TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/22 96/09/0241

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Veröffentlicht am 22.05.1997
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
GmbHG §15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des TB in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Juni 1996, Zl. UVS-07/27/00688/93, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juni 1996 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T-Baugesellschaft mbH (in der Folge: T-Bau) und somit als zur Vertretung dieser Gesellschaft nach außen Berufener zu verantworten, daß diese Gesellschaft die polnischen Staatsbürger St und So am 11. März 1993 in Wien 17, K-Gasse 30/3+4, mit Maurerarbeiten (Errichtung von Gipswänden) beschäftigt habe, ohne daß für diese Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Arbeitserlaubnis erteilt bzw. ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Die belangte Behörde setzte die von der Behörde erster Instanz mit je S 15.000,-- pro Arbeitnehmer verhängten Geldstrafen auf jeweils S 10.000,-- herab.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid nach ausführlicher Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, insbesondere des Geschehens in der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung folgendermaßen:

"Im Berufungsfall wurde ein Notariatsakt vorgelegt, mit dem den beiden hier in Rede stehenden ausländischen Arbeitern, beide von Beruf Maurer, ein Anteil von je 26 % an der T-Baugesellschaft m.b.H. (nunmehr: T) von der 3/4-Gesellschafterin JB und dem 1/4-Gesellschafter TB übertragen wurde. Um den Notariatsakt errichten und diese Übertragung bewerkstelligen zu können, war nach der Aussage des Vertreters des Berufungswerbers zuerst eine Bevollmächtigung der Ehegattin des Berufungswerbers und Gesellschafterin, Frau JB, zur Vertretung der beiden Ausländer erforderlich, da diese nicht der deutschen Sprache mächtig waren. Nach dem Inhalt dieser Vollmacht blieb die vollständige und uneingeschränkte Verfügungsgewalt an den ausländischen Arbeitern übertragenden Gesellschaftsanteilen bei der Veräußerin, Frau B. Diese wurde sogar bevollmächtigt, selbst den Kaufpreis zu bestimmen, zu dem sie den Erwerbern die Anteile verkaufen wollte. Diesen Kaufpreis sollte sie für die zukünftigen Erwerber in Empfang nehmen.

Dafür, daß eine Übertragung der Geschäftsanteile tatsächlich beabsichtigt und gewollt war, konnte im Berufungsverfahren jedoch kein Beweis erbracht werden. Ausgenommen den vorgelegten Notariatsakt und die Vollmachtsurkunde vom 30.10.1991 kam der Berufungswerber keinem der Aufträge zur Vorlage von Unterlagen nach. So wurden weder Belege für die Bezahlung der abgetretenen Gesellschaftsanteile durch die Erwerber, noch die Bilanzen der T samt Aufstellungen über die Aufteilung der Jahresgewinne auf die Gesellschafter, noch die angeblich von den Erwerbern der Gesellschaftsanteile in den Jahren 1991 bis 1993 für ihre Leistungen gelegten Honorarnoten und die damit korrespondierenden Zahlungsbelege vorgelegt. Frau B konnte sich bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme weder daran erinnern, einen Kaufpreis erhalten zu haben noch konnte sie Konkretes über die Aufgaben der beiden Ausländer in der Ges.m.b.H. bzw. über die Entgeltleistung an die Übernehmer der Gesellschaftsanteile angeben.

Nach den Regeln der allgemeinen Lebenserfahrung wird davon auszugehen sein, daß die der deutschen Sprache nicht mächtigen ausländischen Maurer die einschlägigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, den Inhalt der Vollmachtsurkunde und die in weiterer Folge abgeschlossenen Werkverträge nicht in voller Tragweite verstanden haben. Der Berufungswerber selbst hatte angegeben, daß diese mangels Sprachkenntnissen nicht in der Lage gewesen seien, die Geschäfte der T zu führen. Konkrete Feststellungen dazu konnten nicht getroffen werden, da keine inländische Abgabestelle der beiden ausländischen Arbeiter bekanntgegeben wurde, an die eine Zeugenladung zugestellt hätte werden können. Auch die behauptete Aufkündigung der Vollmacht durch einen der ausländischen Übernehmer der Gesellschaftsanteile widerlegt dieses Beweisergebnis nicht, da durch dieses im Nachhinein eingetretene Ereignis (für welches im übrigen kein Nachweis erbracht werden konnte) eine von vornherein ernstlich beabsichtigte Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht bewiesen werden kann.

Was bleibt, ist der Umstand, daß kein vernünftiger Grund erkennbar ist, ausländischen manuell tätigen Arbeitern Gesellschaftsanteile zu übertragen, wenn man sich das angestrebte Ziel, nämlich die "Legalisierung" im Hinblick auf das AuslBG, wegdenkt. Im Ergebnis bedeutet dies, daß mit der Bestellung der Ausländer zu Gesellschaftern letztlich nur die Bestimmungen des AuslBG für ihre Tätigkeit für die T ausgeschaltet werden sollten. Der erkennende Senat gelangte daher zur Überzeugung, daß es sich bei der Konstruktion der Übernahme der Gesellschaftsanteile durch die beiden in Rede stehenden Ausländer um ein Scheingeschäft handelte, das ausschließlich dazu diente, ausländische Arbeitskräfte scheinbar legal im Inland zu beschäftigen.

In einem Erkenntnis vom 19.5.1994, Zl. 93/18/0598, hatte der VwGH in einem vergleichbaren Fall dargetan, daß die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an eine Köchin, die in geschäftlichen Dingen völlig unerfahren, zudem der deutschen Sprache nicht mächtig ist, nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit einem sehr hohen Maß an Wahrscheinlichkeit ein Scheingeschäft darstelle."

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, die Übertragung der Gesellschaftsanteile an die ausländischen Arbeitskräfte sei mit der Absicht vorgetäuscht worden, das Ausländerbeschäftigungsgesetz zu umgehen, und solcherart mit billigen Arbeitskräften einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen zu erlangen. Der objektive Unrechtsgehalt könne nicht als gering gewertet werden, da die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden und zu einer Wettbewerbsverzerrung führe. Die Strafen seien im Hinblick auf die als ungünstig anzusehenden allseitigen Verhältnisse des Beschwerdeführers herabgesetzt worden, auf den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sei Bedacht genommen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, nicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz schuldig erkannt und bestraft zu werden sowie im Recht "auf fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszulegenden Ermessens". Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung - erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, die beiden arbeitend angetroffenen polnischen Staatsbürger seien Mitgesellschafter der T-Bau, denen aufgrund ihrer Beteiligung mit 26 % am Stammkapital und der Ausformung des Gesellschaftsvertrages (Sperrminorität bei bereits 25-%igem Anteil) erheblicher Einfluß auf die Unternehmensleitung zukomme und so keine Beschäftigung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorliege. Insbesondere wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung der Gesellschaftsgründung als Scheingesellschaftsverhältnis. Diesbezüglich liege eine "allgemein gehaltene vage Spekulation der belangten Behörde" vor. Er wiederholt hiezu als einziges konkretes Argument das bereits im Verfahren erstattete Vorbringen, daß Notare regelmäßig vorschlügen, falls ausländische Gesellschafter an der Errichtung von Gesellschafts- oder gesellschaftsrechtlichen Abtretungsverträgen beteiligt seien, daß diese einer, die deutsche Sprache verstehenden Person beglaubigte Vollmacht erteilten, da die Beiziehung eines Dolmetschers für die Errichtung des Notariatsaktes dann nicht erforderlich sei.

Dieses Argument geht bereits aufgrund des Inhaltes der erteilten Vollmacht ins Leere. Denn die am 30. Oktober 1991 der abtretenden Gesellschafterin JB erteilte Vollmacht geht inhaltlich weit über die bloße Errichtung des die Übertragung der Geschäftsanteile der Frau JB an die polnischen Staatsbürger St, So und Pa betreffenden Abtretungsvertrages hinaus. In der Vollmacht erteilten die genannten polnischen Staatsbürger Frau JB "bereits jetzt, als zukünftige Gesellschafter der vorgenannten Gesellschaft, das Recht, uns bei allfälligen Generalversammlungen der Gesellschaft zu vertreten und in unserem Namen das Stimmrecht auszuüben. Sie ist ferner ermächtigt, über unseren Geschäftsanteil zur Gänze oder teilweise zu verfügen und für uns und in unserem Namen hierüber notarielle Urkunden zu errichten".

Die übrigen - de facto inhaltsleeren - Ausführungen des Beschwerdeführers sind nicht imstande, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Die belangte Behörde gelangte auf dem Boden der von ihr vorgenommenen Beweiswürdigung zu der Annahme, daß die Abtretung von je 26 % der Gesellschaftsanteile der T-Bau an die polnischen Staatsbürger St, So und Pa nur dazu gedient habe, eine Beschäftigung der polnischen Staatsbürger ohne Beschäftigungsbewilligung scheinbar legal im Inland zu ermöglichen, somit ein Scheingeschäft dargestellt habe. Im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Meinung ist die Beweiswürdigung nicht als "vage Spekulation" oder als unschlüssig zu erkennen. Vielmehr reichen die im angefochtenen Bescheid ins Treffen geführten Beweisergebnisse aus, die darauf gestützten Sachverhaltsannahmen (§ 45 Abs. 2 AVG), daß die Gesellschaftsgründung nur zum Schein erfolgt sei, um dem Beschwerdeführer die scheinbar legale Beschäftigung polnischer Staatsbürger mit Handwerksarbeiten in Österreich zu ermöglichen, als der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend und solcherart als mit einem sehr hohen Maß an Wahrscheinlichkeit ausgestattet betrachten zu können. Zutreffend weist die belangte Behörde auch darauf hin, daß der Beschwerdeführer trotz mehrerer Möglichkeiten im Verfahren keine Belege vorgewiesen hat, welche auf eine tatsächliche Ausübung der behaupteten Gesellschaftsrechte deuteten.

Insofern der Beschwerdeführer die Strafbemessung mit bloßem Hinweis auf seine wirtschaftliche Situation und der Forderung nach stärkerer Gewichtung seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit bekämpft und die Verhängung der Mindeststrafe fordert, zeigt er nicht auf, inwiefern die - nicht nur die vom Beschwerdeführer zitierten Umstände berücksichtigende - Strafbemessung der belangten Behörde unrichtig sein solle. Der Beschwerdeführer läßt insbesondere den Umstand unbekämpft, daß die belangte Behörde von vorsätzlicher Tatbegehung und nicht geringem objektiven Unrechtsgehalt ausgeht. Daher ist auch die Strafbemessung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996090241.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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