TE Vwgh Beschluss 2021/1/21 Ra 2020/18/0433

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Veröffentlicht am 21.01.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des M A, vertreten durch Dr. Franz Lima, Rechtsanwalt in 2320 Schwechat, Wienerstraße 30/3A, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. September 2020, L524 2173009-1/12E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist ein Staatsangehöriger des Irak und stellte am 3. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er als Sunnit Misshandlungen durch Mitglieder schiitischer Milizen ausgesetzt gewesen sei. Zudem habe er eine zwangsweise Rekrutierung durch Milizen sowie bei einer Weigerung seine Tötung befürchtet.

2        Mit Bescheid vom 22. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend führte das BVwG - zusammengefasst und soweit für die Behandlung der Revision relevant - aus, dass es das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers aufgrund widersprüchlicher und vager Angaben als nicht glaubhaft erachtete. Zudem sei nicht glaubhaft, dass der Revisionswerber ein sunnitischer Moslem sei. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führte das BVwG aus, der Revisionswerber könne als gesunder und erwerbsfähiger Mann mit Schulbildung sowie Berufserfahrung in den Irak, insbesondere in die als innerstaatliche Fluchtalternative herangezogene Stadt Bagdad, zurückkehren.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das BVwG das Fluchtvorbringen als nicht glaubhaft erachtet habe. Zudem beinhalte das Erkenntnis keine Feststellungen zur Behandlung von Sunniten im Irak und zur Lage in den vom IS zurückeroberten Gebieten.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Soweit sich der Revisionswerber gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung der Verwaltungsgerichte eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 16.9.2020, Ra 2020/18/0360, mwN).

10       Dass die gegenständliche Beweiswürdigung unvertretbar wäre, vermag der Revisionswerber mit seinem pauschal gehaltenen Vorbringen nicht aufzuzeigen. Das BVwG legte nachvollziehbar dar, weshalb es das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers als nicht glaubhaft erachtete. Demnach habe der Revisionswerber widersprüchliche Aussagen über vorgebrachte Misshandlungen durch schiitische Milizen getätigt, und sei seine Glaubwürdigkeit aufgrund einer pauschal behaupteten Aktenwidrigkeit erschüttert worden.

11       Soweit in der Revision unzureichende Feststellungen zur Lage der Sunniten im Irak bemängelt werden, ist dem entgegenzuhalten, dass das BVwG die Zugehörigkeit des Revisionswerbers zur sunnitischen Glaubensrichtung als nicht glaubhaft erachtete. Dabei stützte es sich vor allem auf seine eigenen Angaben über seine Religionszugehörigkeit und -ausübung. Diesen Erwägungen hält die Revision nichts Stichhaltiges entgegen (vgl. VwGH 6.5.2020, Ra 2020/18/0122, mwN).

12       Soweit der Revisionswerber vorbringt, das Erkenntnis beinhalte keine aktuellen Feststellungen zur Lage im Irak und zur Lage in den vom IS zurückeroberten Gebieten, werden Verfahrensmängel geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel - in konkreter Weise - darzulegen (vgl. etwa VwGH 10.9.2020, Ra 2020/18/0184, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision nicht gerecht. Der Revisionswerber zeigt nicht auf, welche Ermittlungen zu den genannten Gebieten hätten getroffen werden müssen, und inwieweit diese zu einem für ihn günstigeren Ergebnis führen hätten sollen.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020180433.L00

Im RIS seit

01.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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