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L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz NiederösterreichNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der E W in W, vertreten durch Mag. Stefan Lichtenegger, LL.M., Rechtsanwalt in 1070 Wien, Lerchenfelder Straße 39/44, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 15. Oktober 2020, Zl. LVwG-AV-910/001-2020, betreffend naturschutzrechtlichen Wiederherstellungsauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Mit Bescheid vom 16. April 2020 verpflichtete die belangte Behörde die Revisionswerberin gemäß §§ 6 und 35 Abs. 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000 - NÖ NSchG 2000 sowie § 59 Abs. 2 AVG dazu, den auf einem bestimmten Grundstück aufgestellten „Wohnwagen innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen und den früheren Zustand dieses Grundstückes wieder herzustellen“.
2 Diesem Bescheid legte die belangte Behörde im Wesentlichen zugrunde, die Revisionswerberin habe auf dem betreffenden Grundstück „außerhalb des Ortsbereiches der Gemeinde [Z.]“ einen „Wohnwagen im Grünland“ aufgestellt.
3 Die rechtliche Beurteilung des Bescheides wies (u.a.) auf § 6 (Z 3) NÖ NSchG 2000 hin, wonach „außerhalb des Ortsbereiches“ das „Auf- und Abstellen von Wohnwagen, Wohnmobilen oder mobilen Heimen im Grünland außerhalb von nach den Bestimmungen des NÖ Campingplatzgesetzes 1999 genehmigten Campingplätzen“ verboten sei.
4 1.2. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde stellte die Revisionswerberin nicht in Abrede, außerhalb des Ortsbereiches einen Wohnwagen abgestellt zu haben; vielmehr nimmt die Beschwerde - ähnlich wie schon eine von der Revisionswerberin gemäß § 45 Abs. 3 AVG erstattete Stellungnahme vom 13. März 2020 - ausdrücklich auf ein „Aufstellen eines Wohnwagenanhängers“ Bezug.
5 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 15. Oktober 2020 gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde keine Folge, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.
6 Aufgrund der Verfahrensakte und einer Einsicht in öffentlich zugängliches Kartenmaterial des Landes Niederösterreich stellte das Verwaltungsgericht fest, das gegenständliche - als „Grünland-Grüngürtel-Uferbegleitgrün“ gewidmete - Grundstück befinde sich nicht in einem baulich und funktional zusammenhängenden Teil des Siedlungsgebietes (vgl. § 6 NÖ NSchG 2000); es liege dort kein nach den Bestimmungen des NÖ Campingplatzgesetzes genehmigter Campingplatz vor.
7 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, der auf jenem Grundstück abgestellte Gegenstand sei aufgrund seiner Bauart und Ausrüstung ein Wohnwagen im Sinn des NÖ NSchG 2000 (Hinweis auf VwGH 27.11.2012, 2009/10/0259) und daher vom Verbot des § 6 Z 3 NÖ NSchG 2000 erfasst, weshalb der naturschutzbehördliche Auftrag gemäß § 35 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 zu Recht ergangen sei.
8 Von der Durchführung einer Verhandlung habe gemäß § 24 Abs. 3 und 4 VwGVG abgesehen werden können, zumal von keiner Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt worden sei und aufgrund der Aktenlage habe entschieden werden können; der Verfahrensakt habe erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht habe erwarten lassen.
9 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 3.1. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision bringt die Revisionswerberin vor, das Verwaltungsgericht habe die Fragen, ob der gegenständliche Anhänger ein Wohnwagen iSd NÖ NSchG 2000 sei und ob sich die Liegenschaft außerhalb des Ortsbereiches (vgl. § 6 NÖ NSchG 2000) befinde, abweichend von der hg. Rechtsprechung (Hinweis u.a. auf das schon vom Verwaltungsgericht erwähnte Erkenntnis 2009/10/0259 sowie auf VwGH 29.4.1985, 85/10/0064) beurteilt:
13 Im vorliegenden Fall handle es sich nämlich um einen „alten lediglich der Umkleide dienenden Anhänger, welcher für einen ‚Personenaufenthalt‘ ungeeignet“ sei. Das gegenständliche Grundstück sei mit dem Siedlungsgebiet B. durch eine „landwirtschaftliche Industrieanlage“ verbunden und überdies direkt an das Straßenverkehrsnetz von drei Ortsgebieten angebunden; darüber hinaus befänden sich „unmittelbar neben dem Grundstück mehrere Wohngebäude“.
14 3.2. Ein derartiges Vorbringen hat die Revisionswerberin weder im verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstattet.
15 Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann jedoch nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot (§ 41 erster Satz VwGG) fällt (vgl. etwa VwGH 28.7.2016, Ra 2015/07/0147, mwN).
16 3.3. Als „wesentlichen Verfahrensmangel“ rügt die Revisionswerberin, dass das Verwaltungsgericht „bedenkenlos die Feststellungen der belangten Behörde übernommen“ und „keine weiteren Ermittlungen durchgeführt“ habe; wenn - „wie in gegenständlicher Angelegenheit“ - von der Behörde ein Sachverhalt angenommen werde, der von der Revisionswerberin in deren Beschwerde „konkret bestritten“ werde, sei eine Verhandlung nach Art. 6 EMRK geboten.
17 3.4. Dem ist zu erwidern, dass in der vom Verwaltungsgericht zu erledigenden Beschwerde die Tatbestandsvoraussetzungen des Verbotes gemäß § 6 Z 3 NÖ NSchG 2000 (insbesondere das Aufstellen eines Wohnwagens „außerhalb vom Ortsbereich“) gerade nicht bestritten wurden.
18 Angesichts dessen istentgegen der in der Revision vertretenen Auffassung - nicht zu erkennen, dass eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine weitere Klärung der Rechtssache im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG erwarten hätte lassen. Auch der EGMR hat im Übrigen mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - keine Fragen der (maßgeblichen) Beweiswürdigung auftreten oder die (maßgeblichen) Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. etwa VwGH 24.1.2017, Ra 2016/05/0066, unter Hinweis auf VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0085, mwN, sowie jüngst VwGH 26.8.2020, Ra 2020/05/0125 bis 0127).
19 3.5. Schließlich wirft die Revisionswerberin auch mit dem Vorwurf, der ihr erteilte Auftrag sei nicht ausreichend bestimmt, eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG - angesichts der gebotenen Heranziehung auch der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses als Auslegungshilfe (vgl. etwa VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0484, mwN) - nicht auf.
20 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
21 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Jänner 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020100176.L00Im RIS seit
08.03.2021Zuletzt aktualisiert am
08.03.2021