TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/26 93/10/0084

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Veröffentlicht am 26.05.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
LMG 1975 §74 Abs5 Z1;
LMKV §1 Abs1;
LMKV §6 lita;
LMKV §6 litb sublitaa;
LMKV §6 litb sublitbb;
VStG §1 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 26. Februar 1993, Zl. 1-066/92/E2, betreffend Übertretung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

"als gemäß § 9 VStG verantwortlicher Beauftragter der Z-GesmbH, D, am 12.4.1991 durch Lieferung abgepackte, vorschriftswidrig gekennzeichnete Lebensmittel in Verkehr gebracht, indem an den X-Markt, L, gelieferten Paprika der Sitz der erzeugenden oder der verpackenden Unternehmung, Hinweise auf eine beschränkte Haltbarkeit und die Lagerbedingungen fehlten."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) iVm § 1 Abs. 1 und § 3 Z. 2, Z. 7 und Z. 8 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 (LMKV 1973) verletzt. Über dem Beschwerdeführer wurde deshalb eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst die Anwendung einer bereits außer Kraft getretenen Norm behauptet: Die am 29. Jänner 1993 kundgemachte Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) sei - mangels anderer Anordnung - am 30. Jänner 1993 in Kraft getreten. Gemäß § 12 Abs. 2 LMKV würde mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung unter anderem die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 außer Kraft treten. Die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 hätte daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr angewendet werden dürfen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Straferkenntnisse sprechen darüber ab, ob der Beschuldigte einer zur Zeit der Tatbegehung geltenden Norm, an deren Stelle nicht etwa bis zur Erlassung des Bescheides erster Instanz (im Beschwerdefall: 31. Jänner 1992) eine dem Beschuldigten günstigere Vorschrift getreten ist (vgl. § 1 Abs. 2 VStG), zuwidergehandelt hat, und welche Strafe hiefür nach dieser Norm angemessen ist. Änderungen der Rechtslage NACH Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sind somit irrelevant (vgl. das Erkenntnis vom 18. Oktober 1993, Zl. 93/10/0095, mit weiteren Hinweisen).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt im Ergebnis jedoch insofern Berechtigung zu, als ein Verstoß gegen § 44a VStG behauptet wird.

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Strafbescheides die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschwerdeführer die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er einerseits in der Lage ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und andererseits davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf Seite 996 f wiedergegebene Rechtsprechung).

Diesem Erfordernis wird ein Tatvorwurf, ein verpacktes Lebensmittel ohne eine der LMKV 1973 entsprechende Kennzeichnung in bestimmter Art und Weise in Verkehr gesetzt zu haben, für sich alleine nicht gerecht, wenn dieses Verhalten nur unter einer weiteren Voraussetzung, nämlich dieses Lebensmittel entweder verpackt oder importiert (§ 6 lit. a LMKV 1973) oder eine sonstige Handlung oder Unterlassung im Sinne des § 6 lit. b sublit aa oder sublit bb LMKV 1973 gesetzt zu haben, den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 1997, Zl. 95/10/0228).

Der ein wesentliches Tatbestandsmerkmal nicht beinhaltende Tatvorwurf im angefochtenen Bescheid belastete diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993100084.X00

Im RIS seit

26.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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