TE Bvwg Beschluss 2020/12/2 W134 2235201-1

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Veröffentlicht am 02.12.2020
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Entscheidungsdatum

02.12.2020

Norm

BVergG 2006 §312 Abs3
BVergG 2006 §331 Abs1 Z4
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs3 Z3
BVergG 2018 §353
BVergG 2018 §356 Abs9
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W134 2235201-1/36E
W134 2235201-2/8E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 17.11.2020 MÜNDLICH VERKÜNDETEN BESCHLUSSES

BESCHLUSS

1)

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Vorsitzender sowie Mag. Wolfgang Pointner als fachkundiger Laienrichter der Auftraggeberseite und MMag. Dr. Christoph Wiesinger als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite betreffend das Vergabeverfahren „Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen, Los 4 Bereich Mitte/West – Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ der Auftraggeberin ÖBB-Infrastruktur AG, Praterstern 3, 1020 Wien, vertreten durch Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH, Jasomirgottstraße 6/5, 1010 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch RA MMag. Dr. Claus Casati, Mariahilferstraße 1b/17, 1060 Wien, vom 18.09.2020, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.11.2020, folgenden Beschluss gefasst:

A)

I. Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung folgende Feststellung treffen: Der Abschluss der Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg zwischen der Auftraggeberin, der XXXX in einem Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung war rechtswidrig“ wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung folgende Feststellung treffen: Die Verlängerung der Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg zwischen der Auftraggeberin, der XXXX ohne erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens war rechtswidrig“ wird zurückgewiesen.

III. Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die geschlossene Vereinbarung bzw. Vertragsverlängerung zwischen der Auftraggeberin, der XXXX „Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ zum Zeitpunkt der Entscheidung aufheben“, wird zurückgewiesen.

IV. Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Auftraggeberin eine angemessene Geldbuße gemäß § 356 Abs 9 BVergG verhängen“ wird zurückgewiesen.

V. Der Antrag, „es möge folgende Feststellung getroffen werden: Die seitens der ÖBB Infrastruktur AG im Februar 2020 erfolgte Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung, die den Abschluss der Rahmenvereinbarung über die grundlegende Charakterisierung von Abfällen, Los 4 Bereich Mitte/West – Salzburg, Tirol, Vorarlberg zwischen der Auftraggeberin und der ARGE, bestehend aus XXXX zum Inhalt hat, war wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 rechtswidrig“, wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2)

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber betreffend das Vergabeverfahren „Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen, Los 4 Bereich Mitte/West – Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ der Auftraggeberin ÖBB-Infrastruktur AG, Praterstern 3, 1020 Wien, vertreten durch Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH, Jasomirgottstraße 6/5, 1010 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX vertreten durch RA MMag. Dr. Claus Casati, Mariahilferstraße 1b/17, 1060 Wien, vom 18.09.2020, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.11.2020, folgenden Beschluss:

A)

Der Antrag gerichtet auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 18.09.2020, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, stellte die Antragstellerin folgende Anträge:

„Das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

1.       folgende Feststellung treffen: „Der Abschluss der Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ zwischen der Auftraggeberin und der XXXX in einem Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung war rechtswidrig“;

in eventu

„Die Verlängerung der Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ zwischen der Auftraggeberin und der XXXX ohne erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens war rechtswidrig“

2.       die geschlossene Vereinbarung bzw. Vertragsverlängerung zwischen der Auftraggeberin und der XXXX „Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ zum Zeitpunkt der Entscheidung aufheben;

3.       in eventu (soweit die Nichtigerklärung wegen Zeitablauf nicht mehr möglich ist): über die Auftraggeberin eine angemessene Geldbuße gemäß § 356 Abs 9 BVergG verhängen; sowie

4.       die Antragsgegnerin zum Ersatz der Pauschalgebühren des Verfahrens in Höhe von EUR 2.160,— zuhanden unseres Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution verpflichten, sowie

5.       den Mehrbetrag einer allenfalls zu hoch entrichteten Pauschalgebühr vorab zuhanden unseres Rechtsvertreters rück zu überweisen.“

Mit Schreiben der Antragstellerin vom 10.10.2020 änderte diese ihre Anträge vom 18.09.2020 wie folgt:

„Das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

1.       folgende Feststellung treffen: „Der Abschluss der Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ zwischen der Auftraggeberin und der XXXX in einem Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung war rechtswidrig“;

in eventu

„Die Verlängerung der Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ zwischen der Auftraggeberin und der XXXX ohne erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens war rechtswidrig“

2.       die geschlossene Vereinbarung bzw. Vertragsverlängerung zwischen der Auftraggeberin, der XXXX „Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ zum Zeitpunkt der Entscheidung aufheben;

3.       in eventu (soweit die Nichtigerklärung wegen Zeitablauf nicht mehr möglich ist): über die Auftraggeberin eine angemessene Geldbuße gemäß § 356 Abs 9 BVergG verhängen; sowie

4.       die Antragsgegnerin zum Ersatz der Pauschalgebühren des Verfahrens in Höhe von EUR 2.160,— zuhanden unseres Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution verpflichten, sowie

5.       den Mehrbetrag einer allenfalls zu hoch entrichteten Pauschalgebühr vorab zuhanden unseres Rechtsvertreters rück zu überweisen.“

Die Auftraggeberin hat dazu Stellung genommen und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Anträge der Antragstellerin abweisen in eventu zurückweisen.

Die Mitbeteiligte Partei Arbeitsgemeinschaft XXXX hat ebenfalls dazu Stellung genommen und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den gegenständlichen Feststellungsantrag wegen Verfristung zurückweisen in eventu mangels Rechtswidrigkeit abweisen.

Am 17.11.2020 fand darüber im Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Dabei wurde der Antrag zu Spruchpunkt 1) A) V. gestellt. Der gegenständliche Beschluss wurde danach mündlich verkündet.

Die Antragstellerin stellte mit Schreiben vom 20.11.2020 einen Antrag auf Beschlussausfertigung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberin ÖBB Infrastruktur AG hat den Abschluss einer Rahmenvereinbarung über die Grundlegende Charakterisierung von Abfällen - Los 4 Bereich Mitte/West - Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Referenznummer BK EK-VERG-0012-17-RHO auf Basis des Prüfsystems mit der Referenznummer BK EK-VERG-0011-17-RHO ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich und in der EU ist am 26.07.2017 erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 25.09.2020)

Die Entscheidung, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung in Los 4 abgeschlossen werden soll wurde per Fax am 19.03.2018 bekannt gegeben. Die Rahmenvereinbarung in Los 4 wurde schließlich mit der Arbeitsgemeinschaft XXXX am 30.03.2018 abgeschlossen. Die Rahmenvereinbarung in Los 4 wurde am 25.02.2019 um ein Jahr und am 18.02.2020 nochmals um ein Jahr verlängert. (Akt des Vergabeverfahrens)

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht oder die Feststellungen sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 312 Abs. 3 Z 5 BVergG 2006 ist das Bundesverwaltungsgericht nach Zuschlagserteilung zuständig zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs. 4 bis 6 rechtswidrig war.

Gemäß § 331 Abs. 1 Z 4 BVergG 2006 kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs. 4 bis 6 rechtswidrig war.

Gemäß § 334 Abs. 3 Z. 5 BVergG 2018 ist das Bundesverwaltungsgericht nach Zuschlagserteilung zuständig zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen § 155 Abs. 4 bis 9 oder § 316 Abs. 1 bis 3 rechtswidrig war.

Gemäß § 353 Abs. 1 Z 4 BVergG 2018 kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung wegen eines Verstoßes § 155 Abs. 4 bis 9 oder § 316 Abs. 1 bis 3 rechtswidrig war.

Ein Feststellungsverfahren betreffend die Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung setzt somit voraus, dass der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung bereits erteilt wurde. Dieser Zuschlag ist dann in einem Feststellungsverfahren bekämpfbar wegen eines Verstoßes gegen bestimmte im Gesetz genannte Rechtsvorschriften, die die Vergabe von öffentlichen Aufträgen aufgrund von Rahmenvereinbarungen regeln (§ 152 Abs. 4 bis 6 BVergG 2006; §§ 155 Abs. 4 bis 9 oder 316 Abs. 1 bis 3 BVergG 2018).

Die Antragstellerin bekämpft mit ihren Anträgen weder den Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung noch behauptet sie Verstöße gegen bestimmte im Gesetz genannte Rechtsvorschriften, die die Vergabe von öffentlichen Aufträgen aufgrund von Rahmenvereinbarungen regeln (§ 152 Abs. 4 bis 6 BVergG 2006; §§ 155 Abs. 4 bis 9 oder 316 Abs. 1 bis 3 BVergG 2018).

Die Antragstellerin will vielmehr den Abschluss der Rahmenvereinbarung bzw. die Verlängerung der Rahmenvereinbarung in einem Feststellungsverfahren bekämpfen. Dies ist unzulässig, da das Bundesverwaltungsgericht dafür nicht zuständig ist.

Da die Feststellung nach § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 bzw. § 334 Abs. 3 Z. 3 BVergG 2018 erst nach Zuschlagserteilung möglich ist, ist es nicht möglich, gesondert feststellen zu lassen, dass eine Rahmenvereinbarung ohne die gebotene Bekanntmachung abgeschlossen wurde (Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG 2006, 2. Aufl., § 312, Rz 270). Die Anträge der Antragstellerin zielen jedoch auf eine solche gesonderte Feststellung ab. Dass mittels Zuschlag ein konkreter Vertrag abgeschlossen wurde, wurde von der anwaltlich vertretenen Antragstellerin nicht behauptet und war daher nicht zu prüfen.

3.b) Zu Spruchpunkt 2.) A) - Gebührenersatz:

Da die Antragstellerin nicht obsiegt hat, hat sie gemäß § 341 BVergG 2018 keinen Anspruch auf Gebührenersatz durch die Auftraggeberin.

B) Revision (Spruchpunkte 1) B) und 2) B)):

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.

Schlagworte

Feststellungsantrag Feststellungsverfahren mündliche Verhandlung mündliche Verkündung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren Rahmenvereinbarung Rechtswidrigkeit schriftliche Ausfertigung Unionsrecht Unzuständigkeit BVwG Vergabeverfahren Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W134.2235201.1.00

Im RIS seit

23.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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