


L521 2233547-1/5E

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. in der Beschwerdesache des XXXX gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) vom 17.06.2020, Zl. RSDB-ts-6487, betreffend Rückerstattung von Service-Entgelt gemäß § 31c ASVG im Betrag von EUR 45,85 den

BESCHLUSS

gefasst:

A)

Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) vom 17.06.2020 wurde das Begehren des Antragstellers vom 20.02.2020 auf Rückerstattung von Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card gemäß § 31c ASVG im Betrag von EUR 45,85 abgelehnt.

Begründend führte die Österreichische Gesundheitskasse im Wesentlichen aus, in Ansehung des Antragstellers sei keine der in § 31c Abs. 5 ASVG angeführten Alternativen für eine Rückerstattung des Service-Entgelts verwirklicht. Der Antragsteller sei insbesondere nicht auf Grund einer Richtlinie nach § 30a Abs. 1 Z. 15 ASVG vom Service-Entgelt befreit, da er weder von der Rezeptgebühr befreit sei, noch einen Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt gestellt habe.

2. Mit dem innerhalb der Beschwerdefrist bei der Österreichischen Gesundheitskasse eingebrachten Antrag vom 19.07.2020 begehrt der Antragsteller die „Bestellung einer unentgeltlichen Verfahrenshilfe“ zur Einbringung einer Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid und bringt dazu begründend vor, kein „spitzfindiger Volljurist“ zu sein und nicht über die erforderliche Fachkenntnis zur Beurteilung der Frage zu verfügen, auf „welche Gesetzestexte in der unendlichen Welt des Rechts“ er sich berufen könne.

In der Sache bringt der Antragsteller ferner vor, in den strittigen Kalenderjahren nicht mehr als EUR 966,65 monatlich an Einkommen bezogen zu haben. Der Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt könne mit fünfjähriger Rückwirkung gestellt werden und es dürfe der Umstand sozialer Bedürftigkeit nicht davon abhängen, dass rechtzeitig ein Antrag auf Befreiung von der Rezeptgebühr gestellt worden sei. Einen solchen Antrag habe er nicht erwogen, da er den Gang zu Ärzten nach Möglichkeit vermeide und keine Medikamente in Anspruch nehmen.

3. Die Aktenvorlage der Österreichischen Gesundheitskasse erfolgte mit 31.07.2020. Die Rechtssache wurde in der Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Erledigung zugewiesen.

4. Mit Erledigung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.08.2020 wurde der Antragsteller zur Verbesserung seines Antrages durch Vorlage eines eigenhändig unterfertigten und mit den erforderlichen Belegen versehenen Vermögensbekenntnisses aufgefordert.

5. Die Verbesserung des Antrages wurde vom Antragsteller am 17.08.2020 fristgerecht vorgenommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der am XXXX geborenen Antragsteller beantragte mit an die Österreichische Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) gerichteter Eingabe vom 20.02.2020 die Rückerstattung von Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card gemäß § 31c ASVG im Betrag von EUR 45,85.

Nach zunächst formloser Ablehnung seines Begehrens beantragte der Antragsteller mit Eingabe vom 22.03.2020 die Erlassung einer förmlichen und anfechtbaren Erledigung und brachte in der Sache insbesondere vor, in den bezughabenden Zeiträumen nicht mehr als EUR 600,00 an Einkommen bezogen zu haben, weshalb er die Voraussetzungen für die Befreiung vom Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card als erfüllt ansehen würde.

1.2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) vom 17.06.2020 wurde das Begehren des Antragstellers vom 20.02.2020 auf Rückerstattung von Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card gemäß § 31c ASVG im Betrag von EUR 45,85 abgelehnt.

Begründend führte die Österreichische Gesundheitskasse im Wesentlichen aus, in Ansehung des Antragstellers sei keine der in § 31c Abs. 5 ASVG angeführten Alternativen für eine Rückerstattung des Service-Entgelts verwirklicht. Der Antragsteller sei insbesondere nicht auf Grund einer Richtlinie nach § 30a Abs. 1 Z. 15 ASVG vom Service-Entgelt befreit, da er weder von der Rezeptgebühr befreit sei, noch vor der Einhebung des Service-Entgelts in den bezughabenden Kalenderjahren 2015, 2017, 2018 und 2019 einen Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt gestellt habe. Da eine Befreiung vom Service-Entgelt nur pro futuro nach einem dahingehenden Antrag bewilligt werden könne, kommen eine Rückerstattung von Service-Entgelt nicht in Betracht.

1.3. Innerhalb offener Beschwerdefrist beantragte der Antragsteller fristgerecht die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wobei erkennbar die unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts begehrt wird.

1.4. Der ledige und nicht durch Sorgepflichten belastete Antragsteller ist derzeit erwerbslos. Er bezieht Notstandshilfe, wobei ihm bis zum 01.06.2021 ein Bezug von EUR 18,85 täglich (das sind ca. 565,50 monatlich) bewilligt wurde.

1.5. Der Antragsteller lebt in XXXX bei seiner Mutter. Er hat dafür kein Entgelt und Betriebskosten zu leisten.

1.6. Bei einem österreichischen Kreditinstitut unterhält der Antragsteller ein Bankkonto, welches per 29.05.2020 einen Guthabenstand von EUR 1.226,88, per 30.06.2020 einen Guthabenstand von EUR 386,82 und per 31.07.2020 einen Guthabenstand vom EUR 875,45 aufgewiesen hat. Zahlungen des Antragstellers in diesem Zeitraum wurden nahezu ausschließlich an einen Online-Bezahldienst sowie einen Onlineversandhandel geleistet. Zum Zeitpunkt der (verbesserten) Antragstellung betrug der Guthabenstand EUR 398,91. Weiteres Vermögen des Antragstellers ist nicht vorhanden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Sozialversicherungsanstalt vorgelegten Verfahrensakt sowie Einholung eines aktuellen Vermögensbekenntnisses des Antragsstellers.

2.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt und den Ausführungen des Antragstellers in seinem Antrag vom 19.07.2020 sowie den Ausführungen im Antragsformular sam Vermögensbekenntnis vom 16.08.2020 sowie den in Vorlage gebrachten Belegen und Nachweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 8a Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 57/2018 ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Soweit nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe § 8a Abs. 2 VwGVG zufolge nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen.

3.2. Durch die Bestimmung des § 8a VwGVG soll dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25.06.2015, G 7/2015, Rechnung getragen werden, wonach die Bewilligung der Verfahrenshilfe auch abseits der Verwaltungsstrafverfahren in Administrativverfahren gewährleistet sein muss.

Ein Rechtsanspruch auf Bewilligung der Verfahrenshilfe besteht gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG nur, wenn nachstehende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

?        Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC erfordern die Bewilligung;

?        der notwendige Unterhalt der Partei wird durch die Kosten der Verfahrensführung beeinträchtigt;

?        die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darf nicht offenbar mutwillig erscheinen;

?        die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darf nicht offenbar aussichtslos erscheinen (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 8a VwGVG K5).

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 22.12.2010, C-279/09, festgehalten, dass die Frage der unionsrechtlich gebotenen Gewährung von Prozesskostenhilfe, die auch Gebühren für den Beistand eines Rechtsanwaltes umfassen können, einzelfallbezogen nach Maßgabe folgender Kriterien zu erfolgen haben: Begründete Erfolgsaussichten des Klägers, die Bedeutung des Rechtsstreits für diesen, die Komplexität des geltenden Rechts und des anwendbaren Verfahrens sowie die Fähigkeit des Klägers, sein Anliegen wirksam (selbst) zu verteidigen (VwGH 03.09.2015, Zl. Ro 2015/21/0032). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die Verfahrenshilfe nicht in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren. In seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung der Bestimmung des § 40 VwGVG führte, fasste der Verfassungsgerichtshof die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dahingehend zusammen, dass der „Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse“. In jenen Fällen, in denen es „unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde“, müsse ein solcher beigestellt werden. Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten zum Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (vgl. die Erläuterungen zu § 8a VwGVG, RV 1255 BlgNR 25. GP).

3.3. Der nicht für dritte Personen sorgepflichtige Antragsteller bezieht ein monatliches Einkommen von (zumindest) EUR 565,50. Bei einem österreichischen Kreditinstitut unterhält der Antragsteller ein Bankkonto, welches schwankende Guthabenstände aufweist. Aufgrund der Unterkunftnahme bei seiner Mutter hat der Antragsteller keine Wohnkosten zu gewärtigen. Den vorgelegten Kontoauszügen kann ferner entnommen werden, dass der Antragsteller außerdem freie Verpflegung genießt, zumal seine Ausgaben nahezu ausschließlich an einen Online-Bezahldienst sowie einen Onlineversandhandel fließen und keine Ausgaben für Einkäufe und auch keine Bargeldbehebungen ersichtlich sind.

Ausgehend davon und ob des Umstandes, dass der Rechtsprechung zufolge eine Kontoüberziehung in einem gewissen Ausmaß zumutbar ist (Klauser/Kodek, JN – ZPO18 § 63 ZPO E 45/3), kann aufgrund der besondere Umstände des Einzelfalls nicht davon gesprochen werden, dass der notwendige Unterhalt des Antragstellers durch die Kosten einer Beschwerdeerhebung beeinträchtigt wird. Die Zahlung der Eingabegebühr von EUR 30,00 stellt sich in Anbetracht der Vermögensverhältnisse des Antragstellers jedenfalls als zumutbar dar, dessen ungeachtet ist davon auszugehen, dass im gegenständlichen Fall § 110 Abs. 1 Z. 2 lit. a ASVG greift und daher keine Eingabegebühr anfällt. Die Reisekosten zu einer allfälligen mündlichen Verhandlung sind bereits gemäß § 26 VwGVG erstattungsfähig, wobei die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung derzeit ebensowenig erkennbar ist, wie die Notwendigkeit der Ladung von Zeugen, Sachverständigen, Dolmetschern oder Übersetzern.

Für die Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt ist von Kosten von etwa EUR 417,00 auszugehen (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 4.000,00 gemäß § 5 Z. 34 lit. a AKH ergibt sich bei Zugrundelegung von TP 3B zuzüglich einfachem Einheitssatz ein Honorar von EUR 416,26 inklusive Umsatzsteuer). In Anbetracht des Umstandes, dass der Antragsteller bei seiner Mutter freie Kost und Logis genießt und die Ausgaben des Antragstellers nicht für die eigene einfache Lebensführung aufgewendet werden müssen, kann auch nicht davon gesprochen werden, dass der notwendige Unterhalt des Antragstellers beeinträchtigt wäre, hätte er die Kosten der Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt zu trafen. Der notwendige Unterhalt einer Partei ist nämlich nur dann beeinträchtigt, wenn unter Berücksichtigung der zu erwartenden Prozesskosten keine genügenden Mittel für eine einfache Lebensführung des Antragstellers verbleiben (Klauser/Kodek, JN – ZPO18 § 63 ZPO E 28). Da der Antragsteller keine Mittel für die eigene Lebensführung (Unterkunft und die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln) aufwenden muss, ist, tritt insoweit durch die Kosten einer Beschwerdeverfassung durch einen Rechtsanwalt auch keine Änderung ein.

3.4. Dazu tritt, dass der Antragsteller in seiner Eingabe vom 22.03.2020, im gegenständlichen Verfahrenshilfeantrag vom 19.07.2020 sowie zuletzt im nachgereichten Antragsformular in der Sache vorbringt und die wesentlichen Argumente für die behauptete Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung somit vom Antragsteller bereits selbst dargetan wurden. Der Antragsteller hat damit zu erkennen gegeben hat, dass er dazu fähig ist, sein Anliegen selbst wirksam zu vertreten, sodass auch vor dem Hintergrund des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC keine Notwendigkeit besteht, ihm für das – amtswegig zu führende und für den Antragsteller sonst kosten- und gebührenfreie (§ 110 ASVG) – Beschwerdeverfahren einen Rechtsanwalt beizugeben. Vielmehr wäre bereits bei einer Wiederholung des im Verfahrenshilfeantrag vom 19.07.2020 dargelegten Vorbringens von einer zulässigen Beschwerde auszugehen, die einer inhaltlichen Erledigung durch das Bundesverwaltungsgericht zuzuführen wäre. Dass sich der Antragsteller darüber hinaus noch auf von ihm bislang nicht ins Treffen geführte Rechtsvorschriften bzw. Ausnahmetatbestände berufen könnte, kann das Bundesverwaltungsgericht im Urigen nicht erkennen und es wäre im Übrigen im Beschwerdeverfahren – wie bereits erwähnt – ohnehin amtswegig zu prüfen, ob dem Antragsteller eine Rückerstattung von Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card gemäß § 31c Abs. 5 ASVG gebührt oder eben nicht.

3.5. Da der Antragsteller schließlich nicht bestreitet, dass er nicht von der Rezeptgebühr befreit ist und er in den strittigen Kalenderjahren vor der vor der Einhebung des Service-Entgelts auch keinen Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt gestellt hat, stellt sich die beabsichtigte Rechtsverfolgung schließlich nach vorläufiger Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als aussichtslos dar. Der Antragsteller kann sich als Bezieher von Notstandshilfe lediglich auf § 31c Abs. 5 Z. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 ASVG berufen. Eine entsprechende Befreiung setzt jedoch einen dahingehenden Antrag voraus. Hinsichtlich der Befreiung von der Rezeptgebühr ergibt sich dahingehend aus § 8 der Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr (RRZ 2008) eindeutig, dass die Befreiung von der Rezeptgebühr in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z: 2 RRZ 2008 frühestens mit dem Einlangen des Antrages gilt. Den Richtlinien für die Befreiung vom Service-Entgelt (RBS 2005) kann entnommen werden, dass eine Befreiung vom Service-Entgelt (sofern nicht bereits eine Befreiung von der Rezeptgebühr erlangt wird) einerseits ein antragsgebundener Akt ist und andererseits ausweislich des Wortlautes des § 3 RBS 2005 die Befreiung erst mit der Bewilligung eintritt. Eine rückwirkende Bewilligung auf einen Zeitpunkt noch vor einer entsprechenden Antragstellung erscheint vor diesem Hintergrund mangels einer dahingehenden Ermächtigung der belangten Sozialversicherungsanstalt nicht als möglich. Dazu tritt, dass der Antragsteller bislang gar keinen Antrag auf – allenfalls rückwirkende – Befreiung vom Service-Entgelt wegen sozialer Bedürftigkeit gestellt hat, sondern lediglich die Rückerstattung von Service-Entgelt begehrt wurde. Da ihm unzweifelhaft bislang keine Befreiung vom Service-Entgelt bewilligt wurde, kommt indes eine Rückerstattung von vornherein nicht in Betracht.

3.6. In einer Gesamtbetrachtung liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG nicht vor. Weder erfordern Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC die Bewilligung, da der Antragsteller bereits zu erkennen gegeben hat, dass er sein Anliegen wirksam selbst vertreten und entsprechende Eingaben verfassen kann. Da im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kein Anwaltszwang besteht, ist die Beigebung eines Rechtsanwalts schon deshalb nicht erforderlich. Ferner wird der der notwendige Unterhalt des Antragstellers durch die voraussichtlich anfallenden Kosten der Einbringung einer Beschwerde in Anbetracht von § 110 ASVG bzw. § 26 VwGVG nicht beeinträchtigt und es wäre selbst die Tragung der Kosten der Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt zumutbar. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint ferner als aussichtslos. Im Kontext der vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Ro 2015/21/0032 definierten Kriterien ist schließlich festzuhalten, dass die Bedeutung des Rechtsstreits für den Antragsteller in Anbetracht des Umstandes, dass das Interesse EUR 45,85 beträgt, nicht als hoch anzusehen ist und aufgrund Pflicht zur amtswegigen Verfahrensführung und der klar gelagerten und unstrittigen Sachlage kein komplexes Verfahren abzuführen wäre.

Dem Antrag ist daher nicht stattzugeben.

3.7. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.06.2012, B 155/12). Der festgestellte Sachverhalt ist im Beschwerdeverfahren unstrittig und ergibt sich eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens. Strittig sind lediglich Rechtsfragen, weshalb von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden konnte. Darüber hinaus gebietet Art. 6 MRK bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0073 mwN).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfahrenshilfe ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor und handelt es sich bei der Gewährung der Verfahrenshilfe um eine einzelfallbezogene Entscheidung.

Schlagworte

Aussichtslosigkeit EMRK Verfahrenshilfeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L521.2233547.1.00

Im RIS seit

23.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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