TE Vwgh Erkenntnis 2021/2/1 Ra 2020/02/0232

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Veröffentlicht am 01.02.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs3 idF 2018/I/057
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §9 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision der Tierschutzombudsfrau Vorarlberg in Bregenz, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 20. Mai 2020, LVwG-1-139/2020-R10, betreffend Zurückweisung iA Übertretung des TSchG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz; mitbeteiligte Partei: M, R/Deutschland), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 14. Februar 2020 wurde das gegen die mitbeteiligte Partei wegen Übertretungen des Tierschutzgesetzes geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

2        Dagegen hat die Tierschutzombudsfrau Vorarlberg Beschwerde erhoben, die das Verwaltungsgericht „Gemäß § 13 Abs 3 ... (AVG) in Verbindung mit § 17 ... (VwGVG) ... als unzulässig zurückgewiesen“ hat. Die Revision hat es für nicht zulässig erklärt.

3        Nach der Begründung habe die belangte Behörde zu Recht von der Verfolgung der Tat abgesehen und das Strafverfahren eingestellt.

4        Dagegen richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

5        Die Mitbeteiligte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6        Als zulässig erachtet die revisionswerbende Tierschutzombudsfrau die Revision, weil das Verwaltungsgericht die Beschwerde entgegen ständiger Rechtsprechung ohne Erteilung eines Verbesserungsauftrages zurückgewiesen hat.

7        Die Revision ist zulässig und begründet:

§ 13 Abs. 3 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 lautet:

„Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

8        Mangelt es einer Beschwerde an den in § 9 Abs. 1 VwGVG genannten Erfordernissen, sind diese Mängel nach der - gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden - Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen.

9        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Hat hingegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt, um zum Beispiel auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen sofort zurückzuweisen. Dies gilt auch für die bewusste und rechtsmissbräuchliche Einbringung „leerer“ Beschwerden nach dem VwGVG. Um im Sinn der Rechtsprechung ein derartiges Anbringen sofort zurückweisen zu können, ist die rechtsmissbräuchliche Absicht in der Zurückweisungsentscheidung nachvollziehbar darzustellen (vgl. zum Ganzen VwGH 7.4.2020, Ra 2019/09/0111, mwN).

10       Nach dem Vorbringen und der Aktenlage hat das Verwaltungsgericht der Tierschutzombudsfrau keine Verbesserung der Beschwerde nach § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen und in der Zurückweisungsentscheidung keine rechtsmissbräuchliche Absicht der Beschwerde festgestellt.

11       Da somit die Voraussetzungen einer Zurückweisung nach § 13 Abs. 3 AVG nicht vorgelegen sind, hat das Verwaltungsgericht seinen Beschluss mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

12       Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 1. Februar 2021

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020232.L00

Im RIS seit

23.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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