Index
EStGNorm
EStG 1972 §19Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner und Dr. Schubert als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde des Mag. GN in I, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maximilianstraße 9/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat, vom 27. November 1981, Zl. 20.461-3/81, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1976 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1977 und Vermögensteuer zum 1. Jänner 1977, zu Recht erkannt:
Spruch
Die. Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus den übereinstimmenden Tatsachenangaben in der Beschwerde und der Begründung des mit der Beschwerde in Photokopie vorgelegten angefochtenen Bescheides der belangten Behörde ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ermittelt als selbständiger Architekt seinen Gewinn nach der Vorschrift des § 4 Abs. 3 EStG 1972 und versteuert seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Anläßlich einer 1980 vorgenommenen, die Jahre 1976 und 1977 betreffenden Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß er eine am 31. Dezember 1976 auf seinem Girokonto bei der Bank für T. und V. verbuchte Gutschrift von S 181.559,27 aus der Überweisung eines Honorars durch einen Kunden als Einnahme des Jahres 1977 behandelt hatte. Demgegenüber vertrat der Prüfer die Ansicht, dieser Betrag sei dem Beschwerdeführer bereits im Jahre 1976 zugeflossen, die diesbezügliche Einnahme sei dem Jahre 1976 zuzurechnen, auch sei das durch die Gutschrift entstandene Bankguthaben als Aktivum bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1977 anzusetzen. Das Finanzamt erließ nach Wiederaufnahme der betroffenen Verfahren der Auffassung des Prüfers entsprechende Bescheide bezüglich der Umsatzsteuer 1976 und 1977, der Einkommensteuer 1976 und 1977, des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1977 und der Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1977.
Die Berufung des Beschwerdeführers gegen diese Bescheide, in der er im wesentlichen geltend gemacht hatte, er hätte von der strittigen Überweisung im Jahre 1976 subjektiv nicht Kenntnis erlangt und am 31. Dezember 1976 wäre es ihm auch objektiv nicht möglich gewesen, über den überwiesenen Betrag zu verfügen, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 27. November 1981 ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen an, außer Streit stehe, daß die Überweisung am 31. Dezember 1976 auf dem Bankkonto des Steuerpflichtigen als Gutschrift verbucht und noch am selben Tag mit dem auf diesem Konto aushaftenden negativen Stand von S 64.379,91 verrechnet worden sei. Dem Einwand, diese Verrechnung sei ohne Zutun des Beschwerdeführers bzw. gegen dessen Willen erfolgt, komme - abgesehen davon, daß diese Behauptung den Tatsachen widerspreche - keine Relevanz zu. Letztlich entscheidend sei, und dies zeige die Verrechnung mit dem negativen Kontostand klar auf, daß der Beschwerdeführer mit der Gutschrift auf seinem Bankkonto am 31. Dezember 1976 eine Vermögensvermehrung erfahren habe. Hätte er in Erwartung der Gutschrift Überweisungsaufträge erteilt gehabt, wären diese gleichfalls am 31. Dezember 1976 zu Lasten dieser Gutschrift verrechnet worden, was deutlich mache, daß der Beschwerdeführer am 31. Dezember 1976 objektiv in der Lage gewesen sei, über sein Bankguthaben zu verfügen. Daß er dies tatsächlich nicht getan habe, sei für die steuerrechtliche Beurteilung des Zufließens ohne Bedeutung. Da feststehe, daß zum Feststellungszeitpunkt 1. Jänner 1977 das Guthaben des Beschwerdeführers beim Geldinstitut in der angesetzten Höhe bestanden habe, sei unter Anwendung des im § 65 BewG normierten Stichtagsprinzips auch der Ansatz des Bankguthabens bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1977 zu Recht erfolgt. Dessen festgestellter Einheitswert sei nach § 4 Vermögensteuergesetz auch bei der Ermittlung des Gesamtvermögens des Beschwerdeführers anzusetzen gewesen.
In der gegen diesen Bescheid ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird im wesentlichen ausgeführt, maßgebend für das Zufließen von Einnahmen sei nicht die subjektive Kenntnis des Steuerpflichtigen, sondern die objektive Verfügungsmöglichkeit über den Geldbetrag, die für den Beschwerdeführer noch vor dem Ende des Kalenderjahres 1976 (31. Dezember, 24 Uhr) nicht gegeben gewesen sei. Träfe die Argumentation der belangten Behörde, schon durch die Verbuchung der Gutschrift auf dem Bankkonto am 31. Dezember 1976 sei zu diesem Tag eine Vermögensvermehrung eingetreten, zu, bedeutete dies in letzter Konsequenz, daß auch eine irrtümliche Gutschrift - also eine Fehlbuchung - eine Vermögensvermehrung (eine 1976 zu versteuernde Einnahme und 1977 wieder abzusetzende Betriebsausgabe) auslösen würde. Der Beschwerdeführer hätte zum 31. Dezember 1976 dringende Zahlungen zu leisten gehabt, die er auch vorgenommen hätte, wenn eine objektive Verfügungsmöglichkeit über den ihm überwiesenen Betrag vorhanden gewesen wäre. Es würde ihm das im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 in Verbindung mit § 19 leg. cit. zukommende Dispositionsrecht, das insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes absetzbarer Betriebsausgaben eingeräumt werde, weil es beim Unternehmer liege, eine Betriebsausgabe noch im laufenden (alten) oder allenfalls erst im folgenden Jahr zu bezahlen, hinsichtlich des Betrages von rund S 181.000,-- verwehrt, wenn die strittige Honorarzahlung tatsächlich dem Jahre 1976 zugerechnet werde. Dies versucht die Beschwerde durch ein Beispiel einer Schuldzahlung durch einen Kunden in Form der Deponierung des Geldbetrages in einem Bahnhofschließfach und briefliche Absendung des Schließfachschlüssels an den Gläubiger an einem 31. Dezember um 19 Uhr zu verdeutlichen. Der Beschwerdeführer habe zusammenfassend am 31. Dezember 1976 a) keine subjektive Kenntnis von der Gutschrift, b) keine objektive Verfügungsmöglichkeit über den Geldbetrag und c) keine Chance gehabt, fällige Betriebsausgaben noch im alten Kalenderjahr zu begleichen. Daraus im Zusammenhalt mit in der Beschwerde zitierter Judikatur und Literatur ergebe sich, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Begriff „Zufließen“ unrichtig ausgelegt habe.
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Da der Beschwerdeführer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt, unterliegt er uneingeschränkt der Bestimmung des § 19 leg. cit. (Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 19 EStG 1972, TZ. 3.1.), welche festlegt, daß Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (Absatz 1 erster Satz) und Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind (Absatz 2 erster Satz). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist einem Steuerpflichtigen eine Einnahme dann zugeflossen, wenn er als Empfänger in der Lage ist, darüber rechtlich und wirtschaftlich zu verfügen (Erkenntnisse vom 20. Juni 1961, Zl. 1495/58, vom 13. Oktober 1970, Zl. 15/70, vom 29. Oktober 1974, Zlen. 1141, 1142/74, u. a.), wobei im Falle einer Zahlung auf ein vom Empfänger unterhaltenes Konto bei einem Geldinstitut das Zufließen durch die Gutschrift der Einnahmen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1980, Zl. 1300/80) erfolgt, weil es unter dem hier maßgebenden Gesichtspunkt gleichgültig ist, ob das Zufließen in Bargeld oder durch Gutschrift bewirkt wird (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1969, Zl. 1866/67, und die dort zitierte ältere Judikatur). Denn die Gutschrift auf einem Konto, über das der Steuerpflichtige verfügungsberechtigt ist, ist der baren Zuzählung des Geldbetrages gleichzusetzen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1979, Zl. 377/79), wobei der Zeitpunkt der Zustellung der Gutschriftanzeige an den Zahlungsempfänger für die Frage, ab wann dieser über den überwiesenen Betrag verfügen konnte, ohne Bedeutung ist, weil eine Verfügungsmöglichkeit bereits im Zeitpunkt der Gutschrift und nicht erst mit der Zustellung der Gutschriftsanzeige bestand (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1970, Zl. 1815/68).
Mit diesen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erarbeiteten Grundsätzen stimmt die Rechtslehre sowohl in Österreich (Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 19 EStG 1972, Tz. 3, der somit von der Beschwerde zu Unrecht zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes zitiert wird, weil es dort im Gegensatz zu diesem Rechtsstandpunkt ausdrücklich heißt, als Zeitpunkt des Zufließens sei bei Zahlung durch Scheck der Zeitpunkt der (vorbehaltlosen) Gutschrift auf einem Konto des Empfangsberechtigten anzunehmen) wie auch in der Bundesrepublik Deutschland (Hermann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Auflage, Band V, Anm. 8 zu § 11 EStG) überein. In die völlig gleiche Richtung geht das Urteil des Deutschen Bundesfinanzhofes vom 5. November 1970, IV 210/65, BStBl. 1971 II, S. 97 ff, in dem die Rechtsauffassung, mit der Gutschrift auf seinem Konto sei der Empfänger in der Lage, über den Betrag zu verfügen, das Geld sei endgültig in seinen Herrschaftsbereich eingetreten, überzeugend damit begründet wird:
„Sollte der Empfänger bereits eine Zahlung aus seinem Konto verfügt haben, für die der alte Kontostand nicht ausgereicht hätte, so ist die Ausführung der Zahlung jetzt möglich geworden. Das zeigt, daß die Benachrichtigung von der Gutschrift lediglich formelle Bedeutung hat.“
Der im gegebenen Beschwerdefall vorliegende Sachverhalt entspricht diesen Ausführungen in besonderer Weise, weil unbestrittenermaßen die am 31. Dezember 1976 verbuchte Gutschrift auf dem Konto des Beschwerdeführers noch am selben Tag zu einem erheblichen Teil dazu verwendet wurde, den bis zu dieser Gutschrift aushaftenden Negativsaldo auf diesem Konto (im Betrag von S 64.379,91) auszugleichen. Also ist der überwiesene Betrag hier in der Tat noch am 31. Dezember 1976 so verwendet worden, wie es einer schon vorher getroffenen Verfügung des Beschwerdeführers, nämlich der Verfügung entsprach, die in der Tatsache mitenthalten war, daß er beim Geldinstitut ein Konto in laufender Verrechnung unterhielt; denn damit war die bis auf Widerruf gegebene Anordnung verbunden, auf dieses Konto eingehende Zahlungen ohne weitere Verfügung zum Ausgleich eines im Zeitpunkt des Zahlungseinganges allenfalls bestehenden Negativsaldos zu verwenden.
Aus den angeführten Erwägungen hat die belangte Behörde mit Recht angenommen, daß dem Beschwerdeführer die ihm am 31. Dezember 1976 auf seinem Konto gutgeschriebene Zahlung im Kalenderjahr 1976 im Sinne des § 19 Abs. 1 EStG 1972 zugeflossen ist bzw. er sie im Sinne des § 17 UStG 1972 im Kalenderjahr 1976 vereinnahmt hat. Da unbestritten ist, daß die auf dem Konto erliegenden Gelder Teil des Betriebsvermögens des Beschwerdeführers sind, war der als schon 1976 zugeflossen anzusehende Betrag auch bei der gemäß § 57 BewG zum 1. Jänner 1977 vorgenommenen Bewertung des Betriebsvermögens des Beschwerdeführers als Aktivum zu berücksichtigen, was wieder für die Ermittlung auch des Gesamtvermögens des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 1 Vermögensteuergesetz maßgebend sein mußte.
Damit läßt schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, was nach der zwingenden Bestimmung des § 35 Abs. 1 VwGG 1965 dazu führen mußte, daß diese Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.
Wien, am 9. März 1982
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1982:1982140011.X00Im RIS seit
24.02.2021Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021