Entscheidungsdatum
09.12.2020Norm
BFA-VG §22aSpruch
W171 2211302-24/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, vertreten durch Weh Rechtsanwalts GmbH, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.11.2020, Zahl: XXXX sowie gegen die Festnahme am 18.11.2020 und Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung in Verwahrungshaft wird gemäß §§ 34 Abs. 3 Zi. 1 BFA-VG und 40 Abs. 1 Zi. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.11.2020 Zahl: XXXX aufgehoben und die Anhaltung in Schubhaft seit 19.11.2020 bis zur Entlassung des Beschwerdeführers für rechtswidrig erklärt.
III. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Zi. 1 VwG-AufwErsV hat der Bund (Bundesministerium für Inneres) dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe vom € 767,60 (darin enthalten der Ersatz für die Eingabengebühr) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.09.2008 wurde ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt, BFA, oder Behörde bezeichnet) vom 22.02.2016 wurde dem BF der Status des Asylberechtigten wieder aberkannt und festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. Gleichzeitig wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist.
3. Am 08.11.2018 stellte der BF aus dem Stande der Strafhaft neuerlich einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (Folgeantrag). Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.12.2018 wurde der faktische Abschiebeschutz aufgehoben, woraufhin das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.12.2018 feststellte, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig sei. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichthofs vom 12.03.2019 abgelehnt. Die in weiterer Folge erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.05.2019 zurückgewiesen.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.12.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Der BF wurde von 07.12.2018 bis 03.06.2019 in Schubhaft (I) angehalten.
5. Mit Bescheid vom 09.05.2019 wies das Bundesamt den (zweiten) Antrag des BF auf internationalen Schutz in Österreich wegen entschiedener Sache zurück und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Unter einem wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Russische Föderation zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem BF nicht gewährt.
6. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.04.2019, 30.04.2019 und 24.05.2019 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrecht-haltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig war.
7. Am 03.06.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und zwecks Vollziehung der mit Urteil eines Bezirksgerichtes über ihn verhängten unbedingten Freiheitsstrafe von einem Monat in eine Justizanstalt überstellt.
8. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.07.2019 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft (II) zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Abschiebung angeordnet.
Nach Entlassung aus der Strafhaft am 03.07.2019 wurde der Schubhaftbescheid in Vollzug gesetzt.
9. Am 11.07.2019 erhob der BF Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 01.07.2019, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2019 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (II) vorliegen.
10. Mit Bescheid vom 30.07.2019 erteilte das Bundesamt dem BF keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Unter einem erließ das Bundesamt gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot und erkannte einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.09.2019 abgewiesen.
11. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2019, 20.11.2019, 11.12.2019, 08.01.2020, 30.01.2020, 25.02.2020 und 23.03.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
12. Mit Schreiben vom 06.03.2020 stellte der BF durch seinen Rechtsvertreter Anträge auf Wiederaufnahme der mit den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen vom 09.04.2018 und 11.12.2018 abgeschlossenen asylrechtlichen Verfahren. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.03.2020 wurde dieser Antrag hinsichtlich des mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.2018 abgeschlossenen Verfahrens zurückgewiesen, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.04.2020 wurde der Antrag hinsichtlich des mit Erkenntnis vom 09.04.2018 abgeschlossenen Verfahrens abgewiesen. Am 22.05.2018 wurde bei der Russischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) erstmals beantragt. Am 01.03.2019 wurde der BF der Botschaftsdelegation vorgeführt, verweigerte jedoch seine Mitwirkung bei diesem Termin gänzlich und beantwortete keinerlei Fragen. Mit Schreiben des Innenministeriums der Russischen Föderation vom 11.3.2019 wurde mitgeteilt, dass mangels genauerer Angaben der BF nicht identifiziert werden konnte. Ein HRZ wurde nicht ausgestellt. Der BF wurde der Botschaft erneut am 31.01.2020 zur Ermittlung seiner Identität vorgeführt. Abermals verweigerte der BF die Beantwortung jeglicher Fragen der Botschaftsmitarbeiter.
13. Mit Schriftsatz vom 27.03.2020 erhob der BF Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft (II), welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.04.2020 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
14. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.04.2020, 18.05.2020, 15.06.2020, 13.07.2020, 07.08.2020 und 02.09.2020 wurde wiederum festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.
15. Am 08.09.2020 langte eine negative Verbalnote der russischen Botschaft ein, weshalb der BF am 21.09.2020 aus der Schubhaft entlassen und über ihn das gelindere Mittel der periodischen Meldung (tägliche Meldung vormittags bis 1200 Uhr) an einer Polizeidienststelle verhängt wurde.
16. Am 11.11.2020 wurde durch die zuständige PI mitgeteilt, dass der BF sich nur teilweise an seine Meldeverpflichtung hält. So hat er sich an folgenden Tagen nicht, oder erst verspätet gemeldet:
? Am 22.10.2020 erschien er erst verspätet gegen 12:45 Uhr auf der PI
? Am 24.10.2020 erschien er erst verspätet gegen 12:25 Uhr auf der PI
? Am 01.11.2020 erschien er gar nicht auf der PI
? Am 08.11.2020 erschien er verspätet erst gegen 12:40 Uhr auf der PI
? Am 11.11.2020 erschien er verspätet erst gegen 13:30 Uhr auf der PI
Am 13.11.2020 wurde deshalb gegen ihn ein Festnahmeauftrag erlassen.
Der Festnahmeauftrag konnte nicht umgesetzt werden, da der BF nicht an seiner Meldeadresse angetroffen werden konnte. Am Abend des 13.11.2020 kontaktierte ein Vertreter des BF sowie einer der Brüder des BF telefonisch einen Behördenvertreter des BFA und wollten den Grund des Festnahmeversuches erfragen. Der Bruder bestätigte im Telefonat, dass der BF aufgrund der Befürchtung, dass das BFA ein Heimreisezertifikat für ihn erlangen konnte, „untergetaucht“ sei und sich unstet bei einem Freund in Vorarlberg aufhalten würde.
17. Am 18.11.2020 erschien der BF schließlich selbstständig auf der PI und wurde sodann auf Grundlage des Festnahmeauftrages gem. §§ 34 Abs. 3 Zi. 1 BFA-VG festgenommen, in Verwaltungsverwahrungshaft, in ein PAZ überstellt und am Folgetag über ihn bescheidmäßig die gegenständliche (dritte) Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Der BF habe danach durch sein Vorverhalten die Tatbestandmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi. 1, 3, 7 und 9 FPG erfüllt und es sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen haben. Ein gelinderes Mittel sei nach Ansicht der Behörde nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können, zumal der BF bereits gegen ein gelinderes Mittel verstoßen habe und untergetaucht sei. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.
18. Gegen den Mandatsbescheid, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft erhob die Rechtsvertretung des BF mit Schriftsatz vom 01.12.2020 (bei Gericht eingelangt am 02.12.2020) Beschwerde. Sie beantragte, den Bescheid zu beheben, die Festnahme und bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zur Akteneinsicht, sowie Kosten- und Barauslagenersatz beantragt. Ergänzend wurde ausgeführt, dass keine Fluchtgefahr bestehen würde, da sich der BF selbstständig zur PI begeben hätte und eine fehlende Meldung bei der PI ohnehin nur eine Ordnungswidrigkeit darstellen würde. Darüber hinaus sei eine Abschiebung des BF nach Russland ohnehin nicht möglich, da aktenkundig sein, dass Russland die Rücknahme des BF verweigere. Die laufende Schubhaft sei daher unverhältnismäßig und sohin rechtswidrig.
19. Die Behörde legte dem Gericht Teile des Schubhaftakts am 02.12.2020 vor und erstattete eine Stellungnahme unter Beantragung der Abweisung der Beschwerde. Kostenersatz wurde nicht begehrt. Dabei wurde im Wesentlichen (gekürzt) wie nachstehend ausgeführt:
„Im gegenständlichen Fall sieht nach Durchführung des Beweisverfahrens die erkennende Behörde in concreto Sicherungsbedarf für den BF als gegeben an. Gegen den Fremden besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (Rückkehrentscheidung). Der Fremde war in der Vergangenheit des Öfteren unsteten Aufenthalts und nach der Aktenlage auch nicht an angegebenen Adressen wirklich wohnhaft. Er hält sich nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf, verfügt nicht über ausreichend finanzielle Mittel und ist am Arbeitsmarkt nicht integriert. Er ist offensichtlich nicht willens, freiwillig in die Russische Föderation zurückzukehren und entzog sich, unmittelbar nachdem ihm der Festnahmeversuch bekannt wurde den Behörden, in dem er „untertauchte“ und unangemeldet bei einem Freund Unterkunft nahm. Er wurde in Österreich bereits fünfmal von einem inländischen Gericht verurteilt und hat zumindest sechs Mal gegen ein gelinderes Mittel verstoßen und war in der Folge für die Behörde zumindest an diesen Tagen nicht greifbar.
Den BF trifft im Rahmen seines fremden- und asylrechtlichen Verfahrens eine Mitwirkungspflicht, die auch die Verpflichtung beinhaltet, der Behörde jede Änderung des jeweiligen Aufenthaltsorts (unaufgefordert) bekanntzugeben. Damit einhergehend besteht somit selbstverständlich auch die allgemeine Meldepflicht nach den melderechtlichen Bestimmungen, gegen die er mehrmals verstoßen hat. Der Fremde daher, wie bereits festgehalten, nicht vertrauenswürdig. Im Rahmen einer Gesamtsicht ergibt sich, dass er aufgrund seines Vorverhaltens und den Ergebnissen der jüngeren Verstöße weiterhin als fluchtgefährlich zu qualifizieren war. Die erkennende Behörde sieht daher Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale
des § 76 Abs 3 Z 1, 3, 7 und 9 FPG für seine Person gegeben an.
Er wurde wegen mehrerer Verbrechen und insbesondere wegen Verbrechen im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Von ihm geht daher in besonderem Maße eine hohe Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Diese Gefahr manifestiert sich zusätzlich durch die weiteren wiederholten Straftaten (Hehlerei, Körperverletzung, Delikte nach dem Suchtmittelgesetz), die zu strafgerichtlichen Verurteilungen seiner Person geführt haben. Besonders hervorzuheben ist dabei auch der Umstand, dass er nicht einmal durch bereits vollzogene Strafhaften von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten werden konnte. Es besteht daher insgesamt ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung seiner Person.
Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für ihn bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten seiner Person zuzurechnen, da er wiederholt an seiner Identitätsfeststellung nicht mitgewirkt und mit den Behörden nicht kooperiert hat.
Im konkreten Fall liegt es gänzlich in der Hand des Fremden, die Erlangung eines Heimreisezertifikates im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht zu ermöglichen und dadurch die laufende Schubhaft so kurz als möglich zu halten. Es kann nicht sein, dass der Fremde durch Verstoß gegen ihn treffende Mitwirkungspflichten bzw. durch Fehlinformationen der Behörden gegenüber insofern einen Vorteil ziehen kann, als dadurch eine rechtmäßige Abschiebung von vornherein unmöglich gemacht wird. Durch ein rechtmäßiges Alternativverhalten würde zu jeder Zeit des Verfahrens die Möglichkeit bestehen, dieses wesentlich zu verkürzen und eine ehebaldigste Beendigung der Schubhaft durch Ausreise in seinen Herkunftsstaat zu erreichen. Tut er dies nicht, so ist ihm nach Ansicht ho. Behörde das angemessene Zuwarten einer Klärung im Stande der Schubhaft zumutbar (so auch BVwG 24.2.2017 XXXX ).
Zusammengefasst gelangt die Behörde somit zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich sowie geboten ist.
Entsprechend des bisherigen Verhaltens des BF begründen die im Schubhaftbescheid ausführlich dargelegten Kriterien eine Fluchtgefahr und gefährdet der Aufenthalt des BF die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 FPG.
Seitens des Bundesamtes war aus dem bisherigen Verhalten des Fremden jedenfalls deutlich erkennbar, dass dieser keinesfalls vertrauenswürdig ist und die begründete Annahme besteht, dass er seiner Ausreiseverpflichtung selbstständig und freiwillig nicht nachkommen wird.
Wie bereits ausführlich dargelegt, besteht im konkreten Fall aufgrund der persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein hohes Risiko des Untertauchens.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels führte nach Ansicht der erkennenden Behörde nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der beabsichtigten Abschiebung. Der Sachverhalt zeigt eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit seiner Person nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre, da Herr XXXX in der Vergangenheit bereits sechs Mal gegen die Meldeverpflichtung im gelinderen Mittel verstoßen und weitere vier Mal diese zum Teil nur deutlich verspätet eingehalten hat. Es ist sohin nicht davon auszugehen, dass Herr XXXX , der ein evidentes Interesse daran zu haben scheint, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Unter Berücksichtigung aller Umstände geht die Behörde davon aus, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen
nicht gefunden werden kann (Vgl ua BVwG XXXX vom 10.12.2019 wo dies bei zweimaligen Nichteinhalten der Meldeverpflichtung angenommen wurde).
Die erkennende Behörde geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.“
20. Aufgefordert durch das Gericht teilte das BFA mit Schreiben vom 03.12.2020 ergänzend mit, dass am 10.11.2020 seitens der HRZ Abteilung in der Direktion erneut an die Vertretungsbehörde der Russischen Föderation urgiert wurde. Die Antwort stehe allerdings noch aus.
Zum anderen seien intensive Bemühungen seitens anderer Stellen des BMI zur zeitnahen Erlangung eines HRZ im Zuge bzw. nach der Schubhafterlassung in die Wege geleitet worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Verfahrensgang
Der unter I.1. bis I.20. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
1.2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
1.2.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Es besteht gegen den BF eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme, die mit einem unbefristeten Einreiseverbot verbunden ist.
1.2.2. Es besteht gegen den BF eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme, diese wurde zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.07.2019 erlassen – die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.09.2019 abgewiesen.
1.2.3. Der BF wurde von 07.12.2018 bis 03.06.2019 in Schubhaft (I) angehalten. Am 03.06.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und trat eine gerichtliche Haftstrafe an. Nach Entlassung aus der Strafhaft am 03.07.2019 wurde er neuerlich, nach einer kurzen Verwahrungshaft am 06.07.2019 bis zum 21.09.2020 in Schubhaft (II) genommen. Vom 21.09.2020 bis 18.10.2020 befand sich der BF in einem gelinderen Mittel, deren Auflagen er jedoch nicht einhielt. Er wurde am 18.11.2020 festgenommen und über ihn mit gegenständlichem Bescheid vom 19.11.2020 abermals die Schubhaft (III) verhängt.
1.2.4. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.
1.3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:
1.3.1. Der BF weist in Österreich folgende strafgerichtlichen Verurteilungen auf:
1.3.1.1. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 05.08.2011 wurde der BF als junger Erwachsener wegen des Vergehens der Hehlerei gemäß § 164 Abs. 2 Strafgesetzbuch – StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt.
1.3.1.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 22.09.2015 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z 3 SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG im Tatzeitraum Frühjahr 2014 bis April 2015 in einem das 15-fache der Grenzmenge überschreitenden Ausmaß zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt.
1.3.1.3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 27.02.2017 wurde der BF wegen des Verbrechens der Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB sowie des Verbrechens der Ausbildung für terroristische Zwecke gemäß § 278e Abs. 2 StGB (unter Bedachtnahme auf eine vorangegangene Verurteilung) zu einer unbedingten Zusatz-freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt.
1.3.1.4. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 03.04.2018 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt. Der BF hat eine näher genannte Person in einer näher genannten Justizanstalt am Körper verletzt, indem er dieser Person einen Faustschlag gegen das Gesicht versetzte, wodurch sich die Person eine Prellung des linken Augapfels und eine Rissquetschwunde an der linken Augenbraue zuzog.
1.3.1.5. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 04.03.2019 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt. Dabei wurde das reumütige Geständnis mildernd und die überaus brutale Vorgangsweise erschwerend gewertet.
1.3.2. Der BF ist ein islamistischer Extremist, der der Salafistenszene zuzurechnen ist. Er und seine Brüder befürworten den IS (islamischer Staat – gelistete Terrororganisation).
1.3.3. Der BF hat darüber hinaus gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen und wurde für diese Handlungen zu Geldstrafen verurteilt. Da er die verhängten Geldstrafen nicht beglich, wurden die Ersatzfreiheitsstrafen vollzogen.
1.3.4. Darüber hinaus wurde der BF während seiner Anhaltung in Haft wegen mehrfachen Fehlverhaltens bestraft bzw. ermahnt. So wurde etwa in der Zelle des BF wiederholt ein Mobiltelefon aufgefunden.
1.3.5. In Österreich leben die Ehefrau des BF sowie seine Eltern und Geschwister. Der BF befand sich in den vergangenen Jahren durchgehend in Haft und hat daher in den vergangenen Jahren lediglich in der Zeit von 21.09. bis 18.11.2020 mit seiner nunmehrigen Ehefrau und mit anderen Verwandten im gemeinsamen Haushalt gelebt. Die genannten Angehörigen konnten den BF in der Vergangenheit auch nicht von seinen schweren Straftaten und den weiteren zahlreichen Verstößen gegen die österreichische Rechtsordnung abhalten.
1.3.6. Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist im Zusammenhang mit der Organisation seiner Abschiebung in keiner Form kooperativ und in besonderem Maße vertrauensunwürdig.
1.3.7. Am wurde ein Heimreisezertifikatsverfahren betreffend den BF bei der russischen Botschaft eingeleitet. Am wurde der BF bei der russischen Botschaft interviewt. Er war jedoch nicht kooperativ und weigerte sich Fragen zu beantworten und seine Identität bekannt zu geben.
Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde mehrfach vom Bundesamt urgiert.
Am erfolgte durch das Bundesamt ein Amtshilfeersuchen an ein Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zwecks Mitteilung von Erkenntnissen und Identitätsfeststellung. Dieses ergab, dass der BF und seine Familie unzweifelhaft aus einer russischen Teilrepublik stammen würde.
Am wurde ein Ansuchen an die Botschaft der Republik Georgien betreffen die Ausstellung eines Heimreisezertifikats gestellt, bei dem diesbezüglichen Interview verweigerte der BF wiederum die Beantwortung der an ihn gestellten Fragen.
Am fand ein neuerliches Interview des BF durch eine Delegation der russischen Vertretungsbehörde statt. Der BF weigerte sich erneut mitzuwirken.
Das Bundesamt setzte im Zuge von Amtshilfeersuchen am 01.07.2020 weitere Maßnahmen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.
Weiters urgierte das Bundesamt bei der russischen Vertretungsbehörde am 07.08.2020 neuerlich die Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Am 10.08.2020 versicherte die russische Vertretungsbehörde alle Unterstützungsmaßnahmen in dieser Angelegenheit zu erbringen. Dennoch lehnte die Botschaft mit Verbalnote, eingelangt am 08.09.2020 eine Ausstellung eines Heimreisezertifikates erneut ab.
1.3.8. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den BF durch die russische Vertretungsbehörde scheint derzeit nicht möglich zu sein, zumal seit der letzten Ablehnung in diesem Verfahren keine wesentlichen Änderungen der Sachlage eingetreten sind.
1.3.9. Eine Änderung der entscheidungswesentlichen Umstände seit der letzten gerichtlichen Fortsetzungsentscheidung vom 02.09.2020 ist insofern eingetreten, als die russische Botschaft mit Verbalnote vom 08.09.2020 trotz aller behördlicher Bemühungen abermals eine Ausstellung eines Heimreisezertifikates explizit abgelehnt hat.
1.4. Zur Festnahme:
Der zugrundeliegende Festnahmeauftrag vom 13.11.2020 gründet sich auf § 34 Abs. 3 Zi. 1 BFA-VG.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, den Akt des Asylgerichtshofes zur Zahl 315471-1, die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen XXXX in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft:
1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, den oben genannten Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Die Anträge des BF auf internationalen Schutz wurden rechtskräftig abgewiesen bzw. zurückgewiesen. Der BF ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Dass er Staatsangehöriger der Russischen Föderation ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben.
1.3. Die Feststellungen zu den erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister sowie aus den vorgelegten Bescheiden und insbesondere auf den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 30.07.2019 betreffend.
Dass der BF nunmehr zum dritten Mal in Schubhaft befindlich ist, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim BF eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Dass der BF Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft und etwa dadurch belegt, dass er am 23.09.2019 in einem Zahnambulatorium behandelt wurde.
2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
2.1. Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den im Akt einliegenden Urteilen ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des BF. Die pauschal festgestellten Verstöße des BF gegen die österreichische Rechtsordnung hat bereits das Bundesamt im Bescheid vom 01.07.2019 festgehalten. Diese ergeben sich zum Teil auch aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie dem Akteninhalt und sind überdies unstrittig.
2.2. Die Feststellungen zu den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen des BF ergeben sich aus den bestätigten Angaben des BF vor dem Bundesamt.
Dass sich der BF in den vergangenen Jahren nahezu durchgehend in Haft befand und in den vergangenen Jahren weder mit seiner nunmehrigen Ehefrau noch mit den anderen Verwandten über relevante Perioden im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister in Zusammenschau mit einer Einsichtnahme in das Strafregister.
Die genannten Angehörigen konnten den BF auch nicht von seinen schweren Straftaten und den weiteren, zahlreichen Verstößen gegen die österreichische Rechtsordnung abhalten. Es kann nicht von einem aufrechten, gefestigten Familienleben des BF in Österreich ausgegangen werden.
2.3. Dass der BF nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des BF, seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie seinem Verhalten während der Haft. Dass er nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitzuwirken, hat er selbst angegeben; dies geht etwa auch aus dem Bericht über den Termin in der Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation hervor. Konkret wurde der BF am bei der russischen Botschaft interviewt. Er war jedoch nicht kooperativ und weigerte sich Fragen zu beantworten und seine Identität bekannt zu geben. Auch bei einem neuerlichen Interview am vor einer Delegation der russischen Vertretungsbehörde verweigerte der BF seine Mitwirkung.
Das Gericht hält es unter Berücksichtigung des Vorverhaltens des BF für möglich, dass der BF bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten könnte. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der BF sein bisher jahrelang gezeigtes Verhalten ändern werde.
2.4. Die Feststellungen zum Heimreisezertifikatsverfahren ergeben sich aus dem Verfahrensakt, aus den vom Bundesamt vorgelegten Unterlagen sowie aus der Stellungnahme vom 02.12.2020. Daraus war zu entnehmen, dass sich die Aussicht auf eine Erlangung eines Heimreisezertifikates seit der letzten Ablehnung durch die russische Vertretungsbehörde bisher nicht verbessert hat, wiewohl die Behörde angibt, seit der neuerlichen Inschubhaftnahme wieder aktiv geworden zu sein.
2.5. Relevante Ergebnisse, die in Richtung eines Einlenkens der russischen Botschaft weisen, wurden nicht glaubhaft gemacht.
3. Zur Festnahme:
Die Feststellung zum Festnahmeauftrag ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A.:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):
Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:
§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist
1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:
§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:
§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
3.1.3. Die gesetzlichen Bestimmungen des BFA-VG zur Festnahmen lauten:
Festnahmeauftrag
§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1. Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und
1. der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2. der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.
(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4. wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.
(4) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Asylwerbers anordnen, wenn er sich dem Verfahren entzogen hat (§ 24 Abs. 1 AsylG 2005).
(5) Der Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.
(6) In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen.
(7) Die Anhaltung eines Fremden, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, ist dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen. Dieses hat mitzuteilen, ob der Fremde in eine Erstaufnahmestelle oder Regionaldirektion vorzuführen ist.
(8) Ein Festnahmeauftrag ist zu widerrufen, wenn
1. das Verfahren zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingestellt wurde und die Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig ist (§ 24 Abs. 2 AsylG 2005) oder
2. der Asylwerber aus eigenem dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.
(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)
(9) Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.
Festnahme
§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1. dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2. gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.
(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.
(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.
(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.
3.1.4. Zur Judikatur
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Eine Schubhaft ist dann nicht rechtmäßig, wenn sich die Behörde mit der Frage der Durchführbarkeit einer Abschiebung des Fremden trotz massiver Anhaltspunkte für deren Unmöglichkeit nicht beschäftigt hat, obwohl bereits in der Vergangenheit eine Abschiebung nicht zu bewerkstelligen gewesen ist und nunmehr nichts für eine Änderung der Verhältnisse ins Treffen geführt worden ist. Aus den §§ 61 Abs 1 und 69 Abs 2 erster Satz FrG 1997 ergibt sich nämlich klar, dass eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nur dann rechtens sein kann, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Daran vermag der Umstand, dass ein Fremder durch falsche Angaben zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit selbst für die Nichterlangung von Reisedokumenten (und damit für die Vereitelung seiner Abschiebung) verantwortlich sein kann, nichts zu ändern, zumal der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zukommt (VwGH 31.03.2008, 2005/21/0026).
3.2.0. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist das Vorliegen von Sicherungsbedarf, sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Zur Sicherung der Abschiebung kommt Schubhaft darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
3.3.0. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor und geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 7 und 9 FPG aus.
Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ und in keiner Weise vertrauenswürdig. Er konnte weder durch seine Familienangehörigen noch durch Strafhaften zu einem rechtskonformen Verhalten bewegt werden. Der BF weigert sich das österreichische Bundesgebiet freiwillig zu verlassen und bei der russischen Botschaft identitätsbezogene Fragen zu beantworten.
Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein Risiko des Untertauchens und daher Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG vor. Sicherungsbedarf ist gegeben.
4.0.0. Für die rechtmäßige Verhängung bzw. Fortsetzung einer Schubhaft ist jedoch auch die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft und die tatsächliche Effektuierbarkeit zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden als hoch zu bewerten ist. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des BF zuzurechnen, da er wiederholt an seiner Identitätsfeststellung nicht mitgewirkt hat und mit den Behörden nicht kooperiert. Den persönlichen Interessen des BF kommt daher aus diesem Ansatz ein vergleichsweise geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicher