TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/26 94/10/0075

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Veröffentlicht am 26.05.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
LMG 1975 §74 Abs5 Z1;
LMKV §1 Abs1;
LMKV §6 lita;
LMKV §6 litb sublitaa;
LMKV §6 litb sublitbb;
VStG §1 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. März 1994, Zl. UVS-07/04/01142/93, betreffend Übertretungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei

"als mit lebensmittelrechtlichen Belangen (speziell Verpackung und Etikettierung) Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG der S-GesmbH mit Sitz und Standort in Wien, F-Straße 214, dafür verantwortlich, daß von der genannten Gesellschaft 1) am 30.12.1992 zwei Packungen

a 322 g Waldviertler und 2) am 11.1.1993 zwei Packungen a 316 g Waldviertler an die Filiale der Fa. M-AG in Wien, S-Gasse 4, geliefert und damit in Verkehr gesetzt wurden, bei der folgende Kennzeichnungselemente fehlten:

ad 1) Zeitpunkt, bis zu dem das Lebensmittel bei Einhaltung der Lagerbedingungen mindestens haltbar ist, in unverschlüsselter Form (empfohlene Aufbrauchsfrist) bestimmt nach Tag und Monat,

ad 2) Lagerbedingungen und empfohlene Aufbrauchsfrist."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 1 iVm § 4 Abs. 1 Z. 1c der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 (LMK 1973) iVm § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) verletzt. Über den Beschwerdeführer wurden deshalb zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von jeweils 4 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird die Bestrafung aufgrund einer bereits außer Kraft getretenen Norm behauptet: Die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 sei nämlich mit Inkrafttreten der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) am 30. Jänner 1993 außer Kraft getreten.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen:

Straferkenntnisse sprechen darüber ab, ob der Beschuldigte einer zur Zeit der Tatbegehung geltenden Norm, an deren Stelle nicht etwa bis zur Erlassung des Bescheides erster Instanz eine dem Beschuldigten günstigere Vorschrift getreten ist (§ 1 Abs. 2 VStG), zuwidergehandelt hat, und welche Strafe hiefür nach dieser Norm angemessen ist. Änderungen der Rechtslage nach Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sind irrelevant (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1993, Zl. 93/10/0095, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Dennoch ist die Beschwerde aus folgenden Erwägungen im Ergebnis berechtigt:

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Strafbescheides die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn der Spruch des Straferkenntnisses dem Beschwerdeführer die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er einerseits in der Lage ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und andererseits davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf Seite 996 f, wiedergegebene Rechtsprechung).

Diesem Erfordernis wird ein Tatvorwurf, ein verpacktes Lebensmittel ("zwei Packungen") ohne eine der LMKV 1973 entsprechende Kennzeichnung in bestimmter Art und Weise in Verkehr gesetzt zu haben, für sich alleine nicht gerecht, wenn dieses Verhalten nur unter einer weiteren Voraussetzung, nämlich dieses Lebensmittel entweder verpackt oder importiert (§ 6 lit. a LMKV 1973) oder eine sonstige Handlung oder Unterlassung im Sinne des § 6 lit. b sub. lit. aa oder sub. lit. bb LMKV 1973 gesetzt zu haben, den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 17. Februar 1997, Zl. 95/10/0228).

Der ein wesentliches Tatbestandsmerkmal nicht beinhaltende Tatvorwurf im angefochtenen Bescheid belastete diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Da der angefochtene Bescheid nur in einer Ausfertigung vorzulegen war, konnte für die weiteren Ausfertigungen kein Stempelgebührenersatz zuerkannt werden.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994100075.X00

Im RIS seit

26.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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