TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/26 96/17/0335

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Veröffentlicht am 26.05.1997
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Index

L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Niederösterreich;
L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §215;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §311;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art132;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5;
LAO NÖ 1977 §163;
LAO NÖ 1977 §164;
LAO NÖ 1977 §186 Abs1;
LAO NÖ 1977 §232;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der XY-Aktiengesellschaft in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Korneuburg wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. eines Antrages auf Rückzahlung entrichteter Kanaleinmündungsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 186 Abs. 1 NÖ AO 1977 wird der Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. Oktober 1994 auf Rückzahlung geleisteter S 2,511.081,43 "zuzüglich 4 % Zinsen seit dem Zahlungstag nach Ablauf der Frist gemäß § 61 (5) NÖ Gemeindeordnung 1973" abgewiesen.

Die Stadtgemeinde Korneuburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu HRB 1365 des Landesgerichtes Linz firmierte bis 16. Dezember 1992 die Österreichische Schiffswerften Aktiengesellschaft Linz-Korneuburg. Am 17. Dezember 1992 wurde die Firmenbezeichnung auf ÖSWAG Holding Aktiengesellschaft geändert. Mit Verschmelzungsvertrag vom 28. April 1994 und aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses vom 3. Mai 1994 wurde diese Gesellschaft als übernehmende Gesellschaft mit der M Holding AG als übertragender Gesellschaft verschmolzen. Gleichzeitig wurde der Firmenwortlaut auf M Holding AG geändert. Mit Verschmelzungsvertrag vom 6. September 1995 und aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses vom gleichen Tag wurde die zu FN 101.393h des Landesgerichtes Linz protokollierte Beschwerdeführerin als übernehmende Gesellschaft mit der M Holding AG als übertragender Gesellschaft verschmolzen.

Mit dem am 16. Juni 1993 zugestellten Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Korneuburg wurde der ÖSWAG Holding AG für den Anschluß der "Liegenschaft, Korneuburg, Am Hafen 6" an den öffentlichen Mischwasserkanal eine Kanaleinmündungsabgabe von S 2,511.081,43 vorgeschrieben und ausgesprochen, daß der vorgeschriebene Betrag innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides zu entrichten sei. Dagegen erhob diese Gesellschaft Berufung.

Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Korneuburg vom 16. März 1994 wurde der Berufungswerberin gemäß §§ 2 und 3 NÖ KanalG 1977 für den Anschluß der Liegenschaft in Korneuburg, Am Hafen 6, betreffend näher genannter Grundstücke eine Kanaleinmündungsabgabe im Gesamtbetrag von S 2.511.081,43 vorgeschrieben und ausgesprochen, daß dieser Betrag innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides zu entrichten sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die ÖSWAG Holding Aktiengesellschaft Vorstellung. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Oktober 1994 wurde dieser Vorstellung Folge gegeben und der angefochtene Berufungsbescheid aufgehoben. Die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. In dieser Vorstellungsentscheidung vertrat die Vorstellungsbehörde im wesentlichen die Auffassung, der Abgabentatbestand sei mangels Anschlusses der Grundstücke an die Kanalanlage nicht erfüllt. Selbst wenn man aber davon ausginge, Abgabentatbestand sei die Zustellung des Bescheides über die Anschlußverpflichtung, wäre für die Stadtgemeinde Korneuburg nichts gewonnen. Die Zustellung des Anschlußverpflichtungsbescheides an die Rechtsvorgängerin der Vorstellungswerberin sei nicht wirksam erfolgt. Zudem komme dem Einwand der Vorstellungswerberin, die Grundstücksnummern im Betreff des Anschlußverpflichtungsbescheides stimmten nicht mit jenen im Spruch des mit Vorstellung bekämpften Bescheides überein, Berechtigung zu. Auch aus diesem Grund sei die Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe durch die Berufungsbehörde rechtswidrig.

Mit dem mit 6. Oktober 1994 datierten, am 7. Oktober 1994 beim Bürgermeister der Stadtgemeinde Korneuburg eingelangten Schriftsatz beantragte die M Holding AG die Rückzahlung der entrichteten Kanaleinmündungsabgabe von S 2,511.081,43 "zuzüglich 4 % Zinsen seit dem Zahlungstag nach Ablauf der Frist gemäß § 61 (5) NÖ Gemeindeordnung 1973". Der Abgabenbescheid der belangten Behörde vom 16. März 1994 sei mit Vorstellungsbescheid vom 3. Oktober 1994 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen worden. Der Rechtsgrund für die geleistete Zahlung falle daher mit Ablauf von vier Wochen nach Zustellung des aufsichtsbehördlichen Bescheides an die Stadtgemeinde Korneuburg weg. Gemäß § 186 der Niederösterreichischen Landesabgabenordnung LGBl. 3400-0 (im folgenden: NÖ AO 1977) sei die geleistete Abgabe zurückzuzahlen.

Die Stadtgemeinde Korneuburg erhob gegen den Vorstellungsbescheid vom 3. Oktober 1994 die zur hg. Zl. 94/17/0419 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. April 1995 wurde das Abgabenbemessungsverfahren gemäß § 211 NÖ AO 1977 bis zur rechtskräftigen Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt. Gegen diesen Bescheid erhob die M Holding AG Vorstellung.

Mit dem an die belangte Behörde gerichteten Antrag vom 11. April 1995 machte die M Holding AG in Ansehung des Rückzahlungsantrages vom 6./7. Oktober 1994 den Übergang der Entscheidungspflicht auf den Gemeinderat der Stadtgemeinde Korneuburg geltend.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. August 1995 wurde der Vorstellung der M Holding AG gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 4. April 1995 Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1995 wurde "gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid zur Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung der verfahrensgegenständlichen Vorfrage durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigt". Auch gegen diesen Bescheid wurde Vorstellung erhoben.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0419, wurde der Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Oktober 1994 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in diesem Erkenntnis die Auffassung, der Abgabentatbestand sei durch die - im Gegensatz zur Auffassung der Vorstellungsbehörde - wirksame Zustellung des Anschlußverpflichtungsbescheides an die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin verwirklicht. Berechtigung komme demgegenüber dem Einwand der Vorstellungswerberin zu, die belangte Behörde habe die Abgabe auch für Grundstücke vorgeschrieben, welche nicht Gegenstand des Anschlußverpflichtungsbescheides gewesen seien. Durch die Aufhebung des Berufungsbescheides allein mit dieser tragenden Begründung wäre die beschwerdeführende Stadtgemeinde nicht in ihren Rechten verletzt.

Mit Vorstellungsbescheid vom 2. Juli 1996 hob die Niederösterreichische Landesregierung den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1995 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Eine Berufung liege gar nicht vor. Vielmehr habe die belangte Behörde zunächst am 4. April 1995 amtswegig das Abgabenbemessungsverfahren ausgesetzt. Dieser Bescheid sei mit Bescheid der Vorstellungsbehörde vom 24. August 1995 aufgehoben worden. Diesen Bescheid habe die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid bestätigen wollen. Die Abweisung einer Berufung einerseits und die Bestätigung der Aussetzung des Verfahrens andererseits stünden zueinander in Widerspruch. Der mit Vorstellung angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig.

Mit der am 4. Juli 1996 zur Post gegebenen verfahrensgegenständlichen Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin nunmehr die Säumnis des Gemeinderates der Stadtgemeinde Korneuburg mit der Erledigung des Devolutionsantrages vom 11. April 1995 geltend.

Mit der der belangten Behörde am 9. September 1996 zugestellten Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juli 1996 wurde diese gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Mit Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. September 1996, bei der Stadtgemeinde Korneuburg eingelangt am 23. September 1996, wurde der Abgabenbemessungsbescheid der belangten Behörde vom 16. März 1994 (neuerlich) aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen, wobei die Vorstellungsbehörde der Gemeinde die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 1996 geäußerte Rechtsansicht überband.

Nach der Aktenlage ist ein Ersatzbescheid des belangten Gemeinderates im Abgabenbemessungsverfahren nicht ergangen. Auch über den Rückzahlungsantrag wurde innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist nicht entschieden.

In einer Eingabe vom 22. April 1997 an den Verwaltungsgerichtshof äußerte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Korneuburg die Auffassung, durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1996 sei "eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht gegeben und ... das Verfahren damit in jeder Hinsicht abgeschlossen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 27 Abs. 1 VwGG lautet:

"§ 27. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war."

§ 163, § 164, § 186 und § 232 NÖ AO 1977 lauten:

"§ 163

(1) Guthaben des Abgabepflichtigen sind zur Tilgung fälliger Schuldigkeiten zu verwenden.

(2) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 186 zurückzuzahlen.

§ 164

Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungsbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid).

§ 186

(1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 163 Abs. 2) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 57 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(2) ...

§ 232

(1) Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen (§ 62) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

(2) Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz mit Ausnahme solcher Bescheide, die auf Grund von Abgabenerklärungen zu erlassen sind, der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen zugestellt, so geht auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen; er ist abzuweisen, wenn die Verspätung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen ist."

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. November 1996, G 205, 206/96-6, wurde § 198 NÖ AO 1977 als verfassungswidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof sprach aus, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 1997 in Kraft tritt.

Die aufgehobene Gesetzesbestimmung lautet:

"§ 198

Durch Einbringung einer Berufung wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten."

§ 61 Abs. 4 und 5 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. 1000-0, lautet:

"§ 61

Vorstellung

...

(4) Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

(5) Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

..."

Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Korneuburg hat es unterlassen, über den am 7. Oktober 1994 eingelangten Antrag der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 232 Abs. 2 NÖ AO 1977 zu entscheiden. Der zulässige Devolutionsantrag vom 11. April 1995 bewirkte den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde. Auch diese unterließ es, binnen der gesetzlich vorgesehenen Frist in der Sache zu entscheiden. Die am 4. Juli 1996 zur Post gegebene Säumnisbeschwerde ist daher zulässig.

In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß die - später von der Vorstellungsbehörde aufgehobenen - Bescheide der belangten Behörde vom 4. April 1995 und vom 20. Dezember 1995 schon deshalb keine Auswirkungen auf die Entscheidungspflicht im gegenständlichen Verfahren über den Rückzahlungsantrag zeitigten, weil sie ausschließlich das Abgabenfestsetzungsverfahren betrafen.

Einem Rückzahlungsantrag gemäß § 186 NÖ AO 1977 kann ohne ein rückzahlbares Guthaben auf dem Konto des Abgabepflichtigen kein Erfolg beschieden sein (vgl. das zu § 239 Abs. 1 BAO ergangene hg. Erkenntnis vom 18. April 1990, Zl. 89/16/0203). Guthaben im Sinne dieser Bestimmung ist das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto. Ein Streit über die Richtigkeit dieser Gebarung ist nur im Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides (§ 164 NÖ AO 1977) auszutragen (vgl. die zu § 216 BAO ergangenen hg. Erkenntnisse vom 8. Oktober 1985, Zl. 85/14/0086, und vom 21. Oktober 1993, Zl. 91/15/0077). Das Verfahren über einen Antrag auf Abrechnungsbescheid hat sich damit zu befassen, ob die Anlastungen der Abgabenfestsetzung und die entsprechenden Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 1988, Zl. 85/17/0062, ergangen zur vergleichbaren Bestimmung des § 163 WAO).

Das Vorliegen eines rückzahlbaren Guthabens auf dem Steuerkonto der (Rechtsvorgängerin der) Beschwerdeführerin wird im Rückzahlungsantrag nicht einmal behauptet. Wenn die Beschwerdeführerin aber die Meinung vertritt, die Aufhebung des Abgabenfestsetzungsbescheides der belangten Behörde durch die Vorstellungsbescheide vom 3. Oktober 1994 - bzw. nunmehr vom 19. September 1996 - hätte zu einer entsprechenden Gutschrift oder zu einer Ausbuchung der entsprechenden Anlastung der Abgabenfestsetzung zu führen gehabt, so hätte sie dies mit einem Antrag auf Abrechnungsbescheid gemäß § 164 NÖ AO 1977 geltend zu machen gehabt.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sei festgehalten, daß die Anlastung des Betrages von S 2,511.081,43 auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin durchgehend seit 17. Juli 1993 (das ist der auf den Ablauf der im erstinstanzlichen Abgabenbemessungsbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Korneuburg festgesetzten Leistungsfrist folgende Tag) rechtmäßig erfolgte. Gemäß dem nach wie vor in Geltung stehenden § 198 NÖ AO 1977 wurde durch die Einbringung der Berufung die Wirksamkeit des erstinstanzlichen Bescheides nicht gehemmt. Mit Erlassung des Berufungsbescheides der belangten Behörde vom 16. März 1994 wurde der erstinstanzliche Bescheid durch den Berufungsbescheid verdrängt und bildete letzterer die Grundlage für die entsprechende Anlastung auf dem Abgabenkonto. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich eine Berufungsentscheidung die rechtliche Wirkung, daß der erstinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgegangen ist und diese, sobald sie erlassen UND SOLANGE SIE AUFRECHT IST, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1977, Slg. Nr. 9379/A).

Nach der (zuletzt mit Bescheid vom 19. September 1996 erfolgten) Aufhebung des Berufungsbescheides durch die Vorstellungsbehörde lebte der erstinstanzliche Bescheid wieder auf und bildet seither die in einem Verfahren über einen Antrag auf Abrechnungsbescheid nicht überprüfbare Grundlage für die Anlastung der Abgabenfestsetzung auf dem Steuerkonto der Beschwerdeführerin (vgl. das zum Wiederaufleben des erstinstanzlichen Bescheides im Falle einer ersatzlosen Behebung des zweitinstanzlichen Bescheides durch die Berufungsbehörde in einem dreigliedrigen Instanzenzug ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1995, Zl. 93/04/0203).

Die Bindung der Gemeinde (und damit im Säumnisverfahren des Verwaltungsgerichtshofes) an den Aufhebungsbescheid der Vorstellungsbehörde gemäß § 61 Abs. 5 NÖ Gemeindeordnung erstreckt sich (arg.: "... bei der neuerlichen Entscheidung ...") ausschließlich auf das ABGABENBEMESSUNGSVERFAHREN, nicht aber auf jenes über den hier gegenständlichen Rückzahlungsantrag.

Aus diesen Erwägungen war der Rückzahlungsantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich in diesem Zusammenhang allerdings veranlaßt, die belangte Behörde darauf hinzuweisen, daß - entgegen der im Schreiben vom 22. April 1997 vertretenen Auffassung - das Abgabenbemessungsverfahren keinesfalls durch das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0419, abgeschlossen ist, die belangte Behörde vielmehr in Bindung an die im Vorstellungsbescheid vom 19. September 1996 ausgesprochene Rechtsansicht den Ersatzbescheid im Abgabenbemessungsverfahren zu erlassen haben wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidVerletzung der Entscheidungspflicht durch Gemeindebehörden und Vorstellungsbehörden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996170335.X00

Im RIS seit

09.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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