TE Vwgh Beschluss 2021/1/18 Ra 2020/03/0163

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Veröffentlicht am 18.01.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
GGBG 1998 §13 Abs1a Z6
GGBG 1998 §3 Abs2 Z1
GGBG 1998 §37 Abs2 Z8
VStG §44a Z1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der B Z in S, vertreten durch Ing. Dr. Joachim Stock, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 8 / 4. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 22. Oktober 2020, Zl. LVwG-2020/17/0240-3, betreffend eine Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis vom 5. Dezember 2019 legte die Bezirkshauptmannschaft Kufstein der Revisionswerberin eine Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) zur Last und verhängte über sie eine Geldstrafe von EUR 600,--. Zur Tatumschreibung führte die Behörde neben der Tatzeit (16.10.2019, 15:23 Uhr), dem Tatort (A, A12 Str.km 13,5, Richtung Innsbruck) und dem betroffenen Fahrzeug (LKW, Kennzeichen: S[A]) Folgendes aus: „Der Beförderer, als dessen Verantwortliche (handelsrechtliche Geschäftsführerin), hat die Beförderung des gefährlichen Gutes durchgeführt und es unterlassen, sich im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen angebracht waren. Der LKW war nur hinten mit einer orangefarbenen Tafel gekennzeichnet. Vorne am LKW fehlte die orangefarbene Tafel.“ Anschließend daran wurden die in der Beförderungseinheit transportierten gefährlichen Güter näher umschrieben und schließlich ausgeführt, die Revisionswerberin habe „dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 37 Abs. 2 Z 8 i.V.m. § 13 Abs. 1a Z 6 GGBG“.

2        Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde, in der sie - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist - einen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebots gemäß § 44a Z 1 VStG rügte. Die Revisionswerberin sei zweifellos nicht „Beförderer“ des gefährlichen Gutes gewesen. Aus dem Spruch gehe nicht hervor, welches Fehlverhalten konkret der Revisionswerberin angelastet werde. Es fehle die entsprechende Umschreibung der Tathandlung, welche es erlauben würde, die Tathandlung unter die allfällig verletzte Verwaltungsvorschrift zu subsumieren.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde als unbegründet mit der Maßgabe ab, dass „der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ... bis zur Wortfolge ‚Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:‘ wie folgt [zu lauten habe]: „Sie haben als Verantwortliche, nämlich als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma D GmbH, diese ist Beförderer von Gefahrgut, sich nicht im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG vergewissert, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen ordnungsgemäß angebracht waren. Der LKW war nur hinten mit einer orangefarbenen Tafel gekennzeichnet, vorne am LKW war die orangefarbene Tafel nicht aufgeklappt. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung der Gefahrenkategorie I einzustufen.“ Im Folgenden wurden die einschlägigen ADR-Regelungen sowie die in der Beförderungseinheit transportierten gefährlichen Güter näher bezeichnet. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit Verstöße gegen § 44a Z 1 VStG geltend macht. Das Verwaltungsgericht habe offensichtlich den Tatort und die Tatzeit aus dem Spruch der Entscheidung eliminiert. Zum Tatgeschehen sei festzuhalten, dass die im Erkenntnis angeführte „D GmbH“ nicht existiere. Als übertretene Norm werde § 13 Abs. 1a Z 6 GGBG herangezogen, die sich ausschließlich an den Beförderer richte. Für die Revisionswerberin, die nicht „Beförderer“ sei, bestehe keine Verpflichtung, sich im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen ordnungsgemäß angebracht seien. Richtig sei, dass die Revisionswerberin verantwortlich dafür sei, dass im Geschäftsbetrieb der von ihr vertretenen juristischen Person die gegenständlichen Pflichtverletzungen nicht stattfänden. Dies wäre im Spruch des Erkenntnisses entsprechend zu konkretisieren gewesen. Es dürfe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich kein Zweifel daran bestehen, wofür der Täter bestraft worden sei.

5        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

8        Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

9        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses (oder - wie hier - des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses in einem Verwaltungsstrafverfahren), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das erfordert in aller Regel die Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens. Die Umschreibung der Tat hat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist. Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2017/02/0242, mwN).

10       Ungeachtet der missglückten Formulierung der vom Verwaltungsgericht beabsichtigten Maßgabebestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel, dass damit nicht etwa der Tatort, die Tatzeit und das betroffene Fahrzeug, welche im angefochtenen Straferkenntnis angeführt waren, aus der Tatumschreibung eliminiert werden sollten. Die Korrektur des Spruches bezog sich vielmehr auf die Umschreibung des Tatvorwurfes gegenüber der Revisionswerberin, zumal dieser in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht auch ausdrücklich bekämpft worden war. Insoweit legte das Verwaltungsgericht der Revisionswerberin als Verantwortliche (nämlich als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma D GmbH, die der „Beförderer“ des Gefahrenguts gewesen sei) zur Last, sich nicht vergewissert zu haben, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen - näher dargestellten - Kennzeichnungen angebracht gewesen seien.

11       Wenn die Revision geltend macht, die Firma D GmbH existiere nicht, handelt es sich dabei um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung (§ 41 VwGG), weil der Rechtsvertreter der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch explizit vorgebracht hatte, die Revisionswerberin sei handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma D GmbH, es gebe keine verantwortlichen Beauftragten, der auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übernehmen würde, und es werde nicht bestritten, dass die „Firma D“ als Beförderer aufgetreten sei.

12       Im Übrigen ist das Vorbringen der Revision, der gegen die Revisionswerberin erhobene Tatvorwurf sei fehlerhaft, nicht nachvollziehbar. Der Revisionswerberin wurde vom Verwaltungsgericht angelastet, sich in ihrer Funktion als Geschäftsführerin des Beförderungsunternehmens nicht vergewissert zu haben, dass die entsprechenden Kennzeichnungen am Fahrzeug angebracht worden waren. Damit wurde nicht - wie die Revision zu vermeinen scheint - zum Ausdruck gebracht, die Revisionswerberin hätte selbst die entsprechenden Schilder anbringen müssen, sondern es wurde ihr als Verantwortliche des „Beförderers“ (vgl. § 3 Abs. 2 Z 1 GGBG) zum Vorwurf gemacht, sich von der entsprechenden Kennzeichnung nicht vergewissert zu haben; eine Verpflichtung, welche die Revisionswerberin als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche des „Beförderers“ traf und die sie entweder selbst oder durch Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems erfüllen hätte können. Das Unterlassen dieser Vergewisserung, das die im Erkenntnis angesprochenen Normen des GGBG (§ 37 Abs. 2 Z 8 i.V.m. § 13 Abs. 1a Z 6 leg. cit.) unter Strafe stellen, wurde vom Verwaltungsgericht als erwiesen angenommen und der Revisionswerberin zum Vorwurf gemacht.

13       Das Verwaltungsgericht hat daher entgegen dem Vorbringen der Revision in ihrer Zulassungsbegründung die höchstgerichtlichen Leitlinien zur Konkretisierung des Spruches einer verwaltungsstrafrechtlichen Entscheidung im Sinne des § 44a Z 1 VStG nicht missachtet.

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020030163.L00

Im RIS seit

22.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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