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L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
GmbHG §15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. September 1995, Zl. UVS-05/F/18/00153/95, betreffend Übertretung des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 20. Jänner 1995 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, es als Geschäftsführer einer näher bezeichneten GmbH bis zum 20. Juni 1994 unterlassen zu haben, aus dem im näher bezeichneten Betrieb durchgeführten Vermieten von Bild- und Programmträgern (Videoverleih) während des Zeitraumes 1. bis 28. Februar 1994 steuerpflichtige Einnahmen von insgesamt S 156.000,-- termingerecht zur Vergnügungssteuer einzubekennen und die darauf entfallende Vergnügungssteuer von insgesamt S 15.680,--, fällig gewesen am 10. März 1994, fristgerecht zu entrichten. Er wurde schuldig erkannt, dadurch diesen Abgabenbetrag in der Zeit vom 1. März 1994 bis 20. Juni 1994 (Datum der Konkurseröffnung) verkürzt und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Er habe dadurch den § 19 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1987 und i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 7.800,-- (Ersatzarreststrafe 8 Tage) verhängt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Nach durchgeführter mündlicher Verhandlung bestätigte die belangte Behörde in der mündlichen Verkündung des Berufungsbescheides das Straferkenntnis nach § 66 Abs. 4 AVG und gab die wesentlichen Entscheidungsgründe bekannt. In der schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides wurde das Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung vollinhaltlich und in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, daß der Verkürzungszeitraum wie folgt zu lauten habe: "21.3.1994 bis 20.6.1994". In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es zu dieser Abänderung, zur Haftung des handelsrechtlichen Geschäftsführers werde bemerkt, daß der Beschwerdeführer laut Auszug aus dem Firmenbuch seit 21. März 1994 Geschäftsführer sei und in der Zeit vom 3. Juli 1991 bis 21. März 1994 Leopold B. als Geschäftsführer der GmbH im Firmenbuch eingetragen gewesen sei. Da die Abgabenschuld jedoch mit dem Ausscheiden des früheren Geschäftsführers nicht erloschen, sondern vielmehr bestehen geblieben sei, sei der Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH verpflichtet gewesen, die fällige Vergnügungssteuer ab 21. März 1994 zu entrichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1987 (VGSG) i.d.F. LGBl. für Wien Nr. 73/1990, kundgemacht am 21. Dezember 1990, sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens 300.000,-- S verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 600.000,-- S zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von mehr als 300.000,-- S fahrlässig oder vorsätzlich verkürzt wird, sind vom Gericht als Finanzvergehen mit Freiheitsstrafen bis zu neun Monaten oder mit Geldstrafen bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Monaten festzusetzen.
Der Tatbestand des § 19 Abs. 1 VGSG setzt ein Verhalten (Handlungen oder Unterlassungen) voraus, durch welches die Steuer verkürzt wird. Das Verhalten und die Verkürzung stehen demnach in einem unmittelbaren Kausalzusammenhang. Zu diesem Verhalten zählen alle Umstände, die vorliegen müssen, um die Steuer zu verkürzen (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1996, Zl. 94/17/0333).
Der in Rede stehende Straftatbestand ist dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt. Das Tatbild ist dabei auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe, entweder durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen (unechtes Unterlassungsdelikt) abgestellt. Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor, wenn eine Abgabe unter Verletzung einer Erklärungspflicht nicht zu den vorgesehenen Terminen entrichtet wird. Mit der Verkürzung ist auch der Erfolg eingetreten, das Delikt nach der genannten Bestimmung nicht nur vollendet, sondern auch beendet. Spätere nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetretenen Verkürzung nichts zu ändern. Ein solches Verhalten nach diesem Zeitpunkt ist auch nicht vom Tatbild erfaßt. Vielmehr sind nur die Handlungen und Unterlassungen erfaßt, die in einem Kausalzusammenhang mit der Verkürzung stehen. Dies kann bei einem Verhalten nach bereits eingetretenem Erfolg nicht mehr der Fall sein (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1996, Zl. 94/17/0333).
Die Vergnügungssteuer für das Vermieten von Bild- und Programmträgern (Videoverleih) während des Zeitraums 1. bis 28. Februar 1994 war gemäß § 17 VGSG bis spätestens 10. März 1994 zu erklären und zu entrichten. Wurde die Abgabe zu dem vorgesehenen Termin 10. März 1994 nicht erklärt und nicht entrichtet, dann wurde sie bereits mit Ablauf dieses Termins verkürzt. Spätere nach Ablauf dieses Termins andauernde Unterlassungen sind nicht vom Tatbild des in Rede stehenden § 19 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz erfaßt. Eine Person, die erst nach dem Verkürzungszeitpunkt für die Entrichtung der Abgaben verantwortlich wird, darf daher nicht nach § 19 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz schuldig erkannt werden.
Der Beschwerdeführer war nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid erst ab 21. März 1994 handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und erst ab diesem Zeitpunkt (auch) für die Abgabenangelegenheiten der Gesellschaft verantwortlich. Er war daher für die Erklärung und die Entrichtung der am 10. März 1994 fällig gewordenen Vergnügungssteuer nicht verantwortlich. Somit konnte er diese Abgabe auch nicht verkürzen. Die Nichtentrichtung der Abgaben in einem späteren Zeitraum, nämlich zwischen seiner Bestellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer am 21. März 1994 und der Konkurseröffnung am 20. Juni 1994 ist nicht nach § 19 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz strafbar.
Demnach erweist sich der angefochtene Bescheid schon deshalb als rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer den ihm vorgeworfenen Tatbestand nicht verwirklicht hat. Ein Eingehen auf den Widerspruch zwischen dem Spruch des verkündeten und dem des schriftlich ausgefertigten angefochtenen Bescheides sowie auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt sich deshalb.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die Nr. 416/1994.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff UnterlassungsdeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995170464.X00Im RIS seit
20.11.2000