TE Vwgh Beschluss 2021/2/3 Ra 2021/17/0010

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Veröffentlicht am 03.02.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §55
AVG §45 Abs2
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und den Hofrat Mag. Berger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des I D, vertreten durch Dr. Karin Zahiragic, Rechtsanwältin in 1210 Wien, Brünner Straße 130-134/2/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Dezember 2020, I403 2217930-1/15E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Begleitaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein ägyptischer Staatsangehöriger, reiste im Juni 2015 in das Bundesgebiet ein. Er verfügte zunächst über eine Aufenthaltsbewilligung als Studierender.

2        Aufgrund des fehlenden Erfolgsnachweises im Vorstudienlehrgang wurde sein am 9. August 2016 gestellter Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung als Studierender mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19. Juni 2017 abgewiesen. Die Behandlung der dagegen an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 11. Jänner 2018, E 2711/2017-5, abgelehnt; die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Revision wurde mit hg. Beschluss vom 16. Jänner 2018, Ra 2017/22/0212, zurückgewiesen.

3        Der Revisionswerber kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern stellte am 13. Februar 2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (§ 55 AsylG 2005).

4        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 2019 wurde dieser Antrag abgewiesen (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Ägypten festgestellt (Spruchpunkt III.) und eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise bestimmt (Spruchpunkt IV.).

5        Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Das BVwG traf eingehende Feststellungen zum Aufenthalt des Revisionswerbers in Österreich, seiner Ausbildung, seiner Sprachkenntnisse, seiner Berufsausbildung sowie seinem Privat- und Familienleben. Rechtlich folgerte es nach Würdigung der Integrationsbemühungen des Revisionswerbers sowie seines Privatlebens im Bundesgebiet aus, dass kein Überwiegen der persönlichen Interessen vorliege. Es liege aus näheren Gründen kein ungerechtfertigter Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK gewährleistetes Recht auf Privat- und Familienleben vor.

7        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8        Diese erweist sich als unzulässig:

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

11       Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit abgewichen, als es entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ergebnis gelangt sei, dass kein schutzwürdiges Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK bestünde.

12       Damit wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher Rechtsprechung das BVwG nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. näher VwGH 6.10.2015, Ra 2015/02/0187).

13       Zudem ist auszuführen, dass die gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene einzelfallbezogene Beurteilung, ob ein Eingriff iSd Art. 8 EMRK zulässig oder unzulässig ist, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht revisibel ist, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa VwGH 30.6.2016, Ra 2016/21/0163, mwN; VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0125).

14       Inwieweit die vom BVwG vorgenommene, alle wesentlichen Umstände berücksichtigende Interessenabwägung von dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, wird vom Revisionswerber in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt. In diesem Zusammenhang stellt sich daher auch deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

15       Weiters bringt der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision vor, das BVwG sei bei der inhaltlichen Prüfung der vom Revisionswerber erhobenen Einwendungen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem seine Beweiswürdigung unschlüssig bleibe (Verweis auf VwGH 19.10.1988, 88/02/0071). Das Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in wesentlichen Punkten stelle einen wesentlichen Verfahrensfehler dar.

16       Zu diesem Vorbringen ist auszuführen, dass sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll. Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. etwa VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN).

17       Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - allerdings dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 28.4.2015, Ra 2015/02/0072, mwN).

18       Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision enthält dazu keine näheren Ausführungen, sodass sich im Zusammenhang mit der vom BVwG vorgenommenen Beweiswürdigung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt.

19       Wenn die Revision in ihrem allein maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen (insoweit lediglich) behauptet, es liege ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Zulässigkeit der Revision voraussetzt, dass die Revision von der Lösung einer geltend gemachten Rechtsfrage tatsächlich abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser behauptete Verfahrensmangel abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 9.10.2014, Ra 2014/18/0036 bis 0039). Diese Relevanz wird vom Revisionswerber jedoch in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargestellt.

20       In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 3. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021170010.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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