TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/14 W252 1434259-4

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Veröffentlicht am 14.12.2020
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Entscheidungsdatum

14.12.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W252 1434259-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb XXXX StA. Indien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.11.2020, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden „BF“), ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 12.03.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Er wurde hierzu am 13.03.2013 von Beamten der Sicherheitsbehörde erstbefragt und am 20.03.2013 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.03.2013 wurde der Asylantrag des BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, zugleich wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Status des subsidiären Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt (Spruchpunkte I. und II.). Ferner wurde er gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Eine hiergegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 05.07.2013, Zl. C8 434259-1/2013/2E, gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ab.

2. Am 11.07.2014 stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Er wurde hierzu am 24.09.2014 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

Das Bundesamt wies den zweiten Antrag auf internationalen Schutz des BF mit Bescheid vom 10.02.2015, Zl. 624997703/14779091 gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurück. Dieser Bescheid erwuchs am 28.02.2015 in Rechtskraft.

3. Der BF wurde am 29.10.2015 vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu einer drei monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der BF wurde hierbei wegen des Vergehens der Fälschung besonders beschützter Urkunden verurteilt, da er sich zur Legitimierung und zur Berechtigung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem totalgefälschten griechischen Führerschein gegenüber den Behörden ausgewiesen hatte.

4. Gegen den BF wurde am 04.03.2016 von der LPD Wien wegen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

5. Gegen den BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 11.06.2020 die Untersuchungshaft verhängt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18.09.2019, Zl. 41 Hv 36/19s wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften, wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden, sowie wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.

7. Das Bundesamt brachte dem BF mit Parteiengehör vom 05.06.2020 nachweislich darüber in Kenntnis, dass beabsichtigt werde, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen und wurde dem BF die Möglichkeit der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme hierzu gegeben.

8. Der BF wurde am 16.06.2020 vor der belangten Behörde während seiner Strafhaft zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot niederschriftlich einvernommen.

9. Mit Bescheid vom 14.08.2020 erteilte das Bundesamt dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und erließ gegen den BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG wurde festgestellt, dass sie Abschiebung des BF nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt III.) und ferner gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Dem BF wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

10. Gegen den Bescheid vom 14.08.2020 brachte der BF fristgerecht Beschwerde ein. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2020 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

11. Am 01.10.2020 wurde über den BF mit Bescheid des Bundesamtes die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

12. Aufgrund des Festnahmeauftrages wurde der BF festgenommen und in das PAZ Wels überstellt und mit Mandatsbescheid vom 15.10.2020 wurde gemäß §76 Abs. 2 Z2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.

13. Am 04.11.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. In der niederschriftlichen Einvernahme gab der BF zu seinem neuerlichen Antrag an, dass seine alten Fluchtgründe noch bestehen. Er sei Unterstützer der KHALISTAN-Bewegung. Die Regierung sei gegen diese Organisation. Unterstützer dieser Bewegung würden entweder inhaftiert oder von Regierungsanhängern oder Polizei ermordet. Die Polizei sei auch bei den Eltern des BF gewesen und habe nach dem BF gefragt bzw. den Aufenthaltsort des BF wissen wollen. Die Polizei habe nach seinen Kontaktdaten gefragt. Der BF habe Angst, dass der am Flughaften festgenommen bzw. ermordet werde.

14. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den gegenständlichen Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.). Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens des BF nicht geändert. Er habe keine neuen wesentlichen Entscheidungsgründe vorgebracht.

15. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde. Er brachte zusammengefasst vor, es liege ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vor und das Vorbringen des BF der Wahrheit entspreche. Der BF haben in den beiden Vorverfahren andere Fluchtgründe angegeben, im Jahr 2013 habe er als Fluchtgrund eine verbotene Beziehung zu einem Mädchen angeführt. 2014 habe der BF angegeben, dass die gegnerische Partei in Indien an die Macht gekommen sei. Die aktuellen Schilderungen des BF über die politische Aktivität des BF und die Besuche der Polizei bei den Eltern des BF könnten weder als Ergänzung zu dem Vorbringen der vorherigen Fluchtgründe zu sehen. Abgesehen davon, dass die Frage der Asylrelevanz des gegenständlichen Vorbingens im Rahmen eines inhaltlichen Verfahrens überprüft hätte werden müssen, gehe die belangte Behörde fälschlicher Weise davon aus, dass das Verfahren nicht asylrelevant sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF und seinem Aufenthalt im Bundesgebiet

Der BF ist ein indischer Staatsangehöriger und führt den im Spruch genannten Namen und Geburtsdatum. Er wurde in Indien geboren, ist indischer Staatsangehöriger und seit 2013 im Bundesgebiet aufhältig. (AS 15, 47, 133)

Der BF befindet sich derzeit in Schubhaft. (ZMR)

1.2. Zum Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz

1.2.1. Der BF stellte am 12.03.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, den er damit begründete, dass er mit einem Hindu-Mädchen eine Beziehung eingegangen sei. Als deren Familie davon erfahren habe, habe der BF Angst bekommen und das Land verlassen (AS 55). Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.03.2013 wurde der Asylantrag des BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, zugleich wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Status des subsidiären Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt (Spruchpunkte I. und II.). Ferner wurde er gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Eine hiergegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 05.07.2013, Zl. C8 434259-1/2013/2E, gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ab.

1.2.2. Am 11.07.2014 stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass sich die politische Lage in Indien geändert habe, die gegnerischen Partei sei an die Macht gekommen, seine Eltern hätten auch den Bruder des BF nach Dubai geschickt, weil dieser oft von der Polizei mitgenommen worden sei. Das Bundesamt wies den zweiten Antrag auf internationalen Schutz des BF mit Bescheid vom 10.02.2015, Zl. 624997703/14779091 gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurück. Dieser Bescheid erwuchs am 28.02.2015 in Rechtskraft.

1.2.3. Der BF wurde am 16.06.2020 vor der belangten Behörde während seiner Strafhaft zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid vom 14.08.2020 erteilte das Bundesamt dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und erließ gegen den BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG wurde festgestellt, dass sie Abschiebung des BF nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt III.) und ferner gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Dem BF wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2020 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

1.2.4. Am 04.11.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. In der niederschriftlichen Einvernahme gab der BF zu seinem neuerlichen Antrag an, dass seine alten Fluchtgründe noch bestehen. Er sei Unterstützer der KHALISTAN-Bewegung. Die Regierung sei gegen diese Organisation. Unterstützer dieser Bewegung würden entweder inhaftiert oder von Regierungsanhängern oder Polizei ermordet. Die Polizei sei auch bei den Eltern des BF gewesen und habe nach dem BF gefragt bzw. den Aufenthaltsort des BF wissen wollen. Die Polizei habe nach seinen Kontaktdaten gefragt. Der BF habe Angst, dass der am Flughaften festgenommen bzw. ermordet werde.

1.2.5. Hinsichtlich des Antrags auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten konnte der BF seit Rechtskraft der letzten Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 11.07.2014 kein neues entscheidungsrelevantes Vorbringen glaubhaft dartun. Im gegenständlichen Verfahren ergaben sich im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf die den BF betreffende asylrelevante Lage in Indien.

Der BF befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft (ZMR).

1.       2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt und in die Akte des Erstverfahrens. Darüber hinaus wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vorgelegten Urkunden des BF, die schlüssig und nachvollziehbar sind und an deren Echtheit und Richtigkeit kein Zweifel besteht, sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und Strafregister. Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF stützen sich neben den Aussagen des BF in der behördlichen Einvernahme auf den Inhalt der Verfahrensakte (AS 21; Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.10.2020, W252 1434259-3, S.4f). Dass er in Indien geboren wurde und ist seit dem Jahr 2013 im Bundesgebiet aufhältig ist, ergibt sich ebenfalls aufgrund seiner Angaben im Verfahren und dem Gerichtsakt des Vorverfahrens (AS 15 f; Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.10.2020, W252 1434259-3, S.4f). Dass sich der BF derzeit in Schubhaft befindet fußt auf dem Akteninhalt und der Einsicht in das Melderegister und Strafregister (Auszug aus dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister).

2.2. Zum Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz

2.2.1. Die Feststellungen zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichts- bzw. Verwaltungsakten.

2.2.2. Die Feststellungen zum Vorbringen hinsichtlich der Asylanträge fußt auf dem Inhalt der Akten (Protokolle der Einvernahmen durch das Bundesasylamt vom 13.03.2013 und 24.09.2014).

2.2.3. Die Feststellungen zum Verfahrensstand bzw. Verfahrensergebnis des ersten Asylantrages bzw. hinsichtlich des Folgeantrages ergeben sich aufgrund des Akteninhalts.

2.2.4. Die Feststellung, dass sich keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf die den BF betreffende asylrelevante Lage in Indien ergaben, war zu treffen, zumal der BF seinen zweiten Folgeantrag damit begründet, dass die gegnerische politische Partei mittlerweile an der Macht sei und der BF vor dessen Mitgliedern Angst haben würde. Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde bereits rechtskräftig abgewiesen. Den gegenständlichen Asylantrag hat der BF auch mit politischen Problemen begründet, die ihren Ursprung im Jahr 2016 haben sollen. Der BF vermochte vorliegend keine Änderung des Sachverhaltes aufzuzeigen, sondern beruft er sich in seinem Folgeantrag darauf, dass seine alten Gründe aufrecht seien, und dass er nunmehr ein Mitglied der KHALISTAN-Bewegung sei. Dieses Vorbringen vermochte der BF vor dem Bundesamt nicht zu konkretisieren. Es ist daher der Ansicht des Bundesamtes zu folgen, dass dieses Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweist. In einer Gesamtschau bekräftigte der BF mit dem verfahrensgegenständlichen Asylvorbringen einen Sachverhalt, über den bereits rechtskräftig entschieden wurde. Die belangte Behörde hat auch zutreffend festgestellt, dass sich die Lage in Indien – im Vergleich zum Erstverfahren – nicht maßgeblich geändert hat.

2.2.5. Dass sich der BF sich zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft befindet, ergibt sich aufgrund der Einsicht in das Melderegister.

2.       3. Rechtliche Beurteilung:

3.       Zu Spruchteil A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache

3.1.1. Der mit „Abänderung und Behebung von Amts wegen“ betitelte § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) – (7) […]“

3.1.2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG, der gemäß § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwenden ist, sind Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Zurückweisung eines Anbringens gemäß § 68 Abs. 1 AVG setzt dabei voraus, dass sich der neue Antrag auf eine rechtskräftig entschiedene Sache bezieht, die nur dann vorliegt, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung, deren Abänderung oder Aufhebung begehrt wird, weder am erheblichen Sachverhalt noch an der maßgeblichen Rechtslage etwas geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 17.12.2009, 2008/22/0275, mwN). Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen (vgl. VwGH 14.01.2020, Ra 2019/18/0311, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Vergleichsbescheid jene Entscheidung heranzuziehen, mit der zuletzt in der Sache entschieden – und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen – wurde (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0329, mwN).

Maßgeblicher „Vergleichsbescheid“ ist im gegenständlichen Fall der rechtskräftige Bescheid des Bundesamtes vom 10.02.2015, Zl. 624997703/14779091, mit dem das letzte Mal über den Status eines Asylberechtigten und des subsidiären Schutzes inhaltlich entschieden worden ist.

„Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das Bundesamt gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend zu prüfen, ob das Bundesamt auf Grund des von ihm zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zu dem rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren des Asylwerbers keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (siehe z.B. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0329).

Nur ein zeitlich, örtlich oder sachlich differentes Geschehen kann als anderer Sachverhalt angesehen werden, nicht auch die Beurteilung eines bereits einer Entscheidung zugrunde gelegten, im Vorverfahren bewerteten Sachverhaltes (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 25; auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 483). Wesentlich ist eine Änderung nur dann, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgeblich erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (vgl. VwGH 30.06.2010, 2007/08/0095; auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 26).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

3.1.3. Der BF begründet seinen zweiten Folgeantrag damit, dass er aufgrund seiner politischen Tätigkeiten für die KHALISTAN-Bewegung in Indien verfolgt werden könnte. Da der BF damit kein neues asylrelevantes Vorbringen glaubhaft dartun konnte, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag des BF in Bezug auf den Status des Asylberechtigten im Ergebnis zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides – Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache

3.2.1. Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 27.11.2019, E 2038/2019; 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344, mwN).

3.2.2. Im vorliegenden Fall hat sich die Situation in Indien, auch aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht maßgeblich verschlechtert, sodass eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes nicht eingetreten ist.

Aufgrund der des Nichtvorliegens von wesentlichen Sachverhaltsänderungen in Indien, insbesondere im Hinblick auf den BF und die COVID-19 Pandemie und im Hinblick war auch auszuschließen, dass die Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz in einem inhaltlichen Verfahren anders zu beurteilen sei.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Folgeantrag Identität der Sache Prozesshindernis der entschiedenen Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W252.1434259.4.00

Im RIS seit

23.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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