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21/01 HandelsrechtNorm
EStG 1988 §18 Abs6Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der I L in F, vertreten durch Dr. Felix Karl Vogl, Rechtsanwalt und Steuerberater in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31. März 2020, Zl. RV/1100177/2016, betreffend Einkommensteuer 2013, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 28. November 2014 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2013 fest. Darin wurden u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (in Höhe von 192,06 €) ausgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, es komme zu keinem Übergang der Verlustanteile aus dem Umwandlungsbeschluss vom 14. August 2013 („kein Einkauf in Verlustvorträge möglich“), da keine Umwandlung im Sinne des Art. II UmgrStG vorliege.
2 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Sie machte geltend, der Verlustvortrag aus der Umwandlung der B GmbH sei zu berücksichtigen. Weiters seien 50% der noch nicht verrechneten Mindestkörperschaftsteuer der umgewandelten B GmbH anzusetzen.
3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 24. September 2015 änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid ab. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden nunmehr mit 0 € ausgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, aufgrund fehlender Einnahmen der B GmbH ab 2007 bis zum Umwandlungsstichtag 31. Dezember 2012 könne mangels gewerblicher Betätigung bereits ab 2007 nicht mehr von einem Betrieb der B GmbH ausgegangen werden. Damit sei Art. II UmgrStG nicht anwendbar, sodass ein Verlust der B GmbH nicht auf die Rechtsnachfolger übergehen könne. Auf die Frage, welcher Anteil des Verlustes auf die Revisionswerberin übergehen könne und ob ein „Einkauf in Verluste“ erfolgt sei, müsse daher nicht eingegangen werden. Auch eine Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer sei nicht möglich. Da auch in der Nachfolgegesellschaft keine Änderung der Bewirtschaftung eingetreten sei und damit auch bei dieser von einer Liebhabereitätigkeit - bis zu einer Änderung der Bewirtschaftung - auszugehen sei, lägen keine gemeinschaftlichen Einkünfte vor, für die auch keine Feststellung gemäß § 188 BAO zu erfolgen habe. Es seien daher - anders als im Bescheid vom 28. November 2014 - keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusetzen; insoweit werde der Einkommensteuerbescheid geändert.
4 Die Revisionswerberin beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und änderte den angefochtenen Bescheid im Sinne der Beschwerdevorentscheidung ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens verwies das Bundesfinanzgericht auf sein Erkenntnis vom 5. März 2020 betreffend Nichtfeststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO der I und P OG für das Jahr 2013 (vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2020/15/0050 bis 0052). Deren Tätigkeit sei als Liebhaberei zu beurteilen. Das Bundesfinanzgericht schließe sich im vorliegenden Verfahren den Ausführungen in jenem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts an.
7 Mindestkörperschaftsteuern könnten durch Rechtsgeschäft nicht auf andere Rechtsträger übertragen werden. Eine Übertragung und Nutzung außerhalb des Anwendungsbereiches von § 9 UmgrStG (und damit außerhalb von Art. II UmgrStG) sei bei natürlichen Personen nicht möglich. Der beantragten Berücksichtigung der Mindestkörperschaftsteuer könne daher kein Erfolg beschieden werden. Auch sei der Verlustabzug nicht auf die Revisionswerberin übergegangen.
8 Im Einkommensteuerverfahren bestehe eine Bindung an die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO. § 252 Abs. 1 BAO schränke das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen könnten daher nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Würden sie im Rechtsmittelverfahren gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so sei die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen.
9 Die Abänderung des Bescheides erfolge, da im bekämpften Bescheid der Gewinnanteil an der I und P OG enthalten gewesen sei; die Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien aber mit 0 € anzusetzen.
10 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
11 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
13 Die Revision ist zulässig und begründet.
14 Nach § 7 Abs. 1 Z 1 UmgrStG sind Umwandlungen im Sinne dieses Bundesgesetzes u.a. errichtende Umwandlungen nach dem Bundesgesetz über die Umwandlung von Handelsgesellschaften, wenn am Umwandlungsstichtag und am Tag des Umwandlungsbeschlusses ein Betrieb vorhanden ist.
15 Gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG sind Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 KStG 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr unter näher geregelten Voraussetzungen zuzurechnen. Nach § 10 Z 1 lit. b UmgrStG sind Verlustabzüge den Rechtsnachfolgern unter näher genannten Voraussetzungen zuzurechnen.
16 Die Revisionswerberin macht u.a. geltend, Verlustabzüge („Verlustvorträge“) sowie Mindestkörperschaftsteuern gingen im Hinblick auf die Gesamtrechtsnachfolge im Rahmen einer Umwandlung auf die Rechtsnachfolger unabhängig davon über, ob auf diese Umwandlung die Vorschriften des UmgrStG anwendbar seien.
17 Wenn auch das Umwandlungsgesetz zivilrechtlich die Gesamtrechtsnachfolge vorsieht (§ 1 Umwandlungsgesetz), so ist für die Frage des (möglichen) Überganges einer steuerrechtlichen Position entscheidend, ob diese Position nach Bestimmungen des materiellen Steuerrechts übertragbar ist. Zum Verlustabzug enthält das Einkommensteuerrecht keine Nachfolgeregelung. Jedenfalls in dem Fall, dass kein Betrieb übernommen und die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers fortzuführen waren, ist eine Nachfolgeregelung auch nicht zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung erforderlich (vgl. VwGH 15.9.2016, Ra 2015/15/0003, mwN).
18 Geht das Vermögen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft im Wege der Umwandlung auf einen anderen über, so ist aber nach § 20 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 die Regelung des § 19 KStG 1988 (Liquidationsbesteuerung) anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des UmgrStG nicht gegeben sind oder das UmgrStG dies vorsieht. Nach § 20 Abs. 3 KStG 1988 hat der Rechtsnachfolger das übernommene Vermögen mit den nach Abs. 2 leg. cit. maßgebenden Werten anzusetzen. Damit ist aber gerade keine Buchwertfortführung vorgesehen. Sollte die gesamte Betätigung der B GmbH als Liebhaberei zu beurteilen sein, ist steuerlich eine Buchwertfortführung von vornherein nicht möglich.
19 Voraussetzung für den geltend gemachten Übergang des Verlustabzuges ist somit die Anwendbarkeit der Bestimmungen des UmgrStG, demnach hier insbesondere das Vorliegen eines Betriebes iSd § 7 Abs. 1 Z 1 UmgrStG. Das Vorliegen von Liebhaberei schließt -im Hinblick auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht - einen derartigen Betrieb aus (vgl. VwGH 3.4.2019, Ro 2017/15/0030; vgl. auch VwGH 31.5.2017, Ro 2016/13/0001, mwN).
20 Wie im Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2020/15/0050 bis 0052, welches die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO der I und P OG betrifft, näher dargelegt wird, erweist sich die Gesamtbeurteilung des Bundesfinanzgerichtes (auf die sich auch das angefochtene Erkenntnis stützt), im Jahr 2013 sei betreffend die I und P OG (oder deren Rechtsvorgängerin B GmbH) Liebhaberei vorgelegen, als mit Verfahrensmängeln behaftet. Auf die Begründung jenes Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
21 Damit kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Regelungen des UmgrStG betreffend Umwandlungen, insbesondere zum Übergang der Mindestkörperschaftsteuer sowie des Verlustabzuges, im vorliegenden Fall anwendbar sind.
22 Das angefochtene Erkenntnis war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
23 Von der von der Revisionswerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Jänner 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020150076.L00Im RIS seit
23.03.2021Zuletzt aktualisiert am
23.03.2021