TE Vwgh Beschluss 2021/1/19 Ra 2019/04/0042

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Veröffentlicht am 19.01.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision der S GesmbH in B, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins & Dr. Öztürk KG in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 1. Februar 2019, Zl. LVwG-414-16/2018-R15, betreffend ein Verfahren gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit Bescheid vom 24. September 2018 sprach die belangte Behörde gegenüber der Revisionswerberin gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 aus, den LKW-Abstellplatz bei der Tankstelle auf einem näher bezeichneten Betriebsareal der Revisionswerberin sofort außer Betrieb zu nehmen, das Abstellen von LKW auf dieser Fläche zu unterbinden und zu unterlassen sowie die beiden gleichfalls dort befindlichen Container zu versperren und den Zutritt zu diesen zu verhindern.

2        2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - keine Folge gegeben und festgestellt, dass die mit dem Bescheid verfügten Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes bis zur Erlassung des Genehmigungsbescheides vom 11. Dezember 2018 rechtmäßig gewesen seien. Die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

3        In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, die Revisionswerberin betreibe auf näher bezeichneten Grundstücken eine nicht öffentliche Tankstelle, welche mit Bescheiden der belangten Behörde gewerberechtlich und baupolizeilich genehmigt und für die eine wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung von Oberflächengewässern von einer asphaltierten Fläche in ein bestimmtes Gewässer erteilt worden sei. Nach einer behördlichen Überprüfung, bei der festgestellt worden sei, dass die Tankstelle ohne entsprechende betriebsanlagenrechtliche und baurechtliche Bewilligung durch Errichtung eines LKW-Abstellplatzes sowie zweier Container abgeändert und konsenslos betrieben worden sei, sei die Revisionswerberin mit Verfahrensanordnung vom 3. September 2018 aufgefordert worden, den LKW-Abstellplatz sowie die beiden Container sofort außer Betrieb zu nehmen. Nach einer polizeilichen Kontrolle am 8. September 2018 seien mit dem angefochtenen Bescheid die gegenständlichen Maßnahmen verfügt worden. Aufgrund der Angaben des gewerbetechnischen Amtssachverständigen zum Betrieb des LKW-Abstellplatzes anlässlich einer im Zuge eines Ortsaugenscheines vorgenommenen Messung sei als erwiesen anzusehen, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden habe können, dass beim Betrieb in der Nacht unzumutbare Schallimmissionen bei näher bezeichneten Nachbarn einwirken könnten. Aus den betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheiden für die Tankstellenanlage gehe nicht hervor, dass die asphaltierte Fläche über den Betrieb als Tankstelle hinaus und über die dafür allenfalls erforderliche kurzfristige Nutzung als Abstellfläche hinaus auch als LKW-Abstellplatz in der festgestellten Form verwendet werden solle. Auch seien in keinem der Bescheide die beiden Container angeführt. Genehmigte Planunterlagen, aus denen sich anderes ergäbe, würden ebenfalls nicht vorliegen.

4        Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, vor dem Hintergrund der allgemeinen menschlichen Erfahrung sowie der Feststellungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen ergebe sich, dass durch den Betrieb des LKW-Abstellplatzes sowie der damit in Zusammenhang stehenden Container im 24-Stunden-Betrieb eine Belästigung der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 möglich sei, sodass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach für die Bejahung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage deren grundsätzliche Eignung, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Gefährdungen, Beeinträchtigungen oder Belästigungen hervorzurufen, ausreichend sei, die genannten Änderungen der gegenständlichen Betriebsanlage einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung bedürften. Da der LKW-Abstellplatz samt den beiden Containern im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung betrieben worden sei - eine von der Revisionswerberin im Beschwerdeverfahren geltend gemachte „konkludente Genehmigung“ sei in der Gewerbeordnung nicht vorgesehen -, habe der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 bestanden. Die belangte Behörde sei daher verpflichtet gewesen, die Revisionswerberin gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Einer von der Revisionswerberin monierten Anwendung des Abs. 1a leg. cit., mithin einem Absehen von der Erlassung des von der Revisionswerberin in Beschwerde gezogenen Bescheides habe entgegengestanden, dass die belangte Behörde in der Verfahrensanordnung nicht gleichzeitig eine Frist für die Einbringung eines Ansuchens um gewerberechtliche Genehmigung bestimmt habe.

5        Infolge des durch die Erteilung der nachträglich beantragten Betriebsanlagengenehmigung mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Dezember 2018 erfolgten Wegfalls einer der Voraussetzungen für die Schließung des Betriebes sei für jenen Zeitraum, in dem die verfügten Maßnahmen wirksam gewesen seien, deren Rechtmäßigkeit festzustellen gewesen.

6        3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

7        4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       4.2. Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe in Bestätigung der Entscheidung der belangten Behörde entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden. Aus einem näher bezeichneten Bescheid der belangten Behörde samt dazugehörigem ebenfalls genehmigten Plan ergebe sich, dass der LKW-Abstellplatz sowie einer der Container sowohl bau- als auch gewerberechtlich längst genehmigt gewesen seien. Im Übrigen sei der belangten Behörde seit vierundzwanzig Jahren nachweislich bekannt, dass auf dem gegenständlichen Betriebsgelände sowohl die Tankstellenanlage als auch der LKW-Abstellplatz betrieben werde und dass ein Container aufgestellt sei. Einwände dagegen habe sie trotz zumindest zweimaliger Besichtigung der Betriebsanlage nie erhoben.

11       4.3. Diesem Vorbringen ist zu entgegen, dass es zur Darlegung eines die Zulässigkeit begründenden Abweichens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich ist, konkret darzulegen, in welchen tragenden Erwägungen sich das Verwaltungsgericht von einer bestimmten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt habe. Eine Zulässigkeitsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage und auch keine Bezugnahme auf Judikatur enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. VwGH 16.6.2020, Ra 2020/04/0040, mwN).

12       Mit dem - von der Revisionswerberin - erstatteten Vorbringen, wonach eine gewerberechtliche Genehmigung für den Betrieb des LKW-Abstellplatzes und der beiden Container entweder bereits durch den genannten Bescheid der belangten Behörde aus dem Jahr 1994 gegeben gewesen sei oder infolge Kenntnis der Betriebsanlage sowie deren dem Verfahren zugrundeliegenden Änderungen und mangelnden Einwandes seitens der belangten Behörde durch langjährige Übung erworben worden sei, setzte sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auseinander. Dass es dabei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, zeigt die Revision, die weder eine konkrete Rechtsfrage aufzeigt noch auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt, nicht auf.

13       4.3. Die Revision macht als ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes des Weiteren geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht § 360 Abs. 1a GewO 1994 nicht angewendet. Aus dem bekämpften Bescheid ergebe sich in keiner Weise, dass eine Gefahr oder Belästigung überhaupt vorliege, welche die Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1994 rechtfertige. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 360 GewO 1994 hinsichtlich einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage vorliegen würden, sei ein Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Ein solches Gutachten, welches eine Gefährdung oder eine unzumutbare Belästigung von Nachbarn dokumentierte, liege nicht vor. Insofern bestünden gravierende Verfahrensmängel.

14       Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt. Das Verwaltungsgericht ging nämlich auf Grundlage des Ergebnisses der vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen im verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vorgenommenen Messung zum Betrieb des LKW-Abstellplatzes davon aus, dass beim Betrieb in der Nacht unzumutbare Schallimmissionen bei näher bezeichneten Nachbarn einwirken könnten.

15       4.4. Soweit die Revision schließlich moniert, die belangte Behörde habe die nach § 360 GewO erforderliche Beurteilung der Angemessenheit der verfügten Sicherheitsmaßnahme im Verhältnis zum Ausmaß der kausalen Belästigung unterlassen, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der laut Beschwerdevorbringen von der Revisionswerberin selbst getroffenen Maßnahmen wie der Errichtung von Hinweistafeln, wonach die Inbetriebnahme von Kühlaggregaten auf dem LKW-Abstellplatz nicht gestattet sei, und der Betrauung eines Mitarbeiters mit der Überwachung dieser Vorgabe ausdrücklich mit der Notwendigkeit der von der belangten Behörde verfügten Maßnahme sehr wohl auseinander gesetzt hat. Der monierte Verfahrensmangel liegt insofern nicht vor.

16       4.5. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019040042.L00

Im RIS seit

31.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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