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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des M S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 14. August 2020, Zl. 405-11/207/1/17-2020, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 29. April 2020 wies die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (belangte Behörde) den Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Indiens, auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Student“ gemäß § 64 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (VwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Begründend hielt das VwG - auf das Wesentliche zusammengefasst - fest, bei der vom Revisionswerber absolvierten Studienrichtung „Besuch einzelner Lehrveranstaltungen/Universität 55-PLUS“ handle es sich um keinen Universitätslehrgang gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002 (UG), weshalb keiner der in § 64 Abs. 1 NAG genannten Fälle erfüllt sei. Die für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Student“ erforderliche besondere Erteilungsvoraussetzung liege somit nicht vor.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 7. Oktober 2020, E 3262/2020, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision erhoben.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob das außerordentliche Studium des Revisionswerbers „Universität 55-PLUS“ an der P. Universität Grundlage für die Erteilung eines Aufenthaltstitels sein könne. Dem VwG sei in diesem Zusammenhang zudem ein Begründungsmangel anzulasten, weil es bei seiner Beurteilung die Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 nicht berücksichtigt habe.
7 Gemäß § 64 Abs. 1 Z 3 NAG ist Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung als Student auszustellen, wenn sie ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002 absolvieren (die weiteren darin alternativ genannten Lehrgänge kommen vorliegend nicht in Betracht), dieses mindestens 40 ECTS-Anrechnungspunkte umfasst und nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.
8 Im vorliegenden Fall verneinte das VwG das Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 64 Abs. 1 Z 3 NAG bereits deshalb, weil es sich bei der vom Revisionswerber absolvierten Studienrichtung nicht um einen Universitätslehrgang nach § 56 UG handle.
9 Nach § 56 Abs. 1 UG sind die Universitäten berechtigt, Universitätslehrgänge einzurichten. Die Einrichtung erfolgt durch Verordnung; Näheres - wie insbesondere die Zulassungsvoraussetzungen - ist im Curriculum festzulegen (siehe die Erläuterungen zu § 56 UG in RV 1134 BlgNR 21. GP 91).
10 Gemäß § 20 Abs. 6 UG hat jede Universität ein Mitteilungsblatt herauszugeben und im Internet auf der Homepage der Universität öffentlich zugänglich zu machen. Darin sind ua. Curricula (Z 6) und akademische Grade sowie Bezeichnungen für die Absolventinnen und Absolventen von Universitätslehrgängen (Z 7) kundzumachen.
11 Der von der Paris Lodron Universität Salzburg in ihrem Mitteilungsblatt am 8. Juli 2020, 62. Stück, Nr. 245, kundgemachten und am selben Tag in Kraft getretenen Verordnung des Rektorats über den Kurs „Universität 55-PLUS“ ist ausdrücklich zu entnehmen, dass die „Universität 55-PLUS“ kein Studium ist und daher auch nicht mit einem akademischen Grad abschließt (vgl. zuvor bereits die Verordnung vom 18. Dezember 2012, 11. Stück, Nr. 37). Ein Universitätslehrgang im Sinn des § 56 UG wurde damit nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Verordnung nicht eingerichtet. Dies steht auch in Einklang mit der seitens des VwG begründend herangezogenen Mitteilung der Universität Salzburg vom 14. August 2020, der zufolge die Studienrichtung „Besuch einzelner Lehrveranstaltungen, Universität 55-PLUS“ zwar ein außerordentliches Studium sei, jedoch kein Universitätslehrgang gemäß § 56 UG. Nach der Definition des § 51 Abs. 2 Z 20 UG zählen zu den außerordentlichen Studien neben Universitätslehrgängen (sowie Studien zur Herstellung der Gleichwertigkeit gemäß § 90 Abs. 4 UG) auch der Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern.
12 Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor; dies selbst dann, wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 22.10.2020, Ra 2020/01/0375, Rn. 9; 13.9.2016, Ro 2016/22/0013, Rn. 9, jeweils mwN).
13 Vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlautes des § 64 Abs. 1 Z 3 NAG, der für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dieser Bestimmung die (fallbezogen nicht vorliegende) Absolvierung eines außerordentlichen Studiums im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 UG (oder eines anderen, hier aber nicht in Betracht kommenden Lehrganges) voraussetzt, wird mit der Behauptung des Fehlens von Rechtsprechung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
14 Hinsichtlich des vom Revisionswerber behaupteten Begründungsmangels genügt ein Hinweis darauf, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht, in der Revision die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 13.10.2020, Ra 2020/22/0186, Rn. 7, mwN). Im Hinblick auf das - wie dargelegt - nicht zu beanstandende Ergebnis des VwG kommt eine derartige Relevanz vorliegend nicht in Betracht.
15 Soweit die Revision weiters lediglich pauschal Bedenken in Hinblick auf die Sachlichkeit der Anknüpfung an 40 ECTS-Anrechnungspunkte in § 64 Abs. 1 Z 3 NAG geltend macht, zeigt sie damit schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil sich dieses Vorbringen mangels Absolvierung eines Universitätslehrganges im Sinn des § 56 UG durch den Revisionswerber als nicht entscheidungswesentlich erweist. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuständig (vgl. VwGH 11.5.2020, Ro 2020/22/0002, Rn. 12, mwN).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
17 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
18 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 27. Jänner 2021
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020220262.L00Im RIS seit
23.03.2021Zuletzt aktualisiert am
23.03.2021