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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des A K, vertreten durch Mag. Alexander Fuchs, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 4, gegen das am 27. Oktober 2020 mündlich verkündete und am 24. November 2020 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, L525 2158268-1/12E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Bangladeschs, stellte am 11. Jänner 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 2. Mai 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
4 Begründend führte das BVwG - soweit für das Revisionsverfahren relevant - zur Nichtgewährung subsidiären Schutzes aus, dem Revisionswerber drohe im Falle seiner Rückkehr aus näher genannten Gründen keine reale Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK. In einer Gesamtbetrachtung würden sich vor dem Hintergrund der festgestellten Covid-19-Fallzahlen in Bangladesch und der individuellen Situation des Revisionswerbers keine Hinweise auf eine unzumutbare, schon mit der Rückverbringung des gesunden Revisionswerbers einhergehende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ergeben. Es sei auch nicht erkennbar, dass gerade der Revisionswerber, der im Herkunftsstaat über ein soziales Netz verfüge, aufgrund der Covid-19-Situation in Bangladesch einer existenzbedrohenden Notlage ausgesetzt wäre. Im Rahmen der Rückkehrentscheidung führte das BVwG eine näher begründete Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG durch und kam zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung das persönliche Interesse des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiege.
5 Die vorliegende außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) aufgrund einer mangelnden Lebensgrundlage bzw. mangelnder Deckung der Grundbedürfnisse menschlicher Existenz abgewichen. Eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat könne, auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht werde, die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen. Weiters wird zur Zulässigkeit der Revision unter Verweis auf die Bestimmung des § 55 AsylG 2005 geltend gemacht, der Revisionswerber verfüge in Österreich über ein Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Die „diesbezüglich zu lösende Rechtsfrage“ sei in der Rechtsprechung „nicht ganz einheitlich beantwortet“ worden.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 3.12.2020, Ra 2020/18/0331, mwN).
11 Die Zulassungsbegründung der vorliegenden Revision beanstandet pauschal die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unter abstraktem Verweis auf ein Abweichen des BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf die - bereits vom BVwG seinen Feststellungen zugrunde gelegten - Covid-19-Fallzahlen in Bangladesch, ohne konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof zu lösen hätte bzw. worin die Abweichung von der Rechtsprechung bestehe, zumal eine nicht näher kommentierte Aneinanderreihung von Leitsätzen nicht genügt, um eine Abweichung von der hg. Rechtsprechung darzulegen (vgl. VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0047, mwN).
12 Wenn die Revision zu ihrer Zulässigkeit unter Verweis auf die Bestimmung des § 55 AsylG 2005 zudem pauschal vorbringt, der Revisionswerber verfüge in Österreich über ein Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK und die „diesbezüglich zu lösende Rechtsfrage“ sei „in der Rechtsprechung nicht ganz einheitlich beantwortet“ worden, legt sie nicht dar, welche konkrete Rechtsfrage, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt, der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich beantwortet hat.
13 Schon aus diesen Gründen zeigt die Revision daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
14 Im Übrigen lässt sich auch aus den Ausführungen in den Revisionsgründen keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG erkennen.
15 Sofern die Revision geltend macht, aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie bestehe die Gefahr, notwendige Lebensbedürfnisse nicht befriedigen zu können, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht ausreichend ist. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, dass exzeptionelle Umstände vorliegen (vgl. VwGH 6.11.2020, Ra 2020/18/0311, mwN).
16 Der Revision gelingt es im vorliegenden Fall nicht, darzulegen, dass im Falle der Rückkehr des gesunden, arbeitsfähigen Revisionswerbers, der nach den Feststellungen des BVwG über Schulbildung sowie Berufserfahrung verfüge und dessen Familie nach wie vor im Heimatdorf des Revisionswerbers lebe, in seiner Herkunftsregion solche exzeptionellen Umstände vorlägen, die die Gewährung subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.
17 Sofern in den Revisionsgründen das Ergebnis der vom BVwG vorgenommenen Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK für unzutreffend erachtet wird, ist festzuhalten, dass diese nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH 9.12.2020, Ra 2020/18/0466, mwN). Das BVwG setzte sich im Rahmen seiner Interessenabwägung mit allen entscheidungswesentlichen, insbesondere auch den zu Gunsten des Revisionswerbers sprechenden und den in den Revisionsausführungen ins Treffen geführten Umständen auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den privaten Interessen des Revisionswerbers überwiege. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass das BVwG bei seiner Abwägung von den Leitlinien der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen wäre.
18 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. Jänner 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020180538.L00Im RIS seit
01.03.2021Zuletzt aktualisiert am
01.03.2021