TE OGH 2021/1/28 8ObA108/20w

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Veröffentlicht am 28.01.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. Gabriele Svirak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ao Univ.-Prof. Dr. P*****, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Universität *****, vertreten durch Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2. Univ.-Prof. Dr. E*****, vertreten durch Dr. Norbert Winkler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung und 12.326,80 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Juli 2020, GZ 13 Ra 8/19b-48, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II. Die Eingabe der klagenden Partei vom 20. 11. 2020 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       Im Mitteilungsblatt der Erstbeklagten wurde im Oktober 2015 eine Stelle einer/eines Universitätsprofessorin/Universitätsprofessors gemäß § 99 Abs 3 UG 2002 ausgeschrieben. Sowohl der Kläger als auch die Zweitbeklagte bewarben sich auf diese Stelle. Der Rektor entschied sich aufgrund des Berichts des Dekans über das Ergebnis der Beratung der Professorenkurie, Berufungsverhandlungen mit der Zweitbeklagten aufzunehmen. Entscheidend dafür war die Empfehlung der Fakultät, dass die Zweitbeklagte das Kriterium der sozialen Kompetenz (Führungsqualifikation) besser erfüllte als der Kläger. Das Geschlecht des Klägers war nicht der Grund, warum er nicht auf die Stelle berufen wurde. Die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte schlossen im Mai/Juni 2017 einen Arbeitsvertrag ab.

[2]            Der Kläger begehrte

[3]            a. die Feststellung, dass der zwischen der Erst- und der Zweitbeklagten abgeschlossene Arbeitsvertrag nichtig sei,

[4]       in eventu die Feststellung, dass das diesbezügliche Berufungsverfahren mit rechtserheblichen Mängeln behaftet sei,

[5]       in eventu, dass die Erstbeklagte schuldig sei, mit dem Kläger Berufungsverhandlungen aufzunehmen,

[6]            in eventu, dass die Erstbeklagte schuldig sei, die im Mitteilungsblatt ausgeschriebene „Stelle einer/eines Universitätsprofessorin/Universitätsprofessors“ neu auszuschreiben sowie

[7]            b. dass die Erstbeklagte schuldig sei, ihm 12.346,80 EUR sA zu zahlen.

[8]            Die Vorinstanzen wiesen die Klagebegehren ab. Für die begehrten Feststellungen fehle dem Kläger das rechtliche Interesse. Die Erstbeklagte könne auch nicht im Sinne der hierzu gestellten Eventualleistungsbegehren verpflichtet werden. Dem Kläger stehe kein subjektives Recht auf Beförderung zu. Sein auf Diskriminierung infolge Geschlechts gestütztes Zahlungsbegehren scheitere am Vorliegen eines Diskriminierungstatbestands. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[9]       I. In seiner gegen das Berufungsurteil gerichteten außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

[10]     1. Nach der Rechtsprechung kann grundsätzlich auch ein an einem Rechtsgeschäft nicht beteiligter Dritter dessen Nichtigkeit geltend machen, wenn er ein rechtliches Interesse an der Nichtigerklärung hat (RIS-Justiz RS0014654; RS0014650 [T2]). Das zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemachte Rechtsverhältnis muss allerdings eine unmittelbare rechtliche Wirkung auf die Rechtsstellung des Klägers ausüben, es muss also geeignet sein, die Beeinträchtigung der Rechtssphäre durch den Gegner zu beenden und einen künftigen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden (RS0039071 [T13]). Ein solches Begehren ist daher nur dann zulässig, wenn das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis die Rechtssphäre des Klägers unmittelbar berührt (9 ObA 83/18y). Bereits in der Entscheidung 9 ObA 112/19k, der idente Feststellungs- und Leistungsbegehren und eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation wie hier zugrunde lagen, billigte der Oberste Gerichtshof die Klagsabweisung durch die Vorinstanzen mangels rechtlichen Interesses.

[11]     2.1 Damit hält sich die Auffassung der Vorinstanzen, der Kläger zeige auch im Anlassfall kein rechtliches Interesse auf, das seine Rechtssphäre unmittelbar berühren würde, im Rahmen der Rechtsprechung. Ausgehend von den konkreten Feststellungen zeigen die Rechtsmittelausführungen insoweit keine relevante Rechtsfrage auf: Das Verlangen des Klägers, ihm müsse aus unionsrechtlichen Erwägungen eine „Konkurrentenklage“ bzw ein Feststellungsinteresse zugebilligt werden, verkennt insoweit, dass die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes keine Erfolgsgarantie bedeutet (vgl Esser/Kubiciel in Meyer/Hölscheidt [Hrsg], Charta der Grundrechte der Europäischen Union5 Art 47 Rz 3).

[12]     2.2 Die Abweisung des Zahlungsbegehrens durch die Vorinstanzen begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Nach den Feststellungen war nicht das Geschlecht des Klägers der Grund dafür, dass er nicht auf die Stelle berufen wurde, sondern seine mangelnde Qualifikation als Führungskraft. Damit setzt sich der Revisionswerber nicht weiter auseinander. Auch wenn die Ausschreibung auf die venia docendi der Zweitbeklagten zugeschnitten war, folgt daraus entgegen der Meinung des Klägers nicht zwangsläufig ein Verstoß gegen Antidiskriminierungsvorschriften.

[13]     3. Den verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers zu § 99 Abs 3 UG 2002, die sich in den Revisionsausführungen widerspiegeln, ist der Verfassungsgerichtshof nicht beigetreten (VfGH 25. 2. 2019 G 28/2019-6).

[14]           4. Mit seinen unionsrechtlichen Überlegungen legt der Kläger nicht dar, weshalb sich seine Rechtsposition bei Bejahung seiner Feststellungsbegehren verbessern würde. Der Senat sieht sich nicht veranlasst, der Anregung auf Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH näher zu treten.

[15]           5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

[16]           II. Der weitere Schriftsatz des Klägers vom 20. 11. 2020 verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (vgl RS0041666).

Textnummer

E130734

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:008OBA00108.20W.0128.000

Im RIS seit

23.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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